ISBN | 3832944664 | |
Autor | Heribert Ostendorf | |
Verlag | Nomos | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 690 | |
Erscheinungsjahr | 2009 | |
Extras | - |
Wie kaum ein zweiter Autor bietet Ostendorf fĂŒr das Spezialgebiet des Jugendstrafrechts die Möglichkeit durchgehender Begleitung wĂ€hrend der Ausbildung, beginnend mit seinem Lehrbuch zum Jugendstrafrecht und kulminierend in einem beeindruckenden Kommentarwerk. Mittlerweile in achter Auflage erschienen erhĂ€lt der Leser auf knapp 700 Seiten alles Wissenswerte zum Jugendstrafrecht prĂ€sentiert. Bemerkenswert ist die Zusammenstellung des Autorenteams, das ausnahmsweise einmal keinen Rechtsanwalt beinhaltet, sondern durch StaatsanwĂ€lte und Richter einen klaren justiziellen Fokus auf die Materie legt.
Neben den rechtlichen AusfĂŒhrungen scheut der Autor sich nicht, zur aktuellen politischen Behandlung der JugendkriminalitĂ€t Stellung zu nehmen, etwa mit den kritischen Hinweisen auf den hessischen Landtagswahlkampf im Jahr 2008 und die immer wieder plakativen Forderungen nach VerschĂ€rfung des Jugendstrafrechts, sodass der Weg zu einem âvernĂŒnftigenâ Jugendstrafrecht weiter lang bleibt, oder auch mit den Zweifeln an der schleichenden Angleichung des Verfahrensrechts an das Erwachsenenstrafrecht, genannt seien nur die Sicherungsverwahrung und die Möglichkeit der Nebenklage. Neuerungen wie die Entscheidung des BVerfG zur Notwendigkeit eines Jugendstrafvollzuges werden in den dafĂŒr noch vorgesehen Normen des JGG thematisiert und im Ăbrigen auf das Lehrbuch des Autors zum Jugendstrafvollzugsrecht verwiesen. Auch die neu gestĂ€rkte IndividualprĂ€vention als Ziel in § 2 I JGG als Kontrapunkt zu VergeltungsansĂ€tzen oder Abschreckungstheorien wird deutlich herausgehoben und in den praktischen Kontext eingefĂŒgt.
Daneben ĂŒberzeugt der Kommentar wie auch schon in den Vorauflagen durch seine pragmatische und gleichsam prĂ€zise Darstellung der Grundlagen und Details des Jugendstrafrechts, sodass man nicht nur von Berufs wegen, sondern gerade wĂ€hrend der Ausbildung, d.h. im Schwerpunktstudium, wĂ€hrend der Dissertation oder in der Strafstation, regelmĂ€Ăig und zuverlĂ€ssig auf das Werk zurĂŒckgreifen kann. Der Leser kann dabei nicht nur auf die Kommentierungen vertrauen, sondern auch auf einfĂŒhrende ErlĂ€uterungen, die lehrbuchgleich den Weg zur systematischen Rezeption der Materie bereiten. Hierzu genannt seien etwa die AusfĂŒhrungen zum Zusammenhang von Strafe und Erziehung, die Betonung der Einhaltung sozialpĂ€dagogischer Standards bei Trainingskursen und Betreuungsweisungen oder die Kritik am Begriff der âschĂ€dlichen Neigungâ. Auf diese Weise erlernt der Leser den reflektierenden Umgang mit dem Rechtsgebiet, kann die zahlreichen kriminologischen Anhaltspunkte wie Statistiken und Graphiken in seine Ăberlegungen einbeziehen und die rechtspolitischen Ăberlegungen des Autors durchdenken. Innerhalb der Kommentierungen selbst, die dem Leser so ausfĂŒhrlich wie nötig und so kompakt wie möglich die jeweilige Norm aufbereiten, sind Ausbildungsschwerpunkte natĂŒrlich bei den Sanktionen und Weisungen zu finden oder auch beim VerhĂ€ltnis zwischen Straftat und Sanktion. Die ErklĂ€rungen zur BewĂ€hrung und zu deren Widerruf sind lehrreich, aber ebenso die ausfĂŒhrlichen Erörterungen zu wichtigen Verfahrensbestandteilen wie etwa der TĂ€tigkeit der Jugendgerichtshilfe. Klassische Rechtsfragen wie die Einheitsstrafe bei mehreren Delikten, die Bestimmung der jugendstrafrechtlichen GerichtsstĂ€nde, die Kostenentscheidung im Jugendstrafverfahren oder auch die ausnehmend umfangreiche Kommentierung der Möglichkeiten zur Einstellung des Verfahrens werden eingĂ€ngig abgehandelt und verschaffen dem Leser den nötigen Einblick in die problematischen Rechtsfragen. Besondere, innerhalb der Ausbildung nur teilweise angesprochene Probleme wie die Untersuchungshaft bei Jugendlichen, die TĂ€tigkeit des Jugendrichters als Vollstreckungsleiter, etwa bei Unterbringung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, oder auch die DurchfĂŒhrung des Jugendarrests werden in der gebotenen Klarheit thematisiert und auch dem Juristen in Ausbildung rasch verstĂ€ndlich gemacht.
Dieser Kommentar verdient diese Bezeichnung mit vollem Recht: er kommentiert das Recht, nicht nur durch die Darstellung der rechtlichen Lage, sondern auch durch die kritische EinschĂ€tzung des tatsĂ€chlichen und politischen Umfelds sowie der historisch nachvollziehbaren Genese der einzelnen Vorschriften. Man kann durchaus behaupten, dass der Ansatz dieses Kommentars dem Leser ein besseres, vollkommeneres Bild der Materie verschafft, als wenn er sich lediglich von der rein rechtlichen Seite dem Jugendstrafrecht nĂ€hern wĂŒrde. Diesen Kommentar muss man also zur LektĂŒre regelrecht nutzen, nicht nur zum bloĂen Nachschlagen. Es lohnt sich!
geschrieben am 11.01.2010 | 586 Wörter | 4073 Zeichen
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