ISBN | 3962691138 | |
Autor | David Macaulay | |
Verlag | Impian | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 96 | |
Erscheinungsjahr | 2021 | |
Extras | - |
Der Literatur für Kinder wurde lange Zeit kaum eine literarisch-didaktische Qualität zugebilligt. Denn bis in die 1960er Jahre hinein standen eher Disziplinen wie Pädagogik, Psychologie oder Soziologie im Vordergrund. Umso erfreulicher ist es, dass mit dem Genre des Sachbilderbuches heute eine Vielzahl von Bücher existieren, bei denen die Neugierde und der Wissensdurst von Kindern im Fokus steht.
Doch was versteht man unter einem Sachbilderbuch? – Sachbilderbücher sind Erzählsachbücher, bei denen die erfahrbare kindliche Umwelt in Bildern erfasst wird, die ohne oder nur mit wenig Text begleitet werden und entweder in Einzeldarstellungen oder in zusammenhängenden Bildfolgen erscheinen. Grundsätzlich gibt es Sachbücher für Kinder jeden Alters, wobei meist ein einfach zu verstehender Sachverhalt oder ein spezifisches Thema im Mittelpunkt steht. Je älter die Leser sind, umso komplexer werden die in ihnen beleuchteten Themenfeld und umso mehr Text lassen sich den Seiten entnehmen, um den wachsenden Informationsbedürfnissen der Kinder nachzukommen.
In diese Kategorie fällt auch das Sachbilderbuch „Sie bauten eine Moschee“ vom Illustrator und Schriftsteller David Macaulay, das im Impian Verlag erschienen ist und sich an junge Leser ab 10 Jahren richtet. Im Mittelpunkt der Handlung steht der Bau einer Moschee im Jahr 1595. Zu jener Zeit wurde das Osmanische Reich, welches das größte muslimische Reich seiner Zeit war, von Mehmed III. regiert, einem Nachkommen von Mehmed II., auch genannt der Eroberer, der mit Hilfe seines Heeres im Jahr 1453 Konstantinopel eroberte und damit den Grundstein für das Osmanische Reich schuf. Dank der Überlegenheit ihrer Streifkräfte zu Land und auch zur See war es mehrerer Herrschern des Hauses Osman gelungen, die Grenzen des Reiches bis Algerien im Westen und Bagdad im Osten und von der Stadtgrenze Wiens im Norden bis jenseits von Mekka im Süden auszudehnen. Die Eroberung neuer Länder zog die Einrichtung von Handelsverbindungen und einen kulturellen Austausch nach sich, und über dies wurden der Islam und seine fünf Säulen verbreitet: Das Glaubensbekenntnis, das Gebet, das Fasten, die soziale Pflichtabgabe und die Pilgerfahrt nach Mekka. Ein Beweis für die Macht des Reiches war unter anderem der Reichtum, der sich in den Schatzkammern der Sultane, aber auch in den Schatullen der Händler und einflussreichsten Bürger Istanbuls ansammelte. Die Mildtätigkeit dieser privilegierten Oberschicht wurde durch Gesetze gefördert, die ihnen verboten, ihr Vermögen ausschließlich ihren Kindern zu vererben. Deshalb gingen die Wohlhabenden dazu über, wohltätige Stiftungen zu gründen und über diese eine Vielzahl religiöser, sozialer und kultureller Einrichtungen zu fördern. Außer aus einer neuen Moschee bestanden diese Stiftungen jeweils aus einer Anzahl von Gebäuden mit unterschiedlichen Funktionen, die gemeinsam einen Külliye genannten Hauskomplex bildeten. Von diesem Punkt ausgehend entscheidet sich auch der verdiente Admiral Suha Mehmet Pascha, der fiktive Protagonist der Handlung des Sachbuches, sein Lebenswerk mit einer Stiftung zu krönen, indem er Akif Aga, einem hoch angesehenen Mitglied des Korps der Hofarchitekten von Sultan Mehmet III., beauftragt, eine Moschee in seinem Namen zu bauen. Die dabei vom Autor David Macaulay auf 96 Seiten eingefangenen Szenen, die durch zahlreiche Illustrationen zum Ausdruck kommen, machen die jungen Leser mit der großartigen osmanischen Bau- und Handwerkskunst jener Zeit bekannt. Dabei versetzt er die Leser unmittelbar in das Geschehen und führt ihnen vor Augen, mit welch ausgeklügelten Methoden die Architekten und Zimmerleute, die Maurer, Glaser und Steinmetze gewaltige Kuppeln errichteten, filigrane Buntgläserfenster, Fliesen und Säulen schufen und so Schritt für Schritt ein Wunderwerk der orientalischen Baukunst schaffen. Daneben erfahren die jungen Leser aber auch, was ein Miharab ist, wie die Gebetsrichtung nach Mekka bestimmt wird oder welche Funktion das Minarett hat. Dass zu einer Moschee aber auch viele weitere Gebäude wie eine Armenküche und eine Universität gehören, wird dabei ebenfalls gezeigt.
Mit „Sie bauten eine Moschee“ ist es David Macaulay gelungen, ein Sachbilderbuch vorzulegen, dass auf visuellem Wege eine Brücke zwischen zwei kulturellen Räume schlägt: die des Christentums und die des Islam. Die jungen Leser bekommen dadurch nicht nur einen guten Eindruck vermittelt, wie in einem anderen Kulturkreis monumentale Gebäude errichtet wurden, sondern lernen zugleich auch ein erstes Grundverständnis davon, was es mit dem Islam, als einer der großen Weltreligionen, auf sich hat. Ein liebevoll gestaltetes Sachbilderbuch, dass David Macaulays vorangegangene Werke aus den 1970er Jahren wunderbar ergänzt.
An dieser Stelle ist noch das besondere Verlagskonzept des Impian Verlags hervorzuheben, bei dem auf einen Mix aus erstklassigen Autoren sowie einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis geachtet wird. So ist das Sachbilderbuch „Sie bauten eine Moschee“ von David Macaulay trotz der erstklassigen und qualitativ hochwertigen Verarbeitung als Hardcover bereits für 9,95.- Euro zu haben. Günstiger findet man wohl kaum ein gutes und liebevoll umgesetztes Kinderbuch mit geschichtlichem Hintergrund.
geschrieben am 27.11.2021 | 746 Wörter | 4493 Zeichen
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