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Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947


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Rezension von

Max Bloch

Preußen - Aufstieg und Niedergang 1600-1947 Preußen war kein Staat wie jeder andere. Preußen war immer auch eine Staatsidee, in deren Zeichen Kriege geführt, Privilegien gewährt und gewahrt, Reformen gemacht und Reiche vereint wurden. „Preußen“ wurde zum Synonym zentralisierter Macht, ein Unruheherd im Herzen Europas und ambitionierter Parvenu. Zugleich aber auch zum Sinnbild eines modernen Beamten- und Rechtsstaates. Und es wurde zum Mythos, der sich aus beiden Quellen speiste. Heute, 60 Jahre nach der Auflösung des preußischen Staates und 17 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, unternimmt es der australische Historiker Christopher Clark, auf das Phänomen Preußen einen nüchtern-analytischen Blick zu werfen, der die unkritisch-antipreußischen Verdikte ebenso historisiert wie die hymnischen Töne der borussischen Schule. Geboten wird dem Leser eine spannende Gesamtschau, eine Geschichtserzählung in bester angelsächsischer Tradition, die Kurzcharakteristiken der jeweiligen Staatsmänner und Fürsten ebenso umfasst wie Kultur- und Sozialgeschichtliches. Dabei werden bisweilen gewagte Parallelen gezogen: So wird der preußische Reformer Hardenberg, dessen politisches Handeln entscheidend zur Stabilisierung des Staates nach der Katastrophe von 1806 beigetragen hat, mit dem sowjetischen Staats- und Parteichef Gorbatschow verglichen, dessen Perestroika die Auflösung der Sowjetunion eben gerade nicht zu verhindern vermochte. Nichtsdestoweniger tragen derartige Vergleiche sehr zur Lebendigkeit der Lektüre bei. Clark unterteilt – im bewussten Gegensatz zum oft sehr selektiven Zugriff der Preußen-Enthusiasten wie -Verächter – die preußische Geschichte nicht in Gut und Böse, Reform- und Restaurationsphasen, sondern bemüht sich um eine ganzheitliche Sicht, die gegenläufige Strömungen zu umfassen vermag und allzu (kurz-)schlüssige Deutungen vermeidet. Dabei erscheint Preußen weder als der aufgeklärte Idealstaat, als der es sich ausgab, noch als jenes absolutistische Schattenreich, das seine Gegner aus ihm machten. Preußen war – so schrieb Karl Marx in Folge der 1848er-Revolution an Friedrich Engels – „eine Macht, die ebenso wenig absolutistisch sein konnte als sie liberal sein wollte“. Diese Ambivalenz, dieses Schwanken zwischen ungestümem Fortschritt und störrischer Beharrlichkeit, ist das Leitmotiv des Buches und wird dem Leser quellengesättigt und anekdotenreich präsentiert. Das lange Ende Preußens, das vergebliche Bemühen, seine Vorrangstellung im Deutschen Reiche zu behaupten, die Verfassungsdiskussionen von 1918/19, Papens „Preußenschlag“ von 1932, die Gleichschaltungspolitik der Nationalsozialisten und die Sündenbockfunktion nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wird von Clark im Ton des Bedauerns geschildert, ohne sich den Blick für die offensichtlichen Schwächen des preußischen Staates hierdurch verstellen zu lassen. Gleichwohl: Dass von Friedrich II. kein gerader Weg zu Hitler führte, dass Preußen nicht der Ausgangspunkt aller „Sonderwege“ und Fehlentwicklungen war, das ist nach der Lektüre dieses anregenden Buches vielleicht klarer als zuvor. Das einzige, was ihm zu wünschen bleibt, ist, dass die zahlreichen (und ärgerlichen) Tippfehler recht bald dem Rotstift eines wachsamen Lektors zum Opfer fallen.

Preußen war kein Staat wie jeder andere. Preußen war immer auch eine Staatsidee, in deren Zeichen Kriege geführt, Privilegien gewährt und gewahrt, Reformen gemacht und Reiche vereint wurden. „Preußen“ wurde zum Synonym zentralisierter Macht, ein Unruheherd im Herzen Europas und ambitionierter Parvenu. Zugleich aber auch zum Sinnbild eines modernen Beamten- und Rechtsstaates. Und es wurde zum Mythos, der sich aus beiden Quellen speiste. Heute, 60 Jahre nach der Auflösung des preußischen Staates und 17 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung, unternimmt es der australische Historiker Christopher Clark, auf das Phänomen Preußen einen nüchtern-analytischen Blick zu werfen, der die unkritisch-antipreußischen Verdikte ebenso historisiert wie die hymnischen Töne der borussischen Schule.

Geboten wird dem Leser eine spannende Gesamtschau, eine Geschichtserzählung in bester angelsächsischer Tradition, die Kurzcharakteristiken der jeweiligen Staatsmänner und Fürsten ebenso umfasst wie Kultur- und Sozialgeschichtliches. Dabei werden bisweilen gewagte Parallelen gezogen: So wird der preußische Reformer Hardenberg, dessen politisches Handeln entscheidend zur Stabilisierung des Staates nach der Katastrophe von 1806 beigetragen hat, mit dem sowjetischen Staats- und Parteichef Gorbatschow verglichen, dessen Perestroika die Auflösung der Sowjetunion eben gerade nicht zu verhindern vermochte. Nichtsdestoweniger tragen derartige Vergleiche sehr zur Lebendigkeit der Lektüre bei.

Clark unterteilt – im bewussten Gegensatz zum oft sehr selektiven Zugriff der Preußen-Enthusiasten wie -Verächter – die preußische Geschichte nicht in Gut und Böse, Reform- und Restaurationsphasen, sondern bemüht sich um eine ganzheitliche Sicht, die gegenläufige Strömungen zu umfassen vermag und allzu (kurz-)schlüssige Deutungen vermeidet. Dabei erscheint Preußen weder als der aufgeklärte Idealstaat, als der es sich ausgab, noch als jenes absolutistische Schattenreich, das seine Gegner aus ihm machten. Preußen war – so schrieb Karl Marx in Folge der 1848er-Revolution an Friedrich Engels – „eine Macht, die ebenso wenig absolutistisch sein konnte als sie liberal sein wollte“. Diese Ambivalenz, dieses Schwanken zwischen ungestümem Fortschritt und störrischer Beharrlichkeit, ist das Leitmotiv des Buches und wird dem Leser quellengesättigt und anekdotenreich präsentiert.

Das lange Ende Preußens, das vergebliche Bemühen, seine Vorrangstellung im Deutschen Reiche zu behaupten, die Verfassungsdiskussionen von 1918/19, Papens „Preußenschlag“ von 1932, die Gleichschaltungspolitik der Nationalsozialisten und die Sündenbockfunktion nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, wird von Clark im Ton des Bedauerns geschildert, ohne sich den Blick für die offensichtlichen Schwächen des preußischen Staates hierdurch verstellen zu lassen. Gleichwohl: Dass von Friedrich II. kein gerader Weg zu Hitler führte, dass Preußen nicht der Ausgangspunkt aller „Sonderwege“ und Fehlentwicklungen war, das ist nach der Lektüre dieses anregenden Buches vielleicht klarer als zuvor. Das einzige, was ihm zu wünschen bleibt, ist, dass die zahlreichen (und ärgerlichen) Tippfehler recht bald dem Rotstift eines wachsamen Lektors zum Opfer fallen.

geschrieben am 13.10.2007 | 426 Wörter | 2792 Zeichen

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