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Existenzphilosophie - Denkmode oder bleibende Aktualität?


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Rezension von

Matthias Pierre Lubinsky

Existenzphilosophie - Denkmode oder bleibende Aktualität? Der Existentialismus hat in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in ungeheurem Ausmaß für allgemeines Interesse gesorgt. Boulevardzeitungen und Publikumszeitschriften berichteten über Jean-Paul Sartre, Albert Camus und Simone de Beauvoir. Unterstützt wurde der große Erfolg der Existentialisten dadurch, dass sie nicht nur philosophische Schriften verfassten. Man verbindet mit den Genannten heute vielmehr ihre Prosa. Romane wie »Der Fremde« von Camus wurden von Generationen von Studenten gelesen. Die Taschenbuch-Auflagen sind Legende. Ein weiterer Grund für den Erfolg ist das politische Engagement ihrer Protagonisten. Das gipfelte in Deutschland allerdings 1974 in einem absurden Besuch Sartres bei dem RAF-Terroristen Andreas Baader in Stammheim. Kampfgenossen Baaders hatten den greisen Schriftsteller geschickt für ihre Zwecke instrumentalisiert. Sartre regte sich direkt im Anschluss in einer dafür einberufenen Pressekonferenz darüber auf, dass Baader keine Bücher haben dürfe. Sartre war nicht bewusst, dass er sich mit dem Terroristen in einem leeren Besucherraum getroffen hatte; Baader genoss in Wahrheit Sonderrechte wie kaum ein anderer Gefangener, weil der Staat die Hosen voll hatte: Im Hochsicherheitstrakt hatte er seine eigene Bibliothek. Als Existenzphilosophen oder Existentialisten werden Philosophen bezeichnet, die Fragen der menschlichen Existenz in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellen. Sie interessieren nicht vorrangig Fragen nach dem Sein als solchem oder dem Sinn der Welt, sondern vor allem anderen die individuelle Existenz des Menschen. Nach seinem Handlungsspielraum, seinen tatsächlichen Optionen. In ihrem neuen Buch »Existenzphilosophie – Denkmode oder bleibende Aktualität?« fragen Josef Rattner und Gerhard Danzer, wo diese philosophische Richtung herkommt und ob sie uns zukünftig weiterhelfen kann: »Was faszinierte die Menschen an einer Philosophie, die nach der Meinung ihrer Urheber eine strenge Fachdisziplin war? Die Menge ist sensationslüstern, und das Auftreten der Existenzialisten war vom Ruf einer großen Innovation begleitet«, schreiben die beiden Professoren in ihrer Einleitung. Hier wären wir schon beim großen Manko des Buches: Es stellt nicht klar, was es überhaupt will. Titel und Rückentext suggerieren, dass es vor allem fragt, was vom Existentialismus bleiben wird. Was davon ist essentiell und wird die weitere Philosophie beeinflussen? Stattdessen handelt es sich in Wahrheit um eine Einführung in den Existentialismus. Die ersten beiden Kapitel befassen sich mit Kierkegaard und Nietzsche, den beiden Ahnherren dieser Strömung. Die Kapitel führen ein in Person und Werk, geben einen ersten Einstieg und Überblick. Der ist in sich geschlossen, profund und enthält alles Wesentliche. Nur: Es fehlt jegliche Schlussfolgerung. Auch wenn in den späteren Kapiteln, so bei Sartre, Camus und Heidegger, auf gewisse Beeinflussungen und die Perzeption der beiden großen Säulenheiligen eingegangen wird, wäre es hilfreich, wenn bereits bei den beiden sogenannten Erzvätern das spezifisch Existentialistische deutlicher betont worden wäre. Die Beeinflussungen der Jahrzehnte später folgenden Philosophen-Generation erfährt der Leser erst in den diese behandelnden Kapiteln. Quasi als Übergang zu den drei Kapiteln über Sartre, die Beauvoir und Camus dienen die beiden Aufsätze über Martin Heidegger und Karl Jaspers. Auch sie kurz und instruktiv, jedoch nichts Neues enthaltend. Gefallen an dem einführenden Buch tut, dass die Autoren vor eindeutigen Urteilen nicht zurückscheuen. So im Falle Camus’: Lese man Camus’ »bewegendes Buch« »Der Mensch in der Revolte« ohne Vorurteile, könne man sich der grandiosen Argumentation für ein freies Menschentum nicht entziehen. »Man muss den Kopf darüber schütteln, dass Sartre und sein Anhang aus ideologischer Verblendung den Wert dieser Publikation nicht zu schätzen wussten. Für die Stalinisten zeigte sich natürlich, dass Camus im Dienste des kapitalistischen Imperialismus stand. Realiter jedoch hat sch dieser tapfere und kluge Anwalt der Freiheit und Vernunft einen Platz in der Geschichte von Philosophie, Moralistik und Sozialismus verschafft, den ihm niemand streitig machen kann.« Den Charakter einer Einführung unterstreichen das sich auf Wesentliches beschränkende - aber ausreichende - Literaturverzeichnis und das fehlende Namensverzeichnis.

Der Existentialismus hat in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg in ungeheurem Ausmaß für allgemeines Interesse gesorgt. Boulevardzeitungen und Publikumszeitschriften berichteten über Jean-Paul Sartre, Albert Camus und Simone de Beauvoir. Unterstützt wurde der große Erfolg der Existentialisten dadurch, dass sie nicht nur philosophische Schriften verfassten. Man verbindet mit den Genannten heute vielmehr ihre Prosa. Romane wie »Der Fremde« von Camus wurden von Generationen von Studenten gelesen. Die Taschenbuch-Auflagen sind Legende. Ein weiterer Grund für den Erfolg ist das politische Engagement ihrer Protagonisten. Das gipfelte in Deutschland allerdings 1974 in einem absurden Besuch Sartres bei dem RAF-Terroristen Andreas Baader in Stammheim. Kampfgenossen Baaders hatten den greisen Schriftsteller geschickt für ihre Zwecke instrumentalisiert. Sartre regte sich direkt im Anschluss in einer dafür einberufenen Pressekonferenz darüber auf, dass Baader keine Bücher haben dürfe. Sartre war nicht bewusst, dass er sich mit dem Terroristen in einem leeren Besucherraum getroffen hatte; Baader genoss in Wahrheit Sonderrechte wie kaum ein anderer Gefangener, weil der Staat die Hosen voll hatte: Im Hochsicherheitstrakt hatte er seine eigene Bibliothek.

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Als Existenzphilosophen oder Existentialisten werden Philosophen bezeichnet, die Fragen der menschlichen Existenz in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen stellen. Sie interessieren nicht vorrangig Fragen nach dem Sein als solchem oder dem Sinn der Welt, sondern vor allem anderen die individuelle Existenz des Menschen. Nach seinem Handlungsspielraum, seinen tatsächlichen Optionen.

In ihrem neuen Buch »Existenzphilosophie – Denkmode oder bleibende Aktualität?« fragen Josef Rattner und Gerhard Danzer, wo diese philosophische Richtung herkommt und ob sie uns zukünftig weiterhelfen kann: »Was faszinierte die Menschen an einer Philosophie, die nach der Meinung ihrer Urheber eine strenge Fachdisziplin war? Die Menge ist sensationslüstern, und das Auftreten der Existenzialisten war vom Ruf einer großen Innovation begleitet«, schreiben die beiden Professoren in ihrer Einleitung. Hier wären wir schon beim großen Manko des Buches: Es stellt nicht klar, was es überhaupt will. Titel und Rückentext suggerieren, dass es vor allem fragt, was vom Existentialismus bleiben wird. Was davon ist essentiell und wird die weitere Philosophie beeinflussen? Stattdessen handelt es sich in Wahrheit um eine Einführung in den Existentialismus. Die ersten beiden Kapitel befassen sich mit Kierkegaard und Nietzsche, den beiden Ahnherren dieser Strömung. Die Kapitel führen ein in Person und Werk, geben einen ersten Einstieg und Überblick. Der ist in sich geschlossen, profund und enthält alles Wesentliche. Nur: Es fehlt jegliche Schlussfolgerung. Auch wenn in den späteren Kapiteln, so bei Sartre, Camus und Heidegger, auf gewisse Beeinflussungen und die Perzeption der beiden großen Säulenheiligen eingegangen wird, wäre es hilfreich, wenn bereits bei den beiden sogenannten Erzvätern das spezifisch Existentialistische deutlicher betont worden wäre. Die Beeinflussungen der Jahrzehnte später folgenden Philosophen-Generation erfährt der Leser erst in den diese behandelnden Kapiteln.

Quasi als Übergang zu den drei Kapiteln über Sartre, die Beauvoir und Camus dienen die beiden Aufsätze über Martin Heidegger und Karl Jaspers. Auch sie kurz und instruktiv, jedoch nichts Neues enthaltend. Gefallen an dem einführenden Buch tut, dass die Autoren vor eindeutigen Urteilen nicht zurückscheuen. So im Falle Camus’: Lese man Camus’ »bewegendes Buch« »Der Mensch in der Revolte« ohne Vorurteile, könne man sich der grandiosen Argumentation für ein freies Menschentum nicht entziehen. »Man muss den Kopf darüber schütteln, dass Sartre und sein Anhang aus ideologischer Verblendung den Wert dieser Publikation nicht zu schätzen wussten. Für die Stalinisten zeigte sich natürlich, dass Camus im Dienste des kapitalistischen Imperialismus stand. Realiter jedoch hat sch dieser tapfere und kluge Anwalt der Freiheit und Vernunft einen Platz in der Geschichte von Philosophie, Moralistik und Sozialismus verschafft, den ihm niemand streitig machen kann.«

Den Charakter einer Einführung unterstreichen das sich auf Wesentliches beschränkende - aber ausreichende - Literaturverzeichnis und das fehlende Namensverzeichnis.

geschrieben am 29.01.2009 | 597 Wörter | 3766 Zeichen

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