
| ISBN | 3442241626 | |
| Buchreihe | Der Magische SchlĂŒssel | |
| Autor | Kate Forsyth | |
| Verlag | Goldmann | |
| Sprache | deutsch | |
| Seiten | 315 | |
| Erscheinungsjahr | 2002 | |
| Extras | - |

Findelkind Isabeau wĂ€chst unter der Obhut ihrer Lehrmeisterin, Freundin und Mentorin, der Hexe Meghan, in einem abgelegen, kaum zugĂ€nglichen Tal im Schatten eines monumentalen Gipfels im Norden des Kontinents Eileanan, der Drachenklaue, auf. Meghan lehrt sie den Umgang mit KrĂ€utern, die Sprache der Tiere und hilft ihr, ihre magischen FĂ€higkeiten zu entwickeln und zu trainieren. Im GroĂen und Ganzen fĂŒhrt Isabeau ein unbeschwertes Leben, frei von Verantwortung. AuĂerhalb ihres idyllischen Tals, fallen jedoch zahlreiche Hexen und Zauberwesen einer massiven Verfolgung und Pogromen zum Opfer. Diese Ăbergriffe hat Maya zu verantworten, Gemahlin des Herrschers von Eileanan, deren Motive fĂŒr diese Vorgehen allerdings vorerst im unklaren bleiben.

An ihrem sechzehnten Geburtstag soll sich Isabeau einem Initiationsritus unterziehen, der in Anwesenheit von mindestens vier Hexen vollzogen werden muss. Den Kreis vervollstĂ€ndigen die Hexen Seychella und Ishbel sowie der blinde Seher Jorge, die eigens fĂŒr dieses Fest die gefĂ€hrliche Reise durch Eileanan auf sich genommen haben. Kaum ist das Ritual vollendet dringen die Verderben und Tod bringenden Roten Garden der Königin Maya in das Tal ein. Sechella wird ermordet, dem Rest der kleinen Gruppe gelingt die Flucht. Nachdem das Tal nunmehr keinen ausreichenden Schutz vor Verfolgung bietet, machen sich die Hexen auf, ihre âBestimmungâ zu erfĂŒllen. Ishbel flieht mit unbekanntem Ziel. Meghan begibt sich auf die Suche nach den letzten Drachen, um sich deren Hilfe im Kampf gegen Maya zu sichern, wobei die Suche auch zu einer Reise in ihre und Isabeaus Vergangenheit wird. Isabeau selbst bricht zusammen mit Jorge zum Palast des Herrschers, dem Righ, auf, wo ihnen die alte Hexe Latifa weitere wichtige Informationen fĂŒr ihren Freiheitskampf geben soll.
Es ist nicht leicht, dieses Buch angemessen zu rezensieren, ohne sich dem Vorwurf eines maskulinen Chauvinismus auszusetzen, denn der Roman wurde unmissverstĂ€ndlich von einer Frau fĂŒr Frauen geschrieben. FĂŒr den Augenblick jedoch sollen die geschlechtsspezifischen Aspekte unberĂŒcksichtigt bleiben und der Augenmerk auf solch profanen Dinge wie Spannungsbögen, Rhythmus, OriginalitĂ€t der Geschichte und Charakterisierung der Protagonisten gelegt werden.
Das erste groĂe Abschnitt dient als eine Art Prolog lediglich der EinfĂŒhrung der beiden Hauptpersonen Isabeau und Meghan. Schon hier werden Dilemmata des Buches deutlich: Journalistin Forsyth verzettelt sich in ihrem BemĂŒhen, AtmosphĂ€re zu erzwingen, in allerlei NebensĂ€chlichkeiten und -schlimmer noch- sie ergieĂt ein Klischee nach dem anderen (!). Ein âfantasyphilerâ Leser wird auf jeder fĂŒnften Seite die vermeintliche Freude eines DĂ©jĂ -vu-Erlebnisses erfahren. Mit der Schilderung des Initiationsrituals Isabeaus schwindet dann die Hoffnung des Lesers auf ein innovatives Magiesystem und den Entwurf eines originellen eileananÂŽschen Hexenbrauchtums und/oder Gesellschaftssystems, um auch im folgenden nicht wiederzukehren. âDown underâ nichts neues...
Es kommt wie es kommen muss: am Ende dieses Abschnittes verfĂ€llt die Autorin in eine unangemessene Hast, die Ereignisse ĂŒberschlagen sich in einer konstruiert wirkendenden, unplausiblen Eruption von ĂŒberflĂŒssiger Gewalt, und trotzalledem bleiben Isabeau und Meghan dem Leser hinsichtlich ihrer Motive, Beziehung(en) und ihrer Vergangenheit fast ebenso fremd wie zu Beginn des Buches.
Der Zweite Teil âDas Spinnrad dreht sichâ spiegelt das anfangs gemĂ€chliche Tempo des ersten Teils wider, verspricht aber zumindest etwas mehr Spannung und einen höheren Informationsgehalt allein schon wegen Konzentration auf jeweils nur eine Hauptperson -zuerst Meghan (und KhanÂŽderin), spĂ€ter Isabeau- und die relativ naturalistischen und anschaulichen Schilderung âumweltbedinger Widrigkeitenâ. Dann jedoch entwickelt sich die Story so âsoapyâ, dass sich auch der weniger anspruchsvolle Leser unwillkĂŒrlich an den Kopf fasst: die eindimensionale Charakterisierungen von Isabeaus Schwester und der Drachen sowie die Art und Weise wie Meghan die Sympathie der an sich feindlich gesonnenen Reptilien gewinnt scheint direkt aus der Mottenkiste trivialster Fantasy geklaubt. Isabeaus Quest -im letzen Drittel des Romans erzĂ€hlt- birgt insofern eine gewisse Grundspannung, als sich die Hexe erstens in die Höhle des Löwen wagen und zweitens dabei ihre FĂ€higkeiten verbergen muss. Die Personen, denen sie auf ihrer Reise begegnet - die Baumtauscherin Lilanthe und die Hexe Manissia- sind potenziell starke Charaktere, wĂŒrde Forsyth nur etwas mehr Zeit auf ihre Zeichnung verwenden.
Leider endet auch der zweite Teil des Romans und damit das gesamte Buch in einem Ausbruch von BrutalitĂ€t, einem âCliffhangerâ (siehe Stichwort âsoapyâ bzw. âSoap-Operaâ), wie er dreister und unverschĂ€mter kaum sein könnte: Iseabeau auf der Folterbank, ihrem Peiniger schutzlos ausgeliefert.
SpĂ€testens an dieser Stelle sollte der Leser die wahre Motivation der Autorin erkennen: nicht das ErzĂ€hlen einer originellen Geschichte aus einer schriftstellerischen Berufung heraus steht im Vordergrund, sondern der schnöde Mammon. Ein weiteres Indiz fĂŒr diese These ist die Tatsache, dass der Leser im Laufe der Handlung mit einer Vielzahl von Fakten und RĂ€tseln bombardiert wird, ohne dass sich die Autorin befleiĂigt, auch nur den geringsten Teil davon zu erlĂ€utern oder gar zu lösen. Man merkt deutlich: hier sollen die Leser bei der Stange gehalten werden. In diesem Sinne muss man auch die deplatziert wirkenden Gewaltdarstellungen, die sich so gar nicht in das Gesamtbild des Buches einfĂŒgen wollen, als ein ZugestĂ€ndnis an den mĂ€nnlichen Teil der Leserinnen werten, nach dem Motto: Kauft, Leute, kauft! FĂŒr jeden ÂŽwas dabei! und das Schönste: fĂŒr den Leser ist Isabeau immer noch nicht viel mehr als rothaarig und Meghan nur âziemlichâ alt...
ZurĂŒck zu dem am Beginn der Bewertung angesprochenen Geschlechter-Problem: Um es sehr (!) ĂŒberspitzt zu formulieren: Dieses Buch hat mich in meinem Vorurteil bestĂ€tigt, dass Frauen-Fantasy -nicht Fantasy von, sondern fĂŒr Frauen- ârichtigenâ MĂ€nnern nichts bieten kann: wir wollen Kampfmagie, riesige Schlachten, monströse Kreaturen, blutigste Gemetzel, Weltenbrand oder -alternativ und wenn es unbedingt sein muss- originelle Stories. Auf honigsĂŒĂes, weichspĂŒlzartes Gelaber irgendwelcher Gutmenschen mit netten Tieren, die Probleme der Hautpflege mittels Duftseifen, -tinkturen und -wĂ€sserchen, esoterisch verquastes Hexengebrabbel und erst recht weibliche Krieger mit kurz geschorenen Haaren können wir gut verzichten,... und dass Hexer als mĂ€nnliche Hexen bezeichnet werden ist fast schon diskriminierend.
Schwerwiegendere Indizien fĂŒr die These âFrauen-Fantasyâ? Bitte sehr!: sĂ€mtliche agierenden Helden sind Heldinnen, also Weiber; Töchter, MĂŒtter, Tanten, Schwestern, wo man hinliest. Jeder der auftretenden MĂ€nner ist mit mindestens einem offensichtlichen Makel behaftet: alt, blind, debil, unfreundlich, sadistisch oder tot. Das vermittelte Hexenbild entspricht dem moderner Wikka-Kultistinnen im MaĂstab 1:1. Gut recherchiert, Frau Journalistin Forsyth! Nur leider nicht sehr originell und neu!
Dennoch handelt es sich nicht um ein feministisches Buch, denn die Protagonistinnen agieren und kĂ€mpfen wie MĂ€nner mit weiblicher Endung. Sie instrumentalisieren ihre KrĂ€fte und FĂ€higkeiten, die Natur und insbesondere andere Lebewesen in geradezu maskulin-technokratischer Weise, auch wenn das eine oder andere Mitleids-TrĂ€nchen flieĂen sollte. Einklang mit der Natur nur solange es nĂŒtzt ...
AbschlieĂend noch zwei Dinge: erstens bleibt mir der deutsche Titel ein RĂ€tsel, da weder die HexentĂŒrme noch ein magischer SchlĂŒssel in diesem Stadium des Zyklusses von geringster Bedeutung fĂŒr die Handlung sind; und zweitens etwas versöhnlicheres zum Schluss: ein umfangreiches Glossar und zwei Landkarten werten das Buch durchaus auf. Ich bin jedoch ein mĂ€keliger Typ, und daher fehlt mir die lautschriftliche Darstellung der ans gĂ€lische angelehnten Namen und Begriffe, denn (im Gegensatz zu mir *grins*) dĂŒrfte der Ottonormalleser keine Vorstellung von der korrekten Aussprache dieser Wörter haben.
Fazit: Ein betuliches Geschichtchen, das das Genre alles andere als revolutioniert, anspruchslosen Frauen und âMĂ€nnernâ jedoch gefallen könnte. Actionfixierte oder an OriginalitĂ€t interessierte Leser sollten lieber auf die LektĂŒre verzichten.
geschrieben am 07.08.2004 | 1160 Wörter | 7356 Zeichen
Kommentare zur Rezension (0)
Platz für Anregungen und Ergänzungen