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Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa


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Rezension von

Johanna Götzendorfer

Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa Fabrizio Gatti, zur Genüge als „italienischer Wallraff“ tituliert, ist einer der sozialkritischsten Journalisten Italiens und schlüpft, um Missstände aufzuzeigen und öffentlich zu machen, in unterschiedlichste Rollen: So wurde er etwa zum illegalen Erntehelfer, zum Obdachlosen oder hat unter falscher Identität im Milieu der Mafia recherchiert. Dem wohl schwerwiegendsten und gefährlichsten Identitätswechsel unterzog er sich aber für jenes Projekt, das er in „Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa“ in Buchform veröffentlicht hat: Gatti will nachvollziehen können, wieso man sich als Afrikaner auf den lebensgefährlichen und oft hoffnungslosen Weg nach Europa macht. Dafür fliegt er – noch mit seiner eigenen, italienischen Identität – nach Dakar und macht sich von dort auf aus, die afrikanische Wüste zu durchqueren, Richtung Libyen, auf den Wegen der sogenannten Sklavenpisten: Tausende von Menschen zahlen teures Geld, um auf alten, schrottreifen LKW´s von dubiosen Fahrern und Mittelsmännern durch die Wüste geschleust zu werden. Die Laster sind heillos überbesetzt, die Menschen zumeist ungenügend versorgt und zudem dem Wohlwollen oder der Bestechlichkeit von Fahrern und Militärposten ausgesetzt: Sie werden geschlagen, gefoltert, beraubt; manchmal einfach in der Wüste ausgesetzt, wo sie der sichere Tod erwartet. Fabrizio Gatti folgt diesem Weg auf den gängigen Transportmitteln: Alten Lastern und Jeeps. Um von den Militärs nicht als Weißer erkannt zu werden, vermummt er sich zusätzlich. Auf seinem Weg schließt er viele Freundschaften und lernt unzählige Menschen und ihre Schicksale kennen: Jedes einzelne dieser Schicksale zeigt, wie tief diese Menschen getroffen wurden und wie trostlos ihnen ihre Zukunft erscheint. Ihre Hoffnungen und Träume, in Europa ein besseres Leben zu führen, sind aber auch bestimmt von irrigen Erzählungen und Überlegungen. Ausweisung und Abschiebung aus Europa finden darin keinen Platz. Vor der Überfahrt von Tunesien aus mit alten, unsicheren Booten Richtung Europa scheut Gatti sicher aber (verständlicherweise): Zu gefährlich ist diese Überfahrt, den Leser überkommt schon ein mulmiges Gefühl bei der Beschreibung der Boote. Gatti kehrt zurück nach Italien, um von dort aus quasi den zweiten Teil seines Projektes und den eigentlichen Identitätswechsel zu planen: Mit dreckiger Schwimmweste und stinkendem Fischöl im Haar, der Authentizität wegen, springt Gatti vor Lampedusa ins eiskalte Meer um Stunden danach als Bilal wieder herausgefischt zu werden: Bilal ist kurdischer Flüchtling und Gattis neue Identität, um ins Flüchtlingslager Lampedusa zu kommen. Gatti erlebt dort als Bilal menschenverachtende Behandlung, Verletzung der Rechte von Zuwanderern, faschistische und rassistische Anwandlungen der Wärter und schafft es somit, die tatsächlich herrschenden Zustände in diesem Lager, das der Öffentlichkeit weitgehend entzogen wird, zu dokumentieren. Dieses Buch ist absolut zu empfehlen und verändert sicher die Sichtweise jedes einzelnen auf Probleme und Missstände innerhalb von Migration, Zuwanderung und Integration. Zudem ist es packend geschrieben, und lässt den Leser nicht mehr los, man verfolgt Gattis/Bilals Weg aufgeregt mit und bekommt ein Gespür für Arroganz und Ignoranz der europäischen Gesellschaft, die ihren Wohlstand um jeden Preis für sich zu behalten versucht. Absolut lesenswert!

Fabrizio Gatti, zur Genüge als „italienischer Wallraff“ tituliert, ist einer der sozialkritischsten Journalisten Italiens und schlüpft, um Missstände aufzuzeigen und öffentlich zu machen, in unterschiedlichste Rollen: So wurde er etwa zum illegalen Erntehelfer, zum Obdachlosen oder hat unter falscher Identität im Milieu der Mafia recherchiert.

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Dem wohl schwerwiegendsten und gefährlichsten Identitätswechsel unterzog er sich aber für jenes Projekt, das er in „Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa“ in Buchform veröffentlicht hat: Gatti will nachvollziehen können, wieso man sich als Afrikaner auf den lebensgefährlichen und oft hoffnungslosen Weg nach Europa macht. Dafür fliegt er – noch mit seiner eigenen, italienischen Identität – nach Dakar und macht sich von dort auf aus, die afrikanische Wüste zu durchqueren, Richtung Libyen, auf den Wegen der sogenannten Sklavenpisten: Tausende von Menschen zahlen teures Geld, um auf alten, schrottreifen LKW´s von dubiosen Fahrern und Mittelsmännern durch die Wüste geschleust zu werden. Die Laster sind heillos überbesetzt, die Menschen zumeist ungenügend versorgt und zudem dem Wohlwollen oder der Bestechlichkeit von Fahrern und Militärposten ausgesetzt: Sie werden geschlagen, gefoltert, beraubt; manchmal einfach in der Wüste ausgesetzt, wo sie der sichere Tod erwartet.

Fabrizio Gatti folgt diesem Weg auf den gängigen Transportmitteln: Alten Lastern und Jeeps. Um von den Militärs nicht als Weißer erkannt zu werden, vermummt er sich zusätzlich.

Auf seinem Weg schließt er viele Freundschaften und lernt unzählige Menschen und ihre Schicksale kennen: Jedes einzelne dieser Schicksale zeigt, wie tief diese Menschen getroffen wurden und wie trostlos ihnen ihre Zukunft erscheint. Ihre Hoffnungen und Träume, in Europa ein besseres Leben zu führen, sind aber auch bestimmt von irrigen Erzählungen und Überlegungen. Ausweisung und Abschiebung aus Europa finden darin keinen Platz.

Vor der Überfahrt von Tunesien aus mit alten, unsicheren Booten Richtung Europa scheut Gatti sicher aber (verständlicherweise): Zu gefährlich ist diese Überfahrt, den Leser überkommt schon ein mulmiges Gefühl bei der Beschreibung der Boote.

Gatti kehrt zurück nach Italien, um von dort aus quasi den zweiten Teil seines Projektes und den eigentlichen Identitätswechsel zu planen: Mit dreckiger Schwimmweste und stinkendem Fischöl im Haar, der Authentizität wegen, springt Gatti vor Lampedusa ins eiskalte Meer um Stunden danach als Bilal wieder herausgefischt zu werden: Bilal ist kurdischer Flüchtling und Gattis neue Identität, um ins Flüchtlingslager Lampedusa zu kommen. Gatti erlebt dort als Bilal menschenverachtende Behandlung, Verletzung der Rechte von Zuwanderern, faschistische und rassistische Anwandlungen der Wärter und schafft es somit, die tatsächlich herrschenden Zustände in diesem Lager, das der Öffentlichkeit weitgehend entzogen wird, zu dokumentieren.

Dieses Buch ist absolut zu empfehlen und verändert sicher die Sichtweise jedes einzelnen auf Probleme und Missstände innerhalb von Migration, Zuwanderung und Integration. Zudem ist es packend geschrieben, und lässt den Leser nicht mehr los, man verfolgt Gattis/Bilals Weg aufgeregt mit und bekommt ein Gespür für Arroganz und Ignoranz der europäischen Gesellschaft, die ihren Wohlstand um jeden Preis für sich zu behalten versucht. Absolut lesenswert!

geschrieben am 17.02.2010 | 473 Wörter | 2893 Zeichen

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