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Der Club


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

Der Club Takis Würger war lange Zeit Reporter beim Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ und hat nunmehr seinen ersten Roman vorgelegt. Der Umfang des Werks liegt bei unter 250 Seiten ist mir schon deshalb sympathisch: in letzter Zeit, insbesondere nach einigen quälenden Lektüreerlebnissen, bin ich immer mehr ein Freund der These geworden, dass es wahrlich eine Kunst ist, einen kurzen Roman zu schreiben. Und: dieser Roman war, verglichen mit etlichen Büchern, die ich mir zuletzt zu Gemüte geführt habe, der erste seit langem, den ich mit Freude in kürzester Zeit gelesen habe. Hans ist der Protagonist des Romans, verliert in jungen Jahren beide Eltern und landet so in einem Internat in Bayern. Er ist still, introvertiert, aber fleißig und ehrgeizig, insbesondere was den Boxsport angeht, zu dem ihn noch sein Vater gebracht hatte. Seine Tante Alexandra ist Dozentin an der Universität Cambridge und eröffnet ihm, dass sie für ihn dort einen Studienplatz arrangiert, zugleich aber auch eine Aufgabe für ihn habe, nämlich ein Verbrechen aufzuklären. Details bleiben vage, nur dass es mit dem elitären Pitts Club und dem Universitäts-Box-Team zu tun hat. Hans lebt nun unter falschem (Nach-)Namen in Cambridge, tut sich wie auch zuvor schwer mit vielen sozialen Interaktionen, aber gelangt sukzessive über den Boxsport und eine einflussreiche Kommilitonin in den begehrten Club. Aber selbst dort gibt es noch weitere innere Kreise, zu denen Hans am Ende Zugang findet und die ihn zu den Spuren der deliktischen Handlungen führt, die dort seit Jahrzehnten Usus sind und sich in jüngerer Vergangenheit noch potenziert haben. Der Roman lässt sich nicht zwingend einem Genre zuordnen, was einerseits gut für die Unterhaltung ist, von literarischen Zwängen befreit, aber an mancher Stelle den Leser auch etwas unbefriedigt zurücklässt. Nicht ganz Thriller, nicht ganz Krimi, nicht ganz gesellschaftskritischer Roman, von allem irgendwie etwas, und so wäre man eben doch gerne hier und da tiefer in die angekratzte Problematik eingedrungen, etwa was die Rolle der Frau und ihre Selbstachtung innerhalb der Clubs und ihrer Veranstaltungen angeht, was den Umgang mit Ausländern angeht, wie das Maskulin-Soziopathische weiterhin so starken Reiz an einem eigentlich aufgeklärten Ort ausüben kann etc. Auch die Frage, ob die effektivere „Bestrafung“ einer Vergewaltigung wirklich die anprangernde Publikation anstelle eines Prozesses sein kann, hätte man durchaus stärker innerhalb der beteiligten Charaktere diskutieren können, wenn man den Roman schon an einer Bildungsstätte verortet. Interessant ist auch, dass Würger den Leser durchaus in krasse Abgründe blicken lässt, ohne dies zu übersteigern. Wenn man vergleichsweise die Romane von Katharina Hacker heranzieht, bei denen man teilweise schlucken muss, um das Beschriebene zu verarbeiten, ist der Leser hier noch gut behütet, aber dennoch ohne Schnörkel über das Böse und Schlechte aufgeklärt worden. Was mich in der Erzählweise eingenommen hat, war neben der interessanten Geschichte auch die Konzeption der Hauptfiguren Hans, Alex und Charlotte. Sie haben auf ihre Art alle einen Knacks weg, man möchte sie an vielen Stellen in den Hintern treten, um sie zu weiterem Tun zu bewegen, aber trotzdem überwiegen nicht Passivität und Lakonie, sondern sie kommen, jeder auf seine Weise, am Ende zu für sie erfolgreichen Schlüssen und Handlungen, sodass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt, bei all der psychischen Last, die sie mit sich herumtragen müssen. Insbesondere Hans’ Erkenntnis, dass man zur Aufdeckung eines Verbrechens, also zur Erreichung eines höheren Guts Schuld auf sich laden müsse, ist ein literarisch, philosophisch und auch kriminologisch hoch interessanter Ansatz. Denn er verneint den strahlenden Helden zur Gänze. Selbst der Showdown am Ende hat etwas Besonderes: die Beteiligten handeln in der ihnen innewohnenden, verqueren Konsequenz und zugleich Widersprüchlichkeit. Insgesamt ein tolles Debüt, spannend, sprachgewandt und – ohne dies negativ zu meinen – ausbaufähig.

Takis Würger war lange Zeit Reporter beim Nachrichten-Magazin „Der Spiegel“ und hat nunmehr seinen ersten Roman vorgelegt. Der Umfang des Werks liegt bei unter 250 Seiten ist mir schon deshalb sympathisch: in letzter Zeit, insbesondere nach einigen quälenden Lektüreerlebnissen, bin ich immer mehr ein Freund der These geworden, dass es wahrlich eine Kunst ist, einen kurzen Roman zu schreiben. Und: dieser Roman war, verglichen mit etlichen Büchern, die ich mir zuletzt zu Gemüte geführt habe, der erste seit langem, den ich mit Freude in kürzester Zeit gelesen habe.

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Hans ist der Protagonist des Romans, verliert in jungen Jahren beide Eltern und landet so in einem Internat in Bayern. Er ist still, introvertiert, aber fleißig und ehrgeizig, insbesondere was den Boxsport angeht, zu dem ihn noch sein Vater gebracht hatte. Seine Tante Alexandra ist Dozentin an der Universität Cambridge und eröffnet ihm, dass sie für ihn dort einen Studienplatz arrangiert, zugleich aber auch eine Aufgabe für ihn habe, nämlich ein Verbrechen aufzuklären. Details bleiben vage, nur dass es mit dem elitären Pitts Club und dem Universitäts-Box-Team zu tun hat. Hans lebt nun unter falschem (Nach-)Namen in Cambridge, tut sich wie auch zuvor schwer mit vielen sozialen Interaktionen, aber gelangt sukzessive über den Boxsport und eine einflussreiche Kommilitonin in den begehrten Club. Aber selbst dort gibt es noch weitere innere Kreise, zu denen Hans am Ende Zugang findet und die ihn zu den Spuren der deliktischen Handlungen führt, die dort seit Jahrzehnten Usus sind und sich in jüngerer Vergangenheit noch potenziert haben.

Der Roman lässt sich nicht zwingend einem Genre zuordnen, was einerseits gut für die Unterhaltung ist, von literarischen Zwängen befreit, aber an mancher Stelle den Leser auch etwas unbefriedigt zurücklässt. Nicht ganz Thriller, nicht ganz Krimi, nicht ganz gesellschaftskritischer Roman, von allem irgendwie etwas, und so wäre man eben doch gerne hier und da tiefer in die angekratzte Problematik eingedrungen, etwa was die Rolle der Frau und ihre Selbstachtung innerhalb der Clubs und ihrer Veranstaltungen angeht, was den Umgang mit Ausländern angeht, wie das Maskulin-Soziopathische weiterhin so starken Reiz an einem eigentlich aufgeklärten Ort ausüben kann etc. Auch die Frage, ob die effektivere „Bestrafung“ einer Vergewaltigung wirklich die anprangernde Publikation anstelle eines Prozesses sein kann, hätte man durchaus stärker innerhalb der beteiligten Charaktere diskutieren können, wenn man den Roman schon an einer Bildungsstätte verortet.

Interessant ist auch, dass Würger den Leser durchaus in krasse Abgründe blicken lässt, ohne dies zu übersteigern. Wenn man vergleichsweise die Romane von Katharina Hacker heranzieht, bei denen man teilweise schlucken muss, um das Beschriebene zu verarbeiten, ist der Leser hier noch gut behütet, aber dennoch ohne Schnörkel über das Böse und Schlechte aufgeklärt worden.

Was mich in der Erzählweise eingenommen hat, war neben der interessanten Geschichte auch die Konzeption der Hauptfiguren Hans, Alex und Charlotte. Sie haben auf ihre Art alle einen Knacks weg, man möchte sie an vielen Stellen in den Hintern treten, um sie zu weiterem Tun zu bewegen, aber trotzdem überwiegen nicht Passivität und Lakonie, sondern sie kommen, jeder auf seine Weise, am Ende zu für sie erfolgreichen Schlüssen und Handlungen, sodass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt, bei all der psychischen Last, die sie mit sich herumtragen müssen. Insbesondere Hans’ Erkenntnis, dass man zur Aufdeckung eines Verbrechens, also zur Erreichung eines höheren Guts Schuld auf sich laden müsse, ist ein literarisch, philosophisch und auch kriminologisch hoch interessanter Ansatz. Denn er verneint den strahlenden Helden zur Gänze. Selbst der Showdown am Ende hat etwas Besonderes: die Beteiligten handeln in der ihnen innewohnenden, verqueren Konsequenz und zugleich Widersprüchlichkeit.

Insgesamt ein tolles Debüt, spannend, sprachgewandt und – ohne dies negativ zu meinen – ausbaufähig.

geschrieben am 01.03.2017 | 599 Wörter | 3431 Zeichen

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