ISBN | 3833214031 | |
Autor | Marc Cerasini | |
Verlag | Dino Entertainment | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 409 | |
Erscheinungsjahr | 2006 | |
Extras | - |
âWaffe Xâ basiert auf dem gleichnamigen Comic des Autors und Zeichners Barry Windsor Smith, welches erstmals im Jahre 1991 als Mehrteiler in Ausgaben #72 bis #84 des mittlerweile eingestellten Magazins âMarvel Comics Presentsâ erschien. Nachdem sich Wolverine seit seinem ersten Auftauchen in âThe Incredible Hulk #180, 181 im Jahre 1974 zu einem der populĂ€rsten Charaktere des Marvel-Universums entwickelt hat, hielt man damals die Zeit fĂŒr gekommen, dem Charakter etwas mehr Tiefe durch eine Vergangenheit zu verleihen.
Der Haupthandlungsbogen der Geschichte lĂ€sst sich in wenigen Zeilen skizzieren: in einem biotechnologischen Experiment versuchen skrupellose Wissenschaftler einen Menschen in eine menschliche Waffe zu transformieren. In einem mehrstufigen Prozess wird zunĂ€chst das Skelett des Opfers mit dem superharten Metall Adamantium ĂŒberzogen, dann auf chemischem Wege das Muskelwachstum stimuliert, der Wille des Individuums gebrochen, seine Erinnerungen gelöscht, um es schlieĂlich völlig neu zu konditionieren. So zumindest die Theorie.
Doch die Wissenschaftler haben die Rechnung ohne ihr Opfer gemacht, denn Logan ist ein Mutant, ein Homo Superior mit phĂ€nomenalen SelbstheilungskrĂ€ften. Zum einen sind es diese KrĂ€fte, die ihn die unglaublichen Qualen und Belastungen der Transformation ĂŒberstehen lassen, zum anderen verhindern sie in Verbindung mit einem starken Ăberlebensinstinkt, dass die Wissenschaftler die angestrebte Kontrolle ĂŒber ihr Geschöpf erlangen können. Als die Forscher dieses erkennen, ist es allerdings lĂ€ngst zu spĂ€t. Wie eine Naturgewalt kommt eine entfesselte Waffe X ĂŒber ihre Peiniger.
Mittlerweile sind weitere 15 Jahre ins Land gegangen, in denen Wolverine -je nach Lust und Laune der Autoren- die eine oder andere Wandlung durchmachen musste; dennoch ist nach wie vor die Faszination der klassischen âWaffe Xâ-Geschichte Smiths, der ein geradezu religiöses Moment -Passion und Auferstehung- innewohnt, ungebrochen.
Anders als Smith im Comic richtet der Autor des Romans den Fokus auf die Innenansichten der Protagonisten, ihre Motive, die Zweifel und die tiefe Unmenschlichkeit, welche ihre Handlungen bestimmt. Das Problem, dass der Hauptcharakter in der gezeichneten Vorlage in weiten Teilen lediglich als passives, willenloses Forschungsâobjektâ ohne eigenen Antrieb auftritt, löst Cerasini, indem er einen in der Vergangenheit liegenden zusĂ€tzlichen Handlungsstrang -einen Auftrag, der Logan nach Korea fĂŒhrt- entwirft. Erst dadurch wird fĂŒr den Roman-Leser, der im Zweifelsfall als âQuereinsteigerâ noch nie etwas von Wolverine gehört hat, dieser Charakter als Individuum begreifbar, sein Leidensweg wird zu dem eines menschlichen Wesens. Bedauerlicherweise ist der RĂŒckblick in Logans Vergangenheit wegen der unoriginellen Handlung nach James-Bond-Schema-F nicht ganz ohne LĂ€ngen; immerhin kann man aber wĂ€hrend des Lesens darĂŒber spekulieren, ob die geschilderten Ereignisse nicht vielleicht doch der Fantasie des Gemarterten entspringen und ein Teil seiner Neu-Konditionierung sind, denn die Grenze zwischen Wirklichkeit und virtueller RealitĂ€t erweist sich im Verlauf der Geschichte tatsĂ€chlich als flieĂend.
Auch wenn sich Cerasini in seinem BemĂŒhen, die TĂ€ter -die Verantwortlichen, die Kollaborateure und MitlĂ€ufer- ebenfalls als Opfer darzustellen, einer eher trivialen und klischeehaften Psychologie bedient, so gelingt es ihm dennoch, glaubhaft zu illustrierten, was einer Forschung ohne Moral und einer Moral ohne normative Kraft zu Grunde liegen und was aus ihr erwachsen kann. Der zwiespĂ€ltigste Charakter ist in dieser Hinsicht zweifellos Dr. Cornelius, der auf Grund einer persönlichen Tragödie -dem qualvollen Sterben des Sohnes und dem Tod der Frau- zwar bemĂŒht ist, Gutes zu bewirken, dem es aber an innerer Kraft und Ăberzeugung fehlt, seine Zweifel und Vorbehalte bezĂŒglich des âWaffe Xâ-Experimentes gegenĂŒber dem vorgesetzten Professor durchzusetzen oder auch nur nachdrĂŒcklich zu formulieren, sodass er schlieĂlich selbst das Monster wird, das er verachtet.
In der Darstellung der Gewalt geht Cerasini eindeutig weiter als Smith. Wo Letzterer bei Zeiten ausblendet bzw. eine unverfĂ€ngliche Perspektive wĂ€hlt, bedient sich der Romanschreiber drastischerer und expliziter âBilderâ. Am augenfĂ€lligsten wird dieser Unterschied in den letzten Kapiteln und im Epilog, in welchem Smithâs dezenten Cut ein wahres Massaker gegenĂŒber steht.
Fazit: Eine gut geschriebene, bedrĂŒckende Geschichte, die zwar nicht ganz ohne LĂ€ngen ist, die aber sowohl Einsteigern als auch erfahrenen Marvelianern genug Neues bietet, um eine uneingeschrĂ€nkte Empfehlung zu rechtfertigen.
geschrieben am 02.04.2006 | 637 Wörter | 4076 Zeichen
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