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Am Anfang waren die Frauen - Ursprungsmythen von den Amazonen bis zur Jungfrau Maria


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Rezension von

Hiram Kümper

Am Anfang waren die Frauen - Ursprungsmythen von den Amazonen bis zur Jungfrau Maria „Kunstvoll komponiert“ nennt der Klappentext diesen wissenschaftlichen Essay des amerikanischen Mediävisten Patrick J. Geary, der nun seit kurzem in einer ansprechend gestalteten deutschen Übersetzung vorliegt. Der Vf. geht dabei zurück an den Ursprung der Völker Europas und Kleinasiens, wie er im kollektiven, mythischen Gedächtnis jener Völker weiter getragen wurde. Das mag zunächst verwundern, ist Geary doch hierzulande vor allem einmal als Frühmittelalterforscher bekannt. „An der Yale University“, so reflektiert der Vf. zu Anfang seinen Ausflug über die engen Fachgrenzen seiner Profession, die für ihn keine wirklichen Grenzen sind, „hatte ich gelernt, Mediävist zu sein, doch meine Jahre an der Fakultät in Princeton […] haben mir den Großteil dessen beigebracht, was es für mich heißt, Historiker zu sein.“ So ganz verwunderlich ist der vermeintliche fachliche Seitensprung dann auch doch nicht, denn den „myth of nations“ hat sich der Vf. in den vergangen Jahren immer wieder mit einer Reihe von einschlägigen Arbeiten gewidmet und auch die mittlerweile bereits in zweiter Auflage erschienene deutsche Übersetzung seines so betitelten Standardwerkes erfreut sich großer Beliebtheit. Diesmal jedenfalls stehen explizit die großen Frauen- und Muttergestalten im Mittelpunkt der Betrachtung, die ja nicht von ungefähr auch am Anfang der christlichen Erzählwelt stehen. Aber Geary handelt nicht nur von Eva und Maria. Wir hören auch von Gambara, der Mutter der Langobarden, oder von Libuše, auf die sich die böhmischen Herzöge zurückführten. Sie entstammte einem Volk, deren Frauen – wie der böhmische Chronist Cosma berichtet – gemeinsam mit den Männern in den Krieg zogen, ihre Männer selbst wählten und sich auch in der Kleidung nicht von den Männern unterschieden. Nicht nur von solch literarischen Vergleichen, auch von unmittelbaren Rekursen auf die Abstammungen vom mythischen Kriegerinnenvolk der Amazonen weiß Geary zu berichten, sondern auch von der Verquickung solcher vorchristlichen Erzähltraditionen mit dem christlichen Weltbild des europäischen Mittelalters und vielen anderen, bemerkenswerten Dimensionen der erzählerischen Identitätsstiftung. Kenntnis- und materialreich führt er den Leser ebenso durch klassische Antike und Frühchristentum wie durch die Überlieferung slawischer Völker. Wer sich von dem schmalen Bändchen mitreißen lassen will in die Untiefen der Wissenschaft, der findet nicht nur einige knappe Hinweise auf die neuere Literaturlage, sondern auch einen umfangreichen Anmerkungsapparat einschließlich sämtlicher Quellennachweise und sogar ein für die Gattung gänzlich untypisches, in solchem Falle aber hochwillkommenes Personenregister. Wer das nicht will, wird dankenswerterweise nicht vom in die Anhänge verbannten Ballast der Elfenbeintürme beschwert, und hat noch immer eine Lektüre vor sich, die nicht nur füglich bildet, sondern vor allem auch ungemein spannend ist; und obendrein – am Ende gelangen wir notwendig wieder zum Klappentext – in der Tat ausgesprochen kunstvoll komponiert.

„Kunstvoll komponiert“ nennt der Klappentext diesen wissenschaftlichen Essay des amerikanischen Mediävisten Patrick J. Geary, der nun seit kurzem in einer ansprechend gestalteten deutschen Übersetzung vorliegt. Der Vf. geht dabei zurück an den Ursprung der Völker Europas und Kleinasiens, wie er im kollektiven, mythischen Gedächtnis jener Völker weiter getragen wurde. Das mag zunächst verwundern, ist Geary doch hierzulande vor allem einmal als Frühmittelalterforscher bekannt. „An der Yale University“, so reflektiert der Vf. zu Anfang seinen Ausflug über die engen Fachgrenzen seiner Profession, die für ihn keine wirklichen Grenzen sind, „hatte ich gelernt, Mediävist zu sein, doch meine Jahre an der Fakultät in Princeton […] haben mir den Großteil dessen beigebracht, was es für mich heißt, Historiker zu sein.“ So ganz verwunderlich ist der vermeintliche fachliche Seitensprung dann auch doch nicht, denn den „myth of nations“ hat sich der Vf. in den vergangen Jahren immer wieder mit einer Reihe von einschlägigen Arbeiten gewidmet und auch die mittlerweile bereits in zweiter Auflage erschienene deutsche Übersetzung seines so betitelten Standardwerkes erfreut sich großer Beliebtheit.

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Diesmal jedenfalls stehen explizit die großen Frauen- und Muttergestalten im Mittelpunkt der Betrachtung, die ja nicht von ungefähr auch am Anfang der christlichen Erzählwelt stehen. Aber Geary handelt nicht nur von Eva und Maria. Wir hören auch von Gambara, der Mutter der Langobarden, oder von Libuše, auf die sich die böhmischen Herzöge zurückführten. Sie entstammte einem Volk, deren Frauen – wie der böhmische Chronist Cosma berichtet – gemeinsam mit den Männern in den Krieg zogen, ihre Männer selbst wählten und sich auch in der Kleidung nicht von den Männern unterschieden. Nicht nur von solch literarischen Vergleichen, auch von unmittelbaren Rekursen auf die Abstammungen vom mythischen Kriegerinnenvolk der Amazonen weiß Geary zu berichten, sondern auch von der Verquickung solcher vorchristlichen Erzähltraditionen mit dem christlichen Weltbild des europäischen Mittelalters und vielen anderen, bemerkenswerten Dimensionen der erzählerischen Identitätsstiftung. Kenntnis- und materialreich führt er den Leser ebenso durch klassische Antike und Frühchristentum wie durch die Überlieferung slawischer Völker.

Wer sich von dem schmalen Bändchen mitreißen lassen will in die Untiefen der Wissenschaft, der findet nicht nur einige knappe Hinweise auf die neuere Literaturlage, sondern auch einen umfangreichen Anmerkungsapparat einschließlich sämtlicher Quellennachweise und sogar ein für die Gattung gänzlich untypisches, in solchem Falle aber hochwillkommenes Personenregister. Wer das nicht will, wird dankenswerterweise nicht vom in die Anhänge verbannten Ballast der Elfenbeintürme beschwert, und hat noch immer eine Lektüre vor sich, die nicht nur füglich bildet, sondern vor allem auch ungemein spannend ist; und obendrein – am Ende gelangen wir notwendig wieder zum Klappentext – in der Tat ausgesprochen kunstvoll komponiert.

geschrieben am 03.02.2007 | 425 Wörter | 2690 Zeichen

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