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Autonomes Fahren: Rechtsfolgen, Rechtsprobleme, technische Grundlagen


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Rezension von

Dr. Sebastian Felz

Autonomes Fahren: Rechtsfolgen, Rechtsprobleme, technische Grundlagen „Autonomes Fahren“ ist in aller Munde. Auf dem „Deutschen Verkehrsgerichtstag“ genauso wie auch auf den Veranstaltungen des „Deutschen Verkehrssicherheitsrates“, in der „Neuen Zeitschrift für Verkehrsrecht“ genauso wie im „Straßenverkehrsrecht“, der „Zeitschrift für die Praxis des Verkehrsjuristen“. Bundesverkehrsminister Dobrindt hat eine Ethikkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo di Fabio zum automatisierten Fahren ins Leben gerufen. Im Januar 2017 hat das Kabinett einen Gesetzesentwurf zum „modernsten Straßenverkehrsrecht der Welt“ (Bundesverkehrsminister Dobrindt) verabschiedet. Das Gesetz sieht vor, dass der Fahrer „dem technischen System in bestimmten Situationen die Fahrzeugsteuerung übergeben kann“. Die letzte Verantwortung bleibe aber beim Menschen. Automatisierte Systeme müssten jederzeit durch den Fahrzeugführer übersteuerbar oder deaktivierbar sein. Bei Unfällen oder Störungen soll die Suche nach dem Schuldigen eine Art „Blackbox“ übernehmen. Das Gerät zeichnet die wesentlichen Daten der Fahrt auf. Damit lässt sich nach einem Unfall klären, ob Technik und damit Hersteller oder der Fahrer Schuld hat. Im März 2017 wurde der Gesetzentwurf noch extensiver gefasst. Der Fahrzeugführer soll nicht mehr „rechtzeitig“ zur Übernahme der Lenkfunktionen aufgefordert werden, sondern „mit ausreichender Zeitreserve vor der Abgabe der Fahrzeugsteuerung an den Fahrzeugführer“. Der Fahrer kann sich „vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugführung abwenden“. Man darf die Hände vom Lenkrad nehmen, den Blick von der Straße wenden und anderen Tätigkeiten nachgehen, etwa E-Mails schreiben. Wird das den Straßenverkehr sicherer machen? Nach der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten im Jahr 2015 gegenüber 2014 um 2,4 % auf 3.459 Personen angestiegen. Zwar ist in den letzten Jahrzehnten Enormes geleistet worden: 1970 waren es in Gesamtdeutschland noch über 21.300 Straßenverkehrstote. Dies stellt eine Reduktion um mehr als 80 Prozent dar. Gleichzeitig haben sich Fahrzeugbestand und Fahrleistung verdreifacht. Aber fast 3.500 Todesfälle sind immer noch eine erschreckende Zahl. Kann hier die Digitalisierung des Fahrens Abhilfe schaffen: Autofahren 4.0? Eine verlockende Perspektive, wenn man bedenkt, dass 88 Prozent aller Unfälle auf menschliches Fehlverhalten zurückgehen und nur 1 Prozent auf technische Mängel und Wartungsmängel. Der anzuzeigende Band, der durchgängig von in Hannover Lehrenden oder lehrstuhlvertretenden Juristen getragen wird, gibt in elf Beiträgen einen ausgewogenen Rundumblick auf dieses Thema. Das Thema wird aus Sicht des allgemeinen Zivilrechts, aber auch der Produkt- und Produzentenhaftung, des Privatversicherungsrechts sowie des Zivilprozessrechts genauso beleuchtet wie aus dem Blickwinkel des Völker-, Europa- und Staatsrechts. Datenschutz und Arbeitsrecht werden ebenso behandelt. Hervorzuheben ist insbesondere der einführende Beitrag aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht von Bernardo Wagner vom „Institute of Systems Engineering – Fachgebiet Echtzeitsysteme“ der Universität Hannover, der technischen Grundlagen für die folgende rechtliche Diskussion bietet. Eine geringfügige Korrektur ist dahingehend anzubringen, dass „der derzeit geltende rechtliche Rahmen zur funktionalen Sicherheit von Straßenfahrzeugen“ nicht „seit 2011 durch die in zehn Bänden aufgeteilte ISO 26262 festgelegt“ wird. Auch Normen der „Internationalen Organisation für Normung“ entfalten keine Rechtswirkung. Sie können aber wie Susanne Beck in ihrem Artikel über die „Probleme der Fahrlässigkeitshaftung“ im Strafrecht die „erforderliche Sorgfalt“ konkretisieren und damit mittelbar rechtswirksam werden. Einen sehr guten Überblick über das Verhältnis Recht – Rechtsprechung – Normung gibt jetzt die Studie „Rechtsprechung zu technischen Normen und normenähnlichen Dokumenten hinsichtlich ihrer Bedeutung für Sicherheit und Gesundheitsschutz“ der „Kommission Arbeitsschutz und Normung“. Zwei rechtliche Fragestellungen stehen im Rahmen der Diskussion zum „autonomen Fahren“ im Blickpunkt des besonderen Interesses. Zum einen die Verantwortlichkeit für Schäden durch vollautomatisierte Fahrzeuge. Es ist hier fraglich, ob der Programmierer, der Hersteller, der Halter oder der Fahrer haften soll. Zum Zweiten die Lösung von so genannten Dilemmasituationen, also insbesondere die Abwägung von Leben gegen Leben. Petra Buck-Heeb und Andreas Dieckmann kommen in ihren Überlegungen bezüglich der „Zivilrechtlichen Haftung von Fahrer und Halter bei (teil-)autonomen Fahren“ zu dem Ergebnis, dass der Halter weiterhin gegenüber dem Geschädigten voll haftbar bleibt, im Innenverhältnis aber gemäß § 426 Abs. 1 BGB bei fehlerhafter Programmierung den Hersteller des Fahrsystems in Regress nehmen kann. Martin Ebers weist in seinem Beitrag „Autonomes Fahren: Produkt- und Produzentenhaftung“ darauf hin, dass in der US-amerikanischen und europäischen Diskussion eine Kausalhaftung für den Hersteller überlegt werde. Allerding müsse bedacht werden, dass diese Kausalhaftung nicht die Gefahr laufen dürfe, durch existenzbedrohende Haftungssummen den technischen Fortschritt abzuwürgen. Außerdem sei aufgrund der EuGH-Rechtsprechung zur Produkthaftungs-RL 85/374 nur eine gesamteuropäische Lösung möglich. In ihrem Beitrag „Selbstfahrende Kraftfahrzeuge – Probleme der Fahrlässigkeitshaftung“ spricht sich Susanne Beck dagegen aus, den Entschuldigungsgrund des § 35 StGB dem Programmierer zu Gute kommen zu lassen. Aber auch die Enthaltung jeglicher Programmierung oder der Einbau eines Zufallsgenerators sieht sie nicht als „erlaubtes Risiko“ im Sinne eines den Fahrlässigkeitsvorwurf aufhebenden Ausnahmetatbestandes. Um Strafbarkeitslücken zu vermeiden, müssten Antworten im Sinne einer „rechtfertigenden Pflichtenkollision“ gefunden werden. Jutta Sender-Vorwachs und Hans Steege, die den „Grundrechtlichen Implikationen autonomen Fahrens“ nachgehen, rekurrieren auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Abschussermächtigung eines entführten und zur Waffe umfunktionierten Flugzeuges aus dem Jahr 2006. Eine Abwägung von Leben gegen Leben, so die Autoren im Anschluss an die Karlsruher Richter, sei verfassungswidrig, auch wenn die Entscheidung zu Lasten der Insassen des automatisierten Fahrzeuges getroffen werde. Einen sehr exzeptionellen Vergleich stellt Antje von Ungern-Sternberg in ihrem Referat „Völker- und europarechtliche Implikationen autonomen Fahrens“ an, indem die rechtlichen Grenzen einer Übertragung von Entscheidungen über Leben und Tod auf autonome Computersysteme am Beispiel der völkerrechtlichen Debatte über autonome Waffensysteme auf die Dilemmasituationen im hochautomatisierten Straßenverkehr der Zukunft überträgt: „Das Recht des Straßenverkehrs und das Humanitäre Völkerrecht statuieren Verhaltensregeln, die ausdrücklich oder jedenfalls traditionell vom Menschen zu befolgen sind und deren Beachtung übrigens auch für die Zulassung neuer Fahrzeuge bzw. neuer Waffen zu prüfen ist“ (S. 317). Die Autorin lehnt es ab, mit dem Menschenwürdeargument eine Verlagerung der Entscheidung über Leben und Tod auf den Computer abzulehnen. Zunächst könne nicht von einer „freien Entscheidung“ des Systems gesprochen werden, da die Entscheidung der Programmierer vornehme. Im Völkerrecht sei zweitens die Garantie der Menschenwürde nicht so strikt wie in Deutschland mit seiner kantianischen Tradition ausgestaltet. Schließlich sei die Menschwürdediskussion oft von einem unspezifischen „Unbehagen“ an neuen rechtlichen Entwicklungen begleitet, die doch erst der juristischen Spezifizierung unterzogen werden müssten. Im Gegensatz zum durch Staaten geführten bewaffneten Konflikt, der mit einer hohen Lebensgefährdung verbunden sei und völkerrechtlichen Bindungen unterliege, sei die Teilnahme am Straßenverkehr in erster Linie auf Fortbewegung und nicht auf Lebensgefährdung gerichtet. Eine Verlagerung von „Entscheidungen“ auf die Computerprogramme des Fahrzeugs sei grundsätzlich zulässig. Auch wenn die meisten Regeln des Straßenverkehrs (im Gegensatz zu denen der Kriegsführung) eindeutig oder quantifizierbar sind, bleiben in Dilemmasituationen unauflösbare Konflikte bestehen. „Wie die Wahrung des Rechtsrahmens beim Einsatz autonomer Computersysteme gesichert werden kann,“ so von Ungern-Sternberg, „stellt eine zentrale Herausforderung der Zukunft dar“. Der vorliegende Sammelband skizziert diese Herausforderungen und gibt viele Denkanstöße.

„Autonomes Fahren“ ist in aller Munde. Auf dem „Deutschen Verkehrsgerichtstag“ genauso wie auch auf den Veranstaltungen des „Deutschen Verkehrssicherheitsrates“, in der „Neuen Zeitschrift für Verkehrsrecht“ genauso wie im „Straßenverkehrsrecht“, der „Zeitschrift für die Praxis des Verkehrsjuristen“. Bundesverkehrsminister Dobrindt hat eine Ethikkommission unter dem Vorsitz des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Udo di Fabio zum automatisierten Fahren ins Leben gerufen. Im Januar 2017 hat das Kabinett einen Gesetzesentwurf zum „modernsten Straßenverkehrsrecht der Welt“ (Bundesverkehrsminister Dobrindt) verabschiedet. Das Gesetz sieht vor, dass der Fahrer „dem technischen System in bestimmten Situationen die Fahrzeugsteuerung übergeben kann“. Die letzte Verantwortung bleibe aber beim Menschen. Automatisierte Systeme müssten jederzeit durch den Fahrzeugführer übersteuerbar oder deaktivierbar sein. Bei Unfällen oder Störungen soll die Suche nach dem Schuldigen eine Art „Blackbox“ übernehmen. Das Gerät zeichnet die wesentlichen Daten der Fahrt auf. Damit lässt sich nach einem Unfall klären, ob Technik und damit Hersteller oder der Fahrer Schuld hat. Im März 2017 wurde der Gesetzentwurf noch extensiver gefasst. Der Fahrzeugführer soll nicht mehr „rechtzeitig“ zur Übernahme der Lenkfunktionen aufgefordert werden, sondern „mit ausreichender Zeitreserve vor der Abgabe der Fahrzeugsteuerung an den Fahrzeugführer“. Der Fahrer kann sich „vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugführung abwenden“. Man darf die Hände vom Lenkrad nehmen, den Blick von der Straße wenden und anderen Tätigkeiten nachgehen, etwa E-Mails schreiben. Wird das den Straßenverkehr sicherer machen?

Nach der amtlichen Straßenverkehrsunfallstatistik des Statistischen Bundesamts ist die Zahl der im Straßenverkehr Getöteten im Jahr 2015 gegenüber 2014 um 2,4 % auf 3.459 Personen angestiegen. Zwar ist in den letzten Jahrzehnten Enormes geleistet worden: 1970 waren es in Gesamtdeutschland noch über 21.300 Straßenverkehrstote. Dies stellt eine Reduktion um mehr als 80 Prozent dar. Gleichzeitig haben sich Fahrzeugbestand und Fahrleistung verdreifacht. Aber fast 3.500 Todesfälle sind immer noch eine erschreckende Zahl. Kann hier die Digitalisierung des Fahrens Abhilfe schaffen: Autofahren 4.0? Eine verlockende Perspektive, wenn man bedenkt, dass 88 Prozent aller Unfälle auf menschliches Fehlverhalten zurückgehen und nur 1 Prozent auf technische Mängel und Wartungsmängel.

Der anzuzeigende Band, der durchgängig von in Hannover Lehrenden oder lehrstuhlvertretenden Juristen getragen wird, gibt in elf Beiträgen einen ausgewogenen Rundumblick auf dieses Thema. Das Thema wird aus Sicht des allgemeinen Zivilrechts, aber auch der Produkt- und Produzentenhaftung, des Privatversicherungsrechts sowie des Zivilprozessrechts genauso beleuchtet wie aus dem Blickwinkel des Völker-, Europa- und Staatsrechts. Datenschutz und Arbeitsrecht werden ebenso behandelt. Hervorzuheben ist insbesondere der einführende Beitrag aus ingenieurwissenschaftlicher Sicht von Bernardo Wagner vom „Institute of Systems Engineering – Fachgebiet Echtzeitsysteme“ der Universität Hannover, der technischen Grundlagen für die folgende rechtliche Diskussion bietet. Eine geringfügige Korrektur ist dahingehend anzubringen, dass „der derzeit geltende rechtliche Rahmen zur funktionalen Sicherheit von Straßenfahrzeugen“ nicht „seit 2011 durch die in zehn Bänden aufgeteilte ISO 26262 festgelegt“ wird. Auch Normen der „Internationalen Organisation für Normung“ entfalten keine Rechtswirkung. Sie können aber wie Susanne Beck in ihrem Artikel über die „Probleme der Fahrlässigkeitshaftung“ im Strafrecht die „erforderliche Sorgfalt“ konkretisieren und damit mittelbar rechtswirksam werden. Einen sehr guten Überblick über das Verhältnis Recht – Rechtsprechung – Normung gibt jetzt die Studie „Rechtsprechung zu technischen Normen und normenähnlichen Dokumenten hinsichtlich ihrer Bedeutung für Sicherheit und Gesundheitsschutz“ der „Kommission Arbeitsschutz und Normung“.

Zwei rechtliche Fragestellungen stehen im Rahmen der Diskussion zum „autonomen Fahren“ im Blickpunkt des besonderen Interesses. Zum einen die Verantwortlichkeit für Schäden durch vollautomatisierte Fahrzeuge. Es ist hier fraglich, ob der Programmierer, der Hersteller, der Halter oder der Fahrer haften soll. Zum Zweiten die Lösung von so genannten Dilemmasituationen, also insbesondere die Abwägung von Leben gegen Leben.

Petra Buck-Heeb und Andreas Dieckmann kommen in ihren Überlegungen bezüglich der „Zivilrechtlichen Haftung von Fahrer und Halter bei (teil-)autonomen Fahren“ zu dem Ergebnis, dass der Halter weiterhin gegenüber dem Geschädigten voll haftbar bleibt, im Innenverhältnis aber gemäß § 426 Abs. 1 BGB bei fehlerhafter Programmierung den Hersteller des Fahrsystems in Regress nehmen kann. Martin Ebers weist in seinem Beitrag „Autonomes Fahren: Produkt- und Produzentenhaftung“ darauf hin, dass in der US-amerikanischen und europäischen Diskussion eine Kausalhaftung für den Hersteller überlegt werde. Allerding müsse bedacht werden, dass diese Kausalhaftung nicht die Gefahr laufen dürfe, durch existenzbedrohende Haftungssummen den technischen Fortschritt abzuwürgen. Außerdem sei aufgrund der EuGH-Rechtsprechung zur Produkthaftungs-RL 85/374 nur eine gesamteuropäische Lösung möglich.

In ihrem Beitrag „Selbstfahrende Kraftfahrzeuge – Probleme der Fahrlässigkeitshaftung“ spricht sich Susanne Beck dagegen aus, den Entschuldigungsgrund des § 35 StGB dem Programmierer zu Gute kommen zu lassen. Aber auch die Enthaltung jeglicher Programmierung oder der Einbau eines Zufallsgenerators sieht sie nicht als „erlaubtes Risiko“ im Sinne eines den Fahrlässigkeitsvorwurf aufhebenden Ausnahmetatbestandes. Um Strafbarkeitslücken zu vermeiden, müssten Antworten im Sinne einer „rechtfertigenden Pflichtenkollision“ gefunden werden.

Jutta Sender-Vorwachs und Hans Steege, die den „Grundrechtlichen Implikationen autonomen Fahrens“ nachgehen, rekurrieren auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Abschussermächtigung eines entführten und zur Waffe umfunktionierten Flugzeuges aus dem Jahr 2006. Eine Abwägung von Leben gegen Leben, so die Autoren im Anschluss an die Karlsruher Richter, sei verfassungswidrig, auch wenn die Entscheidung zu Lasten der Insassen des automatisierten Fahrzeuges getroffen werde. Einen sehr exzeptionellen Vergleich stellt Antje von Ungern-Sternberg in ihrem Referat „Völker- und europarechtliche Implikationen autonomen Fahrens“ an, indem die rechtlichen Grenzen einer Übertragung von Entscheidungen über Leben und Tod auf autonome Computersysteme am Beispiel der völkerrechtlichen Debatte über autonome Waffensysteme auf die Dilemmasituationen im hochautomatisierten Straßenverkehr der Zukunft überträgt: „Das Recht des Straßenverkehrs und das Humanitäre Völkerrecht statuieren Verhaltensregeln, die ausdrücklich oder jedenfalls traditionell vom Menschen zu befolgen sind und deren Beachtung übrigens auch für die Zulassung neuer Fahrzeuge bzw. neuer Waffen zu prüfen ist“ (S. 317). Die Autorin lehnt es ab, mit dem Menschenwürdeargument eine Verlagerung der Entscheidung über Leben und Tod auf den Computer abzulehnen. Zunächst könne nicht von einer „freien Entscheidung“ des Systems gesprochen werden, da die Entscheidung der Programmierer vornehme. Im Völkerrecht sei zweitens die Garantie der Menschenwürde nicht so strikt wie in Deutschland mit seiner kantianischen Tradition ausgestaltet. Schließlich sei die Menschwürdediskussion oft von einem unspezifischen „Unbehagen“ an neuen rechtlichen Entwicklungen begleitet, die doch erst der juristischen Spezifizierung unterzogen werden müssten.

Im Gegensatz zum durch Staaten geführten bewaffneten Konflikt, der mit einer hohen Lebensgefährdung verbunden sei und völkerrechtlichen Bindungen unterliege, sei die Teilnahme am Straßenverkehr in erster Linie auf Fortbewegung und nicht auf Lebensgefährdung gerichtet. Eine Verlagerung von „Entscheidungen“ auf die Computerprogramme des Fahrzeugs sei grundsätzlich zulässig. Auch wenn die meisten Regeln des Straßenverkehrs (im Gegensatz zu denen der Kriegsführung) eindeutig oder quantifizierbar sind, bleiben in Dilemmasituationen unauflösbare Konflikte bestehen. „Wie die Wahrung des Rechtsrahmens beim Einsatz autonomer Computersysteme gesichert werden kann,“ so von Ungern-Sternberg, „stellt eine zentrale Herausforderung der Zukunft dar“. Der vorliegende Sammelband skizziert diese Herausforderungen und gibt viele Denkanstöße.

geschrieben am 23.04.2017 | 1075 Wörter | 7441 Zeichen

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