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Sleeping Beauties


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Informationen zum Buch
  ISBN
  Autoren
  Verlag
  Sprache
  Seiten
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  Extras

Rezension von

Thomas Stumpf

Sleeping Beauties „Sleeping Beauties“ ist eine Gemeinschaftsarbeit von Stephen King und dessen jĂŒngeren Sohn Owen King, der fĂŒr seine Kurzgeschichten bereits mehrere Auszeichnungen erhalten hat. Das Schreibhandwerk hat eben Tradition im Hause King. Zum Inhalt: In der amerikanischen Kleinstadt Dooling taucht eine atemberaubend schöne, nahezu nackte wundersame Frau namens Evie Black auf und begeht zu Beginn des Romans eine heftige Gewalttat. Zeitgleich mit ihrem Erscheinen breitet sich ĂŒberall auf der Welt eine unheimliche Pandemie aus: Auf dem gesamten Globus fallen Frauen und MĂ€dchen, sogar weibliche SĂ€uglinge, in einen dornröschenĂ€hnlichen Schlaf. Dabei bilden ihre Körper kleine FĂ€den aus und hĂŒllen die Frauen in einen schĂŒtzenden Kokon. Die Frauen leben, wachen aber nicht mehr auf. Wehe aber, jemand öffnet den Kokon und weckt die Schlafenden. Dann werden sie zu ĂŒbermenschlich starken, grausamen Furien und töten ihren Erwecker auf brutalste Weise. Danach legen sie sich wieder schlafen und werden erneut eingehĂŒllt. Nur ihren eigenen Kindern tun sie nichts. Innerhalb einer Woche sind weltweit ĂŒber 90% aller Frauen eingeschlafen, abgesehen von jenen, die sich mit Drogen wachhalten, die Welt besteht letztlich nur noch aus MĂ€nnern. Einzig die seltsame Evie scheint immun zu sein, sie kann beliebig schlafen und wieder aufwachen. Und sie weiß Dinge und die persönlichsten Geheimnisse ĂŒber alle Menschen, denen sie begegnet. Das Ehepaar Lila und Clint Norcross werden unweigerlich in die Handlung verstrickt. Lila ist die Polizeichefin von Dooling, Clint der ortsansĂ€ssige Psychiater, der auch die Insassen des FrauengefĂ€ngnis von Dooling betreut. Lila verhaftet Evie nach deren Gewaltexzess (bzw. Evie lĂ€sst sich verhaften) und bringt sie zunĂ€chst hinter Gitter. Nach Ausbreitung der mysteriösen Schlafkrankheit „Aurora“, spaltet sich die verbleibende MĂ€nnergesellschaft in zwei Lager. Eine Gruppe will Evie mit aller Gewalt aus dem GefĂ€ngnis holen und im Zweifel töten, damit sie die Frauen der Welt wieder aufweckt, die andere Gruppe will Evie auf deren Wunsch hin genau davor beschĂŒtzen. Die Lage eskaliert, zum Ende wird das FrauengefĂ€ngnis unter großen Opfern gestĂŒrmt, es kommt zum Showdown. Bis dahin spinnt Evie aus ihrer Zelle heraus die FĂ€den. Die eingeschlafenen Frauen ihrerseits erwachen in einer anderen Welt, einen Platz, den sie „Unseren Ort“ nennen, eine Art mĂ€nnerfreies Paradies zum Selbstgestalten. Sie öffnen ihre Augen an dem Ort, an dem sie eingeschlafen sind, allerdings vielleicht 100 Jahre in der Zukunft. MĂ€nner gibt es keine mehr, abgesehen von den dort geborenen mĂ€nnlichen SĂ€uglingen. Die Natur hat sich große Teile der Welt zurĂŒckgeholt, HĂ€user und Straßen ĂŒberwuchert und von Flora und Fauna eingenommen. Nach anfĂ€nglichen Schwierigkeiten stemmen die Frauen ihr neues Leben sehr gut, organisieren sich und grĂŒnden eine neue Gemeinschaft. Beide Welten werden durch einen phantastischen, riesigen Baum verbunden, der den einzigen Tunnel zwischen beiden Welten darstellt. Bewacht wird er von Evies Begleitern, einer roten Schlange und einem weißen Tiger. Und dann gibt es noch einen Fuchs, der die Frauen zu dem Baum fĂŒhrt. Evie hat nĂ€mlich die FĂ€higkeit, mit allen Tieren kommunizieren zu können und sie sich dienstbar zu machen, vorzugsweise Ratten und Motten. Am Ende werden die Frauen vor die Wahl gestellt, ob sie in ihrem neuen Garten Eden bleiben oder zu ihren MĂ€nnern, Söhnen und BrĂŒdern zurĂŒckkehren wollen. Soweit die Handlung grob umrissen. Daneben gibt es zahlreiche persönliche Probleme zu bewĂ€ltigen. „Sleeping Beauties“ ist ein interessanter Roman, dem eine bemerkenswerte Idee zugrunde liegt. Was geschieht, wenn man die weibliche HĂ€lfte der Menschheit wegdenkt? Das Ergebnis ist fĂŒr King schnell klar: Das regulierende, sanfte und zĂŒgelnde Element der Weiblichkeit fĂŒhrt dazu, dass das mĂ€nnliche Aggressionspotential die Oberhand gewinnt. Die Vernunft geht, das Recht des StĂ€rkeren zieht ein. Das Buch steckt voller ĂŒbler Typen, hĂ€usliche Gewalt, Sexismus, UnterdrĂŒckung – das sind die MĂ€nner in „Sleeping Beauties“. Die einzige Frage, die sich die Typen stellen sind so etwas wie wer kocht jetzt das Essen, mit wem soll man jetzt Sex haben? Es ist ein Roman, der der amerikanischen Gesellschaft (und nicht nur dieser) den Spiegel vors Gesicht hĂ€lt. In einer Zeit, in der Sexismus, Missachtung und Gewalt gegen Frauen und MĂ€dchen leider wieder sehr virulent sind (siehe die #metoo-Bewegung), die Trumps und Weinsteins dieser Welt die Medien dominieren, vermittelt der Roman eine starke, wenn auch manchmal oberflĂ€chliche Botschaft. Die MĂ€nner in „Sleeping Beauties“ vertreten entsprechend obskure Theorien, warum nur Frauen von der Krankheit betroffen sind: Es sei eine Strafe Gottes, weil sie sich emanzipiert haben oder einfach nur, weil sie es verdient haben. Und auch die durch US-PrĂ€sident Trump in den Fokus gerĂŒckten gefĂ€hrlichen Fake News kriegen bei King ihr Fett weg: Bald kursieren absichtlich lancierte Falschmeldungen, wonach nur das Verbrennen der Kokons die einzige Möglichkeit sei, die weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Überall auf der Welt bilden sich daraufhin Brennkommandos, die scharenweise Frauenkokons in Stadien zusammentragen und sie einfach verbrennen. Bis die Nachricht richtig gestellt ist, sind tausende Frauen bereits in den Flammen gestorben. Doch den MĂ€nnern wird auch klar, dass die Welt ohne Frauen in spĂ€testens 100 Jahren ausgestorben sein wird. WĂŒrden dagegen die MĂ€nner einschlafen, wĂ€re das nicht so, denn ĂŒberall auf der Welt existieren Samenbanken mit eingelagertem Sperma. Die Frauen könnten einen Neustart alleine hinkriegen, die MĂ€nner dagegen wĂ€ren dem Untergang geweiht. Trotz dieser interessanten Idee und einiger bitterer Wahrheiten, ist mir das Buch an manchen Stellen doch zu vordergrĂŒndig, zu einfach gestrickt: MĂ€nner fĂŒhren Kriege, MĂ€nner vergewaltigen und schlagen Frauen, eine Welt ohne MĂ€nner ist daher eine bessere Welt. Gute MĂ€nner gibt es in dem Buch nicht. Die Liebevollen, die SanftmĂŒtigen, die Aufopferungsvollen, die Aufrechten, die guten EhemĂ€nner und VĂ€ter werden hier nahezu komplett ausgeblendet. Im Grunde rebelliert in dem Buch nur einmal eine Teenagertochter, die das alles ungerecht findet und zu ihrem Papa will. FĂŒr tausend Seiten ist das eine sehr einseitige, eindimensionale Darstellung. Aber gut, die Botschaft sollte wohl deutlich sein und sie wurde vernommen. ErzĂ€hlerisch empfinde ich das Buch ein wenig unbefriedigend, denn das, was fĂŒr King gewöhnlich typisch ist, nĂ€mlich eine schlĂŒssige, lĂŒckenlose Hintergrundgeschichte aufzubauen, fehlt hier. King fĂ€ngt gewöhnlich da an, wo andere Autoren aufhören. Diesmal nicht. Mir fehlt eine richtige, runde Auflösung. Gut gefallen haben mir die zahlreichen MĂ€rchenanleihen. „Sleeping Beauties“ ist die Kingversion von „Dornröschen“, das Aufwachen der Prinzessin fĂŒhrt jedoch nicht zum Happy End, sondern zu einem Blutrausch. Auch die fabelartigen Sequenzen mit dem Fuchs fand ich sehr schön. Das Buch hĂ€ngt voller Symbolik, sei es der Name „Evie“, sei es der phantastische Baum, sei es die Schlange. Gelungen ist auch die Idee, große Teile der Handlung in einem FrauengefĂ€ngnis spielen zu lassen. Evie, die sich freiwillig ins GefĂ€ngnis begibt, damit die Frauen der Welt aus ihrem persönlichen GefĂ€ngnis ausbrechen können. Schönes Bild. Mit fast tausend Seiten ist das Buch fĂŒr meinen Geschmack deutlich zu lang geraten. Es gibt eine viel zu große Menge an handelndem Personal, so dass sich die Autoren sogar genötigt fĂŒhlten, dem Buch ein eigenes Personenregister voranzustellen, damit man als Leser nicht den Überblick verliert. Doch nicht alle diese Charaktere sind entsprechend ausgearbeitet wie man es gewöhnlich von King kennt. Kein Vergleich etwa zu „Needful Things“, wo das deutlich besser gelungen ist und man richtig nah an den Figuren dran ist, was immer schon Kings grĂ¶ĂŸte StĂ€rke war. Der erste Teil des Romans nimmt etwa die HĂ€lfte der Seitenzahl in Anspruch und endet, wenn alle Frauen eingeschlafen sind. Das zieht sich in die LĂ€nge, denn besonders viel passiert nicht. Die gut zweihundertfĂŒnfzig Seiten im Mittelteil sind dann Action pur, in schnellen, kurzen Kapiteln und mit vielen Orts- und Szenenwechsel wird temporeich der Angriff auf das GefĂ€ngnis erzĂ€hlt. Im letzten Teil erfolgt die NacherzĂ€hlung dessen, was sich nach alldem noch zugetragen und weiterentwickelt hat. Insgesamt hat mich „Sleeping Beauties“ ein wenig an „The Stand“ erinnert, ohne allerdings dessen erzĂ€hlerische Wucht, Mystik und emotionale Tiefe zu erreichen. Wie schon "Die Arena" ist auch "Sleeping Beauties" ein sehr aktuelles, sehr politisches Buch, das hart mit den ZustĂ€nden ins Gericht geht.

„Sleeping Beauties“ ist eine Gemeinschaftsarbeit von Stephen King und dessen jĂŒngeren Sohn Owen King, der fĂŒr seine Kurzgeschichten bereits mehrere Auszeichnungen erhalten hat. Das Schreibhandwerk hat eben Tradition im Hause King.

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Zum Inhalt: In der amerikanischen Kleinstadt Dooling taucht eine atemberaubend schöne, nahezu nackte wundersame Frau namens Evie Black auf und begeht zu Beginn des Romans eine heftige Gewalttat. Zeitgleich mit ihrem Erscheinen breitet sich ĂŒberall auf der Welt eine unheimliche Pandemie aus: Auf dem gesamten Globus fallen Frauen und MĂ€dchen, sogar weibliche SĂ€uglinge, in einen dornröschenĂ€hnlichen Schlaf. Dabei bilden ihre Körper kleine FĂ€den aus und hĂŒllen die Frauen in einen schĂŒtzenden Kokon. Die Frauen leben, wachen aber nicht mehr auf. Wehe aber, jemand öffnet den Kokon und weckt die Schlafenden. Dann werden sie zu ĂŒbermenschlich starken, grausamen Furien und töten ihren Erwecker auf brutalste Weise. Danach legen sie sich wieder schlafen und werden erneut eingehĂŒllt. Nur ihren eigenen Kindern tun sie nichts.

Innerhalb einer Woche sind weltweit ĂŒber 90% aller Frauen eingeschlafen, abgesehen von jenen, die sich mit Drogen wachhalten, die Welt besteht letztlich nur noch aus MĂ€nnern. Einzig die seltsame Evie scheint immun zu sein, sie kann beliebig schlafen und wieder aufwachen. Und sie weiß Dinge und die persönlichsten Geheimnisse ĂŒber alle Menschen, denen sie begegnet.

Das Ehepaar Lila und Clint Norcross werden unweigerlich in die Handlung verstrickt. Lila ist die Polizeichefin von Dooling, Clint der ortsansĂ€ssige Psychiater, der auch die Insassen des FrauengefĂ€ngnis von Dooling betreut. Lila verhaftet Evie nach deren Gewaltexzess (bzw. Evie lĂ€sst sich verhaften) und bringt sie zunĂ€chst hinter Gitter. Nach Ausbreitung der mysteriösen Schlafkrankheit „Aurora“, spaltet sich die verbleibende MĂ€nnergesellschaft in zwei Lager. Eine Gruppe will Evie mit aller Gewalt aus dem GefĂ€ngnis holen und im Zweifel töten, damit sie die Frauen der Welt wieder aufweckt, die andere Gruppe will Evie auf deren Wunsch hin genau davor beschĂŒtzen. Die Lage eskaliert, zum Ende wird das FrauengefĂ€ngnis unter großen Opfern gestĂŒrmt, es kommt zum Showdown. Bis dahin spinnt Evie aus ihrer Zelle heraus die FĂ€den.

Die eingeschlafenen Frauen ihrerseits erwachen in einer anderen Welt, einen Platz, den sie „Unseren Ort“ nennen, eine Art mĂ€nnerfreies Paradies zum Selbstgestalten. Sie öffnen ihre Augen an dem Ort, an dem sie eingeschlafen sind, allerdings vielleicht 100 Jahre in der Zukunft. MĂ€nner gibt es keine mehr, abgesehen von den dort geborenen mĂ€nnlichen SĂ€uglingen. Die Natur hat sich große Teile der Welt zurĂŒckgeholt, HĂ€user und Straßen ĂŒberwuchert und von Flora und Fauna eingenommen. Nach anfĂ€nglichen Schwierigkeiten stemmen die Frauen ihr neues Leben sehr gut, organisieren sich und grĂŒnden eine neue Gemeinschaft.

Beide Welten werden durch einen phantastischen, riesigen Baum verbunden, der den einzigen Tunnel zwischen beiden Welten darstellt. Bewacht wird er von Evies Begleitern, einer roten Schlange und einem weißen Tiger. Und dann gibt es noch einen Fuchs, der die Frauen zu dem Baum fĂŒhrt. Evie hat nĂ€mlich die FĂ€higkeit, mit allen Tieren kommunizieren zu können und sie sich dienstbar zu machen, vorzugsweise Ratten und Motten.

Am Ende werden die Frauen vor die Wahl gestellt, ob sie in ihrem neuen Garten Eden bleiben oder zu ihren MĂ€nnern, Söhnen und BrĂŒdern zurĂŒckkehren wollen.

Soweit die Handlung grob umrissen. Daneben gibt es zahlreiche persönliche Probleme zu bewÀltigen.

„Sleeping Beauties“ ist ein interessanter Roman, dem eine bemerkenswerte Idee zugrunde liegt. Was geschieht, wenn man die weibliche HĂ€lfte der Menschheit wegdenkt? Das Ergebnis ist fĂŒr King schnell klar: Das regulierende, sanfte und zĂŒgelnde Element der Weiblichkeit fĂŒhrt dazu, dass das mĂ€nnliche Aggressionspotential die Oberhand gewinnt. Die Vernunft geht, das Recht des StĂ€rkeren zieht ein. Das Buch steckt voller ĂŒbler Typen, hĂ€usliche Gewalt, Sexismus, UnterdrĂŒckung – das sind die MĂ€nner in „Sleeping Beauties“. Die einzige Frage, die sich die Typen stellen sind so etwas wie wer kocht jetzt das Essen, mit wem soll man jetzt Sex haben?

Es ist ein Roman, der der amerikanischen Gesellschaft (und nicht nur dieser) den Spiegel vors Gesicht hĂ€lt. In einer Zeit, in der Sexismus, Missachtung und Gewalt gegen Frauen und MĂ€dchen leider wieder sehr virulent sind (siehe die #metoo-Bewegung), die Trumps und Weinsteins dieser Welt die Medien dominieren, vermittelt der Roman eine starke, wenn auch manchmal oberflĂ€chliche Botschaft. Die MĂ€nner in „Sleeping Beauties“ vertreten entsprechend obskure Theorien, warum nur Frauen von der Krankheit betroffen sind: Es sei eine Strafe Gottes, weil sie sich emanzipiert haben oder einfach nur, weil sie es verdient haben. Und auch die durch US-PrĂ€sident Trump in den Fokus gerĂŒckten gefĂ€hrlichen Fake News kriegen bei King ihr Fett weg: Bald kursieren absichtlich lancierte Falschmeldungen, wonach nur das Verbrennen der Kokons die einzige Möglichkeit sei, die weitere Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Überall auf der Welt bilden sich daraufhin Brennkommandos, die scharenweise Frauenkokons in Stadien zusammentragen und sie einfach verbrennen. Bis die Nachricht richtig gestellt ist, sind tausende Frauen bereits in den Flammen gestorben.

Doch den MĂ€nnern wird auch klar, dass die Welt ohne Frauen in spĂ€testens 100 Jahren ausgestorben sein wird. WĂŒrden dagegen die MĂ€nner einschlafen, wĂ€re das nicht so, denn ĂŒberall auf der Welt existieren Samenbanken mit eingelagertem Sperma. Die Frauen könnten einen Neustart alleine hinkriegen, die MĂ€nner dagegen wĂ€ren dem Untergang geweiht.

Trotz dieser interessanten Idee und einiger bitterer Wahrheiten, ist mir das Buch an manchen Stellen doch zu vordergrĂŒndig, zu einfach gestrickt: MĂ€nner fĂŒhren Kriege, MĂ€nner vergewaltigen und schlagen Frauen, eine Welt ohne MĂ€nner ist daher eine bessere Welt. Gute MĂ€nner gibt es in dem Buch nicht. Die Liebevollen, die SanftmĂŒtigen, die Aufopferungsvollen, die Aufrechten, die guten EhemĂ€nner und VĂ€ter werden hier nahezu komplett ausgeblendet. Im Grunde rebelliert in dem Buch nur einmal eine Teenagertochter, die das alles ungerecht findet und zu ihrem Papa will. FĂŒr tausend Seiten ist das eine sehr einseitige, eindimensionale Darstellung. Aber gut, die Botschaft sollte wohl deutlich sein und sie wurde vernommen.

ErzĂ€hlerisch empfinde ich das Buch ein wenig unbefriedigend, denn das, was fĂŒr King gewöhnlich typisch ist, nĂ€mlich eine schlĂŒssige, lĂŒckenlose Hintergrundgeschichte aufzubauen, fehlt hier. King fĂ€ngt gewöhnlich da an, wo andere Autoren aufhören. Diesmal nicht. Mir fehlt eine richtige, runde Auflösung.

Gut gefallen haben mir die zahlreichen MĂ€rchenanleihen. „Sleeping Beauties“ ist die Kingversion von „Dornröschen“, das Aufwachen der Prinzessin fĂŒhrt jedoch nicht zum Happy End, sondern zu einem Blutrausch. Auch die fabelartigen Sequenzen mit dem Fuchs fand ich sehr schön. Das Buch hĂ€ngt voller Symbolik, sei es der Name „Evie“, sei es der phantastische Baum, sei es die Schlange. Gelungen ist auch die Idee, große Teile der Handlung in einem FrauengefĂ€ngnis spielen zu lassen. Evie, die sich freiwillig ins GefĂ€ngnis begibt, damit die Frauen der Welt aus ihrem persönlichen GefĂ€ngnis ausbrechen können. Schönes Bild.

Mit fast tausend Seiten ist das Buch fĂŒr meinen Geschmack deutlich zu lang geraten. Es gibt eine viel zu große Menge an handelndem Personal, so dass sich die Autoren sogar genötigt fĂŒhlten, dem Buch ein eigenes Personenregister voranzustellen, damit man als Leser nicht den Überblick verliert. Doch nicht alle diese Charaktere sind entsprechend ausgearbeitet wie man es gewöhnlich von King kennt. Kein Vergleich etwa zu „Needful Things“, wo das deutlich besser gelungen ist und man richtig nah an den Figuren dran ist, was immer schon Kings grĂ¶ĂŸte StĂ€rke war. Der erste Teil des Romans nimmt etwa die HĂ€lfte der Seitenzahl in Anspruch und endet, wenn alle Frauen eingeschlafen sind. Das zieht sich in die LĂ€nge, denn besonders viel passiert nicht. Die gut zweihundertfĂŒnfzig Seiten im Mittelteil sind dann Action pur, in schnellen, kurzen Kapiteln und mit vielen Orts- und Szenenwechsel wird temporeich der Angriff auf das GefĂ€ngnis erzĂ€hlt. Im letzten Teil erfolgt die NacherzĂ€hlung dessen, was sich nach alldem noch zugetragen und weiterentwickelt hat. Insgesamt hat mich „Sleeping Beauties“ ein wenig an „The Stand“ erinnert, ohne allerdings dessen erzĂ€hlerische Wucht, Mystik und emotionale Tiefe zu erreichen. Wie schon "Die Arena" ist auch "Sleeping Beauties" ein sehr aktuelles, sehr politisches Buch, das hart mit den ZustĂ€nden ins Gericht geht.

geschrieben am 18.12.2017 | 1286 Wörter | 7568 Zeichen

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