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Preacher: Blut ist dicker


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Rezension von

Frank Drehmel

Blut ist dicker Jesses Tour de Force durch Texas auf der Suche nach dem Allmächtigen geht weiter. Und Gnade ihm Custer, wenn der mit der Macht des Wortes ausgestattete Reverend den “alten Mann” bei den Eiern packt, um von ihm eine Erklärung für die ganze Scheiße in der Welt zu fordern. Doch noch ist es nicht so weit, denn zunächst steht ein mörderisches Familientreffen auf der Ranch von Jesses Großmutter auf dem Tourplan, denn der Reverend und Tulip geraten zufällig in die Fänge seiner sadistischen Verwandtschaft, den L’Angelles. An jenem Ort verbrachte der junge Custer eine Kindheit, die nicht weniger als die Hölle auf Erden war. Er wurde gefoltert, gequält, musste miterleben, wie seine Eltern von den perversen Verwandten ebenso getötet wurden wie sein bester Freund Billy-Bob. Unfähig, die Macht des Wortes einzusetzen, gefesselt an einen Stuhl muss er nun zusehen, wie sein Onkel Tulip hinrichtet. Doch die L’Angelles haben die Rechnung ohne Gott und Jesses unbeugsamen Willen gemacht, denn der jungen Frau widerfährt die Gnade der Auferstehung und gemeinsam rechnen die Beiden blutig mit der mörderischen Bagage ab. Befreit von den Geistern der Vergangenheit beschließen Jesse und Tulip, Vampir-Kumpel Cassidy in San Francisco einen Besuch abzustatten. Obgleich sie ihr Wiedersehen angemessen mit einer zünftig-fröhlichen Kneipenschlägerei feiern, ist Cass nicht gut drauf. Erst vor kurzer Zeit wurde seine Freundin ermordet und die Trauer darüber trübt die Stimmung des lebenslustigen Vampirs. Zu dritt versuchen sie, Licht in jene Angelegenheit zu bringen, von der Jesus de Sade mehr zu wissen scheint. Dieser Vollblut-Hedonist schmeißt Orgien, die jedem römischen Bürger die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätten, und Cass dealende Braut ist dem Kerl irgendwie in die Quere gekommen. So wie der Reverend jedoch ein Auge auf Jesus wirft, so gerät er selbst in das Fadenkreuz einer geheimnisvollen Weltuntergangssekte - vertreten durch einen gewissen Herrn Starr -, die in Custer eine Verbindung zum Heiligen Gral vermutet. Auch wenn diese Typen heftig religiös sind, so sind sie noch ein Stück wahnsinniger, skrupelloser und überhaupt echt übel drauf. Wie schon im ersten Band ist das misanthropische Credo auch dieses Comics: kaum jemand ist unschuldig; einige sind allenfalls weniger verdorben als andere! Garth Ennis’ phantastische, bizarre, böse und gemeine Welt, in der das Gute nur relativ und Moral selbst für Engel kein Imperativ ist, wird bevölkert von perversen Sadisten, mörderischen Soziopathen und sodomistischen Hedonisten. Ein guter, freundlicher oder unschuldiger Charakter stellt in dieser Gesellschaft gleichsam eine Behinderung dar, was Ennis dadurch betont, dass er gerade jenen Personen - im ersten Band Arschgesicht, im zweiten Billy-Bob (und seine Familie) - ein abstoßendes Äußeres verleiht. Ausgehend von dieser Prämisse spinnt der Autor zunächst eine grausame Geschichte - den Exkurs in Jesse Custers Kindheit -, angesichts derer es auch dem hartgesottensten Splatter- und Gore-Fan die Freudentränen in die Augen treibt, wenn der Reverend seiner in Flammen stehenden Großmutter schließlich, “Brenne du verschissene Hexe! Brenn!!”, hinterherrufen kann. Während dieser Teil der Story staubtrocken daherkommt, beweist Ennis in den Handlungsbögen um den hedonistischen Jesus de Sade und den zwielichtigen Herrn Starr durchgängig seinen Sinn für morbiden Humor. Wenn bspw. Jesus einen Lakaien fragt, “Welche Spezies werde ich heute sodomieren?”, und dieser ihm ein kleines Gürteltier auf einem Tablett offeriert oder wenn Cassidy kurz davor steht, von einem feisten Sex-Detektiv vergewaltigt zu werden, weil er dessen Partner die Faust so tief in den Schädel gerammt hat, dass er nun hilflos feststeckt, dann zeugt das von einem “feinen” Gespür für Situationskomik. Was der zweiten Hälfte des Tradepaperbacks an visualisierter Gewalt fehlt, wird durch die knallharte, direkte Ausdrucksweise der Protagonisten mehr als wett gemacht. Vom eher harmlosen “Arschloch” über das deftige “fettes Stück Scheiße” bis hin zum kreativen “verpisste Fick-Mäuler” fahren Fred Fliege & The Wild Bunch so ziemlich alles auf, was dem deutschen Fäkal-Sprache-Genießer lieb und teuer ist. Das Artwork von Dillon & Co. ist - wie schon im ersten Band - in seiner Klarheit und Eindringlichkeit extraordinär und gehört für mich nicht zuletzt auch wegen der Vielseitigkeit in den Figurendarstellungen zum Besten, was die neunte Kunst zu bieten hat. Fazit: Bizarrer, gewalttätiger und unterhaltsamer als der erste Teil. Großartige Comic-Kunst und nichts für zartbesaitete Gemüter!

Jesses Tour de Force durch Texas auf der Suche nach dem Allmächtigen geht weiter. Und Gnade ihm Custer, wenn der mit der Macht des Wortes ausgestattete Reverend den “alten Mann” bei den Eiern packt, um von ihm eine Erklärung für die ganze Scheiße in der Welt zu fordern.

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5
18.02.2018

Doch noch ist es nicht so weit, denn zunächst steht ein mörderisches Familientreffen auf der Ranch von Jesses Großmutter auf dem Tourplan, denn der Reverend und Tulip geraten zufällig in die Fänge seiner sadistischen Verwandtschaft, den L’Angelles. An jenem Ort verbrachte der junge Custer eine Kindheit, die nicht weniger als die Hölle auf Erden war. Er wurde gefoltert, gequält, musste miterleben, wie seine Eltern von den perversen Verwandten ebenso getötet wurden wie sein bester Freund Billy-Bob.

Unfähig, die Macht des Wortes einzusetzen, gefesselt an einen Stuhl muss er nun zusehen, wie sein Onkel Tulip hinrichtet. Doch die L’Angelles haben die Rechnung ohne Gott und Jesses unbeugsamen Willen gemacht, denn der jungen Frau widerfährt die Gnade der Auferstehung und gemeinsam rechnen die Beiden blutig mit der mörderischen Bagage ab.

Befreit von den Geistern der Vergangenheit beschließen Jesse und Tulip, Vampir-Kumpel Cassidy in San Francisco einen Besuch abzustatten. Obgleich sie ihr Wiedersehen angemessen mit einer zünftig-fröhlichen Kneipenschlägerei feiern, ist Cass nicht gut drauf. Erst vor kurzer Zeit wurde seine Freundin ermordet und die Trauer darüber trübt die Stimmung des lebenslustigen Vampirs. Zu dritt versuchen sie, Licht in jene Angelegenheit zu bringen, von der Jesus de Sade mehr zu wissen scheint. Dieser Vollblut-Hedonist schmeißt Orgien, die jedem römischen Bürger die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätten, und Cass dealende Braut ist dem Kerl irgendwie in die Quere gekommen.

So wie der Reverend jedoch ein Auge auf Jesus wirft, so gerät er selbst in das Fadenkreuz einer geheimnisvollen Weltuntergangssekte - vertreten durch einen gewissen Herrn Starr -, die in Custer eine Verbindung zum Heiligen Gral vermutet. Auch wenn diese Typen heftig religiös sind, so sind sie noch ein Stück wahnsinniger, skrupelloser und überhaupt echt übel drauf.

Wie schon im ersten Band ist das misanthropische Credo auch dieses Comics: kaum jemand ist unschuldig; einige sind allenfalls weniger verdorben als andere!

Garth Ennis’ phantastische, bizarre, böse und gemeine Welt, in der das Gute nur relativ und Moral selbst für Engel kein Imperativ ist, wird bevölkert von perversen Sadisten, mörderischen Soziopathen und sodomistischen Hedonisten. Ein guter, freundlicher oder unschuldiger Charakter stellt in dieser Gesellschaft gleichsam eine Behinderung dar, was Ennis dadurch betont, dass er gerade jenen Personen - im ersten Band Arschgesicht, im zweiten Billy-Bob (und seine Familie) - ein abstoßendes Äußeres verleiht.

Ausgehend von dieser Prämisse spinnt der Autor zunächst eine grausame Geschichte - den Exkurs in Jesse Custers Kindheit -, angesichts derer es auch dem hartgesottensten Splatter- und Gore-Fan die Freudentränen in die Augen treibt, wenn der Reverend seiner in Flammen stehenden Großmutter schließlich, “Brenne du verschissene Hexe! Brenn!!”, hinterherrufen kann.

Während dieser Teil der Story staubtrocken daherkommt, beweist Ennis in den Handlungsbögen um den hedonistischen Jesus de Sade und den zwielichtigen Herrn Starr durchgängig seinen Sinn für morbiden Humor. Wenn bspw. Jesus einen Lakaien fragt, “Welche Spezies werde ich heute sodomieren?”, und dieser ihm ein kleines Gürteltier auf einem Tablett offeriert oder wenn Cassidy kurz davor steht, von einem feisten Sex-Detektiv vergewaltigt zu werden, weil er dessen Partner die Faust so tief in den Schädel gerammt hat, dass er nun hilflos feststeckt, dann zeugt das von einem “feinen” Gespür für Situationskomik. Was der zweiten Hälfte des Tradepaperbacks an visualisierter Gewalt fehlt, wird durch die knallharte, direkte Ausdrucksweise der Protagonisten mehr als wett gemacht. Vom eher harmlosen “Arschloch” über das deftige “fettes Stück Scheiße” bis hin zum kreativen “verpisste Fick-Mäuler” fahren Fred Fliege & The Wild Bunch so ziemlich alles auf, was dem deutschen Fäkal-Sprache-Genießer lieb und teuer ist.

Das Artwork von Dillon & Co. ist - wie schon im ersten Band - in seiner Klarheit und Eindringlichkeit extraordinär und gehört für mich nicht zuletzt auch wegen der Vielseitigkeit in den Figurendarstellungen zum Besten, was die neunte Kunst zu bieten hat.

Fazit: Bizarrer, gewalttätiger und unterhaltsamer als der erste Teil. Großartige Comic-Kunst und nichts für zartbesaitete Gemüter!

geschrieben am 21.12.2007 | 669 Wörter | 3900 Zeichen

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