Navigation

Seiten der Rubrik "Bücher"


Google Anzeigen

Anzeigen

Bücher

Praktische Philosophie: Das Modell des Aristoteles


Statistiken
  • 5797 Aufrufe

Informationen zum Buch
  ISBN
  Autor
  Verlag
  Sprache
  Seiten
  Erscheinungsjahr
  Extras

Rezension von

Daniel Bigalke

Praktische Philosophie: Das Modell des Aristoteles Für den Philosophen Aristoteles kann die Welt nicht als Einheit gedacht werden. Es müsse die Vielheit zugelassen werden. Er gliedert die Wissenschaft in theoretische Philosophie (die naturgeschaffenen Dinge sind unabänderlich) und in praktische Philosophie (die menschengeschaffenen Dinge sind änderbar). So entsteht für ihn erstmals die vielfältige Entscheidung zwischen Subjekt und Objekt. Das Sein zerfällt, die Idee des Guten zerfällt und so haben die Menschen keine Bindung mehr. Es entsteht die Theorie in sittlicher Absicht, um die Menschen besser zu machen (Sitte = Ethos). Das ist die Aufgabe seiner Ethik und Politik, die damit eine spezifisch praktische ist. Der wirkungsmächtige Begriff einer praktischen Philosophie geht also auf Aristoteles zurück. Der Begriff ist ebenso wie sein Gegenbegriff, der der theoretischen Philosophie, ungewöhnlich, sogar provokativ. Otfried Höffe zeigt nun im vorliegenden Buch, daß Ethik als wissenschaftliche und zugleich sittlich engagierte Disziplin zu begreifen ist. Für diesen Zweck bedarf es einer besonderen Rationalitätsform, einer Grundriss-Wissenschaft. Die Nicomachische Ethik des Aristoteles besagt nun, man müsse sich praktisch und selbst zu den Tugenden entscheiden (proheiresis). Die Zentraltugend ist die Gerechtigkeit im 5. Buch seiner Ethik. Menschsein heißt damit, sich selber mögen, dann kann man auch andere mögen. Die Menschen müssen sich um das Leben kümmern und Ernährungsmittel beschaffen. Sklaven seien „von Natur aus“ Sklaven und zum „Schaffen“ gemacht. Der Mensch ist nicht das Beste im Kosmos; man müsse eine Menge tun und sich formieren über das Erlernen von Tugenden und durch Gesetze, um gut zu werden. Darin besteht die praktische Konsequenz des ethischen Denkens bei Aristoteles. Damit ist auch die Politik etwas Gemachtes, welches auch anders gemacht werden kann. An dieser Stelle entsteht die Handlungsfreiheit des Subjektes. Im Ethiker Aristoteles erkennen wir, daß das, was besteht, de facto als solche Gegebenheit akzeptiert wird und eine Rolle zugeschrieben bekommt. Die Demokratie ist der Konsens Vieler. Frauen und Sklaven, die im Oikos (Haushalt) arbeiten, sind vom politischen Geschehen ausgeschlossen. Aristoteles ist ein Exklusionist in diesem Sinne. Ein sittliches Lebensprogramm ist für jene Exklusionierten nicht möglich. Höffe beschreibt in seinem Buch die praktische Dimension im Denken des Aristoteles, und zwar über die aristotelische und systematische Absicht, die Ethik als praktische Philosophie sowie die Ethik als sittliches Handeln auszuformulieren. Auch für Höffe besteht das Ziel der Ethik bei Aristoteles im Sittlichwerden. Die Politik ist bei Aristoteles die Lehre der Gemeinschaft; die vornehmste Gemeinschaft, wiederum die sittliche, ist die Polis. Sie bildet sich aus einem Zweck: Das Überleben und der Erhalt der Gattung. Auch hier ist der Sinn des Lebens das gute und sittliche Leben. Das Ganze der Polis steht vor den Teilen. Außerhalb der Polis könne man nur Tier oder Gott sein. Weil die Polis von Natur aus besteht, sei der Mensch ein politisches Wesen. Der Bezug zur praktischen Ethik nun besteht darin, daß Menschsein heißt, ein gutes Leben in eudaimonia (Glückseligkeit) zu führen und die eigenen Potentiale vollständig zu entwickeln. Politik wird hier ethisch und Ethik politisch. Philosophie ist damit bei Aristoteles immer in praktischer Absicht vollzogen worden, nicht so wie heute, wo in der Universitätsphilosophie das ewige Rezipieren von Hegel oder Kant vollzogen wird, stetig über sie geredet wird, es aber keine eigenen originären Philosophen gibt, die die Qualität Kants oder Hegels selbst besitzen und selbst denken. So ist nun auch ein Subjekt-Denken wie in der Neuzeit bei Aristoteles undenkbar. Die Polis ist immer schon strukturiert, normativ aufgeladen und an sich gut; der Mensch müsse nur den Weg finden, sich der Norm anzupassen. Höffe kommt völlig richtig zu dem Schluß, das die aristotelischen Begriffe derartig geformt sind, daß sie die praktische Freiheit des Handelnden herausfordern. Damit sind sie an sich selbst nicht theoretische, sondern praktische dynamische Begriffe. Das Buch ist eine optimale allgemeine aber auch spezifisch analysierende Einführung in die praktischen Konsequenzen des aristotelischen Konzeptes.

Für den Philosophen Aristoteles kann die Welt nicht als Einheit gedacht werden. Es müsse die Vielheit zugelassen werden. Er gliedert die Wissenschaft in theoretische Philosophie (die naturgeschaffenen Dinge sind unabänderlich) und in praktische Philosophie (die menschengeschaffenen Dinge sind änderbar). So entsteht für ihn erstmals die vielfältige Entscheidung zwischen Subjekt und Objekt. Das Sein zerfällt, die Idee des Guten zerfällt und so haben die Menschen keine Bindung mehr. Es entsteht die Theorie in sittlicher Absicht, um die Menschen besser zu machen (Sitte = Ethos). Das ist die Aufgabe seiner Ethik und Politik, die damit eine spezifisch praktische ist.

weitere Rezensionen von Daniel Bigalke


Der wirkungsmächtige Begriff einer praktischen Philosophie geht also auf Aristoteles zurück. Der Begriff ist ebenso wie sein Gegenbegriff, der der theoretischen Philosophie, ungewöhnlich, sogar provokativ. Otfried Höffe zeigt nun im vorliegenden Buch, daß Ethik als wissenschaftliche und zugleich sittlich engagierte Disziplin zu begreifen ist. Für diesen Zweck bedarf es einer besonderen Rationalitätsform, einer Grundriss-Wissenschaft.

Die Nicomachische Ethik des Aristoteles besagt nun, man müsse sich praktisch und selbst zu den Tugenden entscheiden (proheiresis). Die Zentraltugend ist die Gerechtigkeit im 5. Buch seiner Ethik. Menschsein heißt damit, sich selber mögen, dann kann man auch andere mögen. Die Menschen müssen sich um das Leben kümmern und Ernährungsmittel beschaffen. Sklaven seien „von Natur aus“ Sklaven und zum „Schaffen“ gemacht. Der Mensch ist nicht das Beste im Kosmos; man müsse eine Menge tun und sich formieren über das Erlernen von Tugenden und durch Gesetze, um gut zu werden. Darin besteht die praktische Konsequenz des ethischen Denkens bei Aristoteles. Damit ist auch die Politik etwas Gemachtes, welches auch anders gemacht werden kann. An dieser Stelle entsteht die Handlungsfreiheit des Subjektes.

Im Ethiker Aristoteles erkennen wir, daß das, was besteht, de facto als solche Gegebenheit akzeptiert wird und eine Rolle zugeschrieben bekommt. Die Demokratie ist der Konsens Vieler. Frauen und Sklaven, die im Oikos (Haushalt) arbeiten, sind vom politischen Geschehen ausgeschlossen. Aristoteles ist ein Exklusionist in diesem Sinne. Ein sittliches Lebensprogramm ist für jene Exklusionierten nicht möglich. Höffe beschreibt in seinem Buch die praktische Dimension im Denken des Aristoteles, und zwar über die aristotelische und systematische Absicht, die Ethik als praktische Philosophie sowie die Ethik als sittliches Handeln auszuformulieren. Auch für Höffe besteht das Ziel der Ethik bei Aristoteles im Sittlichwerden. Die Politik ist bei Aristoteles die Lehre der Gemeinschaft; die vornehmste Gemeinschaft, wiederum die sittliche, ist die Polis. Sie bildet sich aus einem Zweck: Das Überleben und der Erhalt der Gattung. Auch hier ist der Sinn des Lebens das gute und sittliche Leben. Das Ganze der Polis steht vor den Teilen. Außerhalb der Polis könne man nur Tier oder Gott sein. Weil die Polis von Natur aus besteht, sei der Mensch ein politisches Wesen.

Der Bezug zur praktischen Ethik nun besteht darin, daß Menschsein heißt, ein gutes Leben in eudaimonia (Glückseligkeit) zu führen und die eigenen Potentiale vollständig zu entwickeln. Politik wird hier ethisch und Ethik politisch. Philosophie ist damit bei Aristoteles immer in praktischer Absicht vollzogen worden, nicht so wie heute, wo in der Universitätsphilosophie das ewige Rezipieren von Hegel oder Kant vollzogen wird, stetig über sie geredet wird, es aber keine eigenen originären Philosophen gibt, die die Qualität Kants oder Hegels selbst besitzen und selbst denken. So ist nun auch ein Subjekt-Denken wie in der Neuzeit bei Aristoteles undenkbar. Die Polis ist immer schon strukturiert, normativ aufgeladen und an sich gut; der Mensch müsse nur den Weg finden, sich der Norm anzupassen.

Höffe kommt völlig richtig zu dem Schluß, das die aristotelischen Begriffe derartig geformt sind, daß sie die praktische Freiheit des Handelnden herausfordern. Damit sind sie an sich selbst nicht theoretische, sondern praktische dynamische Begriffe. Das Buch ist eine optimale allgemeine aber auch spezifisch analysierende Einführung in die praktischen Konsequenzen des aristotelischen Konzeptes.

geschrieben am 01.03.2009 | 616 Wörter | 3649 Zeichen

Kommentare lesen Kommentar schreiben

Kommentare zur Rezension (0)

Platz für Anregungen und Ergänzungen