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Hirnwichsen (Schädelfetzen)


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Rezension von

Brühmann Lars

Hirnwichsen (Schädelfetzen) Wenn man heutzutage von einem außergewöhnlichen Werk einer jungen Autorin redet, denkt man fast schon zwanghaft an Charlotte Roches auf Skandal gebürstetes Erstlingswerk "Feuchtgebiete". Dass aufsehenerregende Literatur jedoch auch jenseits von postpubertärer Lyrik stattfinden kann, beweist das mir vorliegende Debut "Hirnwichsen (Schädelfetzen)" von Sybille Lengauer. Die Österreicherin vollführt in diesem überwiegend prosaischen Sammelwerk die streckenweise leicht hemmungslos anmutende Katharsis im Spannungsfeld zwischen Selbsthass und Abscheu vor der Welt. Ist es so? Was man bei oberflächlicher Betrachtung fälschlicherweise als dichterischen Ausdruck überkompensierten Weltschmerzes halten könnte, offenbart eine beunruhigende Tiefe, die sich in empathischen Deja-Vus des Lesers manifestiert. So kennt sicher der eine oder andere das Gefühl, einen unbändigen Hass auf eine tickende Uhr zu entwickeln, die einem in einer widerlichen Penetranz nichts weiter sagt als die Tatsache, dass Zeit verstreicht. Frau Lengauer entledigt sich dieses Ungemaches mit brutaler Konsequenz. Vorsicht walten lassen bei der Lektüre dieses Buches sollten Leute mir leicht verletzbaren religiösen Gefühlen, denn auch das Thema Christentum wird von der Autorin leidenschaftlich beackert und seziert. Und zwar mit der festen Überzeugung im Hinterkopf, dass der Protagonist des einfältig-dreifältigen Pantheons, Vater, Sohn und Heiliger Geist höchstselbst, fern von uns ist in der Stunde der Not. Weshalb er, um sich Aktualität zu verschaffen, zu reinkarnieren gedenkt. Durch wen und mit welchem Ausgang, wird an dieser Stelle nicht verraten. Nicht wesentlich gewöhnlicher, aber dafür weltlicher geht es zu in einer Kurzgeschichte, die eine Ehehölle beschreibt. Um angesichts dieser Alltäglichkeit nicht ins Banale abzugleiten, sorgt hier weibliche Tyrannei in groteskem Zusammenspiel mit leprösem, männlichem Phlegma für die Auflösung dieser unglücklichen Gemeinschaft. Wie eine Ohrfeige schallt es dann im Leser, wenn er sich ertappt fühlt, wird er doch gestört in seinem Heileweltdenken, wenn allzu plötzlich das Thema Kindesmissbrauch ohne viel Betroffenheitsgetue und dümmliches Rachegezeter, dafür aber mit einer völlig schnörkellosen Brecheisenwortwahl an ihn herangetragen wird. Dies sind nur vier Beispiele für eine ruppige Fahrt durch den Irr-Garten des literarisch Machbaren. Sicherlich sehr ungewöhnlich, aber eben deswegen umso unterhaltsamer, wenn man es mit der eigenen Eitelkeit vereinbaren kann, die eigenen Lesegewohnheiten hin und wieder über den Tellerrand gezerrt und sich selbst diverser, allzu menschlicher Fehlhaltungen überführt zu sehen, denn des öfteren bekommt man in diesem Debut "a Watsch'n", dass es nur so scheppert. Da halte ich doch gerne für ein Nachfolgewerk auch die andere Wange hin.

Wenn man heutzutage von einem außergewöhnlichen Werk einer jungen Autorin redet, denkt man fast schon zwanghaft an Charlotte Roches auf Skandal gebürstetes Erstlingswerk "Feuchtgebiete". Dass aufsehenerregende Literatur jedoch auch jenseits von postpubertärer Lyrik stattfinden kann, beweist das mir vorliegende Debut "Hirnwichsen (Schädelfetzen)" von Sybille Lengauer.

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Die Österreicherin vollführt in diesem überwiegend prosaischen Sammelwerk die streckenweise leicht hemmungslos anmutende Katharsis im Spannungsfeld zwischen Selbsthass und Abscheu vor der Welt. Ist es so? Was man bei oberflächlicher Betrachtung fälschlicherweise als dichterischen Ausdruck überkompensierten Weltschmerzes halten könnte, offenbart eine beunruhigende Tiefe, die sich in empathischen Deja-Vus des Lesers manifestiert. So kennt sicher der eine oder andere das Gefühl, einen unbändigen Hass auf eine tickende Uhr zu entwickeln, die einem in einer widerlichen Penetranz nichts weiter sagt als die Tatsache, dass Zeit verstreicht. Frau Lengauer entledigt sich dieses Ungemaches mit brutaler Konsequenz.

Vorsicht walten lassen bei der Lektüre dieses Buches sollten Leute mir leicht verletzbaren religiösen Gefühlen, denn auch das Thema Christentum wird von der Autorin leidenschaftlich beackert und seziert. Und zwar mit der festen Überzeugung im Hinterkopf, dass der Protagonist des einfältig-dreifältigen Pantheons, Vater, Sohn und Heiliger Geist höchstselbst, fern von uns ist in der Stunde der Not. Weshalb er, um sich Aktualität zu verschaffen, zu reinkarnieren gedenkt. Durch wen und mit welchem Ausgang, wird an dieser Stelle nicht verraten.

Nicht wesentlich gewöhnlicher, aber dafür weltlicher geht es zu in einer Kurzgeschichte, die eine Ehehölle beschreibt. Um angesichts dieser Alltäglichkeit nicht ins Banale abzugleiten, sorgt hier weibliche Tyrannei in groteskem Zusammenspiel mit leprösem, männlichem Phlegma für die Auflösung dieser unglücklichen Gemeinschaft.

Wie eine Ohrfeige schallt es dann im Leser, wenn er sich ertappt fühlt, wird er doch gestört in seinem Heileweltdenken, wenn allzu plötzlich das Thema Kindesmissbrauch ohne viel Betroffenheitsgetue und dümmliches Rachegezeter, dafür aber mit einer völlig schnörkellosen Brecheisenwortwahl an ihn herangetragen wird.

Dies sind nur vier Beispiele für eine ruppige Fahrt durch den Irr-Garten des literarisch Machbaren. Sicherlich sehr ungewöhnlich, aber eben deswegen umso unterhaltsamer, wenn man es mit der eigenen Eitelkeit vereinbaren kann, die eigenen Lesegewohnheiten hin und wieder über den Tellerrand gezerrt und sich selbst diverser, allzu menschlicher Fehlhaltungen überführt zu sehen, denn des öfteren bekommt man in diesem Debut "a Watsch'n", dass es nur so scheppert. Da halte ich doch gerne für ein Nachfolgewerk auch die andere Wange hin.

geschrieben am 28.01.2009 | 381 Wörter | 2426 Zeichen

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