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Gerd Heinrich: Friedrich II. von Preußen


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Rezension von

Jan Robert Weber

Gerd Heinrich: Friedrich II. von Preußen König Friedrich II. von Preußen hat schon viele Biographen gefunden. Gerd Heinrichs „Leistung und Leben eines großen Königs“ aber stellt unter den zahlreichen Publikationen der letzten Jahrzehnte zweifellos eine Besonderheit dar. Heinrichs Lebensbeschreibung – Extrakt lebenslanger Forschung – zeigt den „großen Friedrich“ als „’letzten König’ vor den Revolutionen“ und ist dabei von einer souveränen Nüchternheit geprägt, die die Bücher über den bedeutendsten Preußenherrscher üblicherweise entbehren. Dabei weiß der Emeritus für preußische Landesgeschichte an der Freien Universität Berlin wie kaum ein anderer um die Ambivalenzen des Hohenzollern, um die Widersprüche des friderizianischen Staatswesens. Und doch vermeidet er es, dieses außergewöhnliche Herrscherleben in gescheit klingende Formeln wie „Königtum der Widersprüche“ zu bannen (Schieder), den König ins Zwielicht zwischen Recht und Macht zu stellen oder mit psychologischen Erklärungen als komplexbeladene Gestalt zu schildern (Kunisch). Stattdessen entfaltet Heinrich in 23 Kapiteln das stupend schillernde Panorama einer herausragenden historischen Existenz, ohne einerseits spätborussischer Apologie zu frönen oder andererseits die vermeintlich menschenverachtende Machtpolitik und Kriegführung Friedrichs in den allzu augenfälligen und daher trivialen Gegensatz zu dessen aufgeklärt-philosophischer Schriften zu bringen. Das „eigentümliche“ Leben Friedrichs will er als ein „Mehrfachleben“ verstanden wissen. Ein Philosoph, der Realpolitik trieb; ein Ideenträger der Aufklärung, den das „Rätsel des ewigen Gottes“ beschäftigte; ein Fürst, der seine Provinzen im Krieg wie im Frieden eroberte; ein Machtpolitiker, der klug auf Macht verzichten konnte; ein absoluter Herrscher, der die Toleranz zur Staatsräson machte; ein Reformpolitiker, der das Fundament moderner Rechtsstaatlichkeit legte und damit zugleich das monarchische Prinzip in Brandenburg-Preußen festigte! „Man ist auch ungerecht, wenn man die großen Männer zu g r o ß findet und die Dinge in der Welt zu tief. Wer dem Leben die tiefste Bedeutung geben will, umspinnt die Welt mit Fabeln. Es gibt eine starke Neigung, uralt angeboren, die Abstände zu übertreiben, die Farben zu stark aufzutragen, das Glänzendere als das Wahrscheinliche zu nehmen. […] aber die Kraft der Mäßigung ist die höhere, Gerechtigkeit ist schwerer als Hingebung und Liebe (und Schande).“ Diese Überlegungen stammen von Nietzsche; sie müssen als Credo der Biographie verstanden werden. Und so kann Heinrich das Königtum Friedrichs in aller gebotenen Sachlichkeit würdigen: „Nicht die Krone nahm, wie in den meisten ihn nicht nachahmenden Fürstenherrschaften[,] den Vorrang ein, sondern der ‚Staat’. Seine Macht und Gewalt in den inneren und äußeren Beziehungen, sein Generalauftrag der Landeskultur sollte von dem vom Fürsten zu verstehenden Interesse des Volkes in allen seinen Schichten abhängig sein.“ Friedrich regierte das „sowohl nachmittelalterliche als auch in steter Modernisierung begriffene Staatswesen“ Preußens teils pragmatisch, teils prinzipientreu. Sicherlich handelte der Regent nach dem Postulat des Machbaren und des machtpolitisch Gebotenen, doch nur bedingt, wie Heinrich verdeutlicht. Wenn der Landeshistoriker die Prinzenzeit schildert (dabei mit betonter Kürze das Drama um den hingerichteten Katte), die beiden Schlesischen Kriege, die Friedenszeit zwischen 1745 und 1756, den mit allen gebotenen Mitteln geführten Siebenjährigen Krieg, das nachfolgende Retablissement, die späte Machtpolitik inklusive erster Teilung Polens und dem Bayerischen Erbfolgekrieg, die Zeit der tief greifenden Justiz- und Verwaltungsreformen nach 1763, des nachhaltigen Landesausbaus und was sonst noch alles zu dieser einmaligen Regentschaft gehört, so macht er deutlich, dass Friedrich sein Herrscherleben ganz in den Dienst des Staates stellte (im Gegensatz zu den meisten europäischen Fürsten seiner Zeit) und es als oberster Feldherr, als unermüdlicher Inspektionsreisender, als risikofreudiger Investor und nicht zuletzt als höchster Beamter aller Ressorts für das Wohl seiner Untertanen opferte. Friedrichs Herrschaft als Dienst am Volk, den der König „im Sinne eines humanitären Voranschreitens“ Preußens leistete. Eine Regentschaft der realpolitischen Klugheit und idealistischen Aufgeklärtheit zugleich; hellwach, „ganz Nerv“ und ohne Schonung für sich selbst wie für andere bis zum letzten Atemzug. Wer für den "preußischen Geist" eine Erklärung finden möchte, der nehme diese Biographie zur Hand: Friedrich II hat ihn gestiftet, daran lässt Heinrich keinen Zweifel. Allen Studenten und Liebhabern der preußischen Geschichte sei das Werk also empfohlen, schließen sich doch an die Biographie zahlreiche Farbtafeln und Kartenabbildungen an, ebenso eine umfängliche, detaillierte Zeittafel, die als eine Art von Chronik demjenigen dienlich sein wird, der schnell und umfassend über den großen Friedrich und seine Taten informiert sein will.

König Friedrich II. von Preußen hat schon viele Biographen gefunden. Gerd Heinrichs „Leistung und Leben eines großen Königs“ aber stellt unter den zahlreichen Publikationen der letzten Jahrzehnte zweifellos eine Besonderheit dar. Heinrichs Lebensbeschreibung – Extrakt lebenslanger Forschung – zeigt den „großen Friedrich“ als „’letzten König’ vor den Revolutionen“ und ist dabei von einer souveränen Nüchternheit geprägt, die die Bücher über den bedeutendsten Preußenherrscher üblicherweise entbehren.

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Dabei weiß der Emeritus für preußische Landesgeschichte an der Freien Universität Berlin wie kaum ein anderer um die Ambivalenzen des Hohenzollern, um die Widersprüche des friderizianischen Staatswesens. Und doch vermeidet er es, dieses außergewöhnliche Herrscherleben in gescheit klingende Formeln wie „Königtum der Widersprüche“ zu bannen (Schieder), den König ins Zwielicht zwischen Recht und Macht zu stellen oder mit psychologischen Erklärungen als komplexbeladene Gestalt zu schildern (Kunisch).

Stattdessen entfaltet Heinrich in 23 Kapiteln das stupend schillernde Panorama einer herausragenden historischen Existenz, ohne einerseits spätborussischer Apologie zu frönen oder andererseits die vermeintlich menschenverachtende Machtpolitik und Kriegführung Friedrichs in den allzu augenfälligen und daher trivialen Gegensatz zu dessen aufgeklärt-philosophischer Schriften zu bringen. Das „eigentümliche“ Leben Friedrichs will er als ein „Mehrfachleben“ verstanden wissen. Ein Philosoph, der Realpolitik trieb; ein Ideenträger der Aufklärung, den das „Rätsel des ewigen Gottes“ beschäftigte; ein Fürst, der seine Provinzen im Krieg wie im Frieden eroberte; ein Machtpolitiker, der klug auf Macht verzichten konnte; ein absoluter Herrscher, der die Toleranz zur Staatsräson machte; ein Reformpolitiker, der das Fundament moderner Rechtsstaatlichkeit legte und damit zugleich das monarchische Prinzip in Brandenburg-Preußen festigte!

„Man ist auch ungerecht, wenn man die großen Männer zu g r o ß findet und die Dinge in der Welt zu tief. Wer dem Leben die tiefste Bedeutung geben will, umspinnt die Welt mit Fabeln. Es gibt eine starke Neigung, uralt angeboren, die Abstände zu übertreiben, die Farben zu stark aufzutragen, das Glänzendere als das Wahrscheinliche zu nehmen. […] aber die Kraft der Mäßigung ist die höhere, Gerechtigkeit ist schwerer als Hingebung und Liebe (und Schande).“ Diese Überlegungen stammen von Nietzsche; sie müssen als Credo der Biographie verstanden werden. Und so kann Heinrich das Königtum Friedrichs in aller gebotenen Sachlichkeit würdigen: „Nicht die Krone nahm, wie in den meisten ihn nicht nachahmenden Fürstenherrschaften[,] den Vorrang ein, sondern der ‚Staat’. Seine Macht und Gewalt in den inneren und äußeren Beziehungen, sein Generalauftrag der Landeskultur sollte von dem vom Fürsten zu verstehenden Interesse des Volkes in allen seinen Schichten abhängig sein.“

Friedrich regierte das „sowohl nachmittelalterliche als auch in steter Modernisierung begriffene Staatswesen“ Preußens teils pragmatisch, teils prinzipientreu. Sicherlich handelte der Regent nach dem Postulat des Machbaren und des machtpolitisch Gebotenen, doch nur bedingt, wie Heinrich verdeutlicht. Wenn der Landeshistoriker die Prinzenzeit schildert (dabei mit betonter Kürze das Drama um den hingerichteten Katte), die beiden Schlesischen Kriege, die Friedenszeit zwischen 1745 und 1756, den mit allen gebotenen Mitteln geführten Siebenjährigen Krieg, das nachfolgende Retablissement, die späte Machtpolitik inklusive erster Teilung Polens und dem Bayerischen Erbfolgekrieg, die Zeit der tief greifenden Justiz- und Verwaltungsreformen nach 1763, des nachhaltigen Landesausbaus und was sonst noch alles zu dieser einmaligen Regentschaft gehört, so macht er deutlich, dass Friedrich sein Herrscherleben ganz in den Dienst des Staates stellte (im Gegensatz zu den meisten europäischen Fürsten seiner Zeit) und es als oberster Feldherr, als unermüdlicher Inspektionsreisender, als risikofreudiger Investor und nicht zuletzt als höchster Beamter aller Ressorts für das Wohl seiner Untertanen opferte. Friedrichs Herrschaft als Dienst am Volk, den der König „im Sinne eines humanitären Voranschreitens“ Preußens leistete. Eine Regentschaft der realpolitischen Klugheit und idealistischen Aufgeklärtheit zugleich; hellwach, „ganz Nerv“ und ohne Schonung für sich selbst wie für andere bis zum letzten Atemzug.

Wer für den "preußischen Geist" eine Erklärung finden möchte, der nehme diese Biographie zur Hand: Friedrich II hat ihn gestiftet, daran lässt Heinrich keinen Zweifel. Allen Studenten und Liebhabern der preußischen Geschichte sei das Werk also empfohlen, schließen sich doch an die Biographie zahlreiche Farbtafeln und Kartenabbildungen an, ebenso eine umfängliche, detaillierte Zeittafel, die als eine Art von Chronik demjenigen dienlich sein wird, der schnell und umfassend über den großen Friedrich und seine Taten informiert sein will.

geschrieben am 07.03.2010 | 670 Wörter | 4291 Zeichen

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