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Die andere Seite der Stille


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Rezension von

Johanna Götzendorfer

Die andere Seite der Stille André Brink greift in seinem Roman ein dunkles Kapitel deutscher Kolonialgeschichte auf: den Handel mit jungen, unverheirateten Frauen aus Deutschland und dem Spiel mit ihren Hoffnungen und Träumen. Am Beispiel der jungen Hanna, die im tristen Bremen des beginnenden 20. Jahrhunderts als Waisenkind schon in jungen Jahren Entbehrung, Gewalt und sexuellen Missbrauch kennen lernt, zeichnet Brink das Schicksal so vieler junger deutscher Frauen nach. Als Hannas junges Leben mehr und mehr aus den Fugen zu geraten droht, sie missbraucht, geschlagen, gedemütigt aus den Familien, in denen sie sich verdingen soll, wieder ins Waisenhaus zurückkehrt und auch dort nur Gefühlskälte und Gewalt entgegengebracht bekommt, entschließt sie sich nach Deutsch-Südwestafrika zu gehen. Dort hofft Hanna Freiheit, Frieden und den Beginn eines neuen Lebens zu finden – auch wenn dies bedeutet, sich einem der deutschen Siedler als Ehefrau anzuvertrauen. Doch es kommt anders – Hanna verweigert sich auf der Zugfahrt ins Landesinnere des Koloniallandes ihrem zukünftigen Ehemann, wird von einer Horde Soldaten und Siedlern während der Tage dauernden Zugfahrt vergewaltigt, geschändet und schließlich auch noch grauenhaft verstümmelt und ihrer Weiblichkeit beraubt. Dem Tode nahe wird sie zum Frauenstein gebracht, einem Kloster mitten in der namibischen Wüste, in dem all jene Frauen untergebracht werden, die von den Siedlern nicht zu Ehefrauen auserkoren wurden. Das Kloster verwandelt sich, je nach Häufigkeit der Besuche von durchreisenden Soldatenhorden, regelmäßig eher zu einem Bordell als zu einer Zufluchtsstätte. Als ein Offizier sich Hannas junge Vertraute Katja mit Gewalt gefügig machen will, bringt Hanna all ihre Kräfte auf und bringt ihn um, was die Flucht Katjas und Hannas aus dem Frauenstein zur Folge hat. An dieser Stelle beginnt Hannas Feldzug gegen die deutschen Kolonialherren, die ihr so viel Leid zufügten, was sie, und jene, die mit ihr ziehen – Schwarze und Frauen, die von den Deutschen Männern versklavt, missbraucht, vergewaltigt wurden – ihrerseits ebenso mit Leid und Tod vergelten. Brinks Roman ist geprägt von einer düsteren, gewaltvollen, aggressiven Grundstimmung, die sich durch den ganzen Roman zieht. Momente, die Hannas Leben erst lebenswert zu machen scheinen, enden immer nach kürzester Zeit in Leid und Trauer, ihre ganze Kraft schöpft sie aus dem Gedanken an Rache. Der Roman strotzt nur so vor Gewalt, Brutalität und Verzweiflungen, schöne, frohe Momente sind Hanna und dem Leser kaum vergönnt. Letztendlich jedoch durchbricht Hanna die Spirale der Gewalt. Inwieweit eine solche Geschichte voll von Brutalität, Gewalt, Menschenverachtung und purer Lust an der Qual tatsächlich als Maßstab für die authentischen Schicksale sämtlicher nach Deutsch-Südwestafrika verschifften Frauen steht, sei dahingestellt und kann wohl auch nachrecherchiert werden, im Roman jedoch wirkt sie letztlich wie eine Geschichte, deren größte Befriedigung im Schmerz liegt.

André Brink greift in seinem Roman ein dunkles Kapitel deutscher Kolonialgeschichte auf: den Handel mit jungen, unverheirateten Frauen aus Deutschland und dem Spiel mit ihren Hoffnungen und Träumen.

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Am Beispiel der jungen Hanna, die im tristen Bremen des beginnenden 20. Jahrhunderts als Waisenkind schon in jungen Jahren Entbehrung, Gewalt und sexuellen Missbrauch kennen lernt, zeichnet Brink das Schicksal so vieler junger deutscher Frauen nach.

Als Hannas junges Leben mehr und mehr aus den Fugen zu geraten droht, sie missbraucht, geschlagen, gedemütigt aus den Familien, in denen sie sich verdingen soll, wieder ins Waisenhaus zurückkehrt und auch dort nur Gefühlskälte und Gewalt entgegengebracht bekommt, entschließt sie sich nach Deutsch-Südwestafrika zu gehen. Dort hofft Hanna Freiheit, Frieden und den Beginn eines neuen Lebens zu finden – auch wenn dies bedeutet, sich einem der deutschen Siedler als Ehefrau anzuvertrauen. Doch es kommt anders – Hanna verweigert sich auf der Zugfahrt ins Landesinnere des Koloniallandes ihrem zukünftigen Ehemann, wird von einer Horde Soldaten und Siedlern während der Tage dauernden Zugfahrt vergewaltigt, geschändet und schließlich auch noch grauenhaft verstümmelt und ihrer Weiblichkeit beraubt.

Dem Tode nahe wird sie zum Frauenstein gebracht, einem Kloster mitten in der namibischen Wüste, in dem all jene Frauen untergebracht werden, die von den Siedlern nicht zu Ehefrauen auserkoren wurden. Das Kloster verwandelt sich, je nach Häufigkeit der Besuche von durchreisenden Soldatenhorden, regelmäßig eher zu einem Bordell als zu einer Zufluchtsstätte. Als ein Offizier sich Hannas junge Vertraute Katja mit Gewalt gefügig machen will, bringt Hanna all ihre Kräfte auf und bringt ihn um, was die Flucht Katjas und Hannas aus dem Frauenstein zur Folge hat.

An dieser Stelle beginnt Hannas Feldzug gegen die deutschen Kolonialherren, die ihr so viel Leid zufügten, was sie, und jene, die mit ihr ziehen – Schwarze und Frauen, die von den Deutschen Männern versklavt, missbraucht, vergewaltigt wurden – ihrerseits ebenso mit Leid und Tod vergelten.

Brinks Roman ist geprägt von einer düsteren, gewaltvollen, aggressiven Grundstimmung, die sich durch den ganzen Roman zieht. Momente, die Hannas Leben erst lebenswert zu machen scheinen, enden immer nach kürzester Zeit in Leid und Trauer, ihre ganze Kraft schöpft sie aus dem Gedanken an Rache.

Der Roman strotzt nur so vor Gewalt, Brutalität und Verzweiflungen, schöne, frohe Momente sind Hanna und dem Leser kaum vergönnt. Letztendlich jedoch durchbricht Hanna die Spirale der Gewalt.

Inwieweit eine solche Geschichte voll von Brutalität, Gewalt, Menschenverachtung und purer Lust an der Qual tatsächlich als Maßstab für die authentischen Schicksale sämtlicher nach Deutsch-Südwestafrika verschifften Frauen steht, sei dahingestellt und kann wohl auch nachrecherchiert werden, im Roman jedoch wirkt sie letztlich wie eine Geschichte, deren größte Befriedigung im Schmerz liegt.

geschrieben am 04.08.2010 | 434 Wörter | 2544 Zeichen

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