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Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB Band 9: Familienrecht II


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB Band 9: Familienrecht II Nahezu zeitgleich zum Band 8 des Münchener Kommentars zum BGB, dem Band „Familienrecht I“, ist nunmehr auch der Band 9, sprich das „Familienrecht II“, in neuer siebter Auflage erschienen. Kommentiert werden die §§ 1589 – 1921 BGB, dazu das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe), und damit ein breites Spektrum an Themen, die, wenn man den gerichtlichen Alltag ansieht, bisweilen eher mühsam unter den Dachbegriff „Familienrecht“ gepresst werden können. Dennoch gibt es viele Gemeinsamkeiten innerhalb dieser Normen, wovon eine mit dem Begriff der „Selbstbestimmung“ trefflich erfasst ist: es geht um die Selbstbestimmung des Kindes im Sorgerecht, aber auch erwachsener Personen im Betreuungsrecht, um verschiedene Pflegschaften, um die Vertretung, um freiheitsentziehende Maßnahmen, aber auch um den Verwandtenunterhalt. Man sieht also, dass in den Normen ordentlich Zündstoff enthalten ist. Redigiert wird dieser Band des Münchener Kommentars von einem der besten Familienrechtler Deutschlands, der die Rechtsanwender eigentlich seit Studienzeiten bis später in die Praxis mit seinen Werken begleitet: Dieter Schwab. Das Autorenteam besteht ebenfalls aus hochkarätigen und in der Praxis viel gelesenen Bearbeitern, sodass man sich auf die Lektüre des Kommentars wirklich freuen kann. Und es handelt sich tatsächlich um einen Kommentar, der zur echten Lektüre geeignet ist, für eine punktuelle Nachschau wäre er viel zu schade, was anhand einiger Beispiele später noch illustriert werden soll. Die Gestaltung des Kommentars ist einheitlich und lesefreundlich gehalten. Der Fließtext ist gut untergliedert, mit fett gedruckten Schlagworten und vielen internen Hinweisen versehen und ein echtes Fußnotenregime erleichtert zudem die durchgehende Lektüre der Texte. Die Nachweisdichte ist hoch, aktuell und strikt an der relevanten Rechtsprechung orientiert. Dennoch finden die Autoren immer wieder den Raum, um sich zu positionieren und dem Leser so einen Vergleich auch zu anderen Werken und Meinungen zu verschaffen (bspw. Wellenhofer, § 1598a BGB, Rn. 63 ff. zum Schadensersatzanspruch bei Verletzung der Auskunftspflicht; Olzen, § 1667 BGB, Rn. 22, Fn. 43 zur Anhörung der Eltern; Schwab, § 1897 BGB, Rn. 33, Fn. 107 zur Bestellung eines Betreuers aus der Familie; u.v.m.). Im Folgenden sollen einige Kommentierungen beleuchtet werden, die ich mir teils aus spezifischem Interesse, teils wegen der ständigen Befassung mit der Thematik in der gerichtlichen Praxis herausgesucht habe. Ein Aspekt, den ich an diesem Kommentar sehr schätze, ist die konsequente Verzahnung von materiellem Recht und Verfahrensrecht. Dies wird sehr schön deutlich an der Kommentierung zu § 1600d (Wellenhofer). Dort werden auch scheinbar banale Dinge pragmatisch und in der gebotenen Ausführlichkeit erläutert, etwa die verschiedenen Beteiligten, die Entscheidungsform, aber vor allem der Gang der Beweisaufnahme. Konsequent wird dann am Ende zu den Rechtswirkungen der Vaterschaftsfeststellung ausgeführt, insbesondere zu den Regressforderungen des „Scheinvaters“ (Rn. 104 ff.). Als ebenso gutes Beispiel könnte man auch die Rolle des Betreuungsgerichts und das dortige Verfahren heranziehen (Schwab, § 1906 BGB, Rn. 91 ff.). Des Weiteren beeindruckt mich immer wieder die Präzision bei gleichzeitig umfassender Darstellung. Dies ist zu beobachten (pars pro toto) in den Kommentierungen zum Unterhaltsanspruch zwischen nicht verheirateten Kindseltern (§ 1615l BGB, Born): klassische (meist hässlich geführte) Streitigkeiten um die Dauer des Unterhaltsbezugs (Rn. 9-12), um die Pflicht zur Erbringung von überobligatorischen Leistungen (Rn. 44-45) oder um einen angeblich ausgesprochenen Unterhaltsverzicht der Kindsmutter (Rn. 64-64a) werden pointiert erfasst und die wesentlichen Probleme herausgearbeitet. Ein ebenfalls wichtiger Pluspunkt des Kommentars ist die Ausgewogenheit der Darstellung. Bei komplexen und zugleich hochstreitigen Themen, die darüber hinaus so unpräzise gesetzlich erfasst sind wie das Kindeswohl, bedarf es für die Rechtsanwendung einer so gekonnten Kommentierung wie der von Olzen. Bei der Frage, wann eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt (§ 1666 BGB, Rn. 50 ff.) findet man ausgehend von allgemeinen Definitionen eine Vielzahl möglicher Ansatzpunkte und aktueller Debatten, sei es von den Gepflogenheiten ausländischer Familien über den Schutz des nasciturus bei abtreibungswilliger Kindsmutter über den Konflikt um das Aufenthaltsbestimmungsrecht zwischen Eltern und Pflegeeltern bis hin zur Problematik der psychischen Erkrankung eines Elternteils oder gar beider. Auch hier findet sich am Ende der Brückenschlag zum Familienrecht, nämlich zur Frage, was das Gericht feststellen muss und in welchem Umfang dies zu geschehen hat (Rn. 118-120). Schließlich schätze ich an dem Kommentar die hohe Praktikabilität der Erläuterungen. So werden in den Kommentierungen zur Haftung des Vormunds (Kroll-Ludwigs, § 1833 BGB; siehe auch die Verweisung in § 1908i BGB, Rn. 23 ff., Schwab) und zum Aufwendungsersatzanspruch des Vormunds (§ 1835 BGB, Fröschle) viele wichtige Details angesprochen, die für die Prüfung von Ansprüchen von Bedeutung sind, etwa die Anwendbarkeit des Haftungsprivilegs nach § 1664 BGB, die mögliche Haftung des Vormunds gegenüber Dritten, den möglichen Ersatz für die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter oder die Rolle des Anwalts als Betreuer, Verfahrenspfleger oder Verfahrensbeistand. Insgesamt kann das Fazit nur eindeutig ausfallen: mit diesem Kommentar zu arbeiten macht Spaß und man entdeckt immer wieder neue interessante Aspekte einer höchst dynamischen und zutiefst menschlichen Rechtsmaterie. Die Herausforderungen des Gerichtsalltags kann man mit diesem Werk erfolgreich angehen.

Nahezu zeitgleich zum Band 8 des Münchener Kommentars zum BGB, dem Band „Familienrecht I“, ist nunmehr auch der Band 9, sprich das „Familienrecht II“, in neuer siebter Auflage erschienen. Kommentiert werden die §§ 1589 – 1921 BGB, dazu das SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe), und damit ein breites Spektrum an Themen, die, wenn man den gerichtlichen Alltag ansieht, bisweilen eher mühsam unter den Dachbegriff „Familienrecht“ gepresst werden können. Dennoch gibt es viele Gemeinsamkeiten innerhalb dieser Normen, wovon eine mit dem Begriff der „Selbstbestimmung“ trefflich erfasst ist: es geht um die Selbstbestimmung des Kindes im Sorgerecht, aber auch erwachsener Personen im Betreuungsrecht, um verschiedene Pflegschaften, um die Vertretung, um freiheitsentziehende Maßnahmen, aber auch um den Verwandtenunterhalt. Man sieht also, dass in den Normen ordentlich Zündstoff enthalten ist.

weitere Rezensionen von Dr. Benjamin Krenberger


Redigiert wird dieser Band des Münchener Kommentars von einem der besten Familienrechtler Deutschlands, der die Rechtsanwender eigentlich seit Studienzeiten bis später in die Praxis mit seinen Werken begleitet: Dieter Schwab. Das Autorenteam besteht ebenfalls aus hochkarätigen und in der Praxis viel gelesenen Bearbeitern, sodass man sich auf die Lektüre des Kommentars wirklich freuen kann. Und es handelt sich tatsächlich um einen Kommentar, der zur echten Lektüre geeignet ist, für eine punktuelle Nachschau wäre er viel zu schade, was anhand einiger Beispiele später noch illustriert werden soll.

Die Gestaltung des Kommentars ist einheitlich und lesefreundlich gehalten. Der Fließtext ist gut untergliedert, mit fett gedruckten Schlagworten und vielen internen Hinweisen versehen und ein echtes Fußnotenregime erleichtert zudem die durchgehende Lektüre der Texte. Die Nachweisdichte ist hoch, aktuell und strikt an der relevanten Rechtsprechung orientiert. Dennoch finden die Autoren immer wieder den Raum, um sich zu positionieren und dem Leser so einen Vergleich auch zu anderen Werken und Meinungen zu verschaffen (bspw. Wellenhofer, § 1598a BGB, Rn. 63 ff. zum Schadensersatzanspruch bei Verletzung der Auskunftspflicht; Olzen, § 1667 BGB, Rn. 22, Fn. 43 zur Anhörung der Eltern; Schwab, § 1897 BGB, Rn. 33, Fn. 107 zur Bestellung eines Betreuers aus der Familie; u.v.m.).

Im Folgenden sollen einige Kommentierungen beleuchtet werden, die ich mir teils aus spezifischem Interesse, teils wegen der ständigen Befassung mit der Thematik in der gerichtlichen Praxis herausgesucht habe.

Ein Aspekt, den ich an diesem Kommentar sehr schätze, ist die konsequente Verzahnung von materiellem Recht und Verfahrensrecht. Dies wird sehr schön deutlich an der Kommentierung zu § 1600d (Wellenhofer). Dort werden auch scheinbar banale Dinge pragmatisch und in der gebotenen Ausführlichkeit erläutert, etwa die verschiedenen Beteiligten, die Entscheidungsform, aber vor allem der Gang der Beweisaufnahme. Konsequent wird dann am Ende zu den Rechtswirkungen der Vaterschaftsfeststellung ausgeführt, insbesondere zu den Regressforderungen des „Scheinvaters“ (Rn. 104 ff.). Als ebenso gutes Beispiel könnte man auch die Rolle des Betreuungsgerichts und das dortige Verfahren heranziehen (Schwab, § 1906 BGB, Rn. 91 ff.).

Des Weiteren beeindruckt mich immer wieder die Präzision bei gleichzeitig umfassender Darstellung. Dies ist zu beobachten (pars pro toto) in den Kommentierungen zum Unterhaltsanspruch zwischen nicht verheirateten Kindseltern (§ 1615l BGB, Born): klassische (meist hässlich geführte) Streitigkeiten um die Dauer des Unterhaltsbezugs (Rn. 9-12), um die Pflicht zur Erbringung von überobligatorischen Leistungen (Rn. 44-45) oder um einen angeblich ausgesprochenen Unterhaltsverzicht der Kindsmutter (Rn. 64-64a) werden pointiert erfasst und die wesentlichen Probleme herausgearbeitet.

Ein ebenfalls wichtiger Pluspunkt des Kommentars ist die Ausgewogenheit der Darstellung. Bei komplexen und zugleich hochstreitigen Themen, die darüber hinaus so unpräzise gesetzlich erfasst sind wie das Kindeswohl, bedarf es für die Rechtsanwendung einer so gekonnten Kommentierung wie der von Olzen. Bei der Frage, wann eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt (§ 1666 BGB, Rn. 50 ff.) findet man ausgehend von allgemeinen Definitionen eine Vielzahl möglicher Ansatzpunkte und aktueller Debatten, sei es von den Gepflogenheiten ausländischer Familien über den Schutz des nasciturus bei abtreibungswilliger Kindsmutter über den Konflikt um das Aufenthaltsbestimmungsrecht zwischen Eltern und Pflegeeltern bis hin zur Problematik der psychischen Erkrankung eines Elternteils oder gar beider. Auch hier findet sich am Ende der Brückenschlag zum Familienrecht, nämlich zur Frage, was das Gericht feststellen muss und in welchem Umfang dies zu geschehen hat (Rn. 118-120).

Schließlich schätze ich an dem Kommentar die hohe Praktikabilität der Erläuterungen. So werden in den Kommentierungen zur Haftung des Vormunds (Kroll-Ludwigs, § 1833 BGB; siehe auch die Verweisung in § 1908i BGB, Rn. 23 ff., Schwab) und zum Aufwendungsersatzanspruch des Vormunds (§ 1835 BGB, Fröschle) viele wichtige Details angesprochen, die für die Prüfung von Ansprüchen von Bedeutung sind, etwa die Anwendbarkeit des Haftungsprivilegs nach § 1664 BGB, die mögliche Haftung des Vormunds gegenüber Dritten, den möglichen Ersatz für die Inanspruchnahme von Hilfeleistungen Dritter oder die Rolle des Anwalts als Betreuer, Verfahrenspfleger oder Verfahrensbeistand.

Insgesamt kann das Fazit nur eindeutig ausfallen: mit diesem Kommentar zu arbeiten macht Spaß und man entdeckt immer wieder neue interessante Aspekte einer höchst dynamischen und zutiefst menschlichen Rechtsmaterie. Die Herausforderungen des Gerichtsalltags kann man mit diesem Werk erfolgreich angehen.

geschrieben am 06.01.2017 | 792 Wörter | 4932 Zeichen

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