ISBN | 386930944X | |
Autor | Halldór Laxness | |
Verlag | Steidl Verlag | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 168 | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Extras | - |
Die Vergabe des Literaturnobelpreises ist immer wieder ein Spektakel im Feuilleton: da werden Namen und Favoriten gehandelt und stets gibt es auch flammende Plädoyers für berühmte Schriftsteller, die es doch „endlich verdient hätten“, die begehrte Auszeichnung zu erhalten. Indes, die Wahl des Komitees ist für die Experten und noch mehr für die Laien bisweilen schwer durchschaubar. Immerhin kann man sich dann, wenn man es mit den modernen Preisträgern nicht hält, den Klassikern zuwenden. Einer davon ist Halldor Laxness, der 1955 den Nobelpreis für Literatur erhielt. Der vorliegende Erzählband erschien im isländischen Original im Jahr 1964 und wurde nun im Steidl Verlag in deutscher Sprache veröffentlicht.
Das Schöne an den Werken des Steidl Verlages ist stets das Gesamtpaket, das den Leser erwartet. Natürlich ist es an sich schon ein Reiz, sich mit den Erzählungen des berühmten Autors zu befassen. Aber diese Geschichten in den richtigen Kontext zu setzen, ist die Zusatzleistung, die das Buch besonders macht. Diese Aufgabe hat der Übersetzer Hubert Seelow übernommen, der in einem umfangreichen Nachwort nicht nur eine Kurzwiedergabe der Geschichten vornimmt, sondern darüber hinaus einen Bezug zum Gesamtwerk des Autors sowie zu einzelnen Aspekten vornimmt, eine sprachliche, zeitliche und auch eine thematische Einordnung betreibt und dem Leser so Verständnisbrücken errichtet, mittels derer er die Texte durch eine ganz andere Brille rezipieren wird als er es ohne die Zusatzinformationen überhaupt hätte tun können. Seelow ist Herausgeber und Übersetzer der Werke von Halldor Laxness, sodass die dargebotenen Informationen auch entsprechend belastbar sind. Meiner Ansicht nach sollte man das Nachwort zuerst lesen, aber das ist dem Geschmack jedes Lesers vorbehalten.
Insgesamt sieben Erzählungen erwarten den Leser, die in ihrer Länge und Perspektive munter wechseln. Der „Angelausflug ins Gebirge“ ist gleichzeitig Buchtitel und Name der dritten Erzählung, was Seelow mit Bezug auf einen früheren Erzählband im Nachwort erläutert. Die Geschichten kreisen allesamt um wesentliche Aspekte des menschlichen Lebens, wenngleich keine durchgehende Ernsthaftigkeit vorzufinden ist, sondern das Leben eben auch einmal mit einem Augenzwinkern zur Kenntnis genommen wird. Die fast schon bemitleidenswerte Figur des kleinen Bankangestellten in der titelgebenden Geschichte bietet auf tragische Weise Erkenntnisse über die Sinnlosigkeit vergeblichen Strebens. In der „Großen Verirrung im Nordwestland“, der vierten Geschichte, geht es auch darum, knapp dem Tod entronnen zu sein und den unerwarteten Konsequenzen hieraus für die Protagonistin der Geschichte. Beeindruckend ist dank der Zusatzinformationen auch die Erzählung „Jon aus Brothaus“, wenn man nämlich weiß, dass die Geschichte über verschiedene Erinnerungen an die gleiche Person oder Sache eine Retourkutsche gegen einen Autor darstellt, der gegen Laxness geschrieben hatte. Am besten gefallen hat mir allerdings die zeitlose Geschichte vom „Taubenfest“, die zweite Erzählung. Die dort geschilderte Gier und Verschwendung einer wahllos eingeladenen Gästeschar steht in so angenehmen Kontrast zu den Hintergründen der Gastgeber des Festes, dass man sich am Ende ganz von allein darauf besinnt, ob man nicht auch an den eigenen Lebenseinstellungen ein paar Stellschrauben in Richtung Altruismus drehen könnte. Großartig.
Schlussendlich kann ich die Lektüre sehr empfehlen, mit der oben genannten Reihenfolge, wenngleich man sich natürlich wie immer bei Erzählungsbänden darüber im Klaren sein muss, dass man nicht mit allen Geschichten konform gehen wird. Mich hat aber – wieder einmal – die Gesamtkomposition überzeugt, da man nicht nur Texte eines großen Autors lesen kann, sondern auch noch eine kluge Einordnung dieser Texte präsentiert bekommt.
geschrieben am 18.05.2016 | 543 Wörter | 3275 Zeichen
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