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Abgefahren


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Abgefahren Der Titel ist so plakativ zweideutig, dass man sich über den Verlauf dieses etwas verqueren Roadtrips von Viorel am Ende gar nicht mehr wundert. Denn den stark übergewichtigen Jungen ereilt ein unerwarteter Schicksalsschlag, zusätzlich zu den Gemeinheiten, die das alltägliche Leben für dicke Menschen so bietet: er ist in der Schule ein Versager, sein Sozialleben beschränkt sich auf das Zusammensein mit seiner Mutter in der kleinen Wohnung in Essen und das Essen selbst ist sein einziger Zeitvertreib, dementsprechend seine Körperfülle. Nun aber stirbt die Mutter über Nacht und Viorel ist mit der Situation verständlicherweise überfordert. Die Mutter ist rumänischer Abstammung und er erinnert sich vage, dass sie sich gewünscht hat, in ihrer Heimat begraben zu werden. Also packt er die Leiche in den alten Corsa der Mutter, schnappt sich noch ihren Pass und ein paar Euro Ersparnisse und braust los Richtung Osten, obwohl er nicht einmal einen Führerschein hat. Schon ab hier wird die Geschichte etwas absonderlich, denn von hier an wird Viorel mehrere Tage ohne Schlaf auskommen und noch dazu nahezu ohne Fahrerfahrung hinter dem Steuer gen Rumänien fahren. Er nimmt unterwegs einen merkwürdigen Anhalter mit, bei dem schon die Anzeichen in Richtung draculesker Ereignisse vorgezeichnet sind. Mehrere Landesgrenzen passiert er ohne Hindernis, in Ungarn lädt er sich unversehens die zweite Leiche ins Auto und in Rumänien wird er dann Opfer einer merkwürdigen Attacke auf sein Fahrzeug, an deren Ende er sowohl das Auto als auch die zweite Leiche verliert. Offenbar temperatrurresistent (immerhin ist es kurz vor Weihnachten mit Schnee und Minusgraden in Rumänien) macht sich Viorel dann zu Fuß auf den Weiterweg und kommt überraschend wieder in den Besitz seines Corsas, allerdings ohne noch den Zündschlüssel zu haben. Doch am Ende wird ihm auch hier geholfen, sodass er an seinem vermeintlichen Ziel angelangt: der Wohnung seines Onkels, der ihm mit der Bestattung der Mutter behilflich sein soll. Ab dann aber, man erahnt es angesichts des noch offen stehenden Buchrests, wird es noch kurioser: der Onkel war gar nicht der Bruder der Mutter, sondern des längst verstorbenen Vaters. Stattdessen lernt er auf einmal die Nachbarschaft kennen und wird erstaunlich freundlich empfangen. Dass er ebendort mehrere Gläser Pflaumenschnaps trinkt und verträgt und danach weiter Auto fahren kann? – geschenkt. Jedenfalls beginnt ab dann der schöne Teil der Geschichte, denn seine Körperfülle ist auf einmal kein Hindernis mehr, die Menschen, die er kennen lernt sind warmherzig und hilfsbereit und wie nie zuvor fühlt er auf einmal Zuversicht, selbst wenn er die Leiche der Mutter noch bis zum Donaudelta kutschieren muss, wo ihre eigentliche Heimat war. Dort angekommen muss er aber wieder improvisieren, denn ohne Papiere geht nur etwas gegen Geld und davon hat er nichts mehr. Wie Viorel das Problem der Bestattung löst, ist dann durchaus abenteuerlich, und auch der fast schon romantische Ausgang der Geschichte bietet einen versöhnlichen Abschluss mit den Dracula-Elementen zuvor. Man hat das Buch recht schnell durchgelesen, zwischendurch ergeben sich immer wieder Lacher, wenn Viorel seine Vorurteile mit der Realität ringen lassen muss. Man hat aber auch tiefstes Mitleid mit diesem verunsicherten Fettsack, dessen amateurhaftes Ringen um eine Lösung für seine tote Mutter und sich selbst einem Kampf gegen Windmühlen gleicht. Die Mischung zwischen Fiktion und Realität ist ein wenig arg konstruiert, aber es schadet der Geschichte am Ende nicht. In einem muss man Viorel aber zustimmen: man weiß viel zu wenig über Osteuropa und sollte sich wie er durchaus positiv überraschen lassen. Insgesamt ein nettes Buch, bei dem man ab und zu beide Augen zudrücken muss, wenn es ins Fantasyhafte übergeht, aber durch das große Maß an Menschlichkeit entschädigt wird.

Der Titel ist so plakativ zweideutig, dass man sich über den Verlauf dieses etwas verqueren Roadtrips von Viorel am Ende gar nicht mehr wundert. Denn den stark übergewichtigen Jungen ereilt ein unerwarteter Schicksalsschlag, zusätzlich zu den Gemeinheiten, die das alltägliche Leben für dicke Menschen so bietet: er ist in der Schule ein Versager, sein Sozialleben beschränkt sich auf das Zusammensein mit seiner Mutter in der kleinen Wohnung in Essen und das Essen selbst ist sein einziger Zeitvertreib, dementsprechend seine Körperfülle. Nun aber stirbt die Mutter über Nacht und Viorel ist mit der Situation verständlicherweise überfordert. Die Mutter ist rumänischer Abstammung und er erinnert sich vage, dass sie sich gewünscht hat, in ihrer Heimat begraben zu werden. Also packt er die Leiche in den alten Corsa der Mutter, schnappt sich noch ihren Pass und ein paar Euro Ersparnisse und braust los Richtung Osten, obwohl er nicht einmal einen Führerschein hat. Schon ab hier wird die Geschichte etwas absonderlich, denn von hier an wird Viorel mehrere Tage ohne Schlaf auskommen und noch dazu nahezu ohne Fahrerfahrung hinter dem Steuer gen Rumänien fahren. Er nimmt unterwegs einen merkwürdigen Anhalter mit, bei dem schon die Anzeichen in Richtung draculesker Ereignisse vorgezeichnet sind. Mehrere Landesgrenzen passiert er ohne Hindernis, in Ungarn lädt er sich unversehens die zweite Leiche ins Auto und in Rumänien wird er dann Opfer einer merkwürdigen Attacke auf sein Fahrzeug, an deren Ende er sowohl das Auto als auch die zweite Leiche verliert. Offenbar temperatrurresistent (immerhin ist es kurz vor Weihnachten mit Schnee und Minusgraden in Rumänien) macht sich Viorel dann zu Fuß auf den Weiterweg und kommt überraschend wieder in den Besitz seines Corsas, allerdings ohne noch den Zündschlüssel zu haben. Doch am Ende wird ihm auch hier geholfen, sodass er an seinem vermeintlichen Ziel angelangt: der Wohnung seines Onkels, der ihm mit der Bestattung der Mutter behilflich sein soll. Ab dann aber, man erahnt es angesichts des noch offen stehenden Buchrests, wird es noch kurioser: der Onkel war gar nicht der Bruder der Mutter, sondern des längst verstorbenen Vaters. Stattdessen lernt er auf einmal die Nachbarschaft kennen und wird erstaunlich freundlich empfangen. Dass er ebendort mehrere Gläser Pflaumenschnaps trinkt und verträgt und danach weiter Auto fahren kann? – geschenkt. Jedenfalls beginnt ab dann der schöne Teil der Geschichte, denn seine Körperfülle ist auf einmal kein Hindernis mehr, die Menschen, die er kennen lernt sind warmherzig und hilfsbereit und wie nie zuvor fühlt er auf einmal Zuversicht, selbst wenn er die Leiche der Mutter noch bis zum Donaudelta kutschieren muss, wo ihre eigentliche Heimat war. Dort angekommen muss er aber wieder improvisieren, denn ohne Papiere geht nur etwas gegen Geld und davon hat er nichts mehr. Wie Viorel das Problem der Bestattung löst, ist dann durchaus abenteuerlich, und auch der fast schon romantische Ausgang der Geschichte bietet einen versöhnlichen Abschluss mit den Dracula-Elementen zuvor.

Man hat das Buch recht schnell durchgelesen, zwischendurch ergeben sich immer wieder Lacher, wenn Viorel seine Vorurteile mit der Realität ringen lassen muss. Man hat aber auch tiefstes Mitleid mit diesem verunsicherten Fettsack, dessen amateurhaftes Ringen um eine Lösung für seine tote Mutter und sich selbst einem Kampf gegen Windmühlen gleicht. Die Mischung zwischen Fiktion und Realität ist ein wenig arg konstruiert, aber es schadet der Geschichte am Ende nicht. In einem muss man Viorel aber zustimmen: man weiß viel zu wenig über Osteuropa und sollte sich wie er durchaus positiv überraschen lassen. Insgesamt ein nettes Buch, bei dem man ab und zu beide Augen zudrücken muss, wenn es ins Fantasyhafte übergeht, aber durch das große Maß an Menschlichkeit entschädigt wird.

geschrieben am 06.08.2019 | 594 Wörter | 3272 Zeichen

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