ISBN | 3570159493 | |
Autor | Ursel Scheffler | |
Verlag | cbj | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 128 | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Extras | - |
In der Reihe âErst ich ein StĂŒck, dann duâ ist ein Geschichtenbuch zum Thema Weihnachten von Ursel Scheffler erschienen, die Bilder stammen von Miriam Cordes. Insgesamt 21 Geschichten erwarten die jungen Leser. Die verschiedenen Geschichten haben unterschiedlichen Umfang, sodass sich die LeseintensitĂ€t zunĂ€chst steigert, also von Geschichten mit vier Seiten Umfang bis hin zu sechs oder acht Seiten, einmal sogar zwölf Seiten. Das fordert natĂŒrlich die Konzentration der jungen Leser enorm, sorgt aber auch fĂŒr Erfolgserlebnisse, wenn man eine lĂ€ngere Passage erfolgreich gemeistert hat. Das Konzept der Reihe ist simpel aber effektiv: neben den normal / klein gedruckten Textpassagen fĂŒr den groĂen Vorleser gibt es kurze und groĂ gedruckte Textpassagen, die dann das Kind lesen bzw. vorlesen soll. Dort sind die SĂ€tze auch ein klein wenig einfacher gestrickt, was zusĂ€tzliche Erfolgserlebnisse verspricht.
Von der Machart der gesamten Reihe bin ich sehr angetan. Inhaltlich bin ich von dem vorliegenden Buch aber enttĂ€uscht. Zum einen liegt das daran, dass das Thema Weihnachten nur der grobe Oberbegriff fĂŒr die Geschichten ist, aber tatsĂ€chlich beinhalten sie viele andere Schwerpunkte, die man beliebig mit einem anderen Oberthema erzĂ€hlen könnte. Die Geschichten sind auĂerdem auch nicht immer fĂŒr Kinder geeignet, die gerade erst mit dem Lesen beginnen, also im Alter von 5-6 Jahren. Denn entweder ist der pĂ€dagogische Input zu anspruchsvoll oder der in der Geschichte versteckte Witz bzw. Aha-Effekt ist noch zu kompliziert.
Schon in der ersten Geschichte ist dies grenzwertig. Darin wird ein WeihnachtsbaumverkĂ€ufer von einer zu anspruchsvollen Kundin genervt und macht am Ende den Vorschlag, sie solle ihm doch ihren Wunschbaum malen, damit er ihn fĂŒr sie wachsen lassen könne. Der Weihnachtsbaum ist durch jede beliebige Pflanze ersetzbar. Auch die zweite Geschichte handelt von einem Weihnachtsbasar, bei dem ein Kind den halben Keller verkauft, nur um mit noch mehr gekauftem gebrauchtem Spielzeug wieder in der HaustĂŒr zu stehen, als der Basar vorbei ist. Auch diesmal ist das Thema Weihnachten nur aufgepfropft. Ebenso in der Geschichte, in der der kleine Mathis in seine KindergĂ€rtnerin verliebt ist und sie fĂŒr einen Engel hĂ€lt. Auch hier: kein sinnvoller Bezug zu Weihnachten, nur eine nette Alltagsgeschichte.
SpĂ€ter kommt dann eine Geschichte ĂŒber Ayshe und den Weihnachtsmann: Ayshe ist TĂŒrkin und ihre Familie feiert kein Weihnachten. Der Postbote aber erkennt ihre Sehnsucht, genauso Weihnachten mit Geschenken zu feiern wie die anderen Kinder ihrer Schule und spart, damit er ihr am Ende einen Schlitten schenken kann. So kann sie weiterhin an den Weihnachtsmann glauben, auch wenn ihr Ă€lterer Bruder sie auslacht. Ok. Es hĂ€tte schon gelangt, wenn es darum geht, dass ein kleines Kind doch noch an den Weihnachtsmann glauben kann und dabei eine rĂŒhrselige kleine Geschichte herauskommt. Warum braucht man noch den Kultur-Crossover? Dasselbe ist spĂ€ter in der (zweiseitigen!) Geschichte âWeihnachten bei Ăzalsâ zu bemerken: Anna Ăzal darf, obwohl Weihnachten bei ihnen nicht gefeiert wird, sich auf dem Weihnachtsmarkt dicke rote Kerzen fĂŒr einen Adventskranz kaufen. Eine Bratwurst darf sie aber nicht haben, denn Schweinefleisch dĂŒrfen Muslime nicht essen. Anna ist einverstanden, denn Döner schmeckt auch gut. Ende der Geschichte. Das ist - mit Verlaub - einfach nur grottig, sowohl was die LĂ€nger als auch den Inhalt der Geschichte angeht. Bei einem Weihnachtsbuch fĂŒr Kinder im Alter von 5-7 Jahren braucht man keinen zusĂ€tzlichen Kulturunterricht.
Völlig verfehlt fĂŒr die angestrebte Zielgruppe, wenngleich schön geschrieben, empfinde ich die Geschichte âWeihnachten ohne Emilyâ: Hier wird beschrieben, wie ein Junge und seine Familie zum ersten Mal Weihnachten feiern mĂŒssen, nachdem die kleine Schwester Emily nach schwerer Krankheit gestorben ist. Ehrlich: wer sich die Geschichten vor dem Vorlesen inhaltlich nicht ĂŒberflogen hat, kann mit so einem Thema ein kleines Kind ordentlich schockieren. Und das in einem Weihnachtsbuch!
NatĂŒrlich gibt es auch andere Geschichten, in denen der Impetus, zusĂ€tzliches Wissen zu vermitteln, gut mit dem Weihnachtsthema ineinander greift, etwa wenn der weitgereiste Onkel Piet den Kindern etwas zum Weihrauchbaum erzĂ€hlt. Oder wenn in der Geschichte âLeonie schreibt ans Christkindâ auf rĂŒhrende Weise der Eifersuchtskampf zwischen Geschwistern in WeihnachtswĂŒnscht ĂŒbertragen wird. Auch ganz klassische Weihnachtsgeschichten, etwa âDie Weihnachtsgrippeâ kommen vor.
Insgesamt bin ich aber enttÀuscht von den zusammengestellten Geschichten - und die stichprobenartig befragte Zielgruppe leider ebenfalls. Wer mit unkritischerer Haltung an das Buch herangeht, wird möglicherweise Gefallen daran finden. Immerhin ist das Konzept der Reihe nach wie vor lobenswert.
geschrieben am 25.12.2014 | 702 Wörter | 4203 Zeichen
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