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Rezension von

André Kesper

An einem Tag wie diesem Eigenartiges Frauenbild „Er ging nicht mehr gern zur Schule. Er litt unter der Monotonie der Tage und fühlte sich müde und ausgebrannt.“ Andreas stammt aus der Ostschweizer Provinz und arbeitet als Lehrer in Paris. Das Leben hat er nicht im Griff. Die wechselnden, flüchtigen Beziehungen vermögen nicht zu befriedigen, der Berufsalltag tut es noch weniger, und am Horizont tauchen düstere Vorzeichen einer drohenden Krankheit auf. Als sich auch die Sehnsucht nach der unvergessenen Jugendliebe nicht mehr länger ignorieren lässt, beschliesst Andreas, sein Leben radikal zu ändern. Peter Stamm ist nicht ausschliesslich Romanschriftsteller. Seine Homepage überschreibt er mit „Peter Stamm – Texte aller Art“. In den Sparten Hörspiel, Theater und Film hat Stamm ebenso gearbeitet wie als Journalist, Satiriker und Werber, je nach Bereich mit unterschiedlichem Erfolg. Vor ein paar Jahren enttarnte man Stamm als Verfasser einfacher Kioskromane, wobei diesem Metier an sich nichts Ehrenrühriges anhaftet; die Tatsache, dass der Autor auch in dieser Branche tätig ist, deutet höchstens darauf hin, dass er noch dabei ist, seinen persönlichen Stil zu suchen und zu entwickeln. Und so überrascht uns der Autor bisweilen mit seinen Kunstwerken. Eben haben wir noch über seine sensible, bewegende Erzählung einer Frauengeschichte (Ungefähre Landschaft) gestaunt und uns gefragt, weshalb es ihm so beeindruckend gut gelingt, sich in die weibliche Seele ein-zudenken, und nun zeichnet er auf über zweihundert Seiten unerwartet plump ein ebenso männliches wie irreales Bild sexuell verfügbarer, liebevoll dienstbarer und allzeit verzeihender weibli-cher Wesen, die sich ganz selbstverständlich in die Fantasien und Launen eines männlichen Versagers einflechten lassen. Eine Geliebte da, eine andere dort; wer immer der traurigen Hauptfigur begegnet, zieht sich begeistert aus, und das gerne mehrmals täglich. „Sie gingen um den Weiher herum und dann in den Wald hinein, bis sie zu einer kleinen Mulde kamen. „Wie ein Bett“, sagte Andreas. Sie zogen sich aus und liebten sich auf dem trockenen Laub.“ Und zwei Seiten weiter: „Als er versuchte, ihr den Slip auszuziehen, erwachte sie halb und half ihm, ohne eine Wort zu sagen.“ (Die „Sie“ ist selbstverständlich eine andere als vorher, aber ebenso willig.) Nun denn. Erzählen kann der Autor. Seine Fähigkeit, Handlungen und Gedankengänge der Figuren in einer schlichten Sprache fliessend und nachvollziehbar zu verbinden, ermöglicht ein intensives Leseerlebnis. Man wird nicht von irgendwelchem literarischen Füllmaterial (Weshalb denke ich jetzt an Martin Suter?) abgelenkt. Nicht nur in dieser Hinsicht erinnert sein neues Buch manchmal an Zoé Jenny (Wo ist die eigentlich?), welche die reduktive Ausdrucksform noch vollendeter prakti-ziert. Die Geschichte hat teilweise durchaus Gehalt. Die ziellose Irrfahrt eines Mittvierzigers, beziehungsunfähig, beruflich frustriert, körperlich zerfallend, wäre ohne die besagten Frauenbilder glaubwürdig, sogar eindringlich, treffend, aufrüttelnd. Man kann den neuen „Peter Stamm“ also durchaus lesen. Falls man nichts Besseres zu tun hat.

Eigenartiges Frauenbild

weitere Rezensionen von André Kesper


„Er ging nicht mehr gern zur Schule. Er litt unter der Monotonie der Tage und fühlte sich müde und ausgebrannt.“

Andreas stammt aus der Ostschweizer Provinz und arbeitet als Lehrer in Paris. Das Leben hat er nicht im Griff. Die wechselnden, flüchtigen Beziehungen vermögen nicht zu befriedigen, der Berufsalltag tut es noch weniger, und am Horizont tauchen düstere Vorzeichen einer drohenden Krankheit auf. Als sich auch die Sehnsucht nach der unvergessenen Jugendliebe nicht mehr länger ignorieren lässt, beschliesst Andreas, sein Leben radikal zu ändern.

Peter Stamm ist nicht ausschliesslich Romanschriftsteller. Seine Homepage überschreibt er mit „Peter Stamm – Texte aller Art“. In den Sparten Hörspiel, Theater und Film hat Stamm ebenso gearbeitet wie als Journalist, Satiriker und Werber, je nach Bereich mit unterschiedlichem Erfolg. Vor ein paar Jahren enttarnte man Stamm als Verfasser einfacher Kioskromane, wobei diesem Metier an sich nichts Ehrenrühriges anhaftet; die Tatsache, dass der Autor auch in dieser Branche tätig ist, deutet höchstens darauf hin, dass er noch dabei ist, seinen persönlichen Stil zu suchen und zu entwickeln.

Und so überrascht uns der Autor bisweilen mit seinen Kunstwerken. Eben haben wir noch über seine sensible, bewegende Erzählung einer Frauengeschichte (Ungefähre Landschaft) gestaunt und uns gefragt, weshalb es ihm so beeindruckend gut gelingt, sich in die weibliche Seele ein-zudenken, und nun zeichnet er auf über zweihundert Seiten unerwartet plump ein ebenso männliches wie irreales Bild sexuell verfügbarer, liebevoll dienstbarer und allzeit verzeihender weibli-cher Wesen, die sich ganz selbstverständlich in die Fantasien und Launen eines männlichen Versagers einflechten lassen. Eine Geliebte da, eine andere dort; wer immer der traurigen Hauptfigur begegnet, zieht sich begeistert aus, und das gerne mehrmals täglich.

„Sie gingen um den Weiher herum und dann in den Wald hinein, bis sie zu einer kleinen Mulde kamen. „Wie ein Bett“, sagte Andreas. Sie zogen sich aus und liebten sich auf dem trockenen Laub.“ Und zwei Seiten weiter: „Als er versuchte, ihr den Slip auszuziehen, erwachte sie halb und half ihm, ohne eine Wort zu sagen.“ (Die „Sie“ ist selbstverständlich eine andere als vorher, aber ebenso willig.)

Nun denn.

Erzählen kann der Autor. Seine Fähigkeit, Handlungen und Gedankengänge der Figuren in einer schlichten Sprache fliessend und nachvollziehbar zu verbinden, ermöglicht ein intensives Leseerlebnis. Man wird nicht von irgendwelchem literarischen Füllmaterial (Weshalb denke ich jetzt an Martin Suter?) abgelenkt. Nicht nur in dieser Hinsicht erinnert sein neues Buch manchmal an Zoé Jenny (Wo ist die eigentlich?), welche die reduktive Ausdrucksform noch vollendeter prakti-ziert.

Die Geschichte hat teilweise durchaus Gehalt. Die ziellose Irrfahrt eines Mittvierzigers, beziehungsunfähig, beruflich frustriert, körperlich zerfallend, wäre ohne die besagten Frauenbilder glaubwürdig, sogar eindringlich, treffend, aufrüttelnd.

Man kann den neuen „Peter Stamm“ also durchaus lesen.

Falls man nichts Besseres zu tun hat.

geschrieben am 03.09.2006 | 448 Wörter | 2672 Zeichen

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