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Aura und Reflexion – Schriften zur Kunsttheorie und Ästhetik


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Rezension von

Daniel Bigalke

Aura und Reflexion – Schriften zur Kunsttheorie und Ästhetik Der Band ist Teil einer sechsbändigen Auswahlausgabe der Schriften Walter Benjamins (1892-1940) bei Suhrkamp, die sich an den wissenschaftlich interessierten Leser wendet, der vielerlei Fragen sieht und zielstrebig auf Benjamin zurückgreift, weil er dort vielerlei Lösungen findet. Während seines Lebens am Rande der Armut und des wissenschaftlichen Betriebs ist das Werk Benjamins nach seiner Wiederentdeckung in den 60er und 70er Jahren von großer Bedeutung. Seine Texte befinden sich kontextuell in allen disziplinären Ordnungen der Wissenschaften. Und auch bei der Lektüre des vorliegenden Buches wird klar, daß sie dadurch gerade einen unverkennbaren Stil, eine schwermütige weil tiefgründige philosophische Haltung gewinnen. Das vorliegende Buch präsentiert die einschlägigen Schriften, Essays, Miniaturen und Aufzeichnungen zur Kunsttheorie und Ästhetik Benjamins. Es befasst sich entsprechend mit dem Ursprung der Kunst in der Farbe (11), mit der Kritik in der Romantik (37) oder mit dem Ursprung von Literatur und Übersetzung in der Sprache (95). Ein ausführliches Nachwort kommentiert Entwicklung und Zusammenhang des ästhetischen Denkens Benjamins. Immer wieder geht es Benjamin, z.B. in seiner Theorie der Aura, um die einschneidenden Veränderungen der Arbeitswelt durch Automatisierung und Kapitalisierung, die sich mit zeitlicher Verzögerung auf den Bereich der Kunst auswirken. Dieser Wandel - in seiner ökonomischen Begründung und im gesellschaftspolitischen Zusammenhang - ist Gegenstand zahlreicher Analysen. Die auf diese Weise von Benjamin extrahierten "Entwicklungstendenzen der Kunst unter den gegenwärtigen Produktionsbedingungen" werden von einem Phänomen dominiert: dem "Verfall der Aura" – ein zentrales Thema. Als Bündelung diverser Veränderungen, die dem Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit widerfahren, wird dieser Ausdruck notwendigerweise mehrdeutig. "Das Hier und Jetzt des Kunstwerks" als historische Trägersubstanz, die seine Autorität und Echtheit ausmacht, geht durch die Reproduktion verloren. Damit ist das vorliegende Buch zugleich Ausdruck der Tragik des Ringens um Identität, sowohl Identität der Person, als auch Identität des Kunstwerkes, denn das Buch ist getränkt vom Gefühl der Sehnsucht und der Erkenntnis von der Unwiederbringlichkeit des Vergangenen, insbesondere bei seinen Reflexionen mit dem Titel „Allegorien der Kindheit“. (417) Insgesamt repräsentiert das Buch Gefühle, deren philosophische Einordnung infolge konsequenter Selbstreflexion kaum jemand anders hätte besser ausdrücken können, als der von Zerrissenheit gepeinigte Benjamin auf der Suche nach seinem ihm gemäßen Ort in der Welt und auf der Suche nach der Originalität. Der gesamte Bereich der Echtheit entzieht sich deshalb für ihn der technischen Reproduktion. Er verlagert ihn in die metaphysische Rolle des zu Suchenden hinein. Die vorliegenden Gedanken als Essenz einer Verschmelzung von metaphysischen und phänomennahen Reflexionen, in denen Subjekt und Objekt eine Rolle spielen – das Benjaminsche Reflexionsmedium wird als Selbstbewusstsein und als Dinge der Natur artikuliert – dienen am Ende der festen Instandsetzung der auratischen Wahrnehmung. Diese aber wird entgegen Benjamins Hoffnung am Ende des 19. Jahrhunderts tatsächlich durch die schockförmige und oberflächlich reproduzierte Wahrnehmung medialer Inszenierung abgelöst. Es gibt für ihn die Aura der reinen Erscheinung und es gibt die in Allegorien sprechende und sich nicht enträtselnde Reflexion. Beide schließen sich aus. Original und Aura stehen somit der Reproduktion und der medialen Indienststellung von Kunst entgegen. Fazit: Wir haben hier eine ernstzunehmende Kulturkritik ersten Ranges vorliegen, welche einer weiteren Rezeption würdig ist.

Der Band ist Teil einer sechsbändigen Auswahlausgabe der Schriften Walter Benjamins (1892-1940) bei Suhrkamp, die sich an den wissenschaftlich interessierten Leser wendet, der vielerlei Fragen sieht und zielstrebig auf Benjamin zurückgreift, weil er dort vielerlei Lösungen findet. Während seines Lebens am Rande der Armut und des wissenschaftlichen Betriebs ist das Werk Benjamins nach seiner Wiederentdeckung in den 60er und 70er Jahren von großer Bedeutung. Seine Texte befinden sich kontextuell in allen disziplinären Ordnungen der Wissenschaften. Und auch bei der Lektüre des vorliegenden Buches wird klar, daß sie dadurch gerade einen unverkennbaren Stil, eine schwermütige weil tiefgründige philosophische Haltung gewinnen. Das vorliegende Buch präsentiert die einschlägigen Schriften, Essays, Miniaturen und Aufzeichnungen zur Kunsttheorie und Ästhetik Benjamins. Es befasst sich entsprechend mit dem Ursprung der Kunst in der Farbe (11), mit der Kritik in der Romantik (37) oder mit dem Ursprung von Literatur und Übersetzung in der Sprache (95). Ein ausführliches Nachwort kommentiert Entwicklung und Zusammenhang des ästhetischen Denkens Benjamins.

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Immer wieder geht es Benjamin, z.B. in seiner Theorie der Aura, um die einschneidenden Veränderungen der Arbeitswelt durch Automatisierung und Kapitalisierung, die sich mit zeitlicher Verzögerung auf den Bereich der Kunst auswirken. Dieser Wandel - in seiner ökonomischen Begründung und im gesellschaftspolitischen Zusammenhang - ist Gegenstand zahlreicher Analysen. Die auf diese Weise von Benjamin extrahierten "Entwicklungstendenzen der Kunst unter den gegenwärtigen Produktionsbedingungen" werden von einem Phänomen dominiert: dem "Verfall der Aura" – ein zentrales Thema.

Als Bündelung diverser Veränderungen, die dem Kunstwerk im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit widerfahren, wird dieser Ausdruck notwendigerweise mehrdeutig. "Das Hier und Jetzt des Kunstwerks" als historische Trägersubstanz, die seine Autorität und Echtheit ausmacht, geht durch die Reproduktion verloren. Damit ist das vorliegende Buch zugleich Ausdruck der Tragik des Ringens um Identität, sowohl Identität der Person, als auch Identität des Kunstwerkes, denn das Buch ist getränkt vom Gefühl der Sehnsucht und der Erkenntnis von der Unwiederbringlichkeit des Vergangenen, insbesondere bei seinen Reflexionen mit dem Titel „Allegorien der Kindheit“. (417) Insgesamt repräsentiert das Buch Gefühle, deren philosophische Einordnung infolge konsequenter Selbstreflexion kaum jemand anders hätte besser ausdrücken können, als der von Zerrissenheit gepeinigte Benjamin auf der Suche nach seinem ihm gemäßen Ort in der Welt und auf der Suche nach der Originalität.

Der gesamte Bereich der Echtheit entzieht sich deshalb für ihn der technischen Reproduktion. Er verlagert ihn in die metaphysische Rolle des zu Suchenden hinein. Die vorliegenden Gedanken als Essenz einer Verschmelzung von metaphysischen und phänomennahen Reflexionen, in denen Subjekt und Objekt eine Rolle spielen – das Benjaminsche Reflexionsmedium wird als Selbstbewusstsein und als Dinge der Natur artikuliert – dienen am Ende der festen Instandsetzung der auratischen Wahrnehmung. Diese aber wird entgegen Benjamins Hoffnung am Ende des 19. Jahrhunderts tatsächlich durch die schockförmige und oberflächlich reproduzierte Wahrnehmung medialer Inszenierung abgelöst. Es gibt für ihn die Aura der reinen Erscheinung und es gibt die in Allegorien sprechende und sich nicht enträtselnde Reflexion. Beide schließen sich aus. Original und Aura stehen somit der Reproduktion und der medialen Indienststellung von Kunst entgegen. Fazit: Wir haben hier eine ernstzunehmende Kulturkritik ersten Ranges vorliegen, welche einer weiteren Rezeption würdig ist.

geschrieben am 11.03.2008 | 505 Wörter | 3254 Zeichen

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