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Wirtschaftspopulismus – Die Instrumentalisierung von Arbeitslosigkeit in Wahlkämpfen


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Rezension von

Gérard Bökenkamp

Wirtschaftspopulismus – Die Instrumentalisierung von Arbeitslosigkeit in Wahlkämpfen Wirtschaft ist ein kompliziertes Thema. Zu kompliziert, um es einer medialen Öffentlichkeit in allen Facetten darzustellen. Die Darstellung der Probleme und Lösungen setzt also einen gewissen Grad von Simplifizierung voraus. Aber wo liegt die Grenze zwischen der legitimen Reduktion von Komplexität und dem Bemühen verständlich zu sein und dem opportunistischen Spiel mit Ängsten und Hoffnungen, die man als Populismus bezeichnet? Folgen wir Andreas Bachmeiers Darstellung in seinem Buch „Wirtschaftspopulismus“ war die letzte Dekade der Bundesrepublik nicht gerade eine Glanzzeit politischer Kultur und aufgeklärter Öffentlichkeit. Bachmeier analysiert die Bundestagswahlkämpfe 1994, 1998 und 2002 und kommt zu dem Ergebnis, das bei diesen Bundestagswahlen das Thema Arbeitslosigkeit eine vorher nicht erreichte Bedeutung zukam. Ja der Wahlkampf 1998, der zur Abwahl Helmut Kohls führte war gerade zu ein „Plebiszit“ über die Arbeitslosigkeit in Deutschland. Medien und Meinungsumfragen hatten, wie wohl nicht anders zu erwarten, einen nicht zu unterschätzenden Anteil bei der Festlegung der wirtschaftspolitischen Agenda, sie sind nach Bachmeier „ Teil des wirtschaftspopulistischen Politikbetriebes.“ Kennzeichnend für den Wirtschaftspopulismus ist die Schizophrenie der Argumentation. Auf der einen Seite werden Reformen, also Veränderungen versprochen, auf der anderen Seite sollen sich diese ohne Zumutungen vollziehen. Symbole sind für die Wahlentscheidungen wichtiger als schlüssige Konzepte. Von großer Bedeutung für die öffentliche Wahrnehmung sind z. B. symbolische Grenzen. So unternahm die Regierung Kohl 1998 jede erdenkbare Anstrengung um die Zahl der Arbeitslosen auf unter vier Millionen zu drücken. Die Zahl vor dem Komma hat für die Chance der Wiederwahl offensichtlich größere Bedeutung als die langfristige Perspektive. So verwundert es nicht, dass die Ankündigungen in Wahlkämpfen für die Wirtschaftspolitik nach der Wahl kaum Bedeutung zu kommt. Im Wahlkampf 1994 scheiterte die SPD an ihrem Kandidaten Rudolf Scharping und dem Umstand, das ein plötzlicher Wirtschaftsaufschwung ihre Wahlkampfstrategie die Regierung auf dem Feld der Beschäftigungspolitik anzugreifen ins Leere laufen ließ. Die Union versprach neue Arbeitsplätze durch Wirtschaftswachstum zu schaffen, bei der SPD spielte Wachstum in der Argumentation keine herausragende Rolle, ohne jedoch selbst eine konkrete Alternative zur Politik der Bundesregierung anbieten zu können. 1998 waren die Vorzeichen für den Arbeitsmarkt ungünstiger, aber für die oppositionelle SPD und ihren Kandidaten Gerhard Schröder gerade aus diesem Grund günstiger. Noch nie zuvor war das Thema Arbeitslosigkeit von so vielen Bundesbürgern als wichtigstes Thema genannt. Der Wahlkampf war von Seiten der SPD ein Meisterstück politischer Kampagnenführung. Mit den Begriffen „Innovation und Gerechtigkeit“ gelang es der SPD sowohl für ihre Stammwählern als auch der „Neuen Mitte“ attraktiv zu sein. Mit dem Motiv „16 Jahre sind genug“ und den Versprechen sofort nach der Wahl die Wende auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen, gelang Gerhard Schröder ein fulminanter Wahlerfolg. Im Wahlkampf 2002 setzte Edmund Stoiber wie zuvor Gerhard Schröder primär auf das Thema Arbeitslosigkeit und seinen Kompetenzvorsprung in dieser Frage. Die SPD konterte mit dem Vorwurf der Kandidat der Union wolle die Lage im Land schlecht reden und der Einsetzung der Hartz- Kommission. Den eigentlichen Ausschlag für das Wahlergebnis gab aber diesmal nicht die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, sondern Elbehochwasser und Irak-Krieg. Bachmeiers Studie beweist, was wir irgendwie schon immer wussten, aber vielleicht doch nicht wirklich akzeptieren wollen, nämlich das man als Wähler nicht gut beraten ist, seine Wahlentscheidung von Versprechungen aus der Wahlkampfzeit abhängig zu machen. Die Lektüre der Arbeit trägt dazu bei einem nüchterneren Blick auf das Problem zu gewinnen und bewahrt einen vor falschen Hoffnungen, aber auch überflüssigen Enttäuschungen. Dabei richtet sich die Studie vor allem an Politik- und Kommunikationswissenschaftler und wird wohl vor allem von diesen gelesen werden, obwohl eine breitere Rezeption zur Mündigkeit des Bürgers durchaus beitragen könnte.

Wirtschaft ist ein kompliziertes Thema. Zu kompliziert, um es einer medialen Öffentlichkeit in allen Facetten darzustellen. Die Darstellung der Probleme und Lösungen setzt also einen gewissen Grad von Simplifizierung voraus. Aber wo liegt die Grenze zwischen der legitimen Reduktion von Komplexität und dem Bemühen verständlich zu sein und dem opportunistischen Spiel mit Ängsten und Hoffnungen, die man als Populismus bezeichnet? Folgen wir Andreas Bachmeiers Darstellung in seinem Buch „Wirtschaftspopulismus“ war die letzte Dekade der Bundesrepublik nicht gerade eine Glanzzeit politischer Kultur und aufgeklärter Öffentlichkeit. Bachmeier analysiert die Bundestagswahlkämpfe 1994, 1998 und 2002 und kommt zu dem Ergebnis, das bei diesen Bundestagswahlen das Thema Arbeitslosigkeit eine vorher nicht erreichte Bedeutung zukam. Ja der Wahlkampf 1998, der zur Abwahl Helmut Kohls führte war gerade zu ein „Plebiszit“ über die Arbeitslosigkeit in Deutschland.

Medien und Meinungsumfragen hatten, wie wohl nicht anders zu erwarten, einen nicht zu unterschätzenden Anteil bei der Festlegung der wirtschaftspolitischen Agenda, sie sind nach Bachmeier „ Teil des wirtschaftspopulistischen Politikbetriebes.“ Kennzeichnend für den Wirtschaftspopulismus ist die Schizophrenie der Argumentation. Auf der einen Seite werden Reformen, also Veränderungen versprochen, auf der anderen Seite sollen sich diese ohne Zumutungen vollziehen. Symbole sind für die Wahlentscheidungen wichtiger als schlüssige Konzepte. Von großer Bedeutung für die öffentliche Wahrnehmung sind z. B. symbolische Grenzen. So unternahm die Regierung Kohl 1998 jede erdenkbare Anstrengung um die Zahl der Arbeitslosen auf unter vier Millionen zu drücken. Die Zahl vor dem Komma hat für die Chance der Wiederwahl offensichtlich größere Bedeutung als die langfristige Perspektive. So verwundert es nicht, dass die Ankündigungen in Wahlkämpfen für die Wirtschaftspolitik nach der Wahl kaum Bedeutung zu kommt.

Im Wahlkampf 1994 scheiterte die SPD an ihrem Kandidaten Rudolf Scharping und dem Umstand, das ein plötzlicher Wirtschaftsaufschwung ihre Wahlkampfstrategie die Regierung auf dem Feld der Beschäftigungspolitik anzugreifen ins Leere laufen ließ. Die Union versprach neue Arbeitsplätze durch Wirtschaftswachstum zu schaffen, bei der SPD spielte Wachstum in der Argumentation keine herausragende Rolle, ohne jedoch selbst eine konkrete Alternative zur Politik der Bundesregierung anbieten zu können. 1998 waren die Vorzeichen für den Arbeitsmarkt ungünstiger, aber für die oppositionelle SPD und ihren Kandidaten Gerhard Schröder gerade aus diesem Grund günstiger. Noch nie zuvor war das Thema Arbeitslosigkeit von so vielen Bundesbürgern als wichtigstes Thema genannt. Der Wahlkampf war von Seiten der SPD ein Meisterstück politischer Kampagnenführung. Mit den Begriffen „Innovation und Gerechtigkeit“ gelang es der SPD sowohl für ihre Stammwählern als auch der „Neuen Mitte“ attraktiv zu sein. Mit dem Motiv „16 Jahre sind genug“ und den Versprechen sofort nach der Wahl die Wende auf dem Arbeitsmarkt herbeizuführen, gelang Gerhard Schröder ein fulminanter Wahlerfolg. Im Wahlkampf 2002 setzte Edmund Stoiber wie zuvor Gerhard Schröder primär auf das Thema Arbeitslosigkeit und seinen Kompetenzvorsprung in dieser Frage. Die SPD konterte mit dem Vorwurf der Kandidat der Union wolle die Lage im Land schlecht reden und der Einsetzung der Hartz- Kommission. Den eigentlichen Ausschlag für das Wahlergebnis gab aber diesmal nicht die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, sondern Elbehochwasser und Irak-Krieg.

Bachmeiers Studie beweist, was wir irgendwie schon immer wussten, aber vielleicht doch nicht wirklich akzeptieren wollen, nämlich das man als Wähler nicht gut beraten ist, seine Wahlentscheidung von Versprechungen aus der Wahlkampfzeit abhängig zu machen. Die Lektüre der Arbeit trägt dazu bei einem nüchterneren Blick auf das Problem zu gewinnen und bewahrt einen vor falschen Hoffnungen, aber auch überflüssigen Enttäuschungen. Dabei richtet sich die Studie vor allem an Politik- und Kommunikationswissenschaftler und wird wohl vor allem von diesen gelesen werden, obwohl eine breitere Rezeption zur Mündigkeit des Bürgers durchaus beitragen könnte.

geschrieben am 13.03.2007 | 581 Wörter | 3649 Zeichen

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