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Das größere Glück


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Rezension von

Johanna Götzendorfer

Das größere Glück Richard Powers´ neuer Roman beschäftigt sich mit der Frage und der Suche nach dem großen Glück, einer jener essenziellen Sehnsüchte des menschlichen Seins. Im Chicago einer wahrscheinlich sehr, sehr nahen Zukunft inszeniert Powers seine Geschichte des Glückes: Als Ich-Erzähler lotst er den Leser durch die Welt von Russell Stone, einem melancholischen Durchschnittsamerikaner, der sich in seinem Leben, allem Anschein nach, nicht zurecht finden mag und dessen erste Erfolge als Schriftsteller ihn nur noch mehr verstörten und trauriger machten. Als Lehrer für Kreatives Schreiben an einem Chicagoer College begegnet er unter all den anderen, durchschnittlichen, ja menschlichen Studenten einer Frau, die nicht nur für ihn, sondern auch für ihre Kommilitonen als Lichtstrahl im Raum erscheint: Thassadit Amzwar hat in den Schrecken des algerischen Bürgerkriegs, den sie überlebte, ihre halbe Familie verloren, und strahlt dennoch unerschütterlichen Lebensmut und –freude aus. Alle Menschen, die ihr begegnen, spüren ihre Ausstrahlung, und ihren Willen zum Glück. Allein Stone will oder kann das so nicht akzeptieren – als Thassadits Gegenpart, ein Mann der eigentlich alles hat, aber trotzdem nicht glücklich sein kann, sucht er Rat im Gespräch mit der collegeinternen Psychologin: Er macht sich Sorgen um seine Studentin, hat Angst, dass ihr Glück in Wahrheit eine Krankheit ist, genannt Hyperthymie. In diesem einen Erzählstrang beleuchtet Powers das beinahe unzerstörbar wirkende Glücksgefühl seiner Protagonistin und eben dessen Wirkung auf ihr Umfeld, auf echte Menschen, auf Individuen. Im anderen Erzählstrang – Thassadit wird zum verbindenden Mittelstück dieser beiden Stränge – widmet er sich den wissenschaftlichen Fragen und Hintergründe jener Erscheinung. Anhand einer Fernsehjournalistin und eines undurchschaubaren Wissenschaftlers zeigt Powers die Macht der Wissenschaft auf. Thassa wird zum Versuchsobjekt, ihre Gene werden untersucht, abgestimmt, veröffentlicht. Zuerst lieben die Amerikaner sie, verehren und feiern sie. Nach und nach stellen sich aber die Fragen nach der Allgemeingültigkeit von Glück: Wieso ist eine Berberin, eine algerische Studentin, die die Leiden eines Bürgerkriegs überlebt hat, glücklicher als der Rest der amerikanischen Bevölkerung? Wieso hat sie das Glücksgen und andere nicht? Täuscht sie ihr Glück nur vor? Der wütende Mob sendet Morddrohungen und Beleidigungen an Thassa, religiöse, verrückte, normale Menschen auf der Suche nach der Erlösung oder dem Glück belagern ihre Wohnung; es scheint die Menschen wollen ihr Glück um jeden Preis zerstören. Als sie ein unausschlagbar hohes Angebot einer Firma für ihre Eizellen erhält, annimmt und sich daraufhin der Tortur einer Hormonbehandlung unterzieht, eskaliert die ganze Situation: Thassa bittet Russell Stone um Hilfe und begibt sich gemeinsam mit ihm auf die Flucht nach Kanada. Richard Powers´ Roman ist sowohl Wissenschafts- als auch Liebesroman. Die Liebesgeschichte bahnt sich als Absage an den Kitsch aber nicht zwischen Stone und seiner Studentin, sondern zwischen ihm und der Psychologin an. Im Vordergrund steht also dieses fragile private Glück vor der Kulisse einer geifernden Gesellschaft, die das Rezept für ewiges, unantastbares Glück für sich finden will. Powers verknüpft gekonnt wissenschaftliche und menschlich-individuelle Seiten und Problematiken seiner Glücksthematik und schafft somit neben einem absolut lesenswerten Roman auch eine Art Dystopie einer unmittelbar bevorstehenden Zukunft.

Richard Powers´ neuer Roman beschäftigt sich mit der Frage und der Suche nach dem großen Glück, einer jener essenziellen Sehnsüchte des menschlichen Seins.

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Im Chicago einer wahrscheinlich sehr, sehr nahen Zukunft inszeniert Powers seine Geschichte des Glückes: Als Ich-Erzähler lotst er den Leser durch die Welt von Russell Stone, einem melancholischen Durchschnittsamerikaner, der sich in seinem Leben, allem Anschein nach, nicht zurecht finden mag und dessen erste Erfolge als Schriftsteller ihn nur noch mehr verstörten und trauriger machten.

Als Lehrer für Kreatives Schreiben an einem Chicagoer College begegnet er unter all den anderen, durchschnittlichen, ja menschlichen Studenten einer Frau, die nicht nur für ihn, sondern auch für ihre Kommilitonen als Lichtstrahl im Raum erscheint: Thassadit Amzwar hat in den Schrecken des algerischen Bürgerkriegs, den sie überlebte, ihre halbe Familie verloren, und strahlt dennoch unerschütterlichen Lebensmut und –freude aus. Alle Menschen, die ihr begegnen, spüren ihre Ausstrahlung, und ihren Willen zum Glück. Allein Stone will oder kann das so nicht akzeptieren – als Thassadits Gegenpart, ein Mann der eigentlich alles hat, aber trotzdem nicht glücklich sein kann, sucht er Rat im Gespräch mit der collegeinternen Psychologin: Er macht sich Sorgen um seine Studentin, hat Angst, dass ihr Glück in Wahrheit eine Krankheit ist, genannt Hyperthymie. In diesem einen Erzählstrang beleuchtet Powers das beinahe unzerstörbar wirkende Glücksgefühl seiner Protagonistin und eben dessen Wirkung auf ihr Umfeld, auf echte Menschen, auf Individuen.

Im anderen Erzählstrang – Thassadit wird zum verbindenden Mittelstück dieser beiden Stränge – widmet er sich den wissenschaftlichen Fragen und Hintergründe jener Erscheinung. Anhand einer Fernsehjournalistin und eines undurchschaubaren Wissenschaftlers zeigt Powers die Macht der Wissenschaft auf. Thassa wird zum Versuchsobjekt, ihre Gene werden untersucht, abgestimmt, veröffentlicht. Zuerst lieben die Amerikaner sie, verehren und feiern sie. Nach und nach stellen sich aber die Fragen nach der Allgemeingültigkeit von Glück: Wieso ist eine Berberin, eine algerische Studentin, die die Leiden eines Bürgerkriegs überlebt hat, glücklicher als der Rest der amerikanischen Bevölkerung? Wieso hat sie das Glücksgen und andere nicht? Täuscht sie ihr Glück nur vor? Der wütende Mob sendet Morddrohungen und Beleidigungen an Thassa, religiöse, verrückte, normale Menschen auf der Suche nach der Erlösung oder dem Glück belagern ihre Wohnung; es scheint die Menschen wollen ihr Glück um jeden Preis zerstören.

Als sie ein unausschlagbar hohes Angebot einer Firma für ihre Eizellen erhält, annimmt und sich daraufhin der Tortur einer Hormonbehandlung unterzieht, eskaliert die ganze Situation: Thassa bittet Russell Stone um Hilfe und begibt sich gemeinsam mit ihm auf die Flucht nach Kanada.

Richard Powers´ Roman ist sowohl Wissenschafts- als auch Liebesroman. Die Liebesgeschichte bahnt sich als Absage an den Kitsch aber nicht zwischen Stone und seiner Studentin, sondern zwischen ihm und der Psychologin an.

Im Vordergrund steht also dieses fragile private Glück vor der Kulisse einer geifernden Gesellschaft, die das Rezept für ewiges, unantastbares Glück für sich finden will.

Powers verknüpft gekonnt wissenschaftliche und menschlich-individuelle Seiten und Problematiken seiner Glücksthematik und schafft somit neben einem absolut lesenswerten Roman auch eine Art Dystopie einer unmittelbar bevorstehenden Zukunft.

geschrieben am 05.01.2010 | 495 Wörter | 3016 Zeichen

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