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Wahrheit, Lüge, Fiktion


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Rezension von

Hiram Kümper

Wahrheit, Lüge, Fiktion Die spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Badekultur hat immer wieder das Interesse der Zurückschauenden auf sich gezogen – vor allem als Faszinosum. Irgendwo zwischen romantisierter Sphäre der Freiheit in sonst so körperfeindlich-sittenstreng empfundenen Zeiten und lasterhaftem Sündenpfuhl, der von außerehelichem Sex, Prostitution und krummen Geschäften wimmelte, bewegen sich die historischen Zerrbilder, die immer wieder beschworen werden. Schon die Zeitgenossen aber haben der Badekultur ein besonderes kulturelles, auch literarisches Interesse entgegen gebracht. Dem hat sich nun die germanistische Dissertation von Simone Loleit angenommen, die im Frühjahr 2007 an der Universität Duisburg-Essen abgeschlossen wurde. Sie geht darin den literarischen Repräsentationen jener Badekultur anhand deutschsprachiger, gedruckter Texte des 16. Jahrhunderts nach. Besonderes Gewicht räumt die Verfasserin dabei dem Nürnberger Meistersänger Hans Sachs und dem vehementen Luthergegenspieler Thomas Murner ein, denen jeweils Einzelkapitel gewidmet sind. Eine ganze Reihe weiterer Texte schreiben sich explizit in konfessionelle Kontexte ein. Der radikal auf die erzählanalytische Dimension beschränkte Blick tut dieser Arbeit sehr gut. So umgeht die Verfasserin die Stolperfallen übereiliger oder unangenehm verflachter Historisierungen, die vielen Vorgängerarbeiten zum Verhängnis geworden sind. Im Grunde, so wird man sagen können, interessiert sich die Verfasserin nicht dafür, wie denn das Leben und Treiben in der spätmittelalterliche Badstube nun wirklich gewesen sein mag. Und das ist gut so. Vielmehr erfahren wir durch ihre gründlichen Analysen etwas darüber, wie ein Motiv bzw. eine Metapher und deren Einzelelemente mit Sinn aufgeladen und in andere Zusammenhänge inkorporiert werden können. Dabei arbeitet Loleit zwei Dimensionen heraus, in denen das Bad als Raum und als Handlung literarisch bedeutsam wird: Zum einen als Abbildung des Menschen und seiner Seele, zum anderen als Modell von Gesellschaft. Diese sehr einfache Zweiteilung kann sie nicht nur an zahlreichen Texten exemplifizieren, sondern auch noch weiter ausdifferenzieren. Die sehr auf den Punkt gebrachte Schlussbetrachtung vermittelt ein gutes Bild davon und erlaubt dem an Einzelproblemen interessierten Leser einen zielgerichteten Einstieg zu den Werkanalysen.

Die spätmittelalterlich-frühneuzeitliche Badekultur hat immer wieder das Interesse der Zurückschauenden auf sich gezogen – vor allem als Faszinosum. Irgendwo zwischen romantisierter Sphäre der Freiheit in sonst so körperfeindlich-sittenstreng empfundenen Zeiten und lasterhaftem Sündenpfuhl, der von außerehelichem Sex, Prostitution und krummen Geschäften wimmelte, bewegen sich die historischen Zerrbilder, die immer wieder beschworen werden.

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Schon die Zeitgenossen aber haben der Badekultur ein besonderes kulturelles, auch literarisches Interesse entgegen gebracht. Dem hat sich nun die germanistische Dissertation von Simone Loleit angenommen, die im Frühjahr 2007 an der Universität Duisburg-Essen abgeschlossen wurde. Sie geht darin den literarischen Repräsentationen jener Badekultur anhand deutschsprachiger, gedruckter Texte des 16. Jahrhunderts nach. Besonderes Gewicht räumt die Verfasserin dabei dem Nürnberger Meistersänger Hans Sachs und dem vehementen Luthergegenspieler Thomas Murner ein, denen jeweils Einzelkapitel gewidmet sind. Eine ganze Reihe weiterer Texte schreiben sich explizit in konfessionelle Kontexte ein.

Der radikal auf die erzählanalytische Dimension beschränkte Blick tut dieser Arbeit sehr gut. So umgeht die Verfasserin die Stolperfallen übereiliger oder unangenehm verflachter Historisierungen, die vielen Vorgängerarbeiten zum Verhängnis geworden sind. Im Grunde, so wird man sagen können, interessiert sich die Verfasserin nicht dafür, wie denn das Leben und Treiben in der spätmittelalterliche Badstube nun wirklich gewesen sein mag. Und das ist gut so. Vielmehr erfahren wir durch ihre gründlichen Analysen etwas darüber, wie ein Motiv bzw. eine Metapher und deren Einzelelemente mit Sinn aufgeladen und in andere Zusammenhänge inkorporiert werden können.

Dabei arbeitet Loleit zwei Dimensionen heraus, in denen das Bad als Raum und als Handlung literarisch bedeutsam wird: Zum einen als Abbildung des Menschen und seiner Seele, zum anderen als Modell von Gesellschaft. Diese sehr einfache Zweiteilung kann sie nicht nur an zahlreichen Texten exemplifizieren, sondern auch noch weiter ausdifferenzieren. Die sehr auf den Punkt gebrachte Schlussbetrachtung vermittelt ein gutes Bild davon und erlaubt dem an Einzelproblemen interessierten Leser einen zielgerichteten Einstieg zu den Werkanalysen.

geschrieben am 08.06.2009 | 306 Wörter | 2031 Zeichen

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