ISBN | 3886806766 | |
Autor | David S. Landes | |
Verlag | Siedler | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 400 | |
Erscheinungsjahr | 2006 | |
Extras | - |
David Landes hat in diesem Sammelband diverse Artikel und Materialien über Familiendynastien, die sich im Laufe der Zeit wohl bei ihm angesammelt haben mögen, zusammengestellt, mit einem griffigen Titel versehen und versucht, sie auf einen theoretischen Nenner zu bringen.
In seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe behauptet er, daß Familienunternehmen gerade für Volkswirtschaften unentbehrlich seien, die schnell wachsen und einen Rückstand aufzuholen haben. Nur Familien und außergewöhnliche Einzelkämpfer würden die Mischung aus Kapital, Vertrauen, Wissen und Kreativität aufbringen, die zu den ersten Erfolgen führt. Tatsächlich sind die übergroße Mehrheit aller Firmen in der Welt auch heute noch Familienbetriebe, insbesondere bei den Neugründungen.
Landes wehrt sich wortreich gegen die seiner Ansicht nach derzeit vorherrschende volkswirtschaftliche Lehre, nach der Familienunternehmen ineffizient und unzeitgemäß seien und von managergeführten Firmengruppen oder Aktiengesellschaften grundsätzlich übertroffen werden.
Um seine etwas vage formulierten Thesen am Material zu belegen, hätte er es sicher stärker in eine systematische Analyse überführen und anders gliedern müssen. Landes hat sich aber – ähnlich wie schon in seinem Bestseller „Wohlstand und Armut der Nationen“ - für eine Aneinanderreihung exemplarischer kollektivbiographischer Skizzen entschieden, wodurch er allerdings jede Familiendynastie in ihrer je individuellen Entwicklung würdigen kann. Eine grobe Gliederung nach Branchenzugehörigkeit hat er immerhin vorgenommen. So erfährt man auf dem Gebiet des Bankenwesens etwas über die Barings, die Rothschilds und die Morgans, auf dem der Autoindustrie folgen Abrisse über die Fords, die Agnellis, die französischen Autobauerdynastien Peugeot, Renault und Citröen sowie die japanischen Toyodas und schließlich endet das Buch mit vier Familien, die durch Rohstoffe reich geworden sind: die Rockefellers, die Guggenheims, die Schlumbergers und die Wendels.
Diese Einzelskizzen ermüden z.T. durch lange Aufzählungen dynastischer Verbindungen und Verwicklungen. Mitunter steht auch das Aufzählen mehr oder weniger unterhaltsamer Anekdötchen zu sehr im Vordergrund, wo man lieber noch mehr über die Ursachen und Begleitumstände des Erfolges erfahren hätte.
Auffällig ist, daß die viele der behandelten Unternehmen, besonders die Banken, durch den Krieg und damit zusammenhängende Geschäfte mit dem Staat groß geworden sind. Die Barings wurden durch Kriegsfinanzierung für die britische Regierung reich, die Rothschilds auf ähnliche Weise, zunächst als Verwalter des kurhessischen Vermögens, dann als Kriegsfinanzierer der Briten gegen Napoleon und schließlich als Finanziers vieler postnapoleonischer monarchischer Regime. Auch bei den Autobauern, insbesondere den Agnellis und Toyodas, fällt die enge Verbindung mit den wechselnden Regierungen und die tw. existienzielle Abhängigkeit von staatlichen Aufträgen ins Auge.
Die meisten der vorgestellten Familien haben heute nur noch minimalen oder gar keinen Einfluß mehr auf das ursprüngliche Familienunternehmen, meist haben nun importierte Manager das Sagen. Am Beispiel der Konkurrenten Ford und General Motors (einer der besten Beiträge in dem Band) ließe sich die Behauptung von Landes, daß Familienunternehmen zumindest am Anfang besser funktionierten, als managergeführte Unternehmen, auch noch einmal hinterfragen. Wie groß ist sie also wirklich, die „Macht der Familie“? Sollte man nicht eher von der Macht des Vertrauens, des Gemeinschaftsgefühls, der Bereitschaft, Opfer zu bringen, reden – eine Macht, die auch von Wahlverwandten gebildet und ausgeübt werden kann, mitunter sogar erfolgreicher, als in manch zerstrittenen Familiendynastien.
Fazit: Man legt Landes Buch nicht unbelehrt aus der Hand, richtig befriedigt läßt es einen aber auch nicht zurück.
geschrieben am 27.12.2006 | 513 Wörter | 3401 Zeichen
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