ISBN | 3453268172 | |
Autor | John Grisham | |
Verlag | Heyne | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 447 | |
Erscheinungsjahr | 2013 | |
Extras | - |
Es ist lange her, seit ich den letzten „Grisham“ gelesen habe und mir scheint, ich habe nicht wirklich etwas verpasst. Auch der neue Roman „Das Komplott“ liest sich flüssig und versorgt den Leser mit einer grundsätzlich spannenden Geschichte, natürlich mit Bezügen zum amerikanischen Rechtssystem. Das an sich ist kein Malus, aber einige der aufgezeigten Besonderheiten und Kompetenzstreitigkeiten zwischen Bundesanwälten, FBI, US Marshals und anderen Institutionen sind für Kontinentaleuropäer kaum zu durchschauen, natürlich ebenso wenig die offensichtliche Prise Willkür des dortigen Justizsystems, mit der Grisham den Leser üblicherweise konfrontiert.
Worum geht es diesmal genau? Der Protagonist ist Malcolm Bannister, ein wegen eines Wirtschaftsvergehens angeklagter und zu 10 Jahren Haft verurteilter Rechtsanwalt. Nach den ersten Jahren in einem echten Gefängnis befindet sich dieser nun in einer (fiktiven) Anstalt mit erheblichen Lockerungen bei der Unterbringung der Inhaftierten und leitet dort die Gefängnisbibliothek. Man erfährt, dass er sowohl im ersten Gefängnis als auch nun kostenlose Rechtsberatung erteilt und sich einen gewissen Ruf unter den Mitinsassen erarbeitet hat, wenngleich er natürlich nicht in allen Fällen helfen kann. Als der gewaltsame Tod eines Bundesrichters und dessen jüngerer Geliebten in den Nachrichten steht, ist das das Signal für Bannister und der Plot beginnt. Nachdem das FBI wochenlang erfolglos nach dem Mörder gefahndet hat, tritt Bannister auf den Plan und bietet einen Deal an: sofortige Freilassung und Aufnahme in das Zeugenschutzprogramm gegen Benennung des Namens des Mörders. Nach erstem Misstrauen wird die Verabredung geschlossen und tatsächlich eingehalten. Bannister benennt als Mörder einen entflohenen Häftling, Quinn Rucker, mit dem er früher einmal inhaftiert war. Dieser wird gefasst, verhört und bekennt sich unter dubiosen Umständen für schuldig, benennt in der Vernehmung sogar Bannister als Tippgeber. Bannister selbst erhält eine kosmetische Operation, beginnt in Florida eine neue Existenz unter dem Namen Max Baldwin und startet zahlreiche geschäftliche Aktivitäten und Verschleierungsmanöver, die zunächst für den Leser unklar bleiben, darunter die Eröffnung von Bankschließfächern und die Gründung einer Filmfirma. Dann stellt sich heraus, dass Ruckers Familie ihm auf die Spur gekommen ist und er trennt sich vom FBI, das ihm natürlich weiterhin auf den Fersen zu bleiben versucht.
Zusammen mit Vanessa, der Schwester eines ehemaligen, zunächst ungenannten Mithäftlings, sucht er Nathan Cooley und gewinnt ihn für ein angebliches Dokumentarfilmprojekt. Der Leser wird erst Stück für Stück zu den wahren Absichten Bannisters geführt. Am Ende entführt Bannister den betrunkenen Cooley nach Jamaika, wo dieser mit ihm untergejubelten 4kg Kokain und einer Handfeuerwaffe kontrolliert und inhaftiert wird. Dann endlich offenbart er Bannister das offenbar gesuchte Geheimnis: er hat eine Menge Goldunzen auf seinem Grundstück versteckt, mit denen Bannister die jamaikanischen Behörden bestechen soll. Bannister jedoch hat nichts dergleichen im Sinn, sondern birgt zusammen mit Vanessa das Gold, das Cooley dem ermordeten Bundesrichter entwendet hatte. Dieser wiederum hatte es als Bestechungsgeld von einer Minenfirma erhalten, zu deren Gunsten er einen Prozess entschieden hatte. Nun fügt sich ein Puzzleteil zum anderen: Vanessa ist die Schwester von Quinn Rucker, dieser hat für die Tat ein Alibi und Flucht sowie Geständnis waren ein mit Bannister erschaffener Fake. Nunmehr setzt Bannister gegen Freilassung von Rucker das FBI auf die Fährte von Cooley an, ohne jedoch den Großteil des Goldes zu erwähnen oder gar herauszugeben. Dieses verbleibt Bannister und Rucker und jedenfalls Bannister beginnt mit Vanessa in Antigua ein neues und sorgenfreies Leben.
Sehr schön an diesem Roman ist die Irreführung durch den Titel. Man erwartet wie in früheren Romanen die Aufdeckung eines Komplotts gegen Bannister, um am Ende zu merken, dass er selbst ein (legales) Komplott gegen den Staat gesponnen hat, der ihn so ungerecht behandelt hat. Die Handlungsstränge sind zwar phasenweise ein wenig unglaubwürdig, d.h. wie elegant und widerstandsfrei die Protagonisten ihre Gegner inklusive FBI an der Nase herumführen und kiloweise Gold per Post und Yacht nach Antigua verfrachten. Aber wenn man sich daran nicht stört, hat man einen flüssig heruntergeschriebenen, maßvoll spannenden Roman, den man für einige Stunden zur Kurzweil heranziehen, unter der Marke „Grisham“ abspeichern und bald wieder vergessen kann.
geschrieben am 10.12.2013 | 653 Wörter | 3924 Zeichen
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