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Das Jahr der Deutschen: Die glückliche Geschichte von Mauerfall und deutscher Einheit


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Rezension von

Daniel Bigalke

Das Jahr der Deutschen: Die glückliche Geschichte von Mauerfall und deutscher Einheit Der Mauerbau als Gipfel der DDR-Unterdrückungspolitik gilt als die Schaffung der letzten Voraussetzung für den Aufbau des Sozialismus, der unter völliger Ignoranz realpolitischer Tatsachen, gemeint ist der vehemente Widerspruch seitens der DDR-Bevölkerung, vollzogen wurde. Eine rechtlose Manövriermasse der Partei blieb für Jahrzehnte zurück. Das wird durch die uneingeschränkte Fortsetzung der überhasteten Kollektivierung der Landwirtschaft und das Eingeständnis, dass es ohne Abriegelung nicht mehr weitergehen könne, bestätigt. Die notwendige Sicherung der Existenz der DDR war eine latente Grundtatsache in deren Außenpolitik. Dazu zwang sie das Stigma des Provisoriums, welches zum beständigen Erhalt des Legitimationsdefizites beitragen sollte und sich z.B. im Kampf der DDR um die völkerrechtliche Anerkennung und der Befürchtung revanchistischer Kreise im Innern äußerte. Die deutsche Einheit war mit dem Bau der Mauer wirklich unwahrscheinlich geworden und auch nicht mehr geplant. Vielmehr stand in der DDR 1989 nach Meinung des Autors ein Bürgerkrieg bevor, der durch pures Glück vermieden wurde. Auch die Maueröffnung sei ein glückliches Missverständnis und die Wiedervereinigung bei allen gefühlten Einbußen und Nachteilen ein Triumph der Politik über eine Realität gewesen, die ganz anders hätte verlaufen können. Denn – so der Duktus der vorliegenden Schrift: Nichts ist schwerer, als auf Dauer die Freiheit zu unterdrücken und die Masse in ein sozialistisches Korsett zu legen, das ihrem Wesen nicht entspricht. In dem Staat einer Gesellschaft mit Gleichberechtigten produzierte das erzwungene sozialistische Experiment ein mühsam zusammengehaltenes Kollektiv einer gleichsam rechtlosen und würdelosen Bevölkerung. Der soziale Egalitarismus und die physische und psychische Repression umfassen systemimmanente Komponenten faktischer Intsabilität, die sich in den folgenden Jahrzehnten nach 1961 fortentwickelten. Das schwierige Gleichgewicht hypertropher Sicherheitspolitik, protokommunistischem Sozialstaat, internationaler Anerkennung und Abgrenzung nach Westen zur eigenen Stabilisierung, dem Bekenntnis zur Sowjetunion und permanent notwendiger wirtschaftlicher Prosperität geriet stets außer Kontrolle und war der DDR inhärent. Die Einheit war als Fernziel dennoch aufgegeben worden. Zwar lässt sich fragen, ob ein derartiger Zustand nicht zwangsläufig zur Einheit führen musste oder ob diese wirklich ein Glücksfall war. Der Autor stellt sich auf die Seite der Meinung, es sei ein Glücksfall gewesen. Die eindringliche Geschichte, wie es so zur deutschen Einheit kam, wie hautnah die Deutschen mehrfach an blutigen Katastrophen und drohendem Chaos vorbeigeschrammt sind, basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Augenzeugenberichten – diese Geschichte liefert das vorliegende Buch. Wie konnte es zum Fall der Mauer kommen? Und war die Wiedervereinigung letztlich nicht doch ein großer Erfolg? Michael Funken zeigt, wie der Mauerfall zur wundersamsten Revolution der deutschen Geschichte wurde. Die Leistungsschwäche und ein wachsender Rückstand im Lebensstandard waren Defizite, die durch das vorhandene Mehr an Sicherheit im Rahmen eines utopischen Fernziels der DDR nicht kompensiert werden konnten. Die Existenz einer opportunistisch handelnden Monopolelite sorgte für eine ungenügende funktionelle Differenzierung in den Funktionsbereichen und für ungenügende Autonomie der gesellschaftlichen Teilbereiche. Eine leistungshemmende Politisierung des sozialen Aufstieges war das Ergebnis. Die Autonomie prägte sich hingegen passiv in Nischenbereichen heraus. Dort wirkte die staatlich blockierte Innovation produktiv und frei. Zwar geht der Autor auf derartige soziologische Aspekte der deutschen Wiedervereinigung und der systemimmanenten Dysfunktionalität der DDR kaum ein, bietet aber auf neueste Fakten gestützt, überparteilich und ohne ostalgische Larmoyanz ein bedeutendes Buch zum 20. Jahrestag des Mauerfalls.

Der Mauerbau als Gipfel der DDR-Unterdrückungspolitik gilt als die Schaffung der letzten Voraussetzung für den Aufbau des Sozialismus, der unter völliger Ignoranz realpolitischer Tatsachen, gemeint ist der vehemente Widerspruch seitens der DDR-Bevölkerung, vollzogen wurde. Eine rechtlose Manövriermasse der Partei blieb für Jahrzehnte zurück. Das wird durch die uneingeschränkte Fortsetzung der überhasteten Kollektivierung der Landwirtschaft und das Eingeständnis, dass es ohne Abriegelung nicht mehr weitergehen könne, bestätigt. Die notwendige Sicherung der Existenz der DDR war eine latente Grundtatsache in deren Außenpolitik. Dazu zwang sie das Stigma des Provisoriums, welches zum beständigen Erhalt des Legitimationsdefizites beitragen sollte und sich z.B. im Kampf der DDR um die völkerrechtliche Anerkennung und der Befürchtung revanchistischer Kreise im Innern äußerte.

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Die deutsche Einheit war mit dem Bau der Mauer wirklich unwahrscheinlich geworden und auch nicht mehr geplant. Vielmehr stand in der DDR 1989 nach Meinung des Autors ein Bürgerkrieg bevor, der durch pures Glück vermieden wurde. Auch die Maueröffnung sei ein glückliches Missverständnis und die Wiedervereinigung bei allen gefühlten Einbußen und Nachteilen ein Triumph der Politik über eine Realität gewesen, die ganz anders hätte verlaufen können.

Denn – so der Duktus der vorliegenden Schrift: Nichts ist schwerer, als auf Dauer die Freiheit zu unterdrücken und die Masse in ein sozialistisches Korsett zu legen, das ihrem Wesen nicht entspricht. In dem Staat einer Gesellschaft mit Gleichberechtigten produzierte das erzwungene sozialistische Experiment ein mühsam zusammengehaltenes Kollektiv einer gleichsam rechtlosen und würdelosen Bevölkerung. Der soziale Egalitarismus und die physische und psychische Repression umfassen systemimmanente Komponenten faktischer Intsabilität, die sich in den folgenden Jahrzehnten nach 1961 fortentwickelten. Das schwierige Gleichgewicht hypertropher Sicherheitspolitik, protokommunistischem Sozialstaat, internationaler Anerkennung und Abgrenzung nach Westen zur eigenen Stabilisierung, dem Bekenntnis zur Sowjetunion und permanent notwendiger wirtschaftlicher Prosperität geriet stets außer Kontrolle und war der DDR inhärent. Die Einheit war als Fernziel dennoch aufgegeben worden. Zwar lässt sich fragen, ob ein derartiger Zustand nicht zwangsläufig zur Einheit führen musste oder ob diese wirklich ein Glücksfall war.

Der Autor stellt sich auf die Seite der Meinung, es sei ein Glücksfall gewesen. Die eindringliche Geschichte, wie es so zur deutschen Einheit kam, wie hautnah die Deutschen mehrfach an blutigen Katastrophen und drohendem Chaos vorbeigeschrammt sind, basierend auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und Augenzeugenberichten – diese Geschichte liefert das vorliegende Buch. Wie konnte es zum Fall der Mauer kommen? Und war die Wiedervereinigung letztlich nicht doch ein großer Erfolg? Michael Funken zeigt, wie der Mauerfall zur wundersamsten Revolution der deutschen Geschichte wurde.

Die Leistungsschwäche und ein wachsender Rückstand im Lebensstandard waren Defizite, die durch das vorhandene Mehr an Sicherheit im Rahmen eines utopischen Fernziels der DDR nicht kompensiert werden konnten. Die Existenz einer opportunistisch handelnden Monopolelite sorgte für eine ungenügende funktionelle Differenzierung in den Funktionsbereichen und für ungenügende Autonomie der gesellschaftlichen Teilbereiche. Eine leistungshemmende Politisierung des sozialen Aufstieges war das Ergebnis. Die Autonomie prägte sich hingegen passiv in Nischenbereichen heraus. Dort wirkte die staatlich blockierte Innovation produktiv und frei.

Zwar geht der Autor auf derartige soziologische Aspekte der deutschen Wiedervereinigung und der systemimmanenten Dysfunktionalität der DDR kaum ein, bietet aber auf neueste Fakten gestützt, überparteilich und ohne ostalgische Larmoyanz ein bedeutendes Buch zum 20. Jahrestag des Mauerfalls.

geschrieben am 01.06.2009 | 517 Wörter | 3502 Zeichen

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