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Drood


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Rezension von

E. Kneisel

Drood London 1856: Bei einem tragischen Zugunglück stürzen mehrere Wagons in die Tiefe. Etliche Menschen starben und unter den wenigen glücklichen Überlebenden befand sich kein anderer als der schon damals berühmte Schriftsteller Charles Dickens – mit seiner Geliebten, deren Mutter und den Manuskripten für sein neuestes Werk. Natürlich machen sich der Autor und andere Helfer sofort auf den Weg, um nach Überlebenden zu suchen und den Verletzten zu helfen. Dies führt Dickens zu seiner ersten Begegnung mit Drood, einem Mann – oder einem Monster – der in einen schwarzen Umhang gehüllt ist, einen Zylinder auf dem Kopf trägt und nur den Opfern hilft, die noch an der Unfallstelle an den Folgen des Unglücks sterben. Nach diesen Erfahrungen ist Dickens nicht mehr der selbe. Er ist wie besessen von dem Phantom „Drood“ und nimmt seinen alten Freund und beinahe auch Mörder Wilkie – der die Geschichte über die letzten Lebensjahre seines berühmten Freundes erzählt – mit auf seine Jagd. Der Weg führt sie in die dunkelsten Viertel Londons, in „Opiumhölen“ und in die Unterstadt, wo nur die hausen, für die es selbst in den Elendsvierteln keinen Platz mehr gibt. Die Suche nach diesem Mann fördert Ungeheuerliches zu Tage. Drood ist nicht nur ein Ägypter der eigentlich schon seit über zwanzig Jahren tot sein sollte, der Herrscher der Londoner Unterwelt, ein Profi auf dem Gebiet des Mesmerismus und der Mörder von mindestens dreihundert Menschen, sondern auch ein Anhänger der alten ägyptischen Religion, der seine ganz eigenen Ziele mit den beiden Autoren verfolgt. Die Rezension vorweg genommen ist das Buch für die Liebhaber von Dickes und Wilkie Collins eine echte Empfehlung, alle anderen sollten vielleicht besser die Finger davon lassen. Dan Simmons hat als Grundlage für seinen Roman „Drood“ die letzten Lebensjahre des Schriftstellers Charles Dickens gewählt. Die tatsächlichen historischen Ereignisse, die er gründlich recherchiert hat und für die er im Anhang auch einige seiner zahlreichen Quellen angibt, vermischen sich mit einer Mischung aus Horror- und Detektivroman. Sehr schnell wird aus der Biografie eines Autors ein Sensationsroman, der sich durch einen Drogennebel, eine Vielzahl von Persönlichkeiten, Namen und Orten und Schauergeschichten über Mesmerisms – die Kunst der Hypnose – windet und dabei nicht selten irreführend und langatmig erscheint. Als Erzähler für die Geschichte von Drood und Dickens wählt er Wilkie Collins, seines Zeichen ebenfalls Schriftsteller („Die Frau in Weiß“) und zugleich Freund und Neider Dickens. Wie man am Ende des Buches erfährt, stellt die Geschichte Wilkies fiktive Autobografie dar, die er nur eine knappe Stunde vor seinem Tod beendet. An sich keine schlechte Idee, doch der Text aus Sicht der Figur „Wilkie“ macht das Lesen zu einer Herausforderung. Denn neben seinem ständigen Neid gegenüber dem „Unnachahmlichen“ und seinem ständigen Jammern über seine Krankheit, seine Frauen und mangelnde Anerkennung steht vor allem sein kontinuierlicher Drogentripp im Vordergrund. Natürlich nimmt er das Laudanum und das Opium nur aus medizinischen Zwecken und steigert auch nur deswegen die Dosis, aber seine dadurch entstehenden und paranoiden Halluzinationen treiben nach einer Weile tatsächlich in den Wahnsinn. Wilkie ist alles in allem ein ständig jammernder, nie zufriedener sehr unter dem Stern des großen Dickens leidender Junkie, der dem Leser fast tausend Seiten lang sein Leid klagt und alle Register zieht, um zu zeigen, dass er der bessere Schriftsteller ist. Dickens selbst ist nicht viel sympathischer. Die Bezeichnung „der Unnachahmliche“ - die Wilkie ihm zuweist – trifft es doch sehr gut: Er ist so sehr von sich und seinem Können überzeugt, dass es ihm nichts ausmacht auf seinem Weg einige seiner Freunde und Kollegen links liegen zu lassen. Er spielt scheinheilig heile Familie, nachdem er seine Frau rausgeschmissen hat – weil sie sich darüber beschwert hat, dass er sich mit anderen Frauen trifft – und läuft gleichzeitig seiner jungen Geliebten hinterher. Nur wenn er zwischendurch wieder mal als kleiner oder eher großer Lausbub, beschrieben wird, der laut lachen kann und gerne die Menschen um ihn herum in Staunen oder Entsetzen versetzt, kann man sich vorstellen, warum er die Menschen so begeistert und in seinen Bann gezogen hat. Die Freundschaft der beiden steht, zieht sich durch die ganze Geschichte und wird aufgrund ihrer unterschiedlichen Charakterzüge immer auf wieder auf die Probe gestellt. Die übrigen Figuren des Romans sind so unglaublich zahlreich, dass man einfach den Überblick verliert. Zwar ist es historisch sicher richtig, dass die beiden berühmten Autoren mit einer Vielzahl an Personen Kontakt hatten und sich mit wichtigen Persönlichkeiten ihrer Ära regelmäßig trafen, aber für das Verfolgen der Geschichte, die ja doch mehr ein Gruselroman als eine Biografie ist, sind diese Massen an Namen störend. Auch die Auflistung im Anhang ist nur wenig hilfreich. Man braucht schon ein gutes Gedächtnis um einem der vielen Namen die richtige Person zuzuordnen, vor allem wenn Personen nur sehr flach gezeichnet sind, ihre Auftritte nur sporadisch stattfinden und sie insgesamt so unbedeutend für die Handlung sind. Gerade diese Aneinanderreihung von Personen dehnt nicht nur das Buch unglaublich sondern auch die Geduld des Lesers. Trotz dieser Kritikpunkt hat der Roman auch starke Seiten, die vor allem das Geschick des Autors Dan Simmons zeigen, wenn er Situationen und Orte zu beschreibt. Er ist ein sehr wortgewandter Erzähler, der mit viel Ausdruckskraft die Ziele von Dickens und Wilkies Jagd beschreibt. Seine Beschreibung von den Randgebiete Londons, mit ihren realen und fiktiven Schrecken, sind so authentisch, düster und beklemmend dargestellt, das mancher Schriftstelle davon noch etwas lernen kann. Die Beschreibung der Gerüche oder besser des Gestanks ist so real, dass man als Leser erleichtert ist, dass es keine Bücher mit Geruch gibt. Obwohl die Protagonisten Wilkie und Dickens keinen sympathischen Eindruck machen, sind sie und auch die übrigen wichtigen Figuren sehr gut recherchiert und konsequent umgesetzt. Der Text ist durchgehend aus der Sicht des jammernden Wilkie geschrieben und es wirkt als wäre jedes Wort ganz bewusst ausgewählt. Das Buch zeichnet sich auch durch die Menge an historischem Wissen aus. Es gibt ein gutes Bild über die Werte und Moralvorstellungen und die Gesellschaftsordnung des 19. Jahrhunderts, die Stellung von Mann und Frau und die gravierenden Unterschiede Arm und Reich. Besonders geschickt verknüpft Simmons die Figuren aus Dickens Romanen mit den Figuren aus seinem Roman, die sich gegenseitig als Vorbild dienen. Die einzelnen Aspekte des Buches, der biografische Teil, die Horror- und Gruselelemente, Kriminalgeschichte, haben alle ihre Berechtigung und wirken so aufgesplitter auch sehr gekonnt ausgeführt. Das Zusammenwerfen dieser Element führt jedoch zu mehr Verwirrung als Verständnis. Für Liebhaber von Dickens und Wilkie Collins ist das Buch sicher sehr spannend und interessant. Es gibt einen Einblick in deren Welt, man begegnet den Figuren, denen auch die beiden Autoren begegnet sind und sieht deren Leben mal aus einer ganz anderen Sicht. Er erweckt die beiden Protagonisten zum Leben und schafft es sie nicht nur „zu vergöttern“ sondern auch mit Schwächen dazustellen. Für alle echten Dickens-Fans liefert er sogar eine eigenes Ende zu dessen letztem Buch „Das Geheimnis des Edwin Drood“.

London 1856: Bei einem tragischen Zugunglück stürzen mehrere Wagons in die Tiefe. Etliche Menschen starben und unter den wenigen glücklichen Überlebenden befand sich kein anderer als der schon damals berühmte Schriftsteller Charles Dickens – mit seiner Geliebten, deren Mutter und den Manuskripten für sein neuestes Werk.

weitere Rezensionen von E. Kneisel


Natürlich machen sich der Autor und andere Helfer sofort auf den Weg, um nach Überlebenden zu suchen und den Verletzten zu helfen. Dies führt Dickens zu seiner ersten Begegnung mit Drood, einem Mann – oder einem Monster – der in einen schwarzen Umhang gehüllt ist, einen Zylinder auf dem Kopf trägt und nur den Opfern hilft, die noch an der Unfallstelle an den Folgen des Unglücks sterben.

Nach diesen Erfahrungen ist Dickens nicht mehr der selbe. Er ist wie besessen von dem Phantom „Drood“ und nimmt seinen alten Freund und beinahe auch Mörder Wilkie – der die Geschichte über die letzten Lebensjahre seines berühmten Freundes erzählt – mit auf seine Jagd. Der Weg führt sie in die dunkelsten Viertel Londons, in „Opiumhölen“ und in die Unterstadt, wo nur die hausen, für die es selbst in den Elendsvierteln keinen Platz mehr gibt.

Die Suche nach diesem Mann fördert Ungeheuerliches zu Tage. Drood ist nicht nur ein Ägypter der eigentlich schon seit über zwanzig Jahren tot sein sollte, der Herrscher der Londoner Unterwelt, ein Profi auf dem Gebiet des Mesmerismus und der Mörder von mindestens dreihundert Menschen, sondern auch ein Anhänger der alten ägyptischen Religion, der seine ganz eigenen Ziele mit den beiden Autoren verfolgt.

Die Rezension vorweg genommen ist das Buch fĂĽr die Liebhaber von Dickes und Wilkie Collins eine echte Empfehlung, alle anderen sollten vielleicht besser die Finger davon lassen.

Dan Simmons hat als Grundlage für seinen Roman „Drood“ die letzten Lebensjahre des Schriftstellers Charles Dickens gewählt. Die tatsächlichen historischen Ereignisse, die er gründlich recherchiert hat und für die er im Anhang auch einige seiner zahlreichen Quellen angibt, vermischen sich mit einer Mischung aus Horror- und Detektivroman. Sehr schnell wird aus der Biografie eines Autors ein Sensationsroman, der sich durch einen Drogennebel, eine Vielzahl von Persönlichkeiten, Namen und Orten und Schauergeschichten über Mesmerisms – die Kunst der Hypnose – windet und dabei nicht selten irreführend und langatmig erscheint.

Als Erzähler für die Geschichte von Drood und Dickens wählt er Wilkie Collins, seines Zeichen ebenfalls Schriftsteller („Die Frau in Weiß“) und zugleich Freund und Neider Dickens. Wie man am Ende des Buches erfährt, stellt die Geschichte Wilkies fiktive Autobografie dar, die er nur eine knappe Stunde vor seinem Tod beendet. An sich keine schlechte Idee, doch der Text aus Sicht der Figur „Wilkie“ macht das Lesen zu einer Herausforderung. Denn neben seinem ständigen Neid gegenüber dem „Unnachahmlichen“ und seinem ständigen Jammern über seine Krankheit, seine Frauen und mangelnde Anerkennung steht vor allem sein kontinuierlicher Drogentripp im Vordergrund. Natürlich nimmt er das Laudanum und das Opium nur aus medizinischen Zwecken und steigert auch nur deswegen die Dosis, aber seine dadurch entstehenden und paranoiden Halluzinationen treiben nach einer Weile tatsächlich in den Wahnsinn. Wilkie ist alles in allem ein ständig jammernder, nie zufriedener sehr unter dem Stern des großen Dickens leidender Junkie, der dem Leser fast tausend Seiten lang sein Leid klagt und alle Register zieht, um zu zeigen, dass er der bessere Schriftsteller ist.

Dickens selbst ist nicht viel sympathischer. Die Bezeichnung „der Unnachahmliche“ - die Wilkie ihm zuweist – trifft es doch sehr gut: Er ist so sehr von sich und seinem Können überzeugt, dass es ihm nichts ausmacht auf seinem Weg einige seiner Freunde und Kollegen links liegen zu lassen. Er spielt scheinheilig heile Familie, nachdem er seine Frau rausgeschmissen hat – weil sie sich darüber beschwert hat, dass er sich mit anderen Frauen trifft – und läuft gleichzeitig seiner jungen Geliebten hinterher. Nur wenn er zwischendurch wieder mal als kleiner oder eher großer Lausbub, beschrieben wird, der laut lachen kann und gerne die Menschen um ihn herum in Staunen oder Entsetzen versetzt, kann man sich vorstellen, warum er die Menschen so begeistert und in seinen Bann gezogen hat.

Die Freundschaft der beiden steht, zieht sich durch die ganze Geschichte und wird aufgrund ihrer unterschiedlichen CharakterzĂĽge immer auf wieder auf die Probe gestellt.

Die übrigen Figuren des Romans sind so unglaublich zahlreich, dass man einfach den Überblick verliert. Zwar ist es historisch sicher richtig, dass die beiden berühmten Autoren mit einer Vielzahl an Personen Kontakt hatten und sich mit wichtigen Persönlichkeiten ihrer Ära regelmäßig trafen, aber für das Verfolgen der Geschichte, die ja doch mehr ein Gruselroman als eine Biografie ist, sind diese Massen an Namen störend. Auch die Auflistung im Anhang ist nur wenig hilfreich. Man braucht schon ein gutes Gedächtnis um einem der vielen Namen die richtige Person zuzuordnen, vor allem wenn Personen nur sehr flach gezeichnet sind, ihre Auftritte nur sporadisch stattfinden und sie insgesamt so unbedeutend für die Handlung sind. Gerade diese Aneinanderreihung von Personen dehnt nicht nur das Buch unglaublich sondern auch die Geduld des Lesers.

Trotz dieser Kritikpunkt hat der Roman auch starke Seiten, die vor allem das Geschick des Autors Dan Simmons zeigen, wenn er Situationen und Orte zu beschreibt. Er ist ein sehr wortgewandter Erzähler, der mit viel Ausdruckskraft die Ziele von Dickens und Wilkies Jagd beschreibt. Seine Beschreibung von den Randgebiete Londons, mit ihren realen und fiktiven Schrecken, sind so authentisch, düster und beklemmend dargestellt, das mancher Schriftstelle davon noch etwas lernen kann. Die Beschreibung der Gerüche oder besser des Gestanks ist so real, dass man als Leser erleichtert ist, dass es keine Bücher mit Geruch gibt.

Obwohl die Protagonisten Wilkie und Dickens keinen sympathischen Eindruck machen, sind sie und auch die übrigen wichtigen Figuren sehr gut recherchiert und konsequent umgesetzt. Der Text ist durchgehend aus der Sicht des jammernden Wilkie geschrieben und es wirkt als wäre jedes Wort ganz bewusst ausgewählt.

Das Buch zeichnet sich auch durch die Menge an historischem Wissen aus. Es gibt ein gutes Bild ĂĽber die Werte und Moralvorstellungen und die Gesellschaftsordnung des 19. Jahrhunderts, die Stellung von Mann und Frau und die gravierenden Unterschiede Arm und Reich.

Besonders geschickt verknĂĽpft Simmons die Figuren aus Dickens Romanen mit den Figuren aus seinem Roman, die sich gegenseitig als Vorbild dienen.

Die einzelnen Aspekte des Buches, der biografische Teil, die Horror- und Gruselelemente, Kriminalgeschichte, haben alle ihre Berechtigung und wirken so aufgesplitter auch sehr gekonnt ausgeführt. Das Zusammenwerfen dieser Element führt jedoch zu mehr Verwirrung als Verständnis.

Für Liebhaber von Dickens und Wilkie Collins ist das Buch sicher sehr spannend und interessant. Es gibt einen Einblick in deren Welt, man begegnet den Figuren, denen auch die beiden Autoren begegnet sind und sieht deren Leben mal aus einer ganz anderen Sicht. Er erweckt die beiden Protagonisten zum Leben und schafft es sie nicht nur „zu vergöttern“ sondern auch mit Schwächen dazustellen. Für alle echten Dickens-Fans liefert er sogar eine eigenes Ende zu dessen letztem Buch „Das Geheimnis des Edwin Drood“.

geschrieben am 12.02.2011 | 1136 Wörter | 6454 Zeichen

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