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AnwaltKommentar StGB (Strafgesetzbuch)


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

AnwaltKommentar StGB (Strafgesetzbuch) Unerklärlich lange Zeit nach dem gelungenen Anwaltkommentar StPO kommt nunmehr das Pendant zum StGB auf den Markt. Wie bei jedem neuen StGB-Kommentar kann man sich fragen: wozu? Die Herausgeber beantworten die Frage im Vorwort mit dem Konzept, dass das Werk für Praktiker und Wissenschaftler zugleich eine taugliche Wissensquelle sein soll. Das mag vielleicht das vielschichtige Autorenteam aus Justiz, Anwaltschaft und Wissenschaft erklären, rechtfertigt aber meiner Ansicht nach nicht die Bezeichnung als Anwaltkommentar: weder ist er nur von solchen geschrieben, noch ist er nur für diese gemacht. Auch wird der hohe Prozentsatz an Wissenschaftlern nicht immer dem Bedarf der Praxis gerecht: wenn sich z.B. Waßmer in § 28 StGB und Mitsch in § 211 StGB an die h.L. halten, nach der Mord eine Qualifikation des Totschlags ist, bringt das dem Anwalt in Revisionssachen zum BGH gar nichts. Viel besser gefällt mir da die offene Diskussion von Habetha zum Verhältnis von Raub und Erpressung. Auch wegen solcher Diskrepanzen halte ich die gewollte Mischung aus wissenschaftlichem und praktischem Kommentar für unglücklich, gleichwohl ich selbst ein großer Fan der fundierten Ausführungen von Mitsch in seinen Lehrbüchern und Kommentarbeteiligungen bin. Der Umfang des Werks ist mit knapp 2300 Seiten angemessen. Die Lektüre geht dank der gelungenen Gestaltung des Kommentars auch flott voran, vor allem wegen der abgesetzten Fußnoten und des Hervorhebungssystems im Text. Erfreulich an den Kommentierungen ist zum einen die Aktualität der Texte. Dies betrifft nicht nur die Rezeption der Rechtsprechung, sondern auch den Ansatz, Tendenzen in der Judikatur aufzuzeigen und diese von früheren Rechtszuständen abzugrenzen. Beispielhaft zu sehen ist dies bereits beim Bestimmtheitsgebot in § 1 StGB. Aber auch lebhafte Diskussionen wie um die verschiedenen Waffen- und Werkzeugbestimmungen bei Körperverletzung, Diebstahl und Raub oder die derzeitige Entwicklung im Untreuetatbestand finden einen präzisen Niederschlag in den Kommentierungen. Verfassungsrechtliche Klassiker wie der Gewaltbegriff des Nötigungstatbestands finden sich ebenso genau erläutert wie durch Gesetzesreformen entstandene Problemkomplexe, etwa die Konkurrenzverhältnisse innerhalb der Brandstiftungsdelikte. Abgerundet werden viele Erläuterungen durch praktische Hinweise oder eigene Stellungnahmen. Solche Kleinigkeiten machen einen Kommentar wertvoll. Zu den Kommentierungen im Detail: Sehr erfreulich sind die Ausführungen zu den straßenverkehrsrechtlichen Tatbeständen, die Bücken als erfahrener Verkehrsrechtler mit dem richtigen Gespür für Pointierungen, etwa bei der BAK-Bestimmung oder dem Vorsatz bei der Unfallflucht, liefert. Dass dann wieder zwei Wissenschaftler die korrelierende und stets hoch umkämpfte Fahrerlaubnisentziehung kommentieren und nicht ein Praktiker, manifestiert meinen Zweifel an der schon anfangs gerügten Komposition des Werks. Des Weiteren überzeugt hat mich die präzise und rechtsgebietsübergreifende Darstellung von Szesny zu den Umweltstraftaten, insbesondere wie korrekt er die vorhandenen Beweisschwierigkeiten in der Praxis hervorhebt oder auch Hinweise zur zivilrechtlichen Deliktshaftung gibt. Ebenfalls ein Highlight sind die Kommentierungen von Kilian und Möhlenbeck zum Maßregelvollzugsrecht sowie zur Sicherungsverwahrung. Hier hätte ich mir zwar viel mehr Ausführungen zu den Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern samt Anhörungs- und Begutachtungsmöglichkeiten gewünscht, ebenso mehr Querkommentierungen zu den korrelierenden Normen der StPO, aber das hätte vielleicht den Rahmen gesprengt, sodass die hier gegebenen grundlegenden Informationen ausreichen (müssen). Gelungen sind in jedem Fall die vielen Verknüpfungen zur nicht mehr hinweg zu denkenden Rechtsprechung des EGMR. Nachdrücklich möchte ich dem strafrechtlich tätigen Praktiker die Lektüre der Kommentierungen von Trüg zur Strafaussetzung zur Bewährung ans Herz legen. Nicht nur klassische Fragestellungen wie der Inhalt und der Umfang der Prognoseentscheidung sowohl bei Strafaussetzung zur Bewährung als auch bei Widerruf derselben, sondern auch Detailprobleme wie die nachträgliche Änderung von Auflagen zum Nachteil des Betroffenen werden ausführlich und mit dem passenden Blick auf Gegenargumente aufbereitet. Zuletzt hinweisen möchte ich noch auf die Kommentierungen der §§ 284 ff. StGB. Diese werden von Putzke kommentiert, einem der derzeit meiner Meinung nach besten strafrechtlichen Autoren. Natürlich sind Tatbestände wie die Jagdwilderei oder die Vollstreckungsverstöße undankbar, aber die Ausführungen überzeugen auf ganzer Linie und lassen auf größere Aufgaben für den Autor hoffen. Was bleibt als Fazit? Mit diesem Kommentar kann man zielgerichtet und sinnvoll arbeiten und die Benutzung macht Spaß, weil man präzise Antworten auf eine Vielzahl von Fragestellungen findet. Trotzdem hätte ich mir von einem Anwaltkommentar eine andere Aufmachung, noch mehr als die durchaus schon vorhandenen verfahrensrechtlichen Tipps und vor allem eine stärkere Fokussierung auf die Praxis, d.h. die im Prozess einzig relevante Rechtsprechung gewünscht und nicht den klassischen Showdown zwischen h.L. und BGH. Der Kommentar wird sicherlich ein beliebtes Komplementärwerk werden, fraglich bleibt aber, ob er Platzhirsche wie Fischer, Schönke/Schröder oder den BeckOnlineKommentar zum StGB ausstechen kann.

Unerklärlich lange Zeit nach dem gelungenen Anwaltkommentar StPO kommt nunmehr das Pendant zum StGB auf den Markt. Wie bei jedem neuen StGB-Kommentar kann man sich fragen: wozu? Die Herausgeber beantworten die Frage im Vorwort mit dem Konzept, dass das Werk für Praktiker und Wissenschaftler zugleich eine taugliche Wissensquelle sein soll. Das mag vielleicht das vielschichtige Autorenteam aus Justiz, Anwaltschaft und Wissenschaft erklären, rechtfertigt aber meiner Ansicht nach nicht die Bezeichnung als Anwaltkommentar: weder ist er nur von solchen geschrieben, noch ist er nur für diese gemacht. Auch wird der hohe Prozentsatz an Wissenschaftlern nicht immer dem Bedarf der Praxis gerecht: wenn sich z.B. Waßmer in § 28 StGB und Mitsch in § 211 StGB an die h.L. halten, nach der Mord eine Qualifikation des Totschlags ist, bringt das dem Anwalt in Revisionssachen zum BGH gar nichts. Viel besser gefällt mir da die offene Diskussion von Habetha zum Verhältnis von Raub und Erpressung. Auch wegen solcher Diskrepanzen halte ich die gewollte Mischung aus wissenschaftlichem und praktischem Kommentar für unglücklich, gleichwohl ich selbst ein großer Fan der fundierten Ausführungen von Mitsch in seinen Lehrbüchern und Kommentarbeteiligungen bin.

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Der Umfang des Werks ist mit knapp 2300 Seiten angemessen. Die Lektüre geht dank der gelungenen Gestaltung des Kommentars auch flott voran, vor allem wegen der abgesetzten Fußnoten und des Hervorhebungssystems im Text.

Erfreulich an den Kommentierungen ist zum einen die Aktualität der Texte. Dies betrifft nicht nur die Rezeption der Rechtsprechung, sondern auch den Ansatz, Tendenzen in der Judikatur aufzuzeigen und diese von früheren Rechtszuständen abzugrenzen. Beispielhaft zu sehen ist dies bereits beim Bestimmtheitsgebot in § 1 StGB. Aber auch lebhafte Diskussionen wie um die verschiedenen Waffen- und Werkzeugbestimmungen bei Körperverletzung, Diebstahl und Raub oder die derzeitige Entwicklung im Untreuetatbestand finden einen präzisen Niederschlag in den Kommentierungen. Verfassungsrechtliche Klassiker wie der Gewaltbegriff des Nötigungstatbestands finden sich ebenso genau erläutert wie durch Gesetzesreformen entstandene Problemkomplexe, etwa die Konkurrenzverhältnisse innerhalb der Brandstiftungsdelikte. Abgerundet werden viele Erläuterungen durch praktische Hinweise oder eigene Stellungnahmen. Solche Kleinigkeiten machen einen Kommentar wertvoll.

Zu den Kommentierungen im Detail: Sehr erfreulich sind die Ausführungen zu den straßenverkehrsrechtlichen Tatbeständen, die Bücken als erfahrener Verkehrsrechtler mit dem richtigen Gespür für Pointierungen, etwa bei der BAK-Bestimmung oder dem Vorsatz bei der Unfallflucht, liefert. Dass dann wieder zwei Wissenschaftler die korrelierende und stets hoch umkämpfte Fahrerlaubnisentziehung kommentieren und nicht ein Praktiker, manifestiert meinen Zweifel an der schon anfangs gerügten Komposition des Werks. Des Weiteren überzeugt hat mich die präzise und rechtsgebietsübergreifende Darstellung von Szesny zu den Umweltstraftaten, insbesondere wie korrekt er die vorhandenen Beweisschwierigkeiten in der Praxis hervorhebt oder auch Hinweise zur zivilrechtlichen Deliktshaftung gibt. Ebenfalls ein Highlight sind die Kommentierungen von Kilian und Möhlenbeck zum Maßregelvollzugsrecht sowie zur Sicherungsverwahrung. Hier hätte ich mir zwar viel mehr Ausführungen zu den Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern samt Anhörungs- und Begutachtungsmöglichkeiten gewünscht, ebenso mehr Querkommentierungen zu den korrelierenden Normen der StPO, aber das hätte vielleicht den Rahmen gesprengt, sodass die hier gegebenen grundlegenden Informationen ausreichen (müssen). Gelungen sind in jedem Fall die vielen Verknüpfungen zur nicht mehr hinweg zu denkenden Rechtsprechung des EGMR. Nachdrücklich möchte ich dem strafrechtlich tätigen Praktiker die Lektüre der Kommentierungen von Trüg zur Strafaussetzung zur Bewährung ans Herz legen. Nicht nur klassische Fragestellungen wie der Inhalt und der Umfang der Prognoseentscheidung sowohl bei Strafaussetzung zur Bewährung als auch bei Widerruf derselben, sondern auch Detailprobleme wie die nachträgliche Änderung von Auflagen zum Nachteil des Betroffenen werden ausführlich und mit dem passenden Blick auf Gegenargumente aufbereitet. Zuletzt hinweisen möchte ich noch auf die Kommentierungen der §§ 284 ff. StGB. Diese werden von Putzke kommentiert, einem der derzeit meiner Meinung nach besten strafrechtlichen Autoren. Natürlich sind Tatbestände wie die Jagdwilderei oder die Vollstreckungsverstöße undankbar, aber die Ausführungen überzeugen auf ganzer Linie und lassen auf größere Aufgaben für den Autor hoffen.

Was bleibt als Fazit? Mit diesem Kommentar kann man zielgerichtet und sinnvoll arbeiten und die Benutzung macht Spaß, weil man präzise Antworten auf eine Vielzahl von Fragestellungen findet. Trotzdem hätte ich mir von einem Anwaltkommentar eine andere Aufmachung, noch mehr als die durchaus schon vorhandenen verfahrensrechtlichen Tipps und vor allem eine stärkere Fokussierung auf die Praxis, d.h. die im Prozess einzig relevante Rechtsprechung gewünscht und nicht den klassischen Showdown zwischen h.L. und BGH. Der Kommentar wird sicherlich ein beliebtes Komplementärwerk werden, fraglich bleibt aber, ob er Platzhirsche wie Fischer, Schönke/Schröder oder den BeckOnlineKommentar zum StGB ausstechen kann.

geschrieben am 05.02.2011 | 718 Wörter | 4750 Zeichen

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