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Die Stille unter dem Eis


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Informationen zum Buch
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Rezension von

Thomas Stumpf

Die Stille unter dem Eis Ist man wirklich fĂŒr die Einsamkeit geschaffen? Und was findet man dort? Dass man nicht vor sich selbst weglaufen kann, mĂŒssen Anna und Kyle in diesem tagebuchartig erzĂ€hlten RomandebĂŒt von Rachel Weaver auf die harte Tour lernen. Die beiden hat es nach Alaska verschlagen, Kyle arbeitet im Wesentlichen als Fischer und liebt die Herausforderung des harten Jobs und des eiskalten Meeres. Anna war KletterfĂŒhrerin und tingelte so durchs Leben. Beide fĂŒhren ein recht unstetes Leben. Obwohl sie erst seit kurzem ein Paar sind, beschließen sie auf Kyles ausdrĂŒcklichen Wunsch hin gleich im ersten Kapitel, fĂŒr die nĂ€chsten neun Monate ĂŒber Winter die ausgeschriebene Stelle als LeuchtturmwĂ€rter anzunehmen. Allein in der eisigen, stĂŒrmischen Bucht, den KrĂ€ften von Wind, KĂ€lte und Wasser ausgesetzt, sehen sie das als Chance auf etwas Neues, obwohl keiner von beiden tatsĂ€chlich weiß, auf was sie sich da einlassen. Sehr frĂŒh wird klar, dass Anna vor ihrer Vergangenheit weglĂ€uft und sehr frĂŒh schon ahnt man, dass sie als BergfĂŒhrerin die Verantwortung fĂŒr den Tod einer jungen Frau trĂ€gt und damit nicht zurecht kommt. Obwohl, und das ist eine kleine SchwĂ€che des Buches, abgesehen von ihrer formalen Stelle als KletterfĂŒhrerin, ĂŒberhaupt nicht herausgearbeitet wird, weshalb sie die Schuld trĂ€gt oder worin genau eigentlich ihr Versagen zu sehen war. FĂŒr ihre Beziehung zu Kyle ist vor allem von Bedeutung, dass in seiner NĂ€he ihre allnĂ€chtlichen AlbtrĂ€ume schweigen und sie zur Ruhe kommen kann. Kyle dagegen, wie sich sehr spĂ€t, aber auch nicht gerade besonders ĂŒberraschend herausstellt, hatte die Idee, als LeuchtturmwĂ€rter zu arbeiten nicht, wie es zu Beginn den Anschein hat, nur aus einer Laune heraus. Ihn verbindet etwas mit dem Leuchtturm. Anders als Anna ist er nicht auf der Flucht vor der Vergangenheit, sondern auf der Suche nach seiner eigenen, was er Anna allerdings verheimlicht hat. Abgesehen von den tatsĂ€chlichen Widrigkeiten, die sich den beiden in den Weg stellen (kein Strom, kein fließendes Wasser, kein Warmwasser, keine Hilfe vor Ort, Wind und Wetter), mĂŒssen sie mit sich selbst und ihrer Einsamkeit in Zweisamkeit klarkommen, was Anna deutlich besser gelingt als Kyle, der sich sehr schnell mehr und mehr zurĂŒckzieht und auch auf engstem Raum lieber fĂŒr sich bleibt. Anna hat das besser im Griff. Zwar funktionieren die beiden anfangs als Team durchaus, machen wochenlang tĂ€glich Holz, bauen ein provisorisches GewĂ€chshaus, kochen auf offenem Feuer, warten den Leuchtturm und so weiter, aber dann driften sie weiter und weiter auseinander, was hauptsĂ€chlich an Kyle liegt, der Anna aus seinem Leben ausklammert. Überhaupt geht es in diesem Buch stark um unterdrĂŒckte GefĂŒhle und je lĂ€nger die beiden zusammen sind, desto weiter entfernen sie sich voneinander. Irgendwann verschwindet Kyle ohne ein Wort und lĂ€sst Anna zwei Monate einfach allein. Sie schlĂ€gt sich alleine sehr gut durch, vermisst ihn aber schon. Außerdem stĂ¶ĂŸt sie im Leuchtturm auf Brief- und LogbucheintrĂ€ge eines Mannes, der viele Jahre vor ihnen zuletzt LeuchtturmwĂ€rter gewesen war. Anna beginnt, dessen Leben zu rekonstruieren und findet eine Verbindung zu Kyle. Dann ist da noch ein geheimnisvoller Kerl, der ab und zu mit seinem Boot in die NĂ€he kommt und sie und Kyle beobachtet, bis Kyle ihn mit dem Gewehr vertreibt. Einen Höhepunkt erfĂ€hrt die Geschichte, wenn Anna wĂ€hrend eines ĂŒblen Wintersturms mit dem Boot rausfĂ€hrt, um einen ĂŒber Bord gegangen Mann zu retten. Am Ende löst sich alles auf, die Verbindungen werden erklĂ€rt und alles wendet sich irgendwie zum Guten. Und da sind wir schon bei der SchwĂ€che des Buches. Ohne zu viel ĂŒber Kyles Geheimnis zu verraten, muss ich sagen, dass sein Verhalten gerade gegen Ende des Buches unglaubwĂŒrdig ist. Auch Annas Verhalten ist nicht nachvollziehbar. Kyle verschwindet einfach in einer Nacht- und Nebelaktion, ĂŒberlĂ€sst ihr die gesamte Verantwortung alleine, meldet sich nicht monatelang nicht und lĂ€sst Anna einfach im Stich. Am Ende ist es mit einer recht billigen Entschuldigung dann getan und Anna akzeptiert das einfach. Passt nicht zusammen. Überhaupt lĂ€sst das Buch im letzte Drittel ziemlich nach. Dass Anna nach ihrer Rettungsaktion mit dem SchiffbrĂŒchigen schwer erkrankt, zieht sich ĂŒber zwei Kapitel unnötig in die LĂ€nge, dann sucht sie Kyle im Hafen auf, alles ist vergeben und vergessen und am Ende ist auch mit Kyles Geheimnis Friede, Freude, Eierkuchen. Das ist schade, denn die Story war bis dahin interessant und die Geschichte um ihren ominösen VorgĂ€nger im Leuchtturm durchaus spannend. Dann kommt mit dem Sturm der Höhepunkt und danach fĂ€llt die Spannung rapide ab. Das Ende lĂ€uft dann so aus. Die Geschehnisse werden aus Annas Sicht in der Ich-Perspektive geschildert, was ich hier auch als Manko ansehe, denn leider hat dies zur Folge, dass Kyles innere VorgĂ€nge komplett ausgeblendet werden und seine Handlungen nur sehr bedingt nachvollziehbar sind. So verkommt eine von nur zwei Personen, die die Handlung tragen sollen, zu einer recht blassen Nebenfigur. Dass das auch anders geht, zeigt etwa der Roman „Der Leuchtturmmörder“ von Vincent De Swarte, wo das VerhĂ€ltnis deutlich ausgewogener ist, was zu mehr Spannung fĂŒhrt. Außerdem finden sich ĂŒber die LĂ€nge des Romans dann doch sehr viele SĂ€tze, die mit „Ich“ beginnen, was man durchaus abwechslungsreicher hĂ€tte formulieren können. Die heimlichen Stars dieses Romans sind aber ohnehin der Leuchtturm selbst und die wilde Natur Alaskas. Deren Beschreibung ist zweifellos eine der StĂ€rken der Autorin. Das aufgewĂŒhlte Meer, die eisige KĂ€lte und vor allem der ohrenbetĂ€ubende Wind, der stĂ€ndig mit infernalischem Getöse um den Leuchtturm braust und die Einsamkeit zur Geduldsprobe macht, prĂ€gen das gesamte Buch. Vor dieser spektakulĂ€ren Kulisse hĂ€tte ich mir nach der langen Anlaufphase der Geschichte ein stĂ€rkeres Ende gewĂŒnscht.

Ist man wirklich fĂŒr die Einsamkeit geschaffen? Und was findet man dort? Dass man nicht vor sich selbst weglaufen kann, mĂŒssen Anna und Kyle in diesem tagebuchartig erzĂ€hlten RomandebĂŒt von Rachel Weaver auf die harte Tour lernen.

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Die beiden hat es nach Alaska verschlagen, Kyle arbeitet im Wesentlichen als Fischer und liebt die Herausforderung des harten Jobs und des eiskalten Meeres. Anna war KletterfĂŒhrerin und tingelte so durchs Leben. Beide fĂŒhren ein recht unstetes Leben. Obwohl sie erst seit kurzem ein Paar sind, beschließen sie auf Kyles ausdrĂŒcklichen Wunsch hin gleich im ersten Kapitel, fĂŒr die nĂ€chsten neun Monate ĂŒber Winter die ausgeschriebene Stelle als LeuchtturmwĂ€rter anzunehmen. Allein in der eisigen, stĂŒrmischen Bucht, den KrĂ€ften von Wind, KĂ€lte und Wasser ausgesetzt, sehen sie das als Chance auf etwas Neues, obwohl keiner von beiden tatsĂ€chlich weiß, auf was sie sich da einlassen. Sehr frĂŒh wird klar, dass Anna vor ihrer Vergangenheit weglĂ€uft und sehr frĂŒh schon ahnt man, dass sie als BergfĂŒhrerin die Verantwortung fĂŒr den Tod einer jungen Frau trĂ€gt und damit nicht zurecht kommt. Obwohl, und das ist eine kleine SchwĂ€che des Buches, abgesehen von ihrer formalen Stelle als KletterfĂŒhrerin, ĂŒberhaupt nicht herausgearbeitet wird, weshalb sie die Schuld trĂ€gt oder worin genau eigentlich ihr Versagen zu sehen war. FĂŒr ihre Beziehung zu Kyle ist vor allem von Bedeutung, dass in seiner NĂ€he ihre allnĂ€chtlichen AlbtrĂ€ume schweigen und sie zur Ruhe kommen kann.

Kyle dagegen, wie sich sehr spĂ€t, aber auch nicht gerade besonders ĂŒberraschend herausstellt, hatte die Idee, als LeuchtturmwĂ€rter zu arbeiten nicht, wie es zu Beginn den Anschein hat, nur aus einer Laune heraus. Ihn verbindet etwas mit dem Leuchtturm. Anders als Anna ist er nicht auf der Flucht vor der Vergangenheit, sondern auf der Suche nach seiner eigenen, was er Anna allerdings verheimlicht hat.

Abgesehen von den tatsĂ€chlichen Widrigkeiten, die sich den beiden in den Weg stellen (kein Strom, kein fließendes Wasser, kein Warmwasser, keine Hilfe vor Ort, Wind und Wetter), mĂŒssen sie mit sich selbst und ihrer Einsamkeit in Zweisamkeit klarkommen, was Anna deutlich besser gelingt als Kyle, der sich sehr schnell mehr und mehr zurĂŒckzieht und auch auf engstem Raum lieber fĂŒr sich bleibt. Anna hat das besser im Griff. Zwar funktionieren die beiden anfangs als Team durchaus, machen wochenlang tĂ€glich Holz, bauen ein provisorisches GewĂ€chshaus, kochen auf offenem Feuer, warten den Leuchtturm und so weiter, aber dann driften sie weiter und weiter auseinander, was hauptsĂ€chlich an Kyle liegt, der Anna aus seinem Leben ausklammert. Überhaupt geht es in diesem Buch stark um unterdrĂŒckte GefĂŒhle und je lĂ€nger die beiden zusammen sind, desto weiter entfernen sie sich voneinander. Irgendwann verschwindet Kyle ohne ein Wort und lĂ€sst Anna zwei Monate einfach allein. Sie schlĂ€gt sich alleine sehr gut durch, vermisst ihn aber schon. Außerdem stĂ¶ĂŸt sie im Leuchtturm auf Brief- und LogbucheintrĂ€ge eines Mannes, der viele Jahre vor ihnen zuletzt LeuchtturmwĂ€rter gewesen war. Anna beginnt, dessen Leben zu rekonstruieren und findet eine Verbindung zu Kyle. Dann ist da noch ein geheimnisvoller Kerl, der ab und zu mit seinem Boot in die NĂ€he kommt und sie und Kyle beobachtet, bis Kyle ihn mit dem Gewehr vertreibt. Einen Höhepunkt erfĂ€hrt die Geschichte, wenn Anna wĂ€hrend eines ĂŒblen Wintersturms mit dem Boot rausfĂ€hrt, um einen ĂŒber Bord gegangen Mann zu retten.

Am Ende löst sich alles auf, die Verbindungen werden erklĂ€rt und alles wendet sich irgendwie zum Guten. Und da sind wir schon bei der SchwĂ€che des Buches. Ohne zu viel ĂŒber Kyles Geheimnis zu verraten, muss ich sagen, dass sein Verhalten gerade gegen Ende des Buches unglaubwĂŒrdig ist. Auch Annas Verhalten ist nicht nachvollziehbar. Kyle verschwindet einfach in einer Nacht- und Nebelaktion, ĂŒberlĂ€sst ihr die gesamte Verantwortung alleine, meldet sich nicht monatelang nicht und lĂ€sst Anna einfach im Stich. Am Ende ist es mit einer recht billigen Entschuldigung dann getan und Anna akzeptiert das einfach. Passt nicht zusammen. Überhaupt lĂ€sst das Buch im letzte Drittel ziemlich nach. Dass Anna nach ihrer Rettungsaktion mit dem SchiffbrĂŒchigen schwer erkrankt, zieht sich ĂŒber zwei Kapitel unnötig in die LĂ€nge, dann sucht sie Kyle im Hafen auf, alles ist vergeben und vergessen und am Ende ist auch mit Kyles Geheimnis Friede, Freude, Eierkuchen. Das ist schade, denn die Story war bis dahin interessant und die Geschichte um ihren ominösen VorgĂ€nger im Leuchtturm durchaus spannend. Dann kommt mit dem Sturm der Höhepunkt und danach fĂ€llt die Spannung rapide ab. Das Ende lĂ€uft dann so aus.

Die Geschehnisse werden aus Annas Sicht in der Ich-Perspektive geschildert, was ich hier auch als Manko ansehe, denn leider hat dies zur Folge, dass Kyles innere VorgĂ€nge komplett ausgeblendet werden und seine Handlungen nur sehr bedingt nachvollziehbar sind. So verkommt eine von nur zwei Personen, die die Handlung tragen sollen, zu einer recht blassen Nebenfigur. Dass das auch anders geht, zeigt etwa der Roman „Der Leuchtturmmörder“ von Vincent De Swarte, wo das VerhĂ€ltnis deutlich ausgewogener ist, was zu mehr Spannung fĂŒhrt. Außerdem finden sich ĂŒber die LĂ€nge des Romans dann doch sehr viele SĂ€tze, die mit „Ich“ beginnen, was man durchaus abwechslungsreicher hĂ€tte formulieren können.

Die heimlichen Stars dieses Romans sind aber ohnehin der Leuchtturm selbst und die wilde Natur Alaskas. Deren Beschreibung ist zweifellos eine der StĂ€rken der Autorin. Das aufgewĂŒhlte Meer, die eisige KĂ€lte und vor allem der ohrenbetĂ€ubende Wind, der stĂ€ndig mit infernalischem Getöse um den Leuchtturm braust und die Einsamkeit zur Geduldsprobe macht, prĂ€gen das gesamte Buch. Vor dieser spektakulĂ€ren Kulisse hĂ€tte ich mir nach der langen Anlaufphase der Geschichte ein stĂ€rkeres Ende gewĂŒnscht.

geschrieben am 28.12.2015 | 910 Wörter | 5063 Zeichen

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