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Das Eulentor


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Rezension von

Frank Drehmel

Das Eulentor Neben “Sherlock Holmes im Reich des Cthulhu” von Klaus-Peter Walter sowie der von Frank Rainer Scheck und Erik Hauser herausgegebenen, zweibĂ€ndigen Anthologie “Als ich tot war” ist Andreas Grubers “Das Eulentor” der vierte Band der neuen Hardcover-Reihe des Blitz-Verlags. Wie schon Walter so fĂŒhrt auch Gruber den Leser in das beginnende 20. Jahrhundert. 1911 organisiert der junge österreichische Arzt Alexander Berger unterstĂŒtzt von dem deutschen Kartographen Jan Hansen eine Expedition in die Arktis, um im Auftrag eines Verlages das ungenaue Kartenmaterial Fridtjof Nansen zu ĂŒberarbeiten. Doch was als 1700 km langer Fußmarsch geplant war, endet schon nach wenigen Hundert Kilometern, denn nicht nur die ungewöhnlich starke KĂ€lte machen von Beginn an das Fortkommen anstrengend, auch UnglĂŒcks- und TodesfĂ€lle sowie der Verlust von AusrĂŒstung ĂŒberschatten das Unternehmen. Kurz vor Abbruch der Expedition entdecken die Arktisreisenden auf einem Felsplateau einen runden, kĂŒnstlichen, senkrecht in die Tiefe fĂŒhrenden Schacht. Auf eine nĂ€here Untersuchung dieses PhĂ€nomens mĂŒssen sie jedoch zunĂ€chst verzichten, da das bloße Überleben oberste PrioritĂ€t hat. Ein Jahr spĂ€ter, 1912, kehren Berger und Hansen, die Dank des couragierten Eingreifens eines Schiff-KapitĂ€ns als einzige die erste Expedition ĂŒberlebten, mit einem neuen, grĂ¶ĂŸeren Team und ausgestattet mit frischen Geldmitteln zum Schacht zurĂŒck, um ihn mit wissenschaftlicher Akribie seine Geheimnisse zu entreißen. ZunĂ€chst bauen sie mit Hilfe islĂ€ndischer Arbeiter eine komplexe Infrastruktur aus HolzhĂŒtten und WerkstĂ€tten auf, um sich dann in den Schacht durch das Anlegen hölzerner Plattformen allmĂ€hlich nach unten zu arbeiten. Der anfĂ€ngliche Optimismus schwindet jedoch, als nach vielen Monaten die Grenzen des Materials - von Seilen und Fördereinrichtungen - erreicht werden, ohne dass sich ein Grund in der Tiefe abzeichnet. Erst als ein gewisser Brehm, seines Zeichens Ingenieur, im Auftrag der Projekt-Finanziers die Leitung der Erkundung ĂŒbernimmt, kommt neuer Schwung in das Unternehmen. Doch auch trotz modernster Techniken wie dieselbetriebener Gondeln gibt der Schacht seine Geheimnisse nicht Preis. Im Gegenteil: je weiter man vordringt, desto merkwĂŒrdigere physikalische PhĂ€nomene treten auf, bis man schließlich eine Tiefe erreicht, in der Lebewesen dem Irrsinn verfallen und sich physisch verĂ€ndern. Obgleich “Das Eulentor” wie Walters “Sherlock Holmes”-Roman an der Wende zum 20. Jahrhundert angesiedelt ist, wohnt Grubers Geschichte eine vollkommen andere Grundstimmung inne. Erstens bedient sich Gruber einer deutlich zurĂŒckhaltenderen, konventionelleren Diktion als Walter. Sein Schreibrhythmus ist gleichförmiger, weniger pointiert, die Wortwahl der Handlung und dem Hintergrund zwar angemessen, jedoch erscheint sie weniger reichhaltig. Nichtsdestotrotz versteht es auch Gruber, den Leser - auf eine ruhigere Art - mitzureißen. Zweitens ist der Grundkonflikt ein gĂ€nzlich anderer. Nicht der Kampf “Mensch gegen Mensch” respektive “Verstand gegen Verstand” stehen im Mittelpunkt, sondern das einsame Ringen des Menschen mit der Natur bzw. mit Ă€ußeren UmstĂ€nden, die sowohl außerhalb seiner Kontrolle, als auch außerhalb seiner ErkenntnisfĂ€higkeiten liegen. Bergers Kampf ist kraftvoller und archaischer, deutlich stĂ€rker vom bloßen Willen geprĂ€gt als Holmes Suche nach Wahrheit; und anders als bei der Figur des englischen Detektivs wohnt seinen Handlungen jederzeit die Möglichkeit des Scheitern inne. Der dritte grundlegende Unterschied ist die Rolle der Technik innerhalb der Geschichte: wĂ€hrend Walter seine Protagonisten geradezu euphorisch von den Errungenschaften der Neuzeit schwĂ€rmen lĂ€sst und seinen Roman ein Hauch von Steampunk durchdringt, unterstreicht bei Gruber die Technik das Scheitern der Protagonisten. Selbst modernstes Ingenieurwissen - immer auf den damaligen Zeitraum bezogen - versetzt sie nicht in die Lage, die fundamentalen Fragen, die der Schacht aufwirft, zu beantworten, sondern bring sie dem Verderben lediglich Meter um Meter nĂ€her. “Das Eulentor” lebt nicht von plakativer Gewalt, sondern von der dĂŒsteren AtmosphĂ€re, der langsamen Eskalation des Grauens, das ganz allmĂ€hlich und subtil - wie nebensĂ€chlich, in kleinen Andeutungen - in die Geschichte einsickert, sowie von der Hilflosigkeit der Protagonisten angesichts eines PhĂ€nomens, das bis zum Schluss unerklĂ€rt bleibt. In sich ist Grubers Geschichte so unheimlich stimmig oder stimmig unheimlich, dass insbesondere Spieler des Chtulhu-RPG ihre Freude daran haben dĂŒrften, weil sie das Abenteuer fast einzueins nachspielen können. In seiner Aufmachung bietet Grubers Roman sowohl Licht als auch Schatten. Cover-Bild und Cover-Gestaltung sind exzellent, auch wenn sich das ausdrucksstarke Motiv nur mit einiger Interpretation auf die Geschichte beziehen lĂ€sst. Die PapierqualitĂ€t ist bedauerlicherweise nur durchschnittlich und das Layout in der Dimensionierung der SeitenrĂ€nder sehr großzĂŒgig. DafĂŒr illustrieren drei Grafiken bzw. Collagen des KĂŒnstlers Mark Freier den Text, deren magischer Realismus den Leser - trotz Kleinformat und Schwarweiß-Druck - sofort in seinen Bann zieht. Fazit: Subtiler Horror und die dĂŒstere, beklemmende AtmosphĂ€re machen “Das Eulentor” zu einer empfehlenswerten LektĂŒre fĂŒr Genre-Fans.

Neben “Sherlock Holmes im Reich des Cthulhu” von Klaus-Peter Walter sowie der von Frank Rainer Scheck und Erik Hauser herausgegebenen, zweibĂ€ndigen Anthologie “Als ich tot war” ist Andreas Grubers “Das Eulentor” der vierte Band der neuen Hardcover-Reihe des Blitz-Verlags. Wie schon Walter so fĂŒhrt auch Gruber den Leser in das beginnende 20. Jahrhundert.

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1911 organisiert der junge österreichische Arzt Alexander Berger unterstĂŒtzt von dem deutschen Kartographen Jan Hansen eine Expedition in die Arktis, um im Auftrag eines Verlages das ungenaue Kartenmaterial Fridtjof Nansen zu ĂŒberarbeiten.

Doch was als 1700 km langer Fußmarsch geplant war, endet schon nach wenigen Hundert Kilometern, denn nicht nur die ungewöhnlich starke KĂ€lte machen von Beginn an das Fortkommen anstrengend, auch UnglĂŒcks- und TodesfĂ€lle sowie der Verlust von AusrĂŒstung ĂŒberschatten das Unternehmen.

Kurz vor Abbruch der Expedition entdecken die Arktisreisenden auf einem Felsplateau einen runden, kĂŒnstlichen, senkrecht in die Tiefe fĂŒhrenden Schacht. Auf eine nĂ€here Untersuchung dieses PhĂ€nomens mĂŒssen sie jedoch zunĂ€chst verzichten, da das bloße Überleben oberste PrioritĂ€t hat.

Ein Jahr spĂ€ter, 1912, kehren Berger und Hansen, die Dank des couragierten Eingreifens eines Schiff-KapitĂ€ns als einzige die erste Expedition ĂŒberlebten, mit einem neuen, grĂ¶ĂŸeren Team und ausgestattet mit frischen Geldmitteln zum Schacht zurĂŒck, um ihn mit wissenschaftlicher Akribie seine Geheimnisse zu entreißen. ZunĂ€chst bauen sie mit Hilfe islĂ€ndischer Arbeiter eine komplexe Infrastruktur aus HolzhĂŒtten und WerkstĂ€tten auf, um sich dann in den Schacht durch das Anlegen hölzerner Plattformen allmĂ€hlich nach unten zu arbeiten.

Der anfĂ€ngliche Optimismus schwindet jedoch, als nach vielen Monaten die Grenzen des Materials - von Seilen und Fördereinrichtungen - erreicht werden, ohne dass sich ein Grund in der Tiefe abzeichnet. Erst als ein gewisser Brehm, seines Zeichens Ingenieur, im Auftrag der Projekt-Finanziers die Leitung der Erkundung ĂŒbernimmt, kommt neuer Schwung in das Unternehmen. Doch auch trotz modernster Techniken wie dieselbetriebener Gondeln gibt der Schacht seine Geheimnisse nicht Preis. Im Gegenteil: je weiter man vordringt, desto merkwĂŒrdigere physikalische PhĂ€nomene treten auf, bis man schließlich eine Tiefe erreicht, in der Lebewesen dem Irrsinn verfallen und sich physisch verĂ€ndern.

Obgleich “Das Eulentor” wie Walters “Sherlock Holmes”-Roman an der Wende zum 20. Jahrhundert angesiedelt ist, wohnt Grubers Geschichte eine vollkommen andere Grundstimmung inne.

Erstens bedient sich Gruber einer deutlich zurĂŒckhaltenderen, konventionelleren Diktion als Walter. Sein Schreibrhythmus ist gleichförmiger, weniger pointiert, die Wortwahl der Handlung und dem Hintergrund zwar angemessen, jedoch erscheint sie weniger reichhaltig. Nichtsdestotrotz versteht es auch Gruber, den Leser - auf eine ruhigere Art - mitzureißen.

Zweitens ist der Grundkonflikt ein gĂ€nzlich anderer. Nicht der Kampf “Mensch gegen Mensch” respektive “Verstand gegen Verstand” stehen im Mittelpunkt, sondern das einsame Ringen des Menschen mit der Natur bzw. mit Ă€ußeren UmstĂ€nden, die sowohl außerhalb seiner Kontrolle, als auch außerhalb seiner ErkenntnisfĂ€higkeiten liegen. Bergers Kampf ist kraftvoller und archaischer, deutlich stĂ€rker vom bloßen Willen geprĂ€gt als Holmes Suche nach Wahrheit; und anders als bei der Figur des englischen Detektivs wohnt seinen Handlungen jederzeit die Möglichkeit des Scheitern inne.

Der dritte grundlegende Unterschied ist die Rolle der Technik innerhalb der Geschichte: wÀhrend Walter seine Protagonisten geradezu euphorisch von den Errungenschaften der Neuzeit schwÀrmen lÀsst und seinen Roman ein Hauch von Steampunk durchdringt, unterstreicht bei Gruber die Technik das Scheitern der Protagonisten. Selbst modernstes Ingenieurwissen - immer auf den damaligen Zeitraum bezogen - versetzt sie nicht in die Lage, die fundamentalen Fragen, die der Schacht aufwirft, zu beantworten, sondern bring sie dem Verderben lediglich Meter um Meter nÀher.

“Das Eulentor” lebt nicht von plakativer Gewalt, sondern von der dĂŒsteren AtmosphĂ€re, der langsamen Eskalation des Grauens, das ganz allmĂ€hlich und subtil - wie nebensĂ€chlich, in kleinen Andeutungen - in die Geschichte einsickert, sowie von der Hilflosigkeit der Protagonisten angesichts eines PhĂ€nomens, das bis zum Schluss unerklĂ€rt bleibt. In sich ist Grubers Geschichte so unheimlich stimmig oder stimmig unheimlich, dass insbesondere Spieler des Chtulhu-RPG ihre Freude daran haben dĂŒrften, weil sie das Abenteuer fast einzueins nachspielen können.

In seiner Aufmachung bietet Grubers Roman sowohl Licht als auch Schatten. Cover-Bild und Cover-Gestaltung sind exzellent, auch wenn sich das ausdrucksstarke Motiv nur mit einiger Interpretation auf die Geschichte beziehen lĂ€sst. Die PapierqualitĂ€t ist bedauerlicherweise nur durchschnittlich und das Layout in der Dimensionierung der SeitenrĂ€nder sehr großzĂŒgig. DafĂŒr illustrieren drei Grafiken bzw. Collagen des KĂŒnstlers Mark Freier den Text, deren magischer Realismus den Leser - trotz Kleinformat und Schwarweiß-Druck - sofort in seinen Bann zieht.

Fazit: Subtiler Horror und die dĂŒstere, beklemmende AtmosphĂ€re machen “Das Eulentor” zu einer empfehlenswerten LektĂŒre fĂŒr Genre-Fans.

geschrieben am 18.02.2008 | 718 Wörter | 4686 Zeichen

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