ISBN | 3888979323 | |
Autor | Tim Parks | |
Verlag | Antje Kunstmann | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 444 | |
Erscheinungsjahr | 2015 | |
Extras | - |
Die Trilogie um Morris Duckworth findet mit dem Band âMr. Duckworth sammelt den Todâ ein versöhnliches Ende. Warum âversöhnlichâ? Nun, der mittlere Band der Trilogie hat nach meinem Empfinden nicht so gut abgeschnitten wie der lebhaftere, ĂŒberraschendere erste Band, denn den greinenden und sich in religiös verzerrte Wahnbilder flĂŒchtenden Duckworth konnte ich schlicht nicht leiden, auch wenn er munter weiter vor sich hinmordete und seinen Kopf auch diesmal wieder aus der Schlinge zog, gleichzeitig aber das Trevisan-Vermögen weiterhin fĂŒr sich behalten konnte. Den dritten Band habe ich deshalb erst mit einiger zeitlicher Verzögerung gelesen und das war auch gut so. Interessanterweise macht auch der Roman selbst einen enormen zeitlichen Sprung, denn Duckworth ist inzwischen deutlich Ă€lter geworden, er ist verheiratet mit Antonella, der dritten und Ă€ltesten Trevisan-Schwester, sogar Vater zweier Kinder und noch dazu als Vorstand des Familienimperiums erfolgreich. Nebenbei betĂ€tigt er sich als Kunstsammler und zwar von GemĂ€lden, auf denen Gewalt und Tod abgebildet sind. Mit Vorliebe betrachtet er diese Werke in seinem eigenen Kunstzimmer, wo er wie schon zuvor in ein trautes ZwiegesprĂ€ch mit seiner geliebten âMimiâ verfĂ€llt, in das sich aber inzwischen auch noch Paola, die zweite Trevisan-Tochter einmischt. SpĂ€ter kommen sogar noch die anderen Todesopfer dazu, um in die Stimmenkakophonie in Morrisâ Kopf einzufallen.
Alles scheint auf einem guten Weg, Morris wird zum EhrenbĂŒrger von Verona ernannt, allerdings mit einem faden Beigeschmack, denn die Zeremonie wird seinen AnsprĂŒchen nicht ganz gerecht und sein Sohn wird auch noch zeitgleich wegen Ausschreitungen nach einem FuĂballspiel verhaftet. Morris wird vom Geltungsdrang ĂŒbermannt und erfindet nicht nur eine bislang unbekannte âDuckworth Foundationâ, sondern schlĂ€gt dem Museum der Stadt auch noch eine prĂ€chtige, epochenumspannende Ausstellung vor, um sein Wissen ĂŒber Mord, Totschlag und Ăsthetik vor Publikum zu bringen.
Allerdings muss er sich rasch mit weit gröĂeren Schwierigkeiten befassen als ihm lieb sein könnte. Das VerhĂ€ltnis zu seinen Kindern ist schwierig, seine libysche Geliebte Samira setzt ihn langsam unter Druck, der Museumsdirektor hat wenig Interesse an Morrisâ Projekt und zu allem Ăberfluss taucht auch noch sein alter amerikanischer Bekannter Stan auf, der sich zum einen bestens mit seiner Ehefrau versteht und noch dazu der einzige ist, der seine Flucht mit Mimi damals bezeugen könnte â wenn er sich denn erinnerte. Als die Probleme dann sukzessive ĂŒber Morrisâ Kopf zu wachsen drohen, besinnt er sich auf seine alten FĂ€higkeiten, um solche Schwierigkeiten aus der Welt zu schaffen: den Mord. Aber er scheitert ganz ĂŒberraschend bei Stan und sieht sich danach sogar einem Mordvorwurf ausgesetzt, den er beileibe nicht begangen haben will. In einem zĂ€hen Ringen mit sich und den ihn umschwirrenden Geistern zieht sich Morris aber gewissermaĂen an den eigenen Haaren aus diesem italienischen Intrigen- und Verbrechenssumpf, in dem er noch mehr Unheil und Missetaten ent- und aufdeckt und am Ende darf er dann in einem durchaus eleganten und zynischen Showdown noch einmal zeigen, was er eigentlich auf der Pfanne hat.
Dieser Duckworth-Roman ist endlich wieder mit der Raffinesse und gleichzeitig mit dem das zwinkernde Auge nutzenden Spott geschrieben, der mich beim ersten Band ĂŒberzeugt hat. Der Autor nimmt Morris und den italienischen Staat nicht allzu ernst und schreibt auch noch ĂŒber sich selbst eine kleine Persiflage in den Roman â eine sehr gelungene Spiegelung. Insofern eine klare LektĂŒreempfehlung, die sogar ohne die VorlektĂŒre der BĂ€nde eins und zwei möglich ist.
geschrieben am 28.02.2016 | 548 Wörter | 3201 Zeichen
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