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Rezension von

Daniel Bigalke

GrenzgĂ€nge Hans-Dientrich Sander war ein besonderer Denker und Philosoph der deutschen Nachkriegszeit. FĂŒr ihn war die Bundesrepublik Deutschland nicht die Fortsetzung der politischen Einheiten in der Deutschen Geschichte, sondern sie ist fĂŒr ihn bis heute eine Ausgeburt der Stunde Null, gezeugt von fremden MĂ€chten. So kĂŒndigte sich fĂŒr Sander das „Germaniam esse delendam“ schon in den letzten Kriegsjahren an. Die Zerstörung deutscher StĂ€dte mit FlĂ€chenbombardements und die gewaltsame Vertreibung von Millionen aus den östlichen Gebieten waren in der Tat absolute Schrecken. Das schriftstellerische Wirken Sanders war stets mutig von diesen Themen bestimmt, von denen her er ein Bild der Bundesrepublik zeichnete, wie es andere niemals sich zutrauten, was natĂŒrlich nicht an der Wahrheit hinter Sanders Ansatz zu rĂŒtteln vermag. Als nur einen Beweis von vielen betonte er couragiert die Absprache zwischen Roosevelt und Churchill 1943 in Quebec, nach der es keinen Friedensvertrag mit Deutschland geben sollte, sondern nur ein Abkommen der Sieger ĂŒber die aufzuteilenden Reste. Stalin schloß sich an, obwohl er spĂ€testens 1944 in Jalta merken mußte, daß der amerikanische Wirtschaftsimperialismus auch schon die Sowjetunion ins Visier nahm. Bringt man Sanders Forschung auf den Punkt: Mit der Niederwerfung des Deutschen Reiches erloschen de facto das Völkerrecht und die Hegung des Krieges, welche das Ius Publicum Europaeum, einzigartig in der Weltgeschichte, hervorgebracht hatte. Damit ist Sander ein besonderer Vertreter wissenschaftlicher Redlichkeit und geistiger Zivilcourage, was man ihm freilich niemals zugestand. Anders dagegen das vorliegende Buch! Es gesteht ihm diese Rolle zu. Sander, einer der profiliertesten nationalen Publizisten, ist 2008 80 Jahre alt geworden. Das vorliegende Werk ist eine Festgabe seiner GefĂ€hrten und Kollegen. Dazu gehören BeitrĂ€ge u.a. von: Björn Clemens, Thor von Waldstein, Elke Sander, GĂŒnter Maschke, Bernd Rabehl, Wolfgang Strauß, GĂŒnter Zehm, Peter Furth, Hans-Ulrich Kopp, Martin Lichtmesz, Franz Uhle-Wettler oder Ivan Denes. GemĂ€ĂŸ den Schriften Sanders selbst verheißt diese Festschrift ein funkensprĂŒhendes thematisches Feuerwerk spannender Themen, das dem Jubilar dadurch gerecht wird, daß die enthaltenen Texte genau wie Sander die nachkriegsdemokratischen MißstĂ€nde klar benennen. So wird wie bei Sander selbst darauf verwiesen, daß die UbiquitĂ€t der Technik, die nivellierenden Folgen der Industrialisierung und der entproblematisierende Anspruch der Rationalisierung die geschichtsbildenden Staaten, Reiche und Imperien zerstört haben. Das Besondere droht vom Allgemeinen more geometrico verschlungen zu werden. Es verfĂ€llt die transzendentale Apperzeptionskraft – Eigenschaft einer jeden korrumpierten Wissenschaft, die heute unkritisch immer noch davon ausgeht, Deutschland sei 1945 wirklich nur „befreit“ worden, und dies ohne Hintergrundinteressen der Sieger von 1945. Andere BeitrĂ€ge konzentrieren sich weiterhin darauf, wie ein Volksgeist sich nur im eigenen Raum, unter eigenen Bedingungen, durch eigene ĂŒberlieferte Institutionen, durch sein Milieu im umfassenden Sinne reproduziert und damit die klassische Metapher des genius loci gilt: Nach dem Verfassungsrechtler Hermann Heller ein organischer naturhafter Kern jenseits zweckbewußter Interessenverbindung. Ein besonderer Beitrag (128ff.) befasst sich in diesem Zusammenhang mit der griechischen Mythologie. Sie fand fĂŒr diese elementare Konkordanz von Sein und Ort das sagenhafte Gleichnis von AntĂ€os, dem Sohn des Meergotts Poseidon und der Erdgöttin GĂ€a. AntĂ€os war unbesiegbar, solange er noch die erde berĂŒhrte. Er war verloren, wenn er in der Luft hing. Er gewann seine Kraft wieder, wenn er seine FĂŒĂŸe auf die erde zurĂŒcksetzen konnte. Das Gegengleichnis erfand die Judaistik. Die Verfallsprozesse lassen sich fĂŒr Sander antĂ€isch erklĂ€ren. Sie gehen auf eine Störung des RaumgefĂŒhls zurĂŒck, die den Impetus der Erkenntnis und Selbsterkenntnis – einst Grundlage einer jeden deutschen Philosophie zur Grundlegung des Individuums ĂŒberhaupt – zerstreut und die Energien der Selbstbehauptung zerreibt. ErgĂ€nzend ließe sich im Sinne Sanders sagen, daß auch eine Generation vor Max Weber schon der Geograph Friedrich Ratzel die Rolle des Lebensraumes fĂŒr den Menschen mit dem AntĂ€os-Motiv verknĂŒpfte: Die Natur fordert fĂŒr Ratzel von jedem Volk, das als Volk gedeihen soll, ein Wohnen auf zusammenhĂ€ngendem Boden, auf dem es ruht, in dem seine Wurzeln sich zu Tausenden verflechten. Nur den zusammenhĂ€ngend und geschlossen verbreiteten Völkern komme jene Kraft des AntĂ€os zu, die aus dem festen VerhĂ€ltnis zur eigenen Scholle entsteht. Um zum eingangs beschriebenen Triumph der Sieger zurĂŒckzukehren, so war dieser fĂŒr Sander ein Triumph der alten MĂ€chte des Liberalismus und des Sozialismus ĂŒber Deutschland. Er habe keines der wesentlichen Probleme gelöst, sondern jedes verschĂ€rft. So lag fĂŒr Sander im Deutschen Gedankengut das Potential des Liberalismus und des Sozialismus zur BewĂ€ltigung der Aporien der Moderne bereit. Im Gegenzug – so beschreiben es weitere Essays dieser Festschrift - habe sich nach dem Krieg der ideologische Staatsschutz als „Verfassungsschutz“ konstituiert, um alternatives Denken jenseits den PrĂ€missen der „verordneten Demokratie“ (Theo Pirker) von Beginn an zu ersticken. Durch die Abkehr vom rechtsstaatlichen LegalitĂ€tsprinzip - geahndet werden nicht rechtswidrige Handlungen, sondern das nachhaltige VerkĂŒnden illegitimer Überzeugungen – setze sich sogar das Bundesverfassungsgericht in Widerspruch zu den das Prinzip der Chancengleichheit aller politischen Parteien tragenden Verfassungselementen. Das Verfassungsprinzip der freien Bildung politischer Opposition, das den Hauptunterschied zwischen freier und totalitĂ€rer Verwirklichungsform von Demokratie markiert, ist fĂŒr Sander immer noch nicht garantiert. Oder anders im Sinne Carl Schmitts: LegalitĂ€t und LegitimitĂ€t werden taktische Instrumente, deren sich der Parteienstaat „freiheitlich“ bedient, um neue Parteien zu diskreditieren oder dem Verbotsverfahren preiszugeben. Sander, dem das vorliegende Buch gewidmet ist, ist dem vom alten BRD-Nachkriegsballast wirklich befreiten und jungen Leser der Zukunft gerade durch dieses Werk um viele Schritte nĂ€her gebracht worden. Er erscheint vor dem Leser als ein schreibender Mensch, dem die bedeutendsten Erscheinungen in der Welt nicht irgendwelche Welteroberer wie Deutschlands Feinde waren, sondern dem der transzendentale WeltĂŒberwinder und der denkende und freie Lebensmeisterer am philosophischen Herzen lag und liegt. Und genau jene absolut freie Grundhaltung des Meisterns des Lebens hatten die Deutschen philosophisch erkannt. Sie haben den Schleier der Maya durchschaut, haben ihn im Sinne von Novalis gehoben und erkannt, daß man dahinter – transzendierend - nur sich selbst sieht. Kurz: Freiheit des Geistes, des Denkens oder ĂŒberhaupt das freie Leben ist kein Postulat des Politischen, d.h. des Staates, sondern eine Frage der subjektiven Einstellung, des Individuums selbst, eine Frage der inneren Freiheit. Diese ließ sich Sander niemals nehmen und so wird er als KĂ€mpfer gegen das Verwaltetwerden, die EindimensionalitĂ€t, den Konsumismus und gegen das ZurĂŒckschrumpfen des Geistes mit seinem konsequenten „Nein“ unvergessen bleiben. Dazu ist das Buch ein unermesslicher Beitrag!

Hans-Dientrich Sander war ein besonderer Denker und Philosoph der deutschen Nachkriegszeit. FĂŒr ihn war die Bundesrepublik Deutschland nicht die Fortsetzung der politischen Einheiten in der Deutschen Geschichte, sondern sie ist fĂŒr ihn bis heute eine Ausgeburt der Stunde Null, gezeugt von fremden MĂ€chten. So kĂŒndigte sich fĂŒr Sander das „Germaniam esse delendam“ schon in den letzten Kriegsjahren an. Die Zerstörung deutscher StĂ€dte mit FlĂ€chenbombardements und die gewaltsame Vertreibung von Millionen aus den östlichen Gebieten waren in der Tat absolute Schrecken.

Das schriftstellerische Wirken Sanders war stets mutig von diesen Themen bestimmt, von denen her er ein Bild der Bundesrepublik zeichnete, wie es andere niemals sich zutrauten, was natĂŒrlich nicht an der Wahrheit hinter Sanders Ansatz zu rĂŒtteln vermag. Als nur einen Beweis von vielen betonte er couragiert die Absprache zwischen Roosevelt und Churchill 1943 in Quebec, nach der es keinen Friedensvertrag mit Deutschland geben sollte, sondern nur ein Abkommen der Sieger ĂŒber die aufzuteilenden Reste. Stalin schloß sich an, obwohl er spĂ€testens 1944 in Jalta merken mußte, daß der amerikanische Wirtschaftsimperialismus auch schon die Sowjetunion ins Visier nahm. Bringt man Sanders Forschung auf den Punkt: Mit der Niederwerfung des Deutschen Reiches erloschen de facto das Völkerrecht und die Hegung des Krieges, welche das Ius Publicum Europaeum, einzigartig in der Weltgeschichte, hervorgebracht hatte. Damit ist Sander ein besonderer Vertreter wissenschaftlicher Redlichkeit und geistiger Zivilcourage, was man ihm freilich niemals zugestand.

Anders dagegen das vorliegende Buch! Es gesteht ihm diese Rolle zu.

Sander, einer der profiliertesten nationalen Publizisten, ist 2008 80 Jahre alt geworden. Das vorliegende Werk ist eine Festgabe seiner GefĂ€hrten und Kollegen. Dazu gehören BeitrĂ€ge u.a. von: Björn Clemens, Thor von Waldstein, Elke Sander, GĂŒnter Maschke, Bernd Rabehl, Wolfgang Strauß, GĂŒnter Zehm, Peter Furth, Hans-Ulrich Kopp, Martin Lichtmesz, Franz Uhle-Wettler oder Ivan Denes. GemĂ€ĂŸ den Schriften Sanders selbst verheißt diese Festschrift ein funkensprĂŒhendes thematisches Feuerwerk spannender Themen, das dem Jubilar dadurch gerecht wird, daß die enthaltenen Texte genau wie Sander die nachkriegsdemokratischen MißstĂ€nde klar benennen.

So wird wie bei Sander selbst darauf verwiesen, daß die UbiquitĂ€t der Technik, die nivellierenden Folgen der Industrialisierung und der entproblematisierende Anspruch der Rationalisierung die geschichtsbildenden Staaten, Reiche und Imperien zerstört haben. Das Besondere droht vom Allgemeinen more geometrico verschlungen zu werden. Es verfĂ€llt die transzendentale Apperzeptionskraft – Eigenschaft einer jeden korrumpierten Wissenschaft, die heute unkritisch immer noch davon ausgeht, Deutschland sei 1945 wirklich nur „befreit“ worden, und dies ohne Hintergrundinteressen der Sieger von 1945. Andere BeitrĂ€ge konzentrieren sich weiterhin darauf, wie ein Volksgeist sich nur im eigenen Raum, unter eigenen Bedingungen, durch eigene ĂŒberlieferte Institutionen, durch sein Milieu im umfassenden Sinne reproduziert und damit die klassische Metapher des genius loci gilt: Nach dem Verfassungsrechtler Hermann Heller ein organischer naturhafter Kern jenseits zweckbewußter Interessenverbindung.

Ein besonderer Beitrag (128ff.) befasst sich in diesem Zusammenhang mit der griechischen Mythologie. Sie fand fĂŒr diese elementare Konkordanz von Sein und Ort das sagenhafte Gleichnis von AntĂ€os, dem Sohn des Meergotts Poseidon und der Erdgöttin GĂ€a. AntĂ€os war unbesiegbar, solange er noch die erde berĂŒhrte. Er war verloren, wenn er in der Luft hing. Er gewann seine Kraft wieder, wenn er seine FĂŒĂŸe auf die erde zurĂŒcksetzen konnte. Das Gegengleichnis erfand die Judaistik. Die Verfallsprozesse lassen sich fĂŒr Sander antĂ€isch erklĂ€ren. Sie gehen auf eine Störung des RaumgefĂŒhls zurĂŒck, die den Impetus der Erkenntnis und Selbsterkenntnis – einst Grundlage einer jeden deutschen Philosophie zur Grundlegung des Individuums ĂŒberhaupt – zerstreut und die Energien der Selbstbehauptung zerreibt. ErgĂ€nzend ließe sich im Sinne Sanders sagen, daß auch eine Generation vor Max Weber schon der Geograph Friedrich Ratzel die Rolle des Lebensraumes fĂŒr den Menschen mit dem AntĂ€os-Motiv verknĂŒpfte: Die Natur fordert fĂŒr Ratzel von jedem Volk, das als Volk gedeihen soll, ein Wohnen auf zusammenhĂ€ngendem Boden, auf dem es ruht, in dem seine Wurzeln sich zu Tausenden verflechten. Nur den zusammenhĂ€ngend und geschlossen verbreiteten Völkern komme jene Kraft des AntĂ€os zu, die aus dem festen VerhĂ€ltnis zur eigenen Scholle entsteht.

Um zum eingangs beschriebenen Triumph der Sieger zurĂŒckzukehren, so war dieser fĂŒr Sander ein Triumph der alten MĂ€chte des Liberalismus und des Sozialismus ĂŒber Deutschland. Er habe keines der wesentlichen Probleme gelöst, sondern jedes verschĂ€rft. So lag fĂŒr Sander im Deutschen Gedankengut das Potential des Liberalismus und des Sozialismus zur BewĂ€ltigung der Aporien der Moderne bereit. Im Gegenzug – so beschreiben es weitere Essays dieser Festschrift - habe sich nach dem Krieg der ideologische Staatsschutz als „Verfassungsschutz“ konstituiert, um alternatives Denken jenseits den PrĂ€missen der „verordneten Demokratie“ (Theo Pirker) von Beginn an zu ersticken. Durch die Abkehr vom rechtsstaatlichen LegalitĂ€tsprinzip - geahndet werden nicht rechtswidrige Handlungen, sondern das nachhaltige VerkĂŒnden illegitimer Überzeugungen – setze sich sogar das Bundesverfassungsgericht in Widerspruch zu den das Prinzip der Chancengleichheit aller politischen Parteien tragenden Verfassungselementen. Das Verfassungsprinzip der freien Bildung politischer Opposition, das den Hauptunterschied zwischen freier und totalitĂ€rer Verwirklichungsform von Demokratie markiert, ist fĂŒr Sander immer noch nicht garantiert. Oder anders im Sinne Carl Schmitts: LegalitĂ€t und LegitimitĂ€t werden taktische Instrumente, deren sich der Parteienstaat „freiheitlich“ bedient, um neue Parteien zu diskreditieren oder dem Verbotsverfahren preiszugeben.

Sander, dem das vorliegende Buch gewidmet ist, ist dem vom alten BRD-Nachkriegsballast wirklich befreiten und jungen Leser der Zukunft gerade durch dieses Werk um viele Schritte nĂ€her gebracht worden. Er erscheint vor dem Leser als ein schreibender Mensch, dem die bedeutendsten Erscheinungen in der Welt nicht irgendwelche Welteroberer wie Deutschlands Feinde waren, sondern dem der transzendentale WeltĂŒberwinder und der denkende und freie Lebensmeisterer am philosophischen Herzen lag und liegt. Und genau jene absolut freie Grundhaltung des Meisterns des Lebens hatten die Deutschen philosophisch erkannt. Sie haben den Schleier der Maya durchschaut, haben ihn im Sinne von Novalis gehoben und erkannt, daß man dahinter – transzendierend - nur sich selbst sieht. Kurz: Freiheit des Geistes, des Denkens oder ĂŒberhaupt das freie Leben ist kein Postulat des Politischen, d.h. des Staates, sondern eine Frage der subjektiven Einstellung, des Individuums selbst, eine Frage der inneren Freiheit. Diese ließ sich Sander niemals nehmen und so wird er als KĂ€mpfer gegen das Verwaltetwerden, die EindimensionalitĂ€t, den Konsumismus und gegen das ZurĂŒckschrumpfen des Geistes mit seinem konsequenten „Nein“ unvergessen bleiben. Dazu ist das Buch ein unermesslicher Beitrag!

geschrieben am 19.11.2009 | 1009 Wörter | 6465 Zeichen

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