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Deadly Class


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Rezension von

Thomas Stumpf

Deadly Class Deadly Class – 1987 Die Akademie der tödlichen Künste - von Rick Remender beginnt langsam und intensiv. Wir folgen dem 14jährigen Obdachlosen Marcus, der in den Gassen von San Francisco vor sich hinvegetiert und an seiner Existenz verzweifelt. Der aus Nicaragua stammende Marcus ist ein Waisenkind und hat seine Eltern auf ebenso spektakuläre wie absurde Art und Weise verloren, nämlich als Zufallsopfer einer entlassenen Psychopathin. Diese war nur deshalb entlassen worden, weil der Anstalt - wie landesweit allen Anstalten - der Geldhahn zugedreht wurde. Verantwortlich für diesen finanziellen Einschnitt war kein geringerer als der 40. US-Präsident Ronald Reagan. Und Marcus, unser Straßenkind, hat seitdem nur noch eins im Sinn: Rache. Der Hass zerfrisst ihn, die Straße zehrt ihn auf, so dass er kurz vor dem Selbstmord steht. Doch zu seinem Glück hat jemand schon länger ein wachendes Auge auf ihn geworfen. So tritt die gleichaltrige Japanerin Saya in Marcus‘ Leben, die ihn zur „Kings-Dominion-Schule für tödliche Künste“ geleitet, einer unterirdisch verborgenen Geheimschule für angehende Mörder, Auftragskiller und Assassinen. Die Schülerschaft speist sich aus den Abkömmlingen von Drogenbaronen, Kartellbossen, Killern, korrupten Polizisten und Mafiosi. Auf dem Stundenplan stehen nicht Mathe, Bio und Sport, sondern etwa Enthaupten, Nahkampf und Giftmorde. Es entspinnt sich ein klassischer, klischeehafter High-School-Plot mit den üblichen Gangs (hier aber im wahrsten Sinne des Wortes), Romanzen, Schulhofschlägern und den bekannten Stereotypen, garniert mit extra viel Gewalt. Da sind die schwarzen Gangs aus South Central LA, eine arische Bruderschaft, die mexikanischen Drogenclans, die reichen Ostküstenyuppies, japanische Triadenkinder und dergleichen. Marcus ist ein sehr tiefgründiger junger Mensch, der philosophische Romane liest und sich den anderen auf seine stille Art für überlegen hält. Er hat auf der Straße auch schon viel erlebt und so einen wie ihn, quasi ohne jeglichen Background, gibt es an der Schule nicht, er ist der klare Außenseiter. So findet er zwar neue Freunde, feindet sich aber auch zugleich mit anderen an. In der Schule herrschen harte Regeln. Es gilt ein strenges Verbot von Drogen, Sex und Alkohol, bewehrt mit drakonischen Strafen - allein, die Schüler interessiert das einen Dreck. Marcus beginnt seine Ausbildung recht widerwillig und die erste Hausaufgabe wird für alle Beteiligte gleich zu einer echten Herausforderung: Sie sollen jemanden töten, der es verdient hat. Und dann hat auch noch Maria, die hübsche Freundin des Chefs der mexikanischen Drogengang, ein Auge auf Marcus geworfen. Als die Gruppe um Marcus und die sehr coole Saya einen drogenschwangeren Roadtrip nach Las Vegas unternimmt, um einem Mitschüler dabei zu helfen, dessen Vater zu ermorden, eskaliert alles ganz gewaltig. Und dann gibt es noch einen geheimnisvollen Erzfeind, der nach Marcus‘ Leben trachtet. Mehr will ich nicht verraten. Inhaltlich ist das nichts Neues, sondern Remender, der hier laut eigenen Angaben jedenfalls zum Teil autobiografische Aspekte reingepackt haben will, bedient sich des Hypes um junge Heranwachsende in einem schulischen Kosmos, wie man es vielleicht aus „Wanted“, „Harry Potter“, „Night School“ oder auch „Gotham Academy“ oder anderen Formaten kennt. Natürlich gibt es Unterschiede, gerade in Hinblick auf das Alter der anvisierten Zielgruppe, aber Vorlage und grundsätzliche Ausrichtung sind klar vorgezeichnet. Das kennt man schon. Auch die angelegten Grundkonflikte, die Suche nach der eigenen Identität, die Suche nach Zugehörigkeit, die damit einhergehenden gruppendynamischen Prozesse, die klassischen Coming-of-Age Probleme und Wachstumsschmerzen sind alte Bekannte. Die Frage ist nur, ob man dem etwas Neues abgewinnen kann. Das ist hier eher nicht der Fall. Die bloße Beimengung von exzessiver Gewalt reicht dafür nicht aus. Dennoch punktet der Comic inhaltlich vor allem zu Beginn mit der überraschend langsamen Innenschau in Marcus‘ Charakter und der Betrachtung seines Lebens als junger Obdachloser. Hier nimmt sich Remender die gebotene Zeit und die Geschichte entwickelt einen Tiefgang, der sich später jedoch verflüchtigt, um von oberflächlichen Konflikten abgelöst zu werden. Hier wurde meines Erachtens ein wenig an erzählerischem Potential vergeben. Außerdem muss man beim Lesen sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass Marcus erst 14 Jahre sein soll. Die tiefschürfenden Ansichten, die Abgebrühtheit und seine wie in Stein gemeißelten Sätze nimmt man ihm einfach nicht ab. Das ist ein klares Manko in der Charakterführung. Die Darstellung der Gewalt ist krass. Da gibt es auch inhaltlich nicht wirklich eine Rechtfertigung für, es ist eben eine Killer-Schule, das muss reichen. Das kann man mögen oder nicht, Erläuterungen sollte man nicht erwarten. Vor allem das letzte Drittel des Comics, der Las Vegas-Trip, ist in dieser Hinsicht echt heftig. Ob das alles glaubwürdig ist, Story und Charaktere, selbst innerhalb des comiceigenen Kosmos, darf man zurecht hinterfragen. Es ist völlig überdreht, aber, he, wer will in Comics schon eine bloße Abbildung der Realität? Optisch ist das sehr stylisch und cool, zugleich dreckig und opulent. Die Anzahl der Panels pro Seite ist meist sehr hoch und kleingliedrig, was zu vielen Einzelaufnahmen, hohem Tempo und großer Detailfülle führt. Die Actionszenen sind dynamisch und flüssig und das Zeitkolorit ist gut eingefangen mit zahlreichen popkulturellen Anleihen an die 80er. Das Artwork von Wes Craig ist teilweise spektakulär. Er arbeitet die einzelnen Charaktere individuell aus, vor allem aber die Japanerin Saya ist besonders gelungen. Für mich der heimliche Star des Comics. Ein ganz dickes Lob geht aber ausdrücklich an die tolle Colorierung von Lee Loughridge. Die Colorierung eines Comics ist das, was der Soundtrack für einen Film ist und trägt damit in ganz erheblichem Ausmaß die Atmosphäre. Und das ist hier ein Volltreffer. Vieles von dem Flair und dem Sound der Bilder ist auf die Arbeit von Lee Loughridge zurückzuführen, er verleiht dem Comic das gewisse Etwas. Bunt, aber gedeckt, knallig, aber nicht aufdringlich, arbeitet er den 80er-Retro-Stil heraus, der diesen Comic ausmacht. Insgesamt ein optisch wirklich toller Comic mit dreckigem Setting, durchgeknalltem Personal, aber auch einem fragwürdigen Ethos und einigen Schwächen in der Figurenführung. „Deadly Class“ ist inzwischen übrigens als SyFy-Serie verfilmt, verantwortlich hierfür sind die Russo-Brüder, die bereits erfolgreiche Comic-Adaptionen auf die Leinwand gebracht haben, wie z.B. Captain America: Civil War oder Avengers: Infinity War.

Deadly Class – 1987 Die Akademie der tödlichen Künste - von Rick Remender beginnt langsam und intensiv. Wir folgen dem 14jährigen Obdachlosen Marcus, der in den Gassen von San Francisco vor sich hinvegetiert und an seiner Existenz verzweifelt. Der aus Nicaragua stammende Marcus ist ein Waisenkind und hat seine Eltern auf ebenso spektakuläre wie absurde Art und Weise verloren, nämlich als Zufallsopfer einer entlassenen Psychopathin. Diese war nur deshalb entlassen worden, weil der Anstalt - wie landesweit allen Anstalten - der Geldhahn zugedreht wurde. Verantwortlich für diesen finanziellen Einschnitt war kein geringerer als der 40. US-Präsident Ronald Reagan. Und Marcus, unser Straßenkind, hat seitdem nur noch eins im Sinn: Rache. Der Hass zerfrisst ihn, die Straße zehrt ihn auf, so dass er kurz vor dem Selbstmord steht. Doch zu seinem Glück hat jemand schon länger ein wachendes Auge auf ihn geworfen. So tritt die gleichaltrige Japanerin Saya in Marcus‘ Leben, die ihn zur „Kings-Dominion-Schule für tödliche Künste“ geleitet, einer unterirdisch verborgenen Geheimschule für angehende Mörder, Auftragskiller und Assassinen. Die Schülerschaft speist sich aus den Abkömmlingen von Drogenbaronen, Kartellbossen, Killern, korrupten Polizisten und Mafiosi. Auf dem Stundenplan stehen nicht Mathe, Bio und Sport, sondern etwa Enthaupten, Nahkampf und Giftmorde.

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Es entspinnt sich ein klassischer, klischeehafter High-School-Plot mit den üblichen Gangs (hier aber im wahrsten Sinne des Wortes), Romanzen, Schulhofschlägern und den bekannten Stereotypen, garniert mit extra viel Gewalt. Da sind die schwarzen Gangs aus South Central LA, eine arische Bruderschaft, die mexikanischen Drogenclans, die reichen Ostküstenyuppies, japanische Triadenkinder und dergleichen.

Marcus ist ein sehr tiefgründiger junger Mensch, der philosophische Romane liest und sich den anderen auf seine stille Art für überlegen hält. Er hat auf der Straße auch schon viel erlebt und so einen wie ihn, quasi ohne jeglichen Background, gibt es an der Schule nicht, er ist der klare Außenseiter. So findet er zwar neue Freunde, feindet sich aber auch zugleich mit anderen an.

In der Schule herrschen harte Regeln. Es gilt ein strenges Verbot von Drogen, Sex und Alkohol, bewehrt mit drakonischen Strafen - allein, die Schüler interessiert das einen Dreck. Marcus beginnt seine Ausbildung recht widerwillig und die erste Hausaufgabe wird für alle Beteiligte gleich zu einer echten Herausforderung: Sie sollen jemanden töten, der es verdient hat. Und dann hat auch noch Maria, die hübsche Freundin des Chefs der mexikanischen Drogengang, ein Auge auf Marcus geworfen. Als die Gruppe um Marcus und die sehr coole Saya einen drogenschwangeren Roadtrip nach Las Vegas unternimmt, um einem Mitschüler dabei zu helfen, dessen Vater zu ermorden, eskaliert alles ganz gewaltig. Und dann gibt es noch einen geheimnisvollen Erzfeind, der nach Marcus‘ Leben trachtet. Mehr will ich nicht verraten.

Inhaltlich ist das nichts Neues, sondern Remender, der hier laut eigenen Angaben jedenfalls zum Teil autobiografische Aspekte reingepackt haben will, bedient sich des Hypes um junge Heranwachsende in einem schulischen Kosmos, wie man es vielleicht aus „Wanted“, „Harry Potter“, „Night School“ oder auch „Gotham Academy“ oder anderen Formaten kennt. Natürlich gibt es Unterschiede, gerade in Hinblick auf das Alter der anvisierten Zielgruppe, aber Vorlage und grundsätzliche Ausrichtung sind klar vorgezeichnet. Das kennt man schon.

Auch die angelegten Grundkonflikte, die Suche nach der eigenen Identität, die Suche nach Zugehörigkeit, die damit einhergehenden gruppendynamischen Prozesse, die klassischen Coming-of-Age Probleme und Wachstumsschmerzen sind alte Bekannte. Die Frage ist nur, ob man dem etwas Neues abgewinnen kann. Das ist hier eher nicht der Fall. Die bloße Beimengung von exzessiver Gewalt reicht dafür nicht aus.

Dennoch punktet der Comic inhaltlich vor allem zu Beginn mit der überraschend langsamen Innenschau in Marcus‘ Charakter und der Betrachtung seines Lebens als junger Obdachloser. Hier nimmt sich Remender die gebotene Zeit und die Geschichte entwickelt einen Tiefgang, der sich später jedoch verflüchtigt, um von oberflächlichen Konflikten abgelöst zu werden. Hier wurde meines Erachtens ein wenig an erzählerischem Potential vergeben. Außerdem muss man beim Lesen sich immer wieder in Erinnerung rufen, dass Marcus erst 14 Jahre sein soll. Die tiefschürfenden Ansichten, die Abgebrühtheit und seine wie in Stein gemeißelten Sätze nimmt man ihm einfach nicht ab. Das ist ein klares Manko in der Charakterführung. Die Darstellung der Gewalt ist krass. Da gibt es auch inhaltlich nicht wirklich eine Rechtfertigung für, es ist eben eine Killer-Schule, das muss reichen. Das kann man mögen oder nicht, Erläuterungen sollte man nicht erwarten. Vor allem das letzte Drittel des Comics, der Las Vegas-Trip, ist in dieser Hinsicht echt heftig. Ob das alles glaubwürdig ist, Story und Charaktere, selbst innerhalb des comiceigenen Kosmos, darf man zurecht hinterfragen. Es ist völlig überdreht, aber, he, wer will in Comics schon eine bloße Abbildung der Realität?

Optisch ist das sehr stylisch und cool, zugleich dreckig und opulent. Die Anzahl der Panels pro Seite ist meist sehr hoch und kleingliedrig, was zu vielen Einzelaufnahmen, hohem Tempo und großer Detailfülle führt. Die Actionszenen sind dynamisch und flüssig und das Zeitkolorit ist gut eingefangen mit zahlreichen popkulturellen Anleihen an die 80er. Das Artwork von Wes Craig ist teilweise spektakulär. Er arbeitet die einzelnen Charaktere individuell aus, vor allem aber die Japanerin Saya ist besonders gelungen. Für mich der heimliche Star des Comics. Ein ganz dickes Lob geht aber ausdrücklich an die tolle Colorierung von Lee Loughridge. Die Colorierung eines Comics ist das, was der Soundtrack für einen Film ist und trägt damit in ganz erheblichem Ausmaß die Atmosphäre. Und das ist hier ein Volltreffer. Vieles von dem Flair und dem Sound der Bilder ist auf die Arbeit von Lee Loughridge zurückzuführen, er verleiht dem Comic das gewisse Etwas. Bunt, aber gedeckt, knallig, aber nicht aufdringlich, arbeitet er den 80er-Retro-Stil heraus, der diesen Comic ausmacht.

Insgesamt ein optisch wirklich toller Comic mit dreckigem Setting, durchgeknalltem Personal, aber auch einem fragwürdigen Ethos und einigen Schwächen in der Figurenführung. „Deadly Class“ ist inzwischen übrigens als SyFy-Serie verfilmt, verantwortlich hierfür sind die Russo-Brüder, die bereits erfolgreiche Comic-Adaptionen auf die Leinwand gebracht haben, wie z.B. Captain America: Civil War oder Avengers: Infinity War.

geschrieben am 20.03.2019 | 970 Wörter | 5676 Zeichen

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