ISBN | 3811441279 | |
Autor | Ingo-Michael Groß | |
Verlag | Müller (C.F.jur) Heidelberg | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 586 | |
Erscheinungsjahr | 2014 | |
Extras | - |
Das seit der 10. Auflage nur noch von Groß bearbeitete Standardwerk zum Kostenhilferecht führt ihn in der neu vorliegenden 12. Auflage auch als einzigen Herausgeber. Knapp 600 Seiten und ein zum Start der Reform am 01.01.2014 Online-Service mit den aktuellen Verordnungstexten erwarten den Leser. Neben der genannten Reform war die weiterhin zahlreich ergangene Rechtsprechung in die Neuauflage einzuarbeiten.
Die Gestaltung des Kommentars ist simpel, dennoch effektiv. Der Fließtext ist mit Hervorhebungen in Fettdruck reich bestückt. Vereinzelt werden Literaturbeispiele leicht abgesetzt in den Text eingefügt, um eine Diskussion zu präsentieren. Im Übrigen werden Fundstellen leider auch direkt im Text platziert, anstatt lesefreundliche echte Fußnoten zu benutzen. Graphische Besonderheiten sucht man vergeblich. Inhaltsverzeichnisse und Stichwortverzeichnis sind jeweils angemessen umfangreich.
Nun ein prüfender Blick ins Werk, insbesondere zur Rezeption der Gesetzesreform. Neben erläuternden und klaren Worten zur Reform des BerHG an sich (S. 10 f.) kann sich der Leser zunächst ausführlich in § 1 BerHG zum Anwendungsbereich des Gesetzes informieren, darunter, was man unter „Wahrnehmung von Rechten“ überhaupt zu verstehen hat (S. 17) oder wie der derzeitige Diskussionsstand zur Anrechnung von Prozesskostenvorschussansprüchen aussieht (S. 28; vgl. auch später im PKH-Verfahren S. 201 ff.). Die Auflistung, welche Beratungsmöglichkeiten als andere Hilfsmöglichkeiten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG gelten können (z.B. Mitgliedschaft in Automobilclubs oder in Interessenverbänden; S. 32 ff.) ist wie schon bisher sehr diversifiziert ausgefallen. Der neu eingeführte Begriff der Mutwilligkeit wird sowohl von der Genese her wie auch im Licht der möglichen Auslegung samt denkbaren Fallgruppen aufbereitet (S. 43 ff.). Auch die Erläuterung der Erforderlichkeit nach § 2 BerHG stellt korrekt auf die Einzelfallprüfung ab (S. 56). Wissen muss man als Leser, dass die ausführliche Aufbereitung einzelner Problemkonstellationen nicht in der Kommentierung zum BerHG zu finden ist, sondern in der anschließenden Kommentierung des RVG. Dies betrifft zum Beispiel die Frage, ob man trotz Erteilung nur eines Beratungshilfescheines mehrere Angelegenheiten abrechnen kann. Diese erstinstanzlich immer wieder erstaunlich uneinheitlich aufgegriffene Frage wird in den Erläuterungen zu § 44 RVG exakt beantwortet (S. 425 ff.), sodass man sich an den betroffenen Stellen im BerHG (z.B. in § 4, S. 74/75) doch einen Querverweis gewünscht hätte.
Einziger „Schwachpunkt“ der Kommentierung ist meiner Ansicht nach die etwas engstirnige Festlegung in § 6 BerHG auf eine von zwei derzeit gängigen Auslegungsvarianten für die Frage der nachträglichen Antragsstellung. Es mag ja sein, dass Groß der restriktiven Alternative nicht zugeneigt ist (also diejenige, die ein Ausfüllen des Antragsformulars in der Regel vor Beginn der Tätigkeit des Anwalts verlangt, vgl. zur Diskussion S. 84), aber dem rechtsanwenden und vielmehr noch dem rechtsberatenden Leser des Kommentars hilft diese Ansicht nichts, wenn das entscheidende Gericht der Ansicht von Groß nicht folgen will. Besser wäre es gewesen, beide Ansichten als existierend gegenüberzustellen und für die eine wie die andere Variante die Beratungssituation mit entsprechend nötigen Belehrungen des Mandanten anzusprechen (immerhin läuft dieser Gefahr, ohne Bewilligung die anfallende Gebühr voll tragen zu müssen).
Nach kurzen Ausflügen in die BRAO und das RPflG wird die PKH umfangreich kommentiert. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Abgrenzung der PKH zur VKH, aber auch die anderen Standardabgrenzungen, etwa zum Insolvenzverfahren. Auch hier wird die Mutwilligkeit gut in die bisherige Kommentierung integriert (S. 162 ff.). Berechnungen des anzusetzenden Einkommens werden dank der übersichtlichen Aufzählung der denkbaren Positionen samt Rechtsprechung hierzu in angemessener Zeit lösbar. Neuregelungen wie zum Mehrbedarf (S. 193 ff.) werden unter entsprechendem Rückgriff auf die sozialrechtlichen Normen instruktiv erläutert. Zum neu geschaffenen § 120a ZPO wurden die Mitwirkungspflichten des Antragstellers pragmatisch zusammengefasst (S. 280). Auch sonst werden wichtige Details des Prozessalltags souverän angesprochen und stimmige Lösungswege aufgezeigt. Dies sieht man zum Beispiel an der Frage der Beweisantizipation (S. 156), bei der Bewilligung von PKH im Prüfungsverfahren selbst (S. 149) oder auch an der Frage nach der Pflicht der Versicherung zur Bezahlung eines Anwalts für den mitverklagten Versicherungsnehmer im Haftungsprozess (S. 166).
Die VKH schließlich, die vor der Kommentierung des RVG eingeschoben wurde, wird instruktiv, aber recht schlank kommentiert, was angesichts der zahlreichen Rückbezüge auf die ZPO und das PKH-System gerechtfertigt ist.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die bereits erwähnte Kommentierung des RVG. Hier werden Inhalt und Umfang des Vergütungsanspruchs des Rechtsanwaltes nicht nur differenziert, sondern auch gut nachvollziehbar erarbeitet, sodass man für die „Auseinandersetzung“ mit dem Rechtspfleger gut gerüstet ist. Teilweise werden Neuerungen im BerHG mit erwähnt (so z.B. zur Vergütungsvereinbarung bzw. zum Erfolgshonorar in § 8 BerHG, S. 96), worauf in einem Querverweis in § 44 RVG aufmerksam gemacht wird.
Insgesamt ist der Groß nach wie vor eine sichere Bank für die Bearbeitung kostenhilferechtlicher Sachverhalte und Mandate. Neben den ausführlichen Kommentierungen überzeugen mich vor allem die immer wieder eingeschobenen Bewertungen der Gesetzeslage. Abgesehen von vereinzelten Aspekten wie dem „nachträglichen“ Beratungshilfeantrag ist das Werk damit ein zuverlässiger Begleiter im Rechtsalltag und weiterhin mit Nachdruck zu empfehlen.
geschrieben am 02.01.2014 | 791 Wörter | 5056 Zeichen
Kommentare zur Rezension (0)
Platz für Anregungen und Ergänzungen