ISBN | 3766363514 | |
Autor | Ralf Pieper | |
Verlag | Bund-Verlag | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 1100 | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Extras | - |
Professor Dr. Ralf Pieper ist Diplom-Ăkonom und Leiter des Fachgebiets Sicherheitstechnik/ Sicherheits- und QualitĂ€tsrecht an der Bergischen UniversitĂ€t Wuppertal. Er legt auf ĂŒber 1250 Seiten mittlerweile in sechster Auflage eine Kommentierung der wichtigsten deutschen Arbeitsschutzregelungen vor. In den letzten Jahren hat sich das deutsche Arbeitsschutzrecht wieder rasant verĂ€ndert. Ralf Pieper nimmt diese VerĂ€nderungen auf und kommentiert sie praxisgerecht. Literatur und Rechtsprechung konnten bis Ende Juni 2016, teilweise sogar bis Dezember 2016, berĂŒcksichtigt werden.
Pieper beschreibt ausfĂŒhrlich die neue ArbeitsstĂ€ttenverordnung. Der Begriff der âArbeitsstĂ€tteâ, so Pieper, wird nun schĂ€rfer gefasst. Die Inhalte der Bildschirmarbeitsverordnung werden in die neue Verordnung integriert; die Bildschirmarbeitsverordnung wird auĂer Kraft gesetzt. Ăberlegungen zur Verbesserung der Anwenderfreundlichkeit fĂŒhrten auch dazu, die Anforderungen hinsichtlich von BĂŒroarbeitsplĂ€tzen in der ArbStĂ€ttV zusammenzufĂŒhren und alle Anforderungen zur Gestaltung von ArbeitsplĂ€tzen mit BildschirmgerĂ€ten beim Einrichten und Betreiben von ArbeitsstĂ€tten aus der Bildschirmarbeitsverordnung in die ArbStĂ€ttV zu ĂŒbernehmen. So sollen zum Beispiel ergonomische und physische Aspekte der Bildschirmarbeit zusammen mit Aspekten der Beleuchtung, der Akustik und dem FlĂ€chen- und Raumbedarf in ArbeitsstĂ€tten bereits beim Einrichten und Betreiben umfassend berĂŒcksichtigt werden. Der Arbeitsplatzbegriff in der ArbStĂ€ttV wird in der betrieblichen Praxis derzeit so ausgelegt, dass die ArbStĂ€ttV nur fĂŒr ArbeitsplĂ€tze gilt, an denen BeschĂ€ftigte mindestens 2 Stunden tĂ€glich oder an mehr als 30 Tagen im Jahr tĂ€tig werden. Diese Auslegung bedeutet aber, dass zum Beispiel viele ArbeitsplĂ€tze auf Baustellen - insbesondere zeitlich begrenzte oder ortsverĂ€nderliche Baustellen - keine ArbeitsplĂ€tze im Sinne der ArbStĂ€ttV sind. Die Definition des Begriffs âArbeitsplatzâ in der ArbStĂ€ttV wurde daher durch die Beseitigung der zeitlichen EinschrĂ€nkung berichtigt.
Aufgrund des Wandels in der Arbeitswelt durch die Digitalisierung und der Forderung nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie âArbeitszeitsouverĂ€nitĂ€tâ werden Regelungen fĂŒr TelearbeitsplĂ€tze in die ArbeitsstĂ€ttenverordnung aufgenommen. FĂŒr TelearbeitsplĂ€tze gelten nur §°3°ArbStĂ€ttV bei der erstmaligen Beurteilung der Arbeitsbedingungen und des Arbeitsplatzes und §°6°ArbStĂ€ttV und der Anhang Nummer 6. Neu ist nun durch die Integration in die ArbStĂ€ttV, dass auch §°3°ArbStĂ€ttV gilt und damit eine GefĂ€hrdungsbeurteilung in Bezug auf physische und psychische GefĂ€hrdungsfaktoren durchzufĂŒhren ist. Diese Verpflichtung war bisher in der BildscharbV nicht enthalten. Der Arbeitgeber muss den Arbeitsplatz des BeschĂ€ftigten zuhause untersuchen und bewerten, ob Gefahren fĂŒr die physische, aber auch psychische Gesundheit vom Computerarbeitsplatz ausgehen. Auch die Unterweisungspflicht des Arbeitgebers (§°6°ArbStĂ€ttV) gilt nun. Allerdings gelten die Verpflichtung zur DurchfĂŒhrung einer GefĂ€hrdungsbeurteilung und die Untersuchungspflicht nur bei erstmaliger Einrichtung des Home-Office-Arbeitsplatzes. TelearbeitsplĂ€tze sind vom Arbeitgeber fĂŒr einen festgesetzten Zeitraum eingerichtete BildschirmarbeitsplĂ€tze im Privatbereich der Arbeitnehmerin bzw. des Arbeitnehmers. Telearbeit erfordert klare Festlegungen zwischen Arbeitgeber und BeschĂ€ftigten. Grundlage ist eine Ăbereinkunft mit dem BeschĂ€ftigten ĂŒber die Einrichtung eines Bildschirmarbeitsplatzes im Privatbereich, ĂŒber die Arbeitszeit sowie die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsplatzgestaltung. Mit der Novellierung wird gleichzeitig klargestellt, dass beruflich bedingte âmobile Arbeitâ, z.B. das gelegentliche Arbeiten mit dem Laptop auĂerhalb der Arbeitszeit oder das ortsungebundene Arbeiten, wie unterwegs wĂ€hrend einer Bahnfahrt, nicht vom Anwendungsbereich der ArbStĂ€ttV erfasst wird.
KĂŒnftig mĂŒssen auch psychische Belastungen bei der GefĂ€hrdungsbeurteilung berĂŒcksichtigt werden. Dies wird grundsĂ€tzlich bereits mit dem Arbeitsschutzgesetz (§°5 Abs.°3 Nr.°6°ArbSchG) vorgeschrieben. FĂŒr ArbeitsstĂ€tten wird dies jetzt konkretisiert und betrifft z.B. Belastungen und BeeintrĂ€chtigungen der BeschĂ€ftigten durch LĂ€rm, ungeeignete LichtverhĂ€ltnisse oder ergonomische Defizite am Arbeitsplatz.
Die Regelung der Sichtverbindung nach auĂen gilt fĂŒr dauerhaft eingerichtete ArbeitsplĂ€tze und fĂŒr sonstige groĂe SozialrĂ€ume; sie gilt nicht fĂŒr jede Art von SanitĂ€rrĂ€umen. Die Regelung stellt klare und einheitliche Anforderungen, wie möglichst ausreichend Tageslicht und eine Sichtverbindung aus ArbeitsrĂ€umen nach auĂen gewĂ€hrleistet werden können. Lassen die baulichen oder betrieblichen Gegebenheiten eine Sichtverbindung nach auĂen nicht zu, z.B. in Bereichen von Einkaufszentren, Bahnhöfen, SportsstĂ€tten oder FlughĂ€fen, kann von einer Sichtverbindung nach auĂen abgesehen werden. Die Regelung zur Sichtverbindung nach auĂen war bereits von 1975 bis 2004 Teil der ArbeitsstĂ€ttenverordnung. Neu ist in der ArbeitsstĂ€ttenverordnung die eindeutige Auflistung von Ausnahmen, die MissverstĂ€ndnisse und Unklarheiten vermeidet und die besondere Erfordernisse in der Praxis im Blick hat. Sind keine UmkleiderĂ€ume vorhanden, mĂŒssen Unternehmen ihren BeschĂ€ftigten eine Kleiderablage zur VerfĂŒgung stellen. AbschlieĂbar muss diese Ablage jedoch nicht sein.
Ein weiteres Augenmerk des Autors liegt auf den Neuerungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Dazu gehören die strukturellen Anpassungen bspw. an die Gefahrstoffverordnung. Die BetrSichV gliedert sich in allgemeine Anforderungen und spezielle Anforderungen fĂŒr bestimmte Arbeitsmittel in den AnhĂ€ngen. Besondere PrĂ€ventionsschwerpunkte liegen nach der Regelungstechnik der BetrSichV in der Instandhaltung, in besonderen BetriebszustĂ€nden, Betriebsstörungen, Manipulationen von Schutzeinrichtungen und unsachgemĂ€Ăer Verwendung. Der Arbeitgeber wird stĂ€rker in die Pflicht genommen bezĂŒglich der Beurteilung von GefĂ€hrdungen. Es werden auĂerdem Vorgaben zur Gebrauchstauglichkeit von Arbeitsmitteln gemacht (Ergonomie, Alters- und AlternsgemĂ€Ăheit usw.). Die âvereinfachte Vorgehensweiseâ nach § 7 BetrSichV erleichtert unter bestimmten Voraussetzungen die Verwendung von Arbeitsmitteln. Regelungen zu âĂŒberwachungsbedĂŒrftigen Anlagenâ sowie zu PrĂŒffristen besonders gefĂ€hrlicher Arbeitsmittel wurden ebenfalls modifiziert und ergĂ€nzt.
Ebenfalls setzt sich Pieper mit der neuen PSA-Benutzungsverordnung vom 09.03.2016 auseinander, die am 31.3.2016 im Amtsblatt der EuropĂ€ischen Union veröffentlicht wurde. Sie trat am 20. April 2016 in Kraft. Anstelle der bisherigen PSA-Richtlinie (Richtlinie 89/686/EWG) regelt jetzt eine europĂ€ische Verordnung die Anforderungen an das Inverkehrbringen von PSA innerhalb der EU. Im Unterschied zu einer EU-Richtlinie bedarf eine europĂ€ische Verordnung keiner Umsetzung durch einen Rechtsakt in nationales Recht. Sie gilt unmittelbar und lĂ€sst keinen Spielraum fĂŒr eine unterschiedliche Umsetzung in den 28 EU-Mitgliedstaaten. Es gilt aber eine Ăbergangsfrist von zwei Jahren. Bis 21.04.2018 haben Hersteller, Behörden und Zertifizierungsstellen Gelegenheit, sich auf die Ănderungen vorzubereiten.
Der Geltungsbereich der Verordnung ist umfassender als bisher. Sie nimmt kĂŒnftig alle Hersteller, HĂ€ndler und Importeure in die Pflicht. Mussten bislang nur die Hersteller prĂŒfen, ob ihre PSA-Produkte den Anforderungen an Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit entsprechen. Ab 2018 werden auch HĂ€ndler und Importeure in die Verantwortung genommen. Sie mĂŒssen sich bei den Produkten, die sie importieren und verkaufen, sicherstellen, dass sie geprĂŒft wurden und ĂŒber eine entsprechende Bescheinigung verfĂŒgen.
Weitere Neuerungen, die von Pieper kommentierend aufgenommen worden sind, betreffen die Ănderung des Arbeitsschutzgesetzes, der Arbeitsmedizinvorsorgeverordnung und der Gefahrstoffverordnung. Eine ĂŒber hundert Seiten starke Einleitung stellt die historischen Grundlagen, die momentane Situation und die zukĂŒnftigen Voraussetzungen prĂ€gnant dar. Auch das Recht der UnfallversicherungstrĂ€ger wird ausfĂŒhrlich beschrieben, Teile des SGB VII werden auch kommentiert und in Beziehung zum staatlichen Arbeitsschutz gesetzt. Auch fĂŒr die betrieblichen Interessenvertreter im Arbeitsschutz finden sich ausfĂŒhrliche Darstellungen der Mitbestimmung. Teilweise sind Aktualisierungen notwendig, wenn bspw. in der Einleitung (Rn. 34) in den AusfĂŒhrungen zu § 618 BGB die Schuldrechtsmodernisierung noch nicht beachtet wird oder der Kommentar von Fischer zum StGB (mittlerweile 64. Auflage 2017) immer noch als âTröndle/Fischerâ in der 56. Auflage von 2009 im Literaturverzeichnis zitiert wird (S. 25).
Insgesamt hĂ€lt der âPieperâ auch in der sechsten Auflage was der Buchtitel verspricht: Ein wahrer âKommentar fĂŒr die Praxisâ.
geschrieben am 24.10.2017 | 1082 Wörter | 7969 Zeichen
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