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Der schöne Mann


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Informationen zum Buch
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Rezension von

Matthias Pierre Lubinsky

Der schöne Mann »Der schöne Mann« steht in großen Lettern auf dem Schutzumschlag. So heißt das Buch. Es lächelt uns ein – schöner – Rupert Everett an. Das wirkt recht plakativ. Dutzend Mal gesehen, denkt der nicht ganz anspruchslose Bücherkäufer. Und dann noch der Untertitel: »Playboys, Dandys, Lebenskünstler«. Erinnert sind wir unwillkürlich an den Untertitel von Günter Erbes »Dandys«, der da lautet: »Virtuosen der Lebenskunst« und haben ein mulmiges Gefühl. Doch halt! Dieser kombinierte Bild- und Textband bringt wesentlich mehr als er verspricht. Bereits der erste Abschnitt macht klar, dass sich Autor Joachim Kurz mit seinem Thema gründlich beschäftigt hat. Es bildet quasi die Klammer für als das Kommende: Beau Brummell und Karl Lagerfeld werden hier vorgestellt. Das ist klug und intelligent. Denn diese beiden bilden soetwas wie den Rahmen, schaut man heute auf das Dandytum. Brummell gilt als der Ur-Dandy, als der erste, der diese Lebensform konsequent zelebriert und sein gesamtes Sein darunter gestellt hat. Lagerfeld kann als der bedeutendste aktuelle Vertreter dieser seltenen Spezies gelten. Man freut sich, gleich in der Einleitung die Korrektur eines allgeneinen Missverständnisses zu finden, der Dandy wolle auffallen und sei ein Snob. Joachim Kurz schreibt: »Der Dandy aber war anders. Er verabscheute das Laute, das Grelle und die allzu auffälligen Extravaganzen der anderen eleganten Herren, sondern bevorzugte schlichte Eleganz (die freilich genauso viel Mühe kostet wie auffällige Kostümierungen), vollendete Manieren und einen rasiermesserscharfen Geist.« Danke für diese Klarstellung. Der Autor, Geschäftsführer des Internetportals www. kino-zeit.de fährt fort: »Zugleich kultivierte er die perfekte äußere Fassade auch als innere Haltung: Sein Ennui und seine Distanz zur Gesellschaft wurde zur geistigen Opposition, die sich von der aufkommenden Massengesellschaft und der krämerhaften Geschäftigkeit der industriellen Revolution abzugrenzen versuchte.« Richtig! Richtig sieht Kurz auch die historische Bezogenheit Karl Lagerfelds auf Brummell, auch wenn der Modezar seinen Vorgänger in keiner Weise kopiert, vielmehr den dandysme ins 21. Jahrhundert transferiert: »Karl Lagerfelds Zurückhaltung bei der Wahl der eigenen Bekleidung, seine Vorliebe für die Farbe Schwarz, seine zur Schau gestellte Distanziertheit und sein manchmal bissiger Humor und funkelnder Esprit – all dies macht aus ihm zumindest auf den ersten Blick den Inbegriff des modernen Dandytums, das sich am Vorbild Beau Brummells orientiert.« Falsch ist allerdings, den Fächer noch heute zu den »Insignien« Karl Lagerfels zu zählen. Weitere jeweils kurz porträtierte Dandys sind Oscar Wilde, Sebastian Horsley, der selbsernannte Dandy in der Unterwelt, Andy Warhol, Cary Grant, Rupert Everett, David Bowie und Morrissey. Jede Kurzbiographie ist pointiert, treffend und legt die richtigen Schwerpunkte, um das Dandyistische zu erkennen. So schreibt Kurz über den Maler Markus Lüpertz: »Der renitente Kunststudent sucht zunächst das Abenteuer und verpflichtet sich bei der französischen Fremdenlegion (wie Ernst Jünger, ist man geneigt hinzuzufügen) in Algerien, aus der er aber schon bald wieder flieht (wie Ernst Jünger) und nach Berlin zieht«. So sind es die Parallelen in den Lebensläufen der Dandys, die häufig erstaunlich sind. In diesem Buch hätten sie jedoch den Rahmen gesprengt. Schön gewählt ist ein Zitat von Lüpertz, das dessen Geisteshaltung verdeutlicht: »Ich bedauere die Vernachlässigung der Äußerlichkeiten, der gegenseitigen Höflichkeiten, des Charmes. Ich liebe geschliffene Reden, ich liebe freundschaftliche Zusammenkünfte, das Gespräch auf einem gewissen Niveau. Und ich liebe schöne Menschen, gut gekleidete Menschen – Ansprüche.« Auch wenn der Künstler und Genießer Lüpertz von sich weist, ein Dandy zu sein. Er gereicht dem Dandy zur Ehre. Kurz sieht in ihm einen Nietzscheaner, der seinen gesamten Willen darauf richte, »das zu werden, was man ist«, wie es Lüpertz einmal selbst formulierte. Last but not least kann auch Kurz‘ Ausblick auf die Zukunft des Dandytums überzeugen. Auf den Spuren Baudelaires resümiert der Autor, die Chancen stünden nicht schlecht »für eine neue, nonkonformistische Dandy-Bewegung«.

»Der schöne Mann« steht in großen Lettern auf dem Schutzumschlag. So heißt das Buch. Es lächelt uns ein – schöner – Rupert Everett an. Das wirkt recht plakativ. Dutzend Mal gesehen, denkt der nicht ganz anspruchslose Bücherkäufer. Und dann noch der Untertitel: »Playboys, Dandys, Lebenskünstler«. Erinnert sind wir unwillkürlich an den Untertitel von Günter Erbes »Dandys«, der da lautet: »Virtuosen der Lebenskunst« und haben ein mulmiges Gefühl.

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Doch halt! Dieser kombinierte Bild- und Textband bringt wesentlich mehr als er verspricht. Bereits der erste Abschnitt macht klar, dass sich Autor Joachim Kurz mit seinem Thema gründlich beschäftigt hat. Es bildet quasi die Klammer für als das Kommende: Beau Brummell und Karl Lagerfeld werden hier vorgestellt. Das ist klug und intelligent. Denn diese beiden bilden soetwas wie den Rahmen, schaut man heute auf das Dandytum. Brummell gilt als der Ur-Dandy, als der erste, der diese Lebensform konsequent zelebriert und sein gesamtes Sein darunter gestellt hat. Lagerfeld kann als der bedeutendste aktuelle Vertreter dieser seltenen Spezies gelten.

Man freut sich, gleich in der Einleitung die Korrektur eines allgeneinen Missverständnisses zu finden, der Dandy wolle auffallen und sei ein Snob. Joachim Kurz schreibt: »Der Dandy aber war anders. Er verabscheute das Laute, das Grelle und die allzu auffälligen Extravaganzen der anderen eleganten Herren, sondern bevorzugte schlichte Eleganz (die freilich genauso viel Mühe kostet wie auffällige Kostümierungen), vollendete Manieren und einen rasiermesserscharfen Geist.« Danke für diese Klarstellung. Der Autor, Geschäftsführer des Internetportals www. kino-zeit.de fährt fort: »Zugleich kultivierte er die perfekte äußere Fassade auch als innere Haltung: Sein Ennui und seine Distanz zur Gesellschaft wurde zur geistigen Opposition, die sich von der aufkommenden Massengesellschaft und der krämerhaften Geschäftigkeit der industriellen Revolution abzugrenzen versuchte.« Richtig!

Richtig sieht Kurz auch die historische Bezogenheit Karl Lagerfelds auf Brummell, auch wenn der Modezar seinen Vorgänger in keiner Weise kopiert, vielmehr den dandysme ins 21. Jahrhundert transferiert: »Karl Lagerfelds Zurückhaltung bei der Wahl der eigenen Bekleidung, seine Vorliebe für die Farbe Schwarz, seine zur Schau gestellte Distanziertheit und sein manchmal bissiger Humor und funkelnder Esprit – all dies macht aus ihm zumindest auf den ersten Blick den Inbegriff des modernen Dandytums, das sich am Vorbild Beau Brummells orientiert.« Falsch ist allerdings, den Fächer noch heute zu den »Insignien« Karl Lagerfels zu zählen.

Weitere jeweils kurz porträtierte Dandys sind Oscar Wilde, Sebastian Horsley, der selbsernannte Dandy in der Unterwelt, Andy Warhol, Cary Grant, Rupert Everett, David Bowie und Morrissey. Jede Kurzbiographie ist pointiert, treffend und legt die richtigen Schwerpunkte, um das Dandyistische zu erkennen. So schreibt Kurz über den Maler Markus Lüpertz: »Der renitente Kunststudent sucht zunächst das Abenteuer und verpflichtet sich bei der französischen Fremdenlegion (wie Ernst Jünger, ist man geneigt hinzuzufügen) in Algerien, aus der er aber schon bald wieder flieht (wie Ernst Jünger) und nach Berlin zieht«. So sind es die Parallelen in den Lebensläufen der Dandys, die häufig erstaunlich sind. In diesem Buch hätten sie jedoch den Rahmen gesprengt.

Schön gewählt ist ein Zitat von Lüpertz, das dessen Geisteshaltung verdeutlicht: »Ich bedauere die Vernachlässigung der Äußerlichkeiten, der gegenseitigen Höflichkeiten, des Charmes. Ich liebe geschliffene Reden, ich liebe freundschaftliche Zusammenkünfte, das Gespräch auf einem gewissen Niveau. Und ich liebe schöne Menschen, gut gekleidete Menschen – Ansprüche.« Auch wenn der Künstler und Genießer Lüpertz von sich weist, ein Dandy zu sein. Er gereicht dem Dandy zur Ehre. Kurz sieht in ihm einen Nietzscheaner, der seinen gesamten Willen darauf richte, »das zu werden, was man ist«, wie es Lüpertz einmal selbst formulierte.

Last but not least kann auch Kurz‘ Ausblick auf die Zukunft des Dandytums überzeugen. Auf den Spuren Baudelaires resümiert der Autor, die Chancen stünden nicht schlecht »für eine neue, nonkonformistische Dandy-Bewegung«.

geschrieben am 08.04.2010 | 603 Wörter | 3619 Zeichen

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