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Migration


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Rezension von

Adrian Witt

Migration Nach jüngsten Schätzungen des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) befinden sich aktuell rund 120 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Sie alle gehören zu der stetig größer werdenden Gruppe von Menschen, die vor Gewalt, Krieg und Unterdrückung geflohen sind. Was zunehmend als Problem für die globale Ordnung angesehen wird und auch hierzulande für gesellschaftliche Unruhe sorgt, ist in Wirklichkeit jedoch ein weit verbreitetes und historisch wiederkehrendes Phänomen. So hat es die Migration als eine auf Dauer angelegte räumliche Verlagerung des Lebensmittelpunktes in der Menschheitsgeschichte schon immer geben, wobei die Gründe überaus vielseitig sein können. Verbreitete Motive für den dauerhaften Ortswechsel sind neben der Aussicht auf bessere Siedlungs- und Erwerbsmöglichkeiten und das Ausweichen vor Verschlechterungen des Klimas insbesondere die Suche nach Sicherheit für Leib und Leben nach Flucht oder Vertreibung als Folge eines Krieges sowie der persönliche Schutz vor Diskriminierung und Verfolgung aus rassistischen, sexuellen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen. Wenig Beachtung erhalten dagegen die Frühformen der Migration als eine langwierige Abfolge von Wanderungsbewegungen kleinerer und größerer Menschengruppen, die schließlich dafür verantwortlich waren, dass sich der Mensch über den gesamten Planeten verteilt hat. Dabei spielten Aufbrechen und Ankommen für unzählige Generationen eine elementare Rolle. Aus politischer wie auch gesellschaftlicher Sicht wird heute allerdings immer wieder vergessen, was Migration eigentlich ist – nämlich Mobilität und die mit ihr verbundene Chance, auf sich verändernde Lebensumstände zu reagieren. Stattdessen wird sie häufig vor allem als ein Problem gesehen, als eine Irregularität, die im Idealfall bereits im Keim erstickt wird. Um diesem Irrglauben zu begegnen und mit den Vorurteilen gegenüber der Migration aufzuräumen, ist die historische Betrachtung der Thematik sinnvoll, zumal das kollektive Gedächtnis der Menschheit maximal zwei Generationen (rund 50 bis 60 Jahre) zurückreicht. Gleich mehrere Publikationen, die in den letzten Jahren erschienen sind, versuchen sich daran. Zu den umfangreicheren und vollständigen Werken zählt zweifelsohne auch die erst kürzlich im Dorling Kindersley Verlag erschienene Publikation „Migration“ von den beiden Autoren Aurelia Streit und Dr. Lukas M. Fuchs, in welcher die Migration – von den ersten Wanderungen bis zu Flucht und Vertreibung im 21. Jahrhundert – in ihrer historischen Gesamtheit erfasst wird. Unter Beratung und Mitwirkung der fachlichen Expertise von Philip Parker, Anoushka Alexander-Rose, Dr. Vivian Delgado, Dr. Gabriela Ramos, Frank Starling, Oliver Domzalski, John Farndon, Mireille Harper, Yuka Maeno, Shafik Meghji, Chitra Ramaswamy, George Swainston, Phillip Tang und Ben White wird auf 296 Seiten, die in sechs Kapitel gegliedert sind, die vollständige Brandbreite der Migrationsbewegungen der Menschheit nachgezeichnet. Dabei zeigt sich dem Leser unter anderem, dass Menschen, die heute vor Krieg und Gewalt fliehen, nicht ungewöhnlich, sondern historisch völlig nachvollziehbar handeln. Gleichwohl erinnern die vielschichtigen und mit über 500 Bildern visuell reichhaltig ausgestalteten Kapitel mit den ihren zugrundeliegenden Migrationsmotiven – von militärischer Expansion, dem Handel bis zur Erschließung neuer Lebensräume –, dass es für die verschiedenen globalen Migrationsbewegungen niemals nur einen einzigen Grund gab. Vielmehr entstehen sie häufig aus einer Kombination demografischer, ökologischer, politischer, sozialer und wirtschaftlicher Einflüsse, die sich zusätzlich auch noch gegenseitig verstärken können. Somit hilft die Publikation auch zu verstehen, dass es nicht nur eine einzige politische Lösung für die Migration gibt. Indem die Autoren die Migration als ein wiederkehrendes Phänomen der menschlichen Geschichte aufzeigen, lehren sie den Lesern eindrücklich in Kapitel 1 (Vorgeschichte): Migration ist unsere eigene Frühgeschichte, in deren Verlauf sich der Mensch über den gesamten Planeten verteilt hat. Kapitel 2 (ca. 2600 v. Chr. bis 375 n. Chr.): Sie führte bereits in der Antike zu multikulturellen Konstellationen, wie dem Römischen Reich. Kapitel 3 (375 bis 1400): Transnationale Bewegungen prägten die Kulturen, Sprachen und Lebensstile der Gesellschaften in Afrika, Asien und Europa der Spätantike und des Mittelalters und brachten viele noch heute bestehende Staaten hervor. Kapitel 4 (1400 bis 1800): Migration erreichte mit der aufkommenden Kolonialisierung und der Barbarei des Sklavenhandels ihren ausbeuterischen Höhepunkt, während in Kapitel 5 (1700 bis 1900) sich immer mehr Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben auf weite und teils gefährliche Reisen begeben haben. Das 6. Kapitel (ab 1900) leitet dagegen mit verschiedenen detailreichen Geschichten in die Gegenwart über und legt mit Betrachtungen von Flucht und Vertreibung, neuen Formen der Arbeitsmigration oder Migrations- und Freizügigkeitsabkommen den Grundstein für ein Verständnis der Möglichkeiten und Herausforderungen heutiger Mobilitäten. So richtet sich der Blick am Ende der Publikation auch gen Zukunft, in der neben Arbeits- und Fluchtmigration eine weitere Migrationsform an Bedeutung gewinnen wird: die Klimamigration. Denn klimabedingte Veränderungen wie Dürren, Überflutungen und nicht zuletzt der Anstieg des Meeresspiegels werden immer mehr Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen, da sie ihre Lebensgrundlage verlieren. Die Länder des globalen Südens werden dabei am stärksten betroffen sein, während es dem globalen Norden auf Grund seiner industriellen Stärke obliegt, die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf den Planeten zu begrenzen. Dass Menschen schon immer in Bewegung waren und Migrationsströme Teil unserer Geschichte und kulturellen Identität sind, offenbart die kürzlich im Dorling Kindersley Verlag erschienene Publikation „Migration“ auf beeindruckende Weise. Die historisch stimmige Aufbereitung des komplexen Themas mithilfe der zahlreichen informativen Texte, die vielen historischen Berichte sowie die bildgewaltige Ausgestaltung mit über 500 Fotografien, anschaulichen Karten und Illustrationen dürften nicht nur bei geschichtsinteressierten Lesern auf Begeisterung stoßen, sondern auch jene in ihren Bann ziehen, die sich für die Migration als gesellschaftlich wiederkehrendes Phänomen interessieren und hierüber mehr erfahren möchten.

Nach jüngsten Schätzungen des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) befinden sich aktuell rund 120 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Sie alle gehören zu der stetig größer werdenden Gruppe von Menschen, die vor Gewalt, Krieg und Unterdrückung geflohen sind. Was zunehmend als Problem für die globale Ordnung angesehen wird und auch hierzulande für gesellschaftliche Unruhe sorgt, ist in Wirklichkeit jedoch ein weit verbreitetes und historisch wiederkehrendes Phänomen.

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So hat es die Migration als eine auf Dauer angelegte räumliche Verlagerung des Lebensmittelpunktes in der Menschheitsgeschichte schon immer geben, wobei die Gründe überaus vielseitig sein können. Verbreitete Motive für den dauerhaften Ortswechsel sind neben der Aussicht auf bessere Siedlungs- und Erwerbsmöglichkeiten und das Ausweichen vor Verschlechterungen des Klimas insbesondere die Suche nach Sicherheit für Leib und Leben nach Flucht oder Vertreibung als Folge eines Krieges sowie der persönliche Schutz vor Diskriminierung und Verfolgung aus rassistischen, sexuellen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen. Wenig Beachtung erhalten dagegen die Frühformen der Migration als eine langwierige Abfolge von Wanderungsbewegungen kleinerer und größerer Menschengruppen, die schließlich dafür verantwortlich waren, dass sich der Mensch über den gesamten Planeten verteilt hat. Dabei spielten Aufbrechen und Ankommen für unzählige Generationen eine elementare Rolle. Aus politischer wie auch gesellschaftlicher Sicht wird heute allerdings immer wieder vergessen, was Migration eigentlich ist – nämlich Mobilität und die mit ihr verbundene Chance, auf sich verändernde Lebensumstände zu reagieren. Stattdessen wird sie häufig vor allem als ein Problem gesehen, als eine Irregularität, die im Idealfall bereits im Keim erstickt wird.

Um diesem Irrglauben zu begegnen und mit den Vorurteilen gegenüber der Migration aufzuräumen, ist die historische Betrachtung der Thematik sinnvoll, zumal das kollektive Gedächtnis der Menschheit maximal zwei Generationen (rund 50 bis 60 Jahre) zurückreicht. Gleich mehrere Publikationen, die in den letzten Jahren erschienen sind, versuchen sich daran. Zu den umfangreicheren und vollständigen Werken zählt zweifelsohne auch die erst kürzlich im Dorling Kindersley Verlag erschienene Publikation „Migration“ von den beiden Autoren Aurelia Streit und Dr. Lukas M. Fuchs, in welcher die Migration – von den ersten Wanderungen bis zu Flucht und Vertreibung im 21. Jahrhundert – in ihrer historischen Gesamtheit erfasst wird. Unter Beratung und Mitwirkung der fachlichen Expertise von Philip Parker, Anoushka Alexander-Rose, Dr. Vivian Delgado, Dr. Gabriela Ramos, Frank Starling, Oliver Domzalski, John Farndon, Mireille Harper, Yuka Maeno, Shafik Meghji, Chitra Ramaswamy, George Swainston, Phillip Tang und Ben White wird auf 296 Seiten, die in sechs Kapitel gegliedert sind, die vollständige Brandbreite der Migrationsbewegungen der Menschheit nachgezeichnet. Dabei zeigt sich dem Leser unter anderem, dass Menschen, die heute vor Krieg und Gewalt fliehen, nicht ungewöhnlich, sondern historisch völlig nachvollziehbar handeln. Gleichwohl erinnern die vielschichtigen und mit über 500 Bildern visuell reichhaltig ausgestalteten Kapitel mit den ihren zugrundeliegenden Migrationsmotiven – von militärischer Expansion, dem Handel bis zur Erschließung neuer Lebensräume –, dass es für die verschiedenen globalen Migrationsbewegungen niemals nur einen einzigen Grund gab. Vielmehr entstehen sie häufig aus einer Kombination demografischer, ökologischer, politischer, sozialer und wirtschaftlicher Einflüsse, die sich zusätzlich auch noch gegenseitig verstärken können. Somit hilft die Publikation auch zu verstehen, dass es nicht nur eine einzige politische Lösung für die Migration gibt. Indem die Autoren die Migration als ein wiederkehrendes Phänomen der menschlichen Geschichte aufzeigen, lehren sie den Lesern eindrücklich in Kapitel 1 (Vorgeschichte): Migration ist unsere eigene Frühgeschichte, in deren Verlauf sich der Mensch über den gesamten Planeten verteilt hat. Kapitel 2 (ca. 2600 v. Chr. bis 375 n. Chr.): Sie führte bereits in der Antike zu multikulturellen Konstellationen, wie dem Römischen Reich. Kapitel 3 (375 bis 1400): Transnationale Bewegungen prägten die Kulturen, Sprachen und Lebensstile der Gesellschaften in Afrika, Asien und Europa der Spätantike und des Mittelalters und brachten viele noch heute bestehende Staaten hervor. Kapitel 4 (1400 bis 1800): Migration erreichte mit der aufkommenden Kolonialisierung und der Barbarei des Sklavenhandels ihren ausbeuterischen Höhepunkt, während in Kapitel 5 (1700 bis 1900) sich immer mehr Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben auf weite und teils gefährliche Reisen begeben haben. Das 6. Kapitel (ab 1900) leitet dagegen mit verschiedenen detailreichen Geschichten in die Gegenwart über und legt mit Betrachtungen von Flucht und Vertreibung, neuen Formen der Arbeitsmigration oder Migrations- und Freizügigkeitsabkommen den Grundstein für ein Verständnis der Möglichkeiten und Herausforderungen heutiger Mobilitäten. So richtet sich der Blick am Ende der Publikation auch gen Zukunft, in der neben Arbeits- und Fluchtmigration eine weitere Migrationsform an Bedeutung gewinnen wird: die Klimamigration. Denn klimabedingte Veränderungen wie Dürren, Überflutungen und nicht zuletzt der Anstieg des Meeresspiegels werden immer mehr Menschen dazu zwingen, ihre Heimat zu verlassen, da sie ihre Lebensgrundlage verlieren. Die Länder des globalen Südens werden dabei am stärksten betroffen sein, während es dem globalen Norden auf Grund seiner industriellen Stärke obliegt, die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf den Planeten zu begrenzen.

Dass Menschen schon immer in Bewegung waren und Migrationsströme Teil unserer Geschichte und kulturellen Identität sind, offenbart die kürzlich im Dorling Kindersley Verlag erschienene Publikation „Migration“ auf beeindruckende Weise. Die historisch stimmige Aufbereitung des komplexen Themas mithilfe der zahlreichen informativen Texte, die vielen historischen Berichte sowie die bildgewaltige Ausgestaltung mit über 500 Fotografien, anschaulichen Karten und Illustrationen dürften nicht nur bei geschichtsinteressierten Lesern auf Begeisterung stoßen, sondern auch jene in ihren Bann ziehen, die sich für die Migration als gesellschaftlich wiederkehrendes Phänomen interessieren und hierüber mehr erfahren möchten.

geschrieben am 22.09.2024 | 864 Wörter | 5591 Zeichen

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