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Die 80er Jahre – Globalisierung und Postmoderne


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Rezension von

Benjamin Städter

Die 80er Jahre – Globalisierung und Postmoderne Unzählige Ikonen brachten die 1980er Jahre hervor. Ein disparates Bild von Katastrophen wie Tschernobyl, der AIDS-Epidemie und dem Waldsterben scheinen auf den ersten Blick das Jahrzehnt zwischen gescheiterter Kanzlerkandidatur Franz Josef Strauß’ und Mauerfall zu prägen. Dem gegenüber stehen aber nicht minder erinnerungswürdige heitere Bilder, die gerade im Rückblick ein leichtes Schmunzeln hervorrufen: bunt gekleidete Aerobictänzer, der Zauberwürfel oder die ersten, für heutige Augen recht sperrig wirkenden PCs. So präsentiert der vierte Band von Edgar Wolfrums Bildergeschichte der Bundesrepublik ein weit gestreutes Panorama an Pressefotografien, die sich, so scheint es, nur schwerlich auf einen Nenner bringen lassen. Wolfrum versucht es mit den Schlagwörtern „Globalisierung und Postmoderne“. Somit macht er die Spannungen und Entwicklungslinien vor allem in den Bereichen Ökonomie und Kultur aus. Das politische Feld scheint in den 1980ern gänzlich von der Überfigur des Helmut Kohl dominiert zu sein. Waren es zu Beginn des Jahrzehnts noch die kontrovers diskutierten Streitthemen wie der NATO-Doppelbeschluss, die ähnlich wie Brandts Ostpolitik in den 70ern die Öffentlichkeit polarisierten, so wirkt zur Mitte der 80er Jahre die Dominanz des Pfälzers in der politischen Bildwelt geradezu erdrückend. In der Wirtschaft stehen Bilder eines forcierten Strukturwandels im Vordergrund, die Wolfrum mit dem Erklärungsansatz der „Globalisierung“ auf einen Nenner zu bringen sucht. Der immer wieder ins Stottern geratene Motor der „Deutschland AG“ (S.67) offenbart sich dabei etwa in den Bildern des Börsenkrachs von 1989 (S.79) oder in mit zunehmender Härte geführten Tarifauseinandersetzungen und Streiks (S.84). Andererseits weisen innovative Erfindungen gerade im Bereich Kommunikation und Unterhaltungstechnik wie die CD (S.96), das schnurlose Telefon (S.98) oder das Faxgerät (S.101) auf die Zukunftsfähigkeit auch der deutschen Industrie auf den zunehmend internationalisierten Märkten. In einer Bandbreite von „Endzeitstimmung“ bis „neuem Optimismus“ (S.103) offenbart sich die kulturelle Entwicklung der 80er Jahre. Wolfrum fasst die äußerst heterogene Kulturlandschaft mit dem Begriff der „Postmoderne“: Zwischen den Toten Hosen und der Schwarzwaldklinik schien jegliche kulturelle Ausdrucksform möglich. Aber der Bandbreite an konträren Ausdrucksformen und Gesinnungen scheint es geradezu inhärent zu sein, dass ein „anything goes“ als Prämisse kultureller Entfaltung keineswegs allgemein akzeptiert, sondern zunehmend hinterfragt und angezweifelt wurde. So gerät der Blick in Wolfrums zusammengetragenen Bildern zu einer Reise in ein faszinierendes Jahrzehnt, für das es die scharfen historischen Analysekategorien noch zu suchen gilt. Gerade das aber macht den Blick in die Bildwelten durchaus ansprechend und spannend. Nichtsdestotrotz fallen in Wolfrums Zusammenschau und Bildunterschriften einige (für einen Zeithistoriker durchaus eklatante) Fehler ins Auge: So trat der SPD-Vorsitzende Björn Engholm, anders als es Wolfrums Formulierung vermuten lässt (S.13), keineswegs als Kanzlerkandidat gegen Helmuth Kohl an. Der spätere Bundesfinanzminister Hans Eichel war, anders als es die Bildunterschrift Wolfrums sagt (S.31), nie Minister in Hessen, sondern von 1975-1991 Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Kassel und anschließend Ministerpräsident. Die berühmte Szene, in der Francois Mitterand und Helmut Kohl Hände haltend der Opfer des Ersten Weltkrieg gedenken, stammt nicht aus dem Mai 1989, sondern aus dem Jahr 1984, als die beiden Staatsmänner der Gedenkfeier zum 70. Jahrestages des Beginns des Ersten Weltkriegs beiwohnten (S.125). Gerade bei einem so ambitioniertem Unternehmen wie dem Edgar Wolfrums, Bilder in den Mittelpunkt der historischen Betrachtung zu stellen, sollte doch auf ein sauberes Arbeiten geachtet werden. Andernfalls geraten solche Bildzusammenstellungen schnell zu Wasser auf den Mühlen der Kritiker (auch in der Historikerzunft), die sich gänzlich auf die Auswertung schriftlicher Quellen beschränken wollen.

Unzählige Ikonen brachten die 1980er Jahre hervor. Ein disparates Bild von Katastrophen wie Tschernobyl, der AIDS-Epidemie und dem Waldsterben scheinen auf den ersten Blick das Jahrzehnt zwischen gescheiterter Kanzlerkandidatur Franz Josef Strauß’ und Mauerfall zu prägen. Dem gegenüber stehen aber nicht minder erinnerungswürdige heitere Bilder, die gerade im Rückblick ein leichtes Schmunzeln hervorrufen: bunt gekleidete Aerobictänzer, der Zauberwürfel oder die ersten, für heutige Augen recht sperrig wirkenden PCs. So präsentiert der vierte Band von Edgar Wolfrums Bildergeschichte der Bundesrepublik ein weit gestreutes Panorama an Pressefotografien, die sich, so scheint es, nur schwerlich auf einen Nenner bringen lassen. Wolfrum versucht es mit den Schlagwörtern „Globalisierung und Postmoderne“. Somit macht er die Spannungen und Entwicklungslinien vor allem in den Bereichen Ökonomie und Kultur aus. Das politische Feld scheint in den 1980ern gänzlich von der Überfigur des Helmut Kohl dominiert zu sein. Waren es zu Beginn des Jahrzehnts noch die kontrovers diskutierten Streitthemen wie der NATO-Doppelbeschluss, die ähnlich wie Brandts Ostpolitik in den 70ern die Öffentlichkeit polarisierten, so wirkt zur Mitte der 80er Jahre die Dominanz des Pfälzers in der politischen Bildwelt geradezu erdrückend.

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In der Wirtschaft stehen Bilder eines forcierten Strukturwandels im Vordergrund, die Wolfrum mit dem Erklärungsansatz der „Globalisierung“ auf einen Nenner zu bringen sucht. Der immer wieder ins Stottern geratene Motor der „Deutschland AG“ (S.67) offenbart sich dabei etwa in den Bildern des Börsenkrachs von 1989 (S.79) oder in mit zunehmender Härte geführten Tarifauseinandersetzungen und Streiks (S.84). Andererseits weisen innovative Erfindungen gerade im Bereich Kommunikation und Unterhaltungstechnik wie die CD (S.96), das schnurlose Telefon (S.98) oder das Faxgerät (S.101) auf die Zukunftsfähigkeit auch der deutschen Industrie auf den zunehmend internationalisierten Märkten.

In einer Bandbreite von „Endzeitstimmung“ bis „neuem Optimismus“ (S.103) offenbart sich die kulturelle Entwicklung der 80er Jahre. Wolfrum fasst die äußerst heterogene Kulturlandschaft mit dem Begriff der „Postmoderne“: Zwischen den Toten Hosen und der Schwarzwaldklinik schien jegliche kulturelle Ausdrucksform möglich. Aber der Bandbreite an konträren Ausdrucksformen und Gesinnungen scheint es geradezu inhärent zu sein, dass ein „anything goes“ als Prämisse kultureller Entfaltung keineswegs allgemein akzeptiert, sondern zunehmend hinterfragt und angezweifelt wurde.

So gerät der Blick in Wolfrums zusammengetragenen Bildern zu einer Reise in ein faszinierendes Jahrzehnt, für das es die scharfen historischen Analysekategorien noch zu suchen gilt. Gerade das aber macht den Blick in die Bildwelten durchaus ansprechend und spannend. Nichtsdestotrotz fallen in Wolfrums Zusammenschau und Bildunterschriften einige (für einen Zeithistoriker durchaus eklatante) Fehler ins Auge: So trat der SPD-Vorsitzende Björn Engholm, anders als es Wolfrums Formulierung vermuten lässt (S.13), keineswegs als Kanzlerkandidat gegen Helmuth Kohl an. Der spätere Bundesfinanzminister Hans Eichel war, anders als es die Bildunterschrift Wolfrums sagt (S.31), nie Minister in Hessen, sondern von 1975-1991 Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Kassel und anschließend Ministerpräsident. Die berühmte Szene, in der Francois Mitterand und Helmut Kohl Hände haltend der Opfer des Ersten Weltkrieg gedenken, stammt nicht aus dem Mai 1989, sondern aus dem Jahr 1984, als die beiden Staatsmänner der Gedenkfeier zum 70. Jahrestages des Beginns des Ersten Weltkriegs beiwohnten (S.125). Gerade bei einem so ambitioniertem Unternehmen wie dem Edgar Wolfrums, Bilder in den Mittelpunkt der historischen Betrachtung zu stellen, sollte doch auf ein sauberes Arbeiten geachtet werden. Andernfalls geraten solche Bildzusammenstellungen schnell zu Wasser auf den Mühlen der Kritiker (auch in der Historikerzunft), die sich gänzlich auf die Auswertung schriftlicher Quellen beschränken wollen.

geschrieben am 10.12.2007 | 544 Wörter | 3522 Zeichen

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