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Der Hund mit dem gelben Herzen: oder die Geschichte vom Gegenteil


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Informationen zum Buch
  ISBN
  Autor
  Verlag
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  Seiten
  Erscheinungsjahr
  Extras

Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Der Hund mit dem gelben Herzen: oder die Geschichte vom Gegenteil Der Hund mit dem gelben Herzen ist als Kinderbuch im Jahr 1998 erschienen und wird seitdem immer wieder mit Erfolg neu aufgelegt. Die verlagsseits angesprochene Zielgruppe sind Kinder bzw. Jugendliche zwischen 10 und 12 Jahren, wenngleich ich glaube, dass die tatsächliche Bandbreite und auch Tiefe der im Buch angelegten Themen und Metathemen durchaus auch für ältere Jugendliche oder gar Erwachsene ansprechend sein dürfte. Andererseits ist die eher kindlich anmutende Einbettung um den armen Hund, der bei Lotta und Prinz Neumann endlich ein Zuhause findet, wiederum eher ein Grund für ältere Kinder, das Buch nicht zu schätzen. Es ist insoweit eine echte Gratwanderung, aber man muss in jedem Fall konstatieren, dass die Lektüre des Buches eine Herausforderung ist. Warum ist das so? Jutta Richter hat einen durchaus reichen akademischen Hintergrund und lässt entweder direkt oder auch einmal en passant Dinge in die Geschichte einfließen, die beim Leser philosophische und theologische Grundkenntnisse aufrufen. Wenn die Geschichte von Gustav Ott, abgekürzt G. Ott, erzählt wird, der in seinem paradiesisch angelegten Garten Lebewesen und Dinge erfindet und dann naturgetreu zeichnet, sodass sie genau in dieser Form fortan existieren, erkennt darin buchstäblich jedes Kind die (etwas abgewandelte) Schöpfungsgeschichte. Dass G. Ott dabei als gutmütiger älterer Mann mit ausgebeulten Cordhosen dargestellt wird, ist nicht verkehrt, denn das Bild des gütigen alten Mannes als Gottgestalt wird Kindern ja schon mit den ersten Weihnachtsgeschichten suggeriert. Spannend wird es dann durch den Mitspieler von G. Ott, nämlich den undurchschaubaren Lobkovitz. Diese ist nicht zwingend das Gegenteil von G. Ott, aber er bringt diesen auf Ideen, er ist eine treibende, belebende, zerstörerisch-erneuernde Kraft, die G. Ott inspiriert, aber auch ein wenig einschüchtert. Als Lobkovitz dann eines Tages weinselig eigene Kreaturen erschafft, die sich einen Dreck um die bisherige ethisch gute Ausgewogenheit des Daseins scheren, wird er aus dem Paradies geworfen. Und obwohl die Tür für ihn scheinbar für eine Rückkehr offen zu stehen scheint, findet er nie wieder den Weg zurück, sondern befindet sich auf einer immerwährenden, selbstbemitleidenden, verzweifelten Suche inmitten des Typs von Menschen, die er zu erschaffen suchte. Große Begriffe sind hierin verborgen, die Theodizee, Ansätze der Phänomenologie, der Hermeneutik, der Ontologie, außerdem viele Elemente religiöser Sinnsuche, alles sehr beeindruckend, da auf engem Raum und in ungewöhnlicher Verpackung. Wie kommt dann der Hund ins Spiel? Der Hund heißt nur „Hund“, weil ihn G. Ott so gemalt und benannt hat. Er fand eines Tages in den berühmten Garten, merkte aber, dass G. Ott irgendwie unglücklich war. Also beschloss er, freiwillig den Garten zu verlassen und nach Lobkovitz zu suchen, um ihn zur Rückkehr zum traurigen G. Ott zu veranlassen. Doch die beiden scheitern mit dieser Mission, das einst offene Tor ist verschwunden, und so müssen sie beide ihre eigenen Lehren daraus ziehen. All das erzählt der Hund den beiden Kindern Lotta und Prinz Neumann, bei denen er nach langer, kräftezehrender und zermürbender Wanderung doch ein heimeliges Plätzchen ergattern konnte. Das muss er erst noch gegen gemeine Ratten verteidigen, aber ihm kommt sogar die Katze von Opa Schulte zuhilfe. Auf diese Weise gibt es, auch erzählerisch anspruchsvoll, die Geschichte in der Geschichte, wobei man bisweilen gar nicht so genau weiß, welche denn nun die prägende ist, so präsent werden G. Ott und Lobkovitz für den Leser. Was bleibt als Fazit? Der Einstieg in die Geschichte ist ein wenig schwierig, aber mit einem gewissen Quantum an Vorbildung wird man von dem Buch am Ende begeistert sein. Ob Kinder im oben genannten Alter dieses Verständnis in Breite und Tiefe aufbringen werden, ist zweifelhaft. Die Hoffnung ist eher, dass sie sich zunächst an der rührenden Geschichte um den Hund und die emotional gut nachvollziehbaren Handlungen zwischen den Tieren und Menschen erfreuen und vielleicht in späteren Jahren das Buch noch einmal hernehmen, um dann mit angereichertem Allgemeinwissensschatz noch einmal die beeindruckenden Aspekte und Elemente dieses Buches zu durchdenken. Es ist aber auf jeden Fall ein Glück, dass dieses Buch immer wieder neu auf den Buchmarkt kommt, denn es birgt eine Zeitlosigkeit und eine profunde Substanz, die man bei Kinderbüchern bisweilen vergeblich sucht.

Der Hund mit dem gelben Herzen ist als Kinderbuch im Jahr 1998 erschienen und wird seitdem immer wieder mit Erfolg neu aufgelegt. Die verlagsseits angesprochene Zielgruppe sind Kinder bzw. Jugendliche zwischen 10 und 12 Jahren, wenngleich ich glaube, dass die tatsächliche Bandbreite und auch Tiefe der im Buch angelegten Themen und Metathemen durchaus auch für ältere Jugendliche oder gar Erwachsene ansprechend sein dürfte. Andererseits ist die eher kindlich anmutende Einbettung um den armen Hund, der bei Lotta und Prinz Neumann endlich ein Zuhause findet, wiederum eher ein Grund für ältere Kinder, das Buch nicht zu schätzen. Es ist insoweit eine echte Gratwanderung, aber man muss in jedem Fall konstatieren, dass die Lektüre des Buches eine Herausforderung ist.

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Warum ist das so? Jutta Richter hat einen durchaus reichen akademischen Hintergrund und lässt entweder direkt oder auch einmal en passant Dinge in die Geschichte einfließen, die beim Leser philosophische und theologische Grundkenntnisse aufrufen. Wenn die Geschichte von Gustav Ott, abgekürzt G. Ott, erzählt wird, der in seinem paradiesisch angelegten Garten Lebewesen und Dinge erfindet und dann naturgetreu zeichnet, sodass sie genau in dieser Form fortan existieren, erkennt darin buchstäblich jedes Kind die (etwas abgewandelte) Schöpfungsgeschichte. Dass G. Ott dabei als gutmütiger älterer Mann mit ausgebeulten Cordhosen dargestellt wird, ist nicht verkehrt, denn das Bild des gütigen alten Mannes als Gottgestalt wird Kindern ja schon mit den ersten Weihnachtsgeschichten suggeriert.

Spannend wird es dann durch den Mitspieler von G. Ott, nämlich den undurchschaubaren Lobkovitz. Diese ist nicht zwingend das Gegenteil von G. Ott, aber er bringt diesen auf Ideen, er ist eine treibende, belebende, zerstörerisch-erneuernde Kraft, die G. Ott inspiriert, aber auch ein wenig einschüchtert. Als Lobkovitz dann eines Tages weinselig eigene Kreaturen erschafft, die sich einen Dreck um die bisherige ethisch gute Ausgewogenheit des Daseins scheren, wird er aus dem Paradies geworfen. Und obwohl die Tür für ihn scheinbar für eine Rückkehr offen zu stehen scheint, findet er nie wieder den Weg zurück, sondern befindet sich auf einer immerwährenden, selbstbemitleidenden, verzweifelten Suche inmitten des Typs von Menschen, die er zu erschaffen suchte.

Große Begriffe sind hierin verborgen, die Theodizee, Ansätze der Phänomenologie, der Hermeneutik, der Ontologie, außerdem viele Elemente religiöser Sinnsuche, alles sehr beeindruckend, da auf engem Raum und in ungewöhnlicher Verpackung.

Wie kommt dann der Hund ins Spiel? Der Hund heißt nur „Hund“, weil ihn G. Ott so gemalt und benannt hat. Er fand eines Tages in den berühmten Garten, merkte aber, dass G. Ott irgendwie unglücklich war. Also beschloss er, freiwillig den Garten zu verlassen und nach Lobkovitz zu suchen, um ihn zur Rückkehr zum traurigen G. Ott zu veranlassen. Doch die beiden scheitern mit dieser Mission, das einst offene Tor ist verschwunden, und so müssen sie beide ihre eigenen Lehren daraus ziehen.

All das erzählt der Hund den beiden Kindern Lotta und Prinz Neumann, bei denen er nach langer, kräftezehrender und zermürbender Wanderung doch ein heimeliges Plätzchen ergattern konnte. Das muss er erst noch gegen gemeine Ratten verteidigen, aber ihm kommt sogar die Katze von Opa Schulte zuhilfe.

Auf diese Weise gibt es, auch erzählerisch anspruchsvoll, die Geschichte in der Geschichte, wobei man bisweilen gar nicht so genau weiß, welche denn nun die prägende ist, so präsent werden G. Ott und Lobkovitz für den Leser.

Was bleibt als Fazit? Der Einstieg in die Geschichte ist ein wenig schwierig, aber mit einem gewissen Quantum an Vorbildung wird man von dem Buch am Ende begeistert sein. Ob Kinder im oben genannten Alter dieses Verständnis in Breite und Tiefe aufbringen werden, ist zweifelhaft. Die Hoffnung ist eher, dass sie sich zunächst an der rührenden Geschichte um den Hund und die emotional gut nachvollziehbaren Handlungen zwischen den Tieren und Menschen erfreuen und vielleicht in späteren Jahren das Buch noch einmal hernehmen, um dann mit angereichertem Allgemeinwissensschatz noch einmal die beeindruckenden Aspekte und Elemente dieses Buches zu durchdenken. Es ist aber auf jeden Fall ein Glück, dass dieses Buch immer wieder neu auf den Buchmarkt kommt, denn es birgt eine Zeitlosigkeit und eine profunde Substanz, die man bei Kinderbüchern bisweilen vergeblich sucht.

geschrieben am 09.04.2016 | 668 Wörter | 3775 Zeichen

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