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Aphorismen zur Lebensweisheit


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Rezension von

Daniel Bigalke

Aphorismen zur Lebensweisheit Mit dem vorliegenden Buch hat Arthur Schopenhauer (1788-1860) ein nahezu unübertroffenes stilistisches Meisterwerk hinterlassen, welches als Kompendium praktischer Philosophie auftritt. Ursprünglich ist das Buch das Kernstück des ersten Bandes seiner „Parerga und Paralipomena“ erschienen, d.h. der „Nebenwerke und Nachträge“, eine zweibändige Sammlung kurzer Schriften sehr interessanten Inhalts, welche Schopenhauer im November 1851 veröffentlichte. In den vorliegenden „Aphorismen zur Lebensweisheit“, als brillantes Extrakt daraus, hat Schopenhauers philosophischer Stil seine inhaltliche Vollendung erreicht. Sie spiegeln aber auch einen reifen Mann und lebenserfahrenen Menschen wider, der auf der Grundlage seines weltanschaulichen Pessimismus eine Lehre des glücklichen Lebens entwirft, die aufweist, wie man in einer denkbar schlechten Welt angemessen leben kann ohne ihr zu entfliehen. Dies kann womöglich nur jemand ableisten, der kurz davor stand, ihr zu entfliehen, was für Schopenhauer zutraf, sich aber in philosophische Bahnen kanalisierte. Arthur Schopenhauer, der bereits in seinem 30. Lebensjahr, von der Öffentlichkeit völlig ignoriert, sein Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung" publizierte, erntete erst gegen Ende seines Lebens den Ruhm, den er sich ersehnte. Mit dem Werk "Parerga und Paralipomena" trat er ein. Das macht das vorliegende Buch zu einem besonderen Stück deutscher Literatur. Franco Volpi, Professor für Philosophie an der Universität in Padua, als Herausgeber meint in seinem Vorwort selbst, es sei „Bestandteil der deutschen Seele“ (IX). Schopenhauer entwirft hier eine Anweisung zum „glücklichen" Leben. Es sind drei Elemente, die er analysiert: 1)Was Einer ist: Gesundheit, Kraft, Schönheit, Temperament, Intelligenz und Ausbildung werden analysiert. 2)Was Einer hat: Eigentum und Besitz werden betrachtet. 3)Was Einer vorstellt: Als was einer gilt, was er in der Vorstellung Anderer ist, wird näher beleuchtet, darunter Themen wie Ehre und Ruhm. Der Autor präsentiert uns eine deutsche Philosophie für jedermann, präzise, pointiert und sarkastisch. Wesentliche Erkenntnisse drängen sich bereits nach Lektüre der ersten Seiten auf: Die Welt in der man lebt, hängt ab von der Auffassung derselben (das gleichsam Kantische Erbe). Aus seiner Individualität kann niemand heraus. Damit ist das Maß des möglichen Glückes bereits vorbestimmt. Zu Punkt 1) Was also einer an sich selber hat, ist für Schopenhauer das wesentlichste zum Lebensglücke. Aus innerer Leerheit entspringt die Lust nach Gesellschaft, Zerstreuung und Vergnügen. Vor diesem Elende bewahre nichts so sicher als der innere Reichtum, der Reichtum des Geistes. Der geistreiche Mensch suche nach Schmerzlosigkeit im möglichst unangefochtenen Leben der Einsamkeit. Zu Punkt 2) Vorhandenes Vermögen soll man für Schopenhauer – eigentlich nur konsequent - betrachten als „Schutzmauer gegen die vielen möglichen Übel“. Zu Punkt 3) Viel zu viel Wert auf die Meinung anderer zu legen sei ein allgemein herrschender Irrwahn. Der Mensch habe es mit einer natürlich angeborenen Verkehrtheit zu tun. Ehre ist für Schopenhauer, objektiv, die Meinung anderer von unserem Wert, und, subjektiv, unsere Furcht vor dieser Meinung. Einige Leute seien berühmt und andere verdienten es zu sein. Das Beste aber was jeder ist, müsse er notwendig für sich selbst sein. Durch nichts entziehen wir uns so sehr dem Zwange von außen, als durch Selbstzwang. (Si tibi vis omnia subjicere, te subjice rationi.) Angesichts derartiger Tiefsinnigkeit verwundert es nicht, daß einem solchen Buche der unerwartete Publikumserfolg endlich sicher ward. Das Buch ist jener Pfad, welcher dem Punkte der Überwindung des Spätidealismus und der Epoche Hegels zuführt, unter der Schopenhauer selbst noch vermittels ihrer Ignoranz gegenüber seiner Person, litt. Die Lebendigkeit der Darstellung und ihre polemische Schärfe übten einen ungeheuren Einfluß auf spätere Schriftstellergenarationen aus. Ernst Jünger, Thomas Mann, Philipp Mainländer, Gottfried Benn, Siegmund Freud, Ludwig Wittgenstein, Robert Musil oder Rolf Schilling. Schopenhauers metaphysische Urenergie des Willens, vermittels derer das Leben als Privation, Not, Bedürfnis, Kummer und Sorge, Streben, Frustration, Schmerz und Pein erscheint, weiß, daß selbst das Ziel der Ruhe im erlangten Zustand Langeweile und Sattheit sowie Überdruß am Sein mit sich führt. Das Leben, wie man es auch dreht und wendet, bleibt also die Leere und Nichtigkeit, deren Empfinden in Schopenhauers Seelenhaushalt das vorliegende Buch heranreifen ließ. Es ist ein Lichtblick innerhalb einer Perspektive, wonach die sichere Niederlage für alle ohne Ausnahme am Ende steht – der Tod. Er, und nur er allein, wird, in einer Zeit, in der sich jeder gern oberflächlich als Demokrat proklamiert, zum einzigen Demokraten, denn er trifft alle gleich. Die vorliegende praktische Philosophie entstand auch infolge der Entdeckung Baltasar Granciáns „Handorakel der Weltklugheit“ durch Schopenhauer, welches er in Abgeschiedenheit nach seinem Wegzug vom Berlin Hegels als tröstliche Lektüre ins Deutsche übersetzte. – Aus desillusioniertem Pessimismus wird nunmehr tendenziell eine am eigenen Leib erfahrene Individualethik. Ihr entwächst eine Lebensbewältigungspraxis ungeheuren Maßes und tiefsinnigen Schwergewichts. Die vorliegenden Aphorismen sind das krönende und abschließende Lächeln seiner sich selbst antrainierten Lässigkeit infolge des Durchschauthabens der Lebenswelt und ihres Ganges. Asketische Daseinsverneinung wird zur gelebten Maxime des stoischen Ausharrens und punktuellen Genießens. Dieser Sachverhalt und die Tatsache, daß die vorliegende Ausgabe völlig neu ediert wurde sowie im Gewandt eines erweiterten Anmerkungsapparat zu Schopenhauers brillant gewählten Wahlsprüchen und fremdsprachlichen Zitaten auftritt, sollten Grund genug sein, dieses Buch zu besitzen. Die enthaltenen Aphorismen gehören zum Verlag Kröner ebenso dazu, wie das mürrische Gesicht Schopenhauers zu einem jeden Foto von ihm. Damit steht vorliegendes Buch in vorzüglicher Tradition, wurde es doch im Gründungsjahr des Kröner-Verlages 1904 zugleich mit als eines der ersten Bücher veröffentlicht. Es rückt den Denker asketischer Daseinsverneinung und stoischen Ausharrens gegen eine Übermacht von Plagen in den Mittelpunkt. Damit bietet es die „abgezogene praktische Nutzanwendung seiner Philosophie für jedermann, sogar für solche, die Schopenhauers Philosophie ablehnen.“ (Walter Schneider, Schopenhauer. Eine Biographie, 1937, S. 315). Keine Frage, daß dieses Werk auch für fachfremde Leser offen steht. Es ruft ihnen zu: „Alle menschlichen Angelegenheiten unterliegen dem Zufall und Irrtum. Nehmt die gute Stimmung wahr, denn sie kommt so selten.“

Mit dem vorliegenden Buch hat Arthur Schopenhauer (1788-1860) ein nahezu unübertroffenes stilistisches Meisterwerk hinterlassen, welches als Kompendium praktischer Philosophie auftritt. Ursprünglich ist das Buch das Kernstück des ersten Bandes seiner „Parerga und Paralipomena“ erschienen, d.h. der „Nebenwerke und Nachträge“, eine zweibändige Sammlung kurzer Schriften sehr interessanten Inhalts, welche Schopenhauer im November 1851 veröffentlichte. In den vorliegenden „Aphorismen zur Lebensweisheit“, als brillantes Extrakt daraus, hat Schopenhauers philosophischer Stil seine inhaltliche Vollendung erreicht. Sie spiegeln aber auch einen reifen Mann und lebenserfahrenen Menschen wider, der auf der Grundlage seines weltanschaulichen Pessimismus eine Lehre des glücklichen Lebens entwirft, die aufweist, wie man in einer denkbar schlechten Welt angemessen leben kann ohne ihr zu entfliehen. Dies kann womöglich nur jemand ableisten, der kurz davor stand, ihr zu entfliehen, was für Schopenhauer zutraf, sich aber in philosophische Bahnen kanalisierte.

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Arthur Schopenhauer, der bereits in seinem 30. Lebensjahr, von der Öffentlichkeit völlig ignoriert, sein Hauptwerk „Die Welt als Wille und Vorstellung" publizierte, erntete erst gegen Ende seines Lebens den Ruhm, den er sich ersehnte. Mit dem Werk "Parerga und Paralipomena" trat er ein. Das macht das vorliegende Buch zu einem besonderen Stück deutscher Literatur. Franco Volpi, Professor für Philosophie an der Universität in Padua, als Herausgeber meint in seinem Vorwort selbst, es sei „Bestandteil der deutschen Seele“ (IX).

Schopenhauer entwirft hier eine Anweisung zum „glücklichen" Leben. Es sind drei Elemente, die er analysiert:

1)Was Einer ist: Gesundheit, Kraft, Schönheit, Temperament, Intelligenz und Ausbildung werden analysiert.

2)Was Einer hat: Eigentum und Besitz werden betrachtet.

3)Was Einer vorstellt: Als was einer gilt, was er in der Vorstellung Anderer ist, wird näher beleuchtet, darunter Themen wie Ehre und Ruhm.

Der Autor präsentiert uns eine deutsche Philosophie für jedermann, präzise, pointiert und sarkastisch. Wesentliche Erkenntnisse drängen sich bereits nach Lektüre der ersten Seiten auf: Die Welt in der man lebt, hängt ab von der Auffassung derselben (das gleichsam Kantische Erbe). Aus seiner Individualität kann niemand heraus. Damit ist das Maß des möglichen Glückes bereits vorbestimmt.

Zu Punkt 1) Was also einer an sich selber hat, ist für Schopenhauer das wesentlichste zum Lebensglücke. Aus innerer Leerheit entspringt die Lust nach Gesellschaft, Zerstreuung und Vergnügen. Vor diesem Elende bewahre nichts so sicher als der innere Reichtum, der Reichtum des Geistes. Der geistreiche Mensch suche nach Schmerzlosigkeit im möglichst unangefochtenen Leben der Einsamkeit.

Zu Punkt 2) Vorhandenes Vermögen soll man für Schopenhauer – eigentlich nur konsequent - betrachten als „Schutzmauer gegen die vielen möglichen Übel“.

Zu Punkt 3) Viel zu viel Wert auf die Meinung anderer zu legen sei ein allgemein herrschender Irrwahn. Der Mensch habe es mit einer natürlich angeborenen Verkehrtheit zu tun. Ehre ist für Schopenhauer, objektiv, die Meinung anderer von unserem Wert, und, subjektiv, unsere Furcht vor dieser Meinung. Einige Leute seien berühmt und andere verdienten es zu sein. Das Beste aber was jeder ist, müsse er notwendig für sich selbst sein. Durch nichts entziehen wir uns so sehr dem Zwange von außen, als durch Selbstzwang. (Si tibi vis omnia subjicere, te subjice rationi.)

Angesichts derartiger Tiefsinnigkeit verwundert es nicht, daß einem solchen Buche der unerwartete Publikumserfolg endlich sicher ward. Das Buch ist jener Pfad, welcher dem Punkte der Überwindung des Spätidealismus und der Epoche Hegels zuführt, unter der Schopenhauer selbst noch vermittels ihrer Ignoranz gegenüber seiner Person, litt. Die Lebendigkeit der Darstellung und ihre polemische Schärfe übten einen ungeheuren Einfluß auf spätere Schriftstellergenarationen aus. Ernst Jünger, Thomas Mann, Philipp Mainländer, Gottfried Benn, Siegmund Freud, Ludwig Wittgenstein, Robert Musil oder Rolf Schilling. Schopenhauers metaphysische Urenergie des Willens, vermittels derer das Leben als Privation, Not, Bedürfnis, Kummer und Sorge, Streben, Frustration, Schmerz und Pein erscheint, weiß, daß selbst das Ziel der Ruhe im erlangten Zustand Langeweile und Sattheit sowie Überdruß am Sein mit sich führt. Das Leben, wie man es auch dreht und wendet, bleibt also die Leere und Nichtigkeit, deren Empfinden in Schopenhauers Seelenhaushalt das vorliegende Buch heranreifen ließ. Es ist ein Lichtblick innerhalb einer Perspektive, wonach die sichere Niederlage für alle ohne Ausnahme am Ende steht – der Tod. Er, und nur er allein, wird, in einer Zeit, in der sich jeder gern oberflächlich als Demokrat proklamiert, zum einzigen Demokraten, denn er trifft alle gleich.

Die vorliegende praktische Philosophie entstand auch infolge der Entdeckung Baltasar Granciáns „Handorakel der Weltklugheit“ durch Schopenhauer, welches er in Abgeschiedenheit nach seinem Wegzug vom Berlin Hegels als tröstliche Lektüre ins Deutsche übersetzte. – Aus desillusioniertem Pessimismus wird nunmehr tendenziell eine am eigenen Leib erfahrene Individualethik. Ihr entwächst eine Lebensbewältigungspraxis ungeheuren Maßes und tiefsinnigen Schwergewichts. Die vorliegenden Aphorismen sind das krönende und abschließende Lächeln seiner sich selbst antrainierten Lässigkeit infolge des Durchschauthabens der Lebenswelt und ihres Ganges. Asketische Daseinsverneinung wird zur gelebten Maxime des stoischen Ausharrens und punktuellen Genießens.

Dieser Sachverhalt und die Tatsache, daß die vorliegende Ausgabe völlig neu ediert wurde sowie im Gewandt eines erweiterten Anmerkungsapparat zu Schopenhauers brillant gewählten Wahlsprüchen und fremdsprachlichen Zitaten auftritt, sollten Grund genug sein, dieses Buch zu besitzen. Die enthaltenen Aphorismen gehören zum Verlag Kröner ebenso dazu, wie das mürrische Gesicht Schopenhauers zu einem jeden Foto von ihm. Damit steht vorliegendes Buch in vorzüglicher Tradition, wurde es doch im Gründungsjahr des Kröner-Verlages 1904 zugleich mit als eines der ersten Bücher veröffentlicht. Es rückt den Denker asketischer Daseinsverneinung und stoischen Ausharrens gegen eine Übermacht von Plagen in den Mittelpunkt. Damit bietet es die „abgezogene praktische Nutzanwendung seiner Philosophie für jedermann, sogar für solche, die Schopenhauers Philosophie ablehnen.“ (Walter Schneider, Schopenhauer. Eine Biographie, 1937, S. 315).

Keine Frage, daß dieses Werk auch für fachfremde Leser offen steht. Es ruft ihnen zu: „Alle menschlichen Angelegenheiten unterliegen dem Zufall und Irrtum. Nehmt die gute Stimmung wahr, denn sie kommt so selten.“

geschrieben am 13.01.2008 | 928 Wörter | 5817 Zeichen

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