Navigation

Seiten der Rubrik "Bücher"


Google Anzeigen

Anzeigen

Bücher

Die Helligkeit der Nacht


Statistiken
  • 8769 Aufrufe

Informationen zum Buch
  ISBN
  Autor
  Verlag
  Sprache
  Seiten
  Erscheinungsjahr
  Extras

Rezension von

Julia Göpfert

Die Helligkeit der Nacht Paar überkreuz Menschen verbringen einen großen Teil ihres Lebens mit der Suche nach ihrem Seelenverwandten. In Dagmar Leupolds Roman „Die Helligkeit der Nacht“ findet der Dichter Heinrich von Kleist seine Seelenverwandte erst nach seinem Tod: Ulrike Meinhof. Auf den ersten Blick erscheinen Kleist und Meinhof eine seltsame Kombination, nicht nur wegen der Jahrhunderte, die zwischen ihnen liegen. Erst als Geister begegnen sich die beiden im Jahr 2008 in Oßmannstedt und Ulrikes wissendes Lächeln fasziniert Kleist derart, dass er ihr von nun an Briefe schreibt. Denn seiner Ansicht nach ergeben der mädchenhafte Dichter und die männlich wirkende RAF-Kämpferin „überkreuz doch ein Paar.“„Es ist die Art der Gewalt, die uns verwandt macht. Es ist die Art des Verkehrs mit ihr, die uns trennt.“, erklärt Kleist ihr. Ihre Wut gegenüber der Gesellschaft und der Ungerechtigkeit, trug Ulrike nach außen, Kleist hingegen behielt sie in seinem Inneren, lebte sie in seinen Stücken aus. Aber es war doch der gleiche Konflikt, der beide quälte. Das Ende beides Mal die Selbstzerstörung. Und Ulrike Meinhof, was sagt sie zu alle dem? Nichts, ihre Antworten auf Kleists Briefe, finden nur im Kopf des Dichters statt. Sie selbst äußert sich nie dazu. Und so bleiben die Briefe und der aus ihnen entstandene Roman zum Schluss nur ein luftiges „Winken aus der Ferne“, ein „Magazin der Seele“, ein Journal. Die Idee, dem femininen Kleist eine Seelenverwandte mit männlichen Zügen zu suchen, verwirklichte bereits Christa Wolf in „Kein Ort. Nirgends“. Trotzdem bleibt die Idee, Kleist mit einer Person zusammenzuführen, die ihn – im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen – verstanden hätte, hoch interessant. Zumal Leupold nicht nur eine andere Seelenverwandte wählt, sondern auch diese Idee ganz anders umsetzt als Wolf. Während Wolfs lebendiger Kleist von der Gesellschaft und sich selbst getrieben ist, schwebt Leupolds toter Kleist ruhig über unserer Welt und betrachtet diese distanziert, aber nachdenklich und interessiert, vor allem was Ulrike betrifft, deren Charakter und Leben er in seinen Gedanken immer besser kennenlernt. Beinahe wirkt sie selbst wie eine Figur aus Kleists Stücken, die meist tragisch enden; genau wie Kleists Leben. Trotz ihrer wunderschönen Sprache, die Briefe an Ulrike entfalten ihren Zauber nur dann, wenn man genau hinhört, nicht einfach darüberliest, auf Zwischentöne achtet, Gedanken weiterverfolgt. Dann aber wirkt dieses Buch auf seinen Leser, wie Ulrike Meinhof auf Heinrich von Kleist: Ergreifend!

Paar ĂĽberkreuz

weitere Rezensionen von Julia Göpfert

#
rezensiert seit
Buchtitel
1
08.04.2011
2
23.01.2011
4
28.12.2010
5
31.07.2010

Menschen verbringen einen großen Teil ihres Lebens mit der Suche nach ihrem Seelenverwandten. In Dagmar Leupolds Roman „Die Helligkeit der Nacht“ findet der Dichter Heinrich von Kleist seine Seelenverwandte erst nach seinem Tod: Ulrike Meinhof.

Auf den ersten Blick erscheinen Kleist und Meinhof eine seltsame Kombination, nicht nur wegen der Jahrhunderte, die zwischen ihnen liegen. Erst als Geister begegnen sich die beiden im Jahr 2008 in Oßmannstedt und Ulrikes wissendes Lächeln fasziniert Kleist derart, dass er ihr von nun an Briefe schreibt. Denn seiner Ansicht nach ergeben der mädchenhafte Dichter und die männlich wirkende RAF-Kämpferin „überkreuz doch ein Paar.“„Es ist die Art der Gewalt, die uns verwandt macht. Es ist die Art des Verkehrs mit ihr, die uns trennt.“, erklärt Kleist ihr. Ihre Wut gegenüber der Gesellschaft und der Ungerechtigkeit, trug Ulrike nach außen, Kleist hingegen behielt sie in seinem Inneren, lebte sie in seinen Stücken aus. Aber es war doch der gleiche Konflikt, der beide quälte. Das Ende beides Mal die Selbstzerstörung.

Und Ulrike Meinhof, was sagt sie zu alle dem? Nichts, ihre Antworten auf Kleists Briefe, finden nur im Kopf des Dichters statt. Sie selbst äußert sich nie dazu. Und so bleiben die Briefe und der aus ihnen entstandene Roman zum Schluss nur ein luftiges „Winken aus der Ferne“, ein „Magazin der Seele“, ein Journal.

Die Idee, dem femininen Kleist eine Seelenverwandte mit männlichen Zügen zu suchen, verwirklichte bereits Christa Wolf in „Kein Ort. Nirgends“. Trotzdem bleibt die Idee, Kleist mit einer Person zusammenzuführen, die ihn – im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen – verstanden hätte, hoch interessant. Zumal Leupold nicht nur eine andere Seelenverwandte wählt, sondern auch diese Idee ganz anders umsetzt als Wolf. Während Wolfs lebendiger Kleist von der Gesellschaft und sich selbst getrieben ist, schwebt Leupolds toter Kleist ruhig über unserer Welt und betrachtet diese distanziert, aber nachdenklich und interessiert, vor allem was Ulrike betrifft, deren Charakter und Leben er in seinen Gedanken immer besser kennenlernt. Beinahe wirkt sie selbst wie eine Figur aus Kleists Stücken, die meist tragisch enden; genau wie Kleists Leben.

Trotz ihrer wunderschönen Sprache, die Briefe an Ulrike entfalten ihren Zauber nur dann, wenn man genau hinhört, nicht einfach darüberliest, auf Zwischentöne achtet, Gedanken weiterverfolgt. Dann aber wirkt dieses Buch auf seinen Leser, wie Ulrike Meinhof auf Heinrich von Kleist: Ergreifend!

geschrieben am 22.06.2010 | 381 Wörter | 2196 Zeichen

Kommentare lesen Kommentar schreiben

Kommentare zur Rezension (0)

Platz für Anregungen und Ergänzungen