ISBN | 3899031520 | |
Autor | Halldór Laxness | |
Verlag | Hörbuch Hamburg | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | - | |
Erscheinungsjahr | 2011 | |
Extras | Hörbuch Version |
Statt Aschewolken: Literarischer Hochgenuss aus dem Land der Vulkane
Als HalldĂłr Laxness geboren wurde, gab es noch keine Hörspiele, zumindest nicht solche, wie wir sie heute in gröĂtmöglicher VariabilitĂ€t genieĂen. Die Möglichkeit Ton auf einem Speichermedium aufzuzeichnen war 1902, als er das Licht der Welt erblickte, noch nicht gegeben, gerade erst lernten die Bilder laufen; doch all dies war dem wohl berĂŒhmtesten Schriftsteller Islands ganz egal. Schon frĂŒh in seinem Leben kam er mit gehobenen KĂŒnstlerkreisen in BerĂŒhrung und erweiterte auf zahlreichen Auslandsreisen seinen Horizont. Bereits 1919 erschien sein erster Roman und auch wenn die AnfĂ€nge der auditiven Aufzeichnung seinerzeit nun auch langsam ins Rollen kamen, hĂ€tte sich der spĂ€tere LiteraturnobelpreistrĂ€ger sicher nicht trĂ€umen lassen, dass ein GroĂteil seines Oeuvres mal auf CD erhĂ€ltlich sein wĂŒrde.
"Am Gletscher", der vom renommierten Verlag Hörbuch Hamburg ins Auditive transponiert wurde, zĂ€hlt zu Laxness SpĂ€twerk, einer Zeit, in der sein ĂŒberbordender Kommunismus abgeklungen war und in der er mit literarischen Motiven gekonnt zu jonglieren vermochte. Die erste deutsche Ăbersetzung des 1969 erschienenen Originals wurde 1974 in Leipzig aufgelegt; in der ehemaligen DDR war Laxness eben aufgrund seiner politischen Motivation hoch geschĂ€tzt, die Rezeption im Westen setzte dementsprechend auch erst nach der Wende ein und auch heute noch ist er nicht jedem Literaturfreund ein Begriff.
Am Gletscher kennzeichnet die SpĂ€tphase eines KĂŒnstlers, der nicht nur mit seinem 1955 erhaltenen Preis Island zum Land mit der höchsten Dichte von LiteraturpreistrĂ€gern pro Einwohner gemacht hatte, sondern der zu jener Zeit auch in den kĂŒnstlerischen Höhen schwebte, die nur absolute Genies zu Eigen ist. Der Theologe, der Ich-ErzĂ€hler, wird hĂ€ufig aus der dritten Person heraus beschrieben - ein Veixierspiel der besonderen Art, das auch im Hörbuch gekonnt hervorgehoben wird.
Vebi, so die namentliche Kurzform des Theologen, wird als Vertreter des Bischofs an den Rand eines Gletschers geschickt, um dort die Ereignisse, die eben dem Kirchenoberhaupt nicht ganz geheuer sind, zu untersuchen. Konterkarierender Angelpunkt ist nun der dortige Pfarrer Sira Jon Jonsson, der mit seiner unbekĂŒmmerten und eigenartigen Art dem Dogmatismus des gelehrten Vebi gegenĂŒbertritt. Die oftmals skurrilen, schrĂ€gen Geschichten des Pfarrers und die verrĂŒckten Begebenheiten in dessen Gemeinde und am Gletscher (unter anderem ein ominöser Sarg auf dem Gipfel des Gletschers) machen aus der ErzĂ€hlung fĂŒr alle Island-Freunde, und diejenigen, die es noch werden wollen, ein gefundenes Fressen. Island ist eben ein bisschen anders, deren Bewohner ein bisschen verrĂŒckter und deren Geschichten sowieso; Laxness gibt hier das beste Beispiel dafĂŒr.
Nun kommt die Hörbuchfassung mit einem seltenen, umso schöneren Bonmot daher. Ein essayistisches Nachwort, diesen komischen und irrwitzigen Roman betreffend, gibt keine geringere als Susan Sontag (im Deutschen von Julia Nachtmann gelesen) auf einer Extra-CD (in Rosa!) zum Besten. Peter Jordan, seines Zeichens Schauspieler und Tatort-Referenz des NDR, beeindruckt mit einer vorzĂŒglichen, klar akzentuierten und vor allen Dingen den sprachlichen Besonderheiten der Vorlage komplett gerecht werdenden ErzĂ€hlung auf den anderen fĂŒnf CDs (natĂŒrlich in Blau!). Sehr schön, dass dieser erst 1999 gegrĂŒndete Hörbuch-Verlag die Grenzen des Genres endlich mal erweitert und uns mit diesem Essay in etwas einfĂŒhrt, was auch jedes gute, klassische Buch haben darf. NĂ€mlich eine Stilkritik und eine Bedeutungsrezension. HalldĂłr Laxness war nur ein Jahr vor GrĂŒndung des Hörbuch Hamburg Verlages mit 95 Jahren gestorben. Seine Werke werden ĂŒberdauern. Auch als Hörbuch. Und gerne so professionell und visionĂ€r wie in diesem Fall.
geschrieben am 25.07.2011 | 547 Wörter | 3332 Zeichen
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