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George Tabori - Die Romane


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Rezension von

Dr. Benjamin Krenberger

George Tabori - Die Romane Der Name George Tabori ist manchem eher aufgrund seiner Theaterstücke bzw. als Regisseur und Drehbuchautor bekannt. Bemerkenswert ist der Umstand, dass Tabori, obwohl er seine Werke nicht in deutscher Sprache verfasste, den Büchner-Preis erhielt. Er hat sich auch als Romancier hervorgetan und nachdem seine vier Romane bereits im Jahr 2004 im Steidl-Verlag veröffentlicht wurden, sind sie im Jahr 2015 erneut erschienen, kurz nachdem Tabori 100 Jahre alt geworden wäre. Die Romane sind optisch schön aufgemacht und im Schuber erhältlich. Die Romane erschienen im Original zwischen 1942 und 1951 und es ist, selbst bei der Lektüre zu heutigen Zeiten, ein ganz plastisches und lebendiges Gefühl, in die von Tabori geschaffenen Szenen und Welten einzutauchen – selbst wenn man nach kurzer Zeit daraus gerne wieder fliehen möchte. Die zahlreichen und mannigfaltigen Einflüsse, denen sich Tabori auch im echten Leben ausgesetzt sah, findet man problemlos auch in seinen Romanen wieder. Die Kollision zwischen Sein und Sollen, zwischen Wunsch und Realität, findet unentwegt statt und man kann sich als Leser niemals sicher sein, wie die Protagonisten mit den ihnen gestellten Herausforderungen umgehen werden. Dabei wird auch der moralische Standpunkt der Handelnden immer wieder auf die Probe gestellt, sodass sich auch der Leser stets vergewissern muss, wie er nach eigenem Gewissen entschieden hätte. Nicht selten steht auch die blanke Existenz der Beteiligten auf dem Spiel, sodass es nicht nur wohlfeiles Argumentieren und Lamentieren ist, sondern sich für die Figuren die wesentlichen Fragen des Lebens stellen. Der erste, 1942 erschienene Roman „Das Opfer“ spielt im von Deutschland besetzten Balkangebiet und beschreibt die Gefangenschaft eines englischen Offiziers in Händen eines deutschen Majors. Der Engländer wird als Gefangener betreut, aber später freigelassen. Auf der Weiterreise nach Istanbul auf einem jüdischen Auswandererschiff zerbricht dann auch noch die Beziehung des Engländers zu seiner Geliebten und Tabori stellt die distanzierte Haltung des Engländers subtil aber gekonnt in Frage. Im zweiten Roman, „Gefährten zur linken Hand“, der 1946 erschien, stellt wieder Antipoden in den Mittelpunkt: einen ungarischen Dramaturgen, der seinen Urlaub genießen möchte, und einen italienischen Revolutionär, die sich in Debatten über den Sinn des Lebens verlieren – bis die eintreffende deutsche Besatzungsmacht die beiden in die Realität zurückholt. „Ein guter Mord“ ist der Titel des dritten Romans und entfaltet dem Leser sukzessive die Hintergründe und auch Abgründe, die möglicherweise zum Tod der Frau von Tristan Manasse geführt haben. Die Szenerie im Gasthaus in Ägypten ist teilweise dermaßen stickig beschrieben, dass man den allzu häufig erwähnten Wüstensand schon selbst als zähes Beiwerk zu spüren beginnt. Nur langsam kommen allerlei Verstrickungen und Verwirrungen zutage und das Prinzip Verdrängung, soviel wird hier klar, hat wohl noch bei keinem zum Seelenheil geführt. Der letzte Roman „Tod in Port Aarif“ soll der Arzt Francis Varga einen Araber wegen dessen Krebskrankheit behandeln, steht aber vor dem Dilemma, dass nicht wenige ihn als Despoten ansehen und lieber tot als lebendig sehen würden. Kann man sich durch gleichgültiges Verhalten schuldig machen? Diese Kernfrage führt auch weit in die Erfahrungen des gerade erst überstandenen Weltkriegs zurück und hat auch heute noch ihre Gültigkeit. Auch wenn Thematik, innere Konflikte, Dichtigkeit von Erzählung und Sprache oder auch die Mischung von Genres als Gesamtpaket überzeugend sind – ein Genuss ist die Lektüre der Romane leider nicht. Man muss sich teilweise richtig hindurcharbeiten, auch um den Faden nicht zu verlieren zwischen politischen, existentialistischen oder einfach einmal nur erzählenden Passagen. Natürlich muss nicht jeder Roman ein locker dahinperlender Kriminalroman oder Ähnliches sein, aber die Werke von Tabori gehören wohl eher zu der Kategorie von Werken, die man eigentlich einmal gelesen haben sollte, aber dann oftmals daran scheitert. Meiner Ansicht nach lohnt sich die Mühe durchaus, wenn man sich insbesondere vorher mit den Hintergründen seines Gesamtwerks auseinander setzt, auch um die Vielfalt der zu entdeckenden Aspekte in den Romanen richtig einordnen zu können. Dabei helfen auch die – bei Steidl regelmäßig enthaltenen – Nachworte zum jeweiligen Roman von Wend Kässens, die man hier getrost auch als Vorworte und am Stück lesen darf.

Der Name George Tabori ist manchem eher aufgrund seiner Theaterstücke bzw. als Regisseur und Drehbuchautor bekannt. Bemerkenswert ist der Umstand, dass Tabori, obwohl er seine Werke nicht in deutscher Sprache verfasste, den Büchner-Preis erhielt. Er hat sich auch als Romancier hervorgetan und nachdem seine vier Romane bereits im Jahr 2004 im Steidl-Verlag veröffentlicht wurden, sind sie im Jahr 2015 erneut erschienen, kurz nachdem Tabori 100 Jahre alt geworden wäre. Die Romane sind optisch schön aufgemacht und im Schuber erhältlich.

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Die Romane erschienen im Original zwischen 1942 und 1951 und es ist, selbst bei der Lektüre zu heutigen Zeiten, ein ganz plastisches und lebendiges Gefühl, in die von Tabori geschaffenen Szenen und Welten einzutauchen – selbst wenn man nach kurzer Zeit daraus gerne wieder fliehen möchte.

Die zahlreichen und mannigfaltigen Einflüsse, denen sich Tabori auch im echten Leben ausgesetzt sah, findet man problemlos auch in seinen Romanen wieder. Die Kollision zwischen Sein und Sollen, zwischen Wunsch und Realität, findet unentwegt statt und man kann sich als Leser niemals sicher sein, wie die Protagonisten mit den ihnen gestellten Herausforderungen umgehen werden. Dabei wird auch der moralische Standpunkt der Handelnden immer wieder auf die Probe gestellt, sodass sich auch der Leser stets vergewissern muss, wie er nach eigenem Gewissen entschieden hätte. Nicht selten steht auch die blanke Existenz der Beteiligten auf dem Spiel, sodass es nicht nur wohlfeiles Argumentieren und Lamentieren ist, sondern sich für die Figuren die wesentlichen Fragen des Lebens stellen.

Der erste, 1942 erschienene Roman „Das Opfer“ spielt im von Deutschland besetzten Balkangebiet und beschreibt die Gefangenschaft eines englischen Offiziers in Händen eines deutschen Majors. Der Engländer wird als Gefangener betreut, aber später freigelassen. Auf der Weiterreise nach Istanbul auf einem jüdischen Auswandererschiff zerbricht dann auch noch die Beziehung des Engländers zu seiner Geliebten und Tabori stellt die distanzierte Haltung des Engländers subtil aber gekonnt in Frage. Im zweiten Roman, „Gefährten zur linken Hand“, der 1946 erschien, stellt wieder Antipoden in den Mittelpunkt: einen ungarischen Dramaturgen, der seinen Urlaub genießen möchte, und einen italienischen Revolutionär, die sich in Debatten über den Sinn des Lebens verlieren – bis die eintreffende deutsche Besatzungsmacht die beiden in die Realität zurückholt.

„Ein guter Mord“ ist der Titel des dritten Romans und entfaltet dem Leser sukzessive die Hintergründe und auch Abgründe, die möglicherweise zum Tod der Frau von Tristan Manasse geführt haben. Die Szenerie im Gasthaus in Ägypten ist teilweise dermaßen stickig beschrieben, dass man den allzu häufig erwähnten Wüstensand schon selbst als zähes Beiwerk zu spüren beginnt. Nur langsam kommen allerlei Verstrickungen und Verwirrungen zutage und das Prinzip Verdrängung, soviel wird hier klar, hat wohl noch bei keinem zum Seelenheil geführt.

Der letzte Roman „Tod in Port Aarif“ soll der Arzt Francis Varga einen Araber wegen dessen Krebskrankheit behandeln, steht aber vor dem Dilemma, dass nicht wenige ihn als Despoten ansehen und lieber tot als lebendig sehen würden. Kann man sich durch gleichgültiges Verhalten schuldig machen? Diese Kernfrage führt auch weit in die Erfahrungen des gerade erst überstandenen Weltkriegs zurück und hat auch heute noch ihre Gültigkeit.

Auch wenn Thematik, innere Konflikte, Dichtigkeit von Erzählung und Sprache oder auch die Mischung von Genres als Gesamtpaket überzeugend sind – ein Genuss ist die Lektüre der Romane leider nicht. Man muss sich teilweise richtig hindurcharbeiten, auch um den Faden nicht zu verlieren zwischen politischen, existentialistischen oder einfach einmal nur erzählenden Passagen. Natürlich muss nicht jeder Roman ein locker dahinperlender Kriminalroman oder Ähnliches sein, aber die Werke von Tabori gehören wohl eher zu der Kategorie von Werken, die man eigentlich einmal gelesen haben sollte, aber dann oftmals daran scheitert. Meiner Ansicht nach lohnt sich die Mühe durchaus, wenn man sich insbesondere vorher mit den Hintergründen seines Gesamtwerks auseinander setzt, auch um die Vielfalt der zu entdeckenden Aspekte in den Romanen richtig einordnen zu können. Dabei helfen auch die – bei Steidl regelmäßig enthaltenen – Nachworte zum jeweiligen Roman von Wend Kässens, die man hier getrost auch als Vorworte und am Stück lesen darf.

geschrieben am 19.05.2018 | 656 Wörter | 3809 Zeichen

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