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Unterbringungsrecht in der Praxis


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Unterbringungsrecht in der Praxis Das Unterbringungsrecht ist nicht auf ein Rechtsgebiet begrenzt, sondern findet sich im Zivilrecht, im öffentlichen Recht und im Strafrecht, mitunter mit inhaltlichen Überschneidungen, wenn es um die Unterbringung wegen der Gefährdung Dritter geht. Allerdings ist der forensische Alltag geprägt von betreuungsrechtlichen und sonstigen familienrechtlichen Vorgängen, für die es einer richterlichen Entscheidung bedarf. Konsequenterweise stellen diese Bereiche auch den Schwerpunkt des Buches dar. Der Autor Engelfried ist Richter am Amtsgericht in Hamburg und ist damit gewissermaßen mitten im Geschehen verortet. Gleich zu Beginn setzt der Autor ein schönes Ausrufezeichen, indem er die an der Unterbringung beteiligten Personen, Juristen, Mediziner und soziale Berufe, zur Räson ruft und zur Zusammenarbeit für den Menschen hinter der Entscheidung auffordert. Man kann diesen Aspekt gar nicht oft genug betonen, gerade wenn man als Betreuungsrichter schon zu Entscheidungen über freiheitsbeschränkende Maßnahmen aufgefordert wurde, die schlicht der Personalknappheit geschuldet waren, nicht aber der ernsthaften Gefährdung des Patienten. Die ersten 200 Seiten widmet der Autor dann der Beschreibung der verschiedenen Themen, also den materiell-rechtlichen Grundlagen, den verfahrensrechtlichen Aspekten, der Systematik der Eilanträge, aber am Ende abrundend auch der strafrechtlichen Unterbringung und solcher nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Kapitel beschränken sich dabei nicht auf Erläuterungen im Fließtext, sondern der Leser erhält Checklisten und Formulierungsvorschläge, Praxistipps und Beispiele. Zudem werden relevante Normen im Volltext abgedruckt. Im Weiteren finden sich ausgewählte Beschlüssen zur konkreten Erläuterung relevanter Situationen, allerlei Zahlenmaterial und noch einige Rechtsnormen. Schon aus dieser Zusammenstellung wird klar, dass der Fokus des Buches keineswegs nur auf Volljuristen gerichtet ist, sondern auch andere Berufsgruppen mit diesem Werk (rechtssicher) arbeiten sollen. Darüber hinaus werden Themen auch konsequent zu Ende geführt, etwa wenn es um das Ende der betreuungsrechtlichen Unterbringung geht. Wer entscheidet was und was ist in puncto Nachsorge zu berücksichtigen? (S. 110) Ein Buch, das den Leser so weit organisatorisch begleitet, hat – meines Erachtens – genau den richtigen Ansatz. Denn auch Juristen stehen bisweilen vor dem Dilemma, dass sie in die Folgefragen ihrer Entscheidungen nicht eingebunden sind und sich dann bei Nachfragen von Angehörigen allenfalls nebulös äußern können. Schließlich zeigt sich der überdisziplinäre Impetus des Werks auch daran, dass der Autor keine verklausulierte Sprache verwendet, sondern problematische Aspekte aufgreift, die verschiedenen Meinungen abbildet und dann eine eigene Meinung postuliert. Schön zu sehen ist dies etwa bei der Frage der Zwangsmedikation, ein virulentes Thema im Rahmen der Unterbringung (S. 44 ff.). Die rechtliche Lage wird klar strukturiert, die Einschätzung der Mediziner widergegeben, aber am Ende betont Engelfried zu Recht, dass ein „Recht auf Krankheit“ auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein dürfte. Auch die Herausarbeitung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (S. 55) sowie das Zusammenspiel mit dem neu geregelten Behandlungsvertrag im BGB (S. 57) ist gelungen. Natürlich habe ich mir als Familienrichter die Unterbringung nach § 1631b BGB genauer angesehen. Auch hier spricht der Autor zu Beginn klare Worte: jugendstrafrechtliche Aspekte haben bei der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen rein gar nichts zu suchen. Richtig so. (S. 159). Des Weiteren wird die im Sinne des Bestimmtheitsgrundsatzes durchaus verbesserungsbedürftige Struktur der Norm herausgearbeitet, auch wenn im Zusammenspiel mit § 1666 BGB im Alltag brauchbare Ergebnisse zu Tage gefördert werden. Außerdem weist Engelfried richtigerweise auf das Spannungsfeld zwischen Jugendamt und sorgeberechtigten Eltern hin, wenn Uneinigkeit über die Frage der Unterbringung besteht. Hier werden nicht selten Anträge und Verfahren auf den Weg gebracht, die hinsichtlich des Sorgerechts über das Ziel hinausschießen, sodass alle Beteiligten gut daran täten, sich auf ihre Kernkompetenzen zu beschränken und das Kind im alleinigen Fokus zu behalten. Weiterhin gut gefallen hat mir die kritische Rezeption der Rechtsprechung des BGH zur Frage, ob unterbringungsähnliche Maßnahmen unter § 1631b BGB zu subsumieren sind oder nicht (S. 172), und der damit einhergehende Ausblick auf derzeitige Tendenzen des Gesetzgebers in der Frage. Ich kann selten von einem juristischen Fachbuch (außerhalb des Bußgeldrechts) sagen, dass ich es mit Begeisterung gelesen habe, aber in diesem Werk habe ich richtig gerne geschmökert. Es ist gerade kein Kommentar, sondern ein meinungsstarkes, problemorientiertes Buch für die Praxis, deren Vertreter eben nicht nur aus Juristen bestehen. Der Amtsrichter ist am ehesten nahe am Menschen, also muss er auch deren Probleme erkennen und richtig behandeln. Das Werk von Engelfried offeriert dafür - jedenfalls was das Betreuungsrecht angeht - viele wichtige und pragmatische Ansätze und führt zu den richtigen Fragestellungen für alle Beteiligten des Verfahrens. Insoweit eine klare Lektüreempfehlung.

Das Unterbringungsrecht ist nicht auf ein Rechtsgebiet begrenzt, sondern findet sich im Zivilrecht, im öffentlichen Recht und im Strafrecht, mitunter mit inhaltlichen Überschneidungen, wenn es um die Unterbringung wegen der Gefährdung Dritter geht. Allerdings ist der forensische Alltag geprägt von betreuungsrechtlichen und sonstigen familienrechtlichen Vorgängen, für die es einer richterlichen Entscheidung bedarf. Konsequenterweise stellen diese Bereiche auch den Schwerpunkt des Buches dar. Der Autor Engelfried ist Richter am Amtsgericht in Hamburg und ist damit gewissermaßen mitten im Geschehen verortet.

weitere Rezensionen von Dr. Benjamin Krenberger


Gleich zu Beginn setzt der Autor ein schönes Ausrufezeichen, indem er die an der Unterbringung beteiligten Personen, Juristen, Mediziner und soziale Berufe, zur Räson ruft und zur Zusammenarbeit für den Menschen hinter der Entscheidung auffordert. Man kann diesen Aspekt gar nicht oft genug betonen, gerade wenn man als Betreuungsrichter schon zu Entscheidungen über freiheitsbeschränkende Maßnahmen aufgefordert wurde, die schlicht der Personalknappheit geschuldet waren, nicht aber der ernsthaften Gefährdung des Patienten.

Die ersten 200 Seiten widmet der Autor dann der Beschreibung der verschiedenen Themen, also den materiell-rechtlichen Grundlagen, den verfahrensrechtlichen Aspekten, der Systematik der Eilanträge, aber am Ende abrundend auch der strafrechtlichen Unterbringung und solcher nach dem Infektionsschutzgesetz. Die Kapitel beschränken sich dabei nicht auf Erläuterungen im Fließtext, sondern der Leser erhält Checklisten und Formulierungsvorschläge, Praxistipps und Beispiele. Zudem werden relevante Normen im Volltext abgedruckt. Im Weiteren finden sich ausgewählte Beschlüssen zur konkreten Erläuterung relevanter Situationen, allerlei Zahlenmaterial und noch einige Rechtsnormen. Schon aus dieser Zusammenstellung wird klar, dass der Fokus des Buches keineswegs nur auf Volljuristen gerichtet ist, sondern auch andere Berufsgruppen mit diesem Werk (rechtssicher) arbeiten sollen.

Darüber hinaus werden Themen auch konsequent zu Ende geführt, etwa wenn es um das Ende der betreuungsrechtlichen Unterbringung geht. Wer entscheidet was und was ist in puncto Nachsorge zu berücksichtigen? (S. 110) Ein Buch, das den Leser so weit organisatorisch begleitet, hat – meines Erachtens – genau den richtigen Ansatz. Denn auch Juristen stehen bisweilen vor dem Dilemma, dass sie in die Folgefragen ihrer Entscheidungen nicht eingebunden sind und sich dann bei Nachfragen von Angehörigen allenfalls nebulös äußern können.

Schließlich zeigt sich der überdisziplinäre Impetus des Werks auch daran, dass der Autor keine verklausulierte Sprache verwendet, sondern problematische Aspekte aufgreift, die verschiedenen Meinungen abbildet und dann eine eigene Meinung postuliert. Schön zu sehen ist dies etwa bei der Frage der Zwangsmedikation, ein virulentes Thema im Rahmen der Unterbringung (S. 44 ff.). Die rechtliche Lage wird klar strukturiert, die Einschätzung der Mediziner widergegeben, aber am Ende betont Engelfried zu Recht, dass ein „Recht auf Krankheit“ auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein dürfte. Auch die Herausarbeitung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (S. 55) sowie das Zusammenspiel mit dem neu geregelten Behandlungsvertrag im BGB (S. 57) ist gelungen.

Natürlich habe ich mir als Familienrichter die Unterbringung nach § 1631b BGB genauer angesehen. Auch hier spricht der Autor zu Beginn klare Worte: jugendstrafrechtliche Aspekte haben bei der Unterbringung von Kindern und Jugendlichen rein gar nichts zu suchen. Richtig so. (S. 159). Des Weiteren wird die im Sinne des Bestimmtheitsgrundsatzes durchaus verbesserungsbedürftige Struktur der Norm herausgearbeitet, auch wenn im Zusammenspiel mit § 1666 BGB im Alltag brauchbare Ergebnisse zu Tage gefördert werden. Außerdem weist Engelfried richtigerweise auf das Spannungsfeld zwischen Jugendamt und sorgeberechtigten Eltern hin, wenn Uneinigkeit über die Frage der Unterbringung besteht. Hier werden nicht selten Anträge und Verfahren auf den Weg gebracht, die hinsichtlich des Sorgerechts über das Ziel hinausschießen, sodass alle Beteiligten gut daran täten, sich auf ihre Kernkompetenzen zu beschränken und das Kind im alleinigen Fokus zu behalten. Weiterhin gut gefallen hat mir die kritische Rezeption der Rechtsprechung des BGH zur Frage, ob unterbringungsähnliche Maßnahmen unter § 1631b BGB zu subsumieren sind oder nicht (S. 172), und der damit einhergehende Ausblick auf derzeitige Tendenzen des Gesetzgebers in der Frage.

Ich kann selten von einem juristischen Fachbuch (außerhalb des Bußgeldrechts) sagen, dass ich es mit Begeisterung gelesen habe, aber in diesem Werk habe ich richtig gerne geschmökert. Es ist gerade kein Kommentar, sondern ein meinungsstarkes, problemorientiertes Buch für die Praxis, deren Vertreter eben nicht nur aus Juristen bestehen. Der Amtsrichter ist am ehesten nahe am Menschen, also muss er auch deren Probleme erkennen und richtig behandeln. Das Werk von Engelfried offeriert dafür - jedenfalls was das Betreuungsrecht angeht - viele wichtige und pragmatische Ansätze und führt zu den richtigen Fragestellungen für alle Beteiligten des Verfahrens. Insoweit eine klare Lektüreempfehlung.

geschrieben am 29.03.2017 | 710 Wörter | 4519 Zeichen

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