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Leuchten: A- und So-phorismen


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Leuchten: A- und So-phorismen Vor etlichen Jahren wurde ich auf Thomas Kapielski aufmerksam, als ich den Doppelband mit „Gottesbeweisen“ las, „Davor kommt noch“ und „Danach war schon“. Mich hatte die Lektüre begeistert und der Name blieb mir im Gedächtnis. Mit späteren Werken konnte ich allerdings nicht so viel anfangen, aber die nun im Suhrkamp Verlag erschienene Zusammenstellung Aphorismen unter dem Titel „Leuchten“ (http://www.suhrkamp.de/buecher/leuchten-thomas_kapielski_12738.html) hat mich dann doch wieder interessiert. Kapielski begann als vielseitig interessierter und aktiver Künstler und fand in den 80er Jahren zur Schriftstellerei, wobei man seinen Texten stets anmerkt, welch intensive Allgemeinbildung er hat und wie breit sein Ausdrucksspektrum ist. Daneben aber kommt in seinen Texten wie auch in seinem künstlerischen Wirken parallel der Eifer für das Werk und zugleich die zynische Distanz zum Kunst- und Kulturbetrieb zum Vorschein, was bisweilen eine Gratwanderung für den Leser ist, da dieser stets dem Wissensvorsprung des Autors hinterherzuhinken droht, aber auch manchmal einfach lustig („Es ist schwer mit der Kunst geworden: Wenn man es kann, ist es keine, und wenn man es nicht kann, erst recht nicht – oder gegebenenfalls gerade doch.“, S. 165). Auch wenn das Buch dem Titel nach (nur) A- und So-phorismen verspricht, handelt es sich doch um eine wilde Mischung aus Aphorismen, kleinen Alltagsgeschichten, philosophischen und historischen Anspielungen, Ausflügen in die Kunsttheorie und allerlei Abseitigem. Einige der kleinen Stücke werden vom Autor selbst »Frimmels« genannt, mehr oder weniger überlieferungsfromme Fantasiestücke in Mono- oder Dialogform bedeutender historischer Persönlichkeiten. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass jeder Leser nach seinem Geschmack Gutes und weniger Gutes aus der Kollektion herauspicken kann. Teilweise sind die zitierten Aphorismen höchst amüsant, die eigenen Texte jedoch nicht minder. Erfreulich ist, dass Kapielski dabei auch nicht an kritischen Worten zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen spart, die Sammlung deshalb nicht nur Kunst um der Kunst willen ist. Dies können kurze zynische Betrachtungen zu aktuellen Lebensformen wie den Berliner Hipstern sein, zur Kunst der Retorsion aus Kindermund (S. 53) aber auch geschickt verpackte Zweifel am allzu Gutmenschlichen, das in wortverkleideter Form doch nur die herkömmlichen Abgründe kaschiert (siehe die „Sozialethik“, S. 154). Abschließend möchte ich einige wenige Beispiele liefern, über die ich mich sehr gefreut und amüsiert habe oder die ich nur zu gerne im Kopf hin- und hergewendet habe, um ihre Tragweite auszukosten: „Einfaches ist falsch, Kompliziertes wahr. Umgekehrt ist beides sowohl wahr als auch falsch. – So einfach ist Entzweiung, so dämlich Dialektik!“ (S. 16) „Ein fortdauernder Irrtum wird der Wahrheit ähnlich. Wahrscheinlich ist die Wahrheit sowieso nur ein Irrtum.“ (S. 71) „Ohne Mängel bliebe jede Perfektion mangelhaft, so wie Wirklichkeit ohne Illusion unwirklich und Wahrheit ohne Dichtung unwahr.“ (S. 222). Man mag hoffen, dass Kapielski in Zeiten des Postfaktischen damit nicht Recht behält.

Vor etlichen Jahren wurde ich auf Thomas Kapielski aufmerksam, als ich den Doppelband mit „Gottesbeweisen“ las, „Davor kommt noch“ und „Danach war schon“. Mich hatte die Lektüre begeistert und der Name blieb mir im Gedächtnis. Mit späteren Werken konnte ich allerdings nicht so viel anfangen, aber die nun im Suhrkamp Verlag erschienene Zusammenstellung Aphorismen unter dem Titel „Leuchten“ (http://www.suhrkamp.de/buecher/leuchten-thomas_kapielski_12738.html) hat mich dann doch wieder interessiert.

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Kapielski begann als vielseitig interessierter und aktiver Künstler und fand in den 80er Jahren zur Schriftstellerei, wobei man seinen Texten stets anmerkt, welch intensive Allgemeinbildung er hat und wie breit sein Ausdrucksspektrum ist. Daneben aber kommt in seinen Texten wie auch in seinem künstlerischen Wirken parallel der Eifer für das Werk und zugleich die zynische Distanz zum Kunst- und Kulturbetrieb zum Vorschein, was bisweilen eine Gratwanderung für den Leser ist, da dieser stets dem Wissensvorsprung des Autors hinterherzuhinken droht, aber auch manchmal einfach lustig („Es ist schwer mit der Kunst geworden: Wenn man es kann, ist es keine, und wenn man es nicht kann, erst recht nicht – oder gegebenenfalls gerade doch.“, S. 165).

Auch wenn das Buch dem Titel nach (nur) A- und So-phorismen verspricht, handelt es sich doch um eine wilde Mischung aus Aphorismen, kleinen Alltagsgeschichten, philosophischen und historischen Anspielungen, Ausflügen in die Kunsttheorie und allerlei Abseitigem. Einige der kleinen Stücke werden vom Autor selbst »Frimmels« genannt, mehr oder weniger überlieferungsfromme Fantasiestücke in Mono- oder Dialogform bedeutender historischer Persönlichkeiten. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass jeder Leser nach seinem Geschmack Gutes und weniger Gutes aus der Kollektion herauspicken kann. Teilweise sind die zitierten Aphorismen höchst amüsant, die eigenen Texte jedoch nicht minder.

Erfreulich ist, dass Kapielski dabei auch nicht an kritischen Worten zu aktuellen gesellschaftlichen und politischen Fragen spart, die Sammlung deshalb nicht nur Kunst um der Kunst willen ist. Dies können kurze zynische Betrachtungen zu aktuellen Lebensformen wie den Berliner Hipstern sein, zur Kunst der Retorsion aus Kindermund (S. 53) aber auch geschickt verpackte Zweifel am allzu Gutmenschlichen, das in wortverkleideter Form doch nur die herkömmlichen Abgründe kaschiert (siehe die „Sozialethik“, S. 154).

Abschließend möchte ich einige wenige Beispiele liefern, über die ich mich sehr gefreut und amüsiert habe oder die ich nur zu gerne im Kopf hin- und hergewendet habe, um ihre Tragweite auszukosten:

„Einfaches ist falsch, Kompliziertes wahr. Umgekehrt ist beides sowohl wahr als auch falsch. – So einfach ist Entzweiung, so dämlich Dialektik!“ (S. 16)

„Ein fortdauernder Irrtum wird der Wahrheit ähnlich. Wahrscheinlich ist die Wahrheit sowieso nur ein Irrtum.“ (S. 71)

„Ohne Mängel bliebe jede Perfektion mangelhaft, so wie Wirklichkeit ohne Illusion unwirklich und Wahrheit ohne Dichtung unwahr.“ (S. 222). Man mag hoffen, dass Kapielski in Zeiten des Postfaktischen damit nicht Recht behält.

geschrieben am 29.12.2016 | 445 Wörter | 2698 Zeichen

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