ISBN | 3739247878 | |
Autor | Margret Siebel | |
Verlag | BoD - Books on Demand GmbH | |
Sprache | deutsch | |
Seiten | 228 | |
Erscheinungsjahr | 2016 | |
Extras | - |
Noch ein Buch ĂŒber den Zweiten Weltkrieg, wird vielleicht so manch einer denken. Wer braucht das denn noch? Gibt es nicht schon genug davon? Nein, offenbar nicht, denn wer die Erinnerung verweigert, riskiert, die gleichen Fehler zu wiederholen, wie man derzeit leider wieder feststellen muss. Und wie Menschen den Krieg erleben, ist auch jetzt topaktuell. Zudem ist das hier kein politisches Buch, kein Buch ĂŒber den Zweiten Weltkrieg und kein Buch ĂŒber Adolf Hitler. Es sind die Erinnerungen eines kleinen MĂ€dchens, das bei Ausbruch des Krieges kurz vor ihrem sechsten Geburtstag stand und fĂŒr das âKriegâ und âHitlerâ sehr abstrakte Begriffe waren. An dieses MĂ€dchen, das sie einst war, erinnert die Autorin Margret Siebel und schildert ihre ganz persönlichen Kindheitserlebnisse von Kriegsausbruch bis zu dessen Ende.
Margret stammt aus gutem Hause. Der Vater Richter, die Mutter aus einer PfĂ€lzer WeinhĂ€ndlerfamilie, lebt die Familie, zu der auch die groĂe Schwester, Dackel Hexe und ein HausmĂ€dchen gehören, in NĂŒrnberg, als am 01.09.1939 der Krieg ausbricht. ZunĂ€chst erfĂ€hrt die Familie kaum EinschrĂ€nkungen und die ersten beiden Kriegsjahre stellen keine groĂe BeeintrĂ€chtigung oder Gefahr dar. Die kleine Margret streitet und wetteifert mit ihrer Schwester, der recht strenge Vater behĂŒtet die Familie, die liebenswerte Mutter hĂ€lt das gesellschaftliche Leben aufrecht. So wĂ€chst Margret, die keine Vorstellung vom âKriegâ oder vom âFeindâ hat, einigermaĂen sorgenfrei auf â jedenfalls zu Beginn. Der Krieg hĂ€lt nur schleichend Einzug, in der Schule lehrt man sie, dass man nun âHeil Hitlerâ statt âGrĂŒĂ Gottâ sagt und auf dem Dachboden werden Wassereimer bereitgestellt. Doch dann kommen die Bomber ĂŒber NĂŒrnberg und regelmĂ€Ăig muss die Familie zusammen mit den anderen Hausbewohnern im Keller Zuflucht suchen. Margrets gröĂte Sorge gilt dabei ihrem kleinen Dackel, der nicht mit in den Schutzraum darf.
Die Autorin schildert in vielen kleinen Episoden, die lose chronologisch aneinander gereiht sind, ihre KleinmĂ€dchenerlebnisse und den familiĂ€ren Alltag wĂ€hrend des Krieges. Vom Knappwerden der Nahrungsmittel, den schönen Weihnachtsfesten mitten in der Zerstörung, von Oma Lenchen, von tollen SeidenstrĂŒmpfen und Frisuren der Cousinen in der Pfalz, von KĂ€se, den sie heimlich in ihrem Zimmer hortet bis er zum Himmel stinkt und natĂŒrlich von den Angriffen auf die Stadt, die sie in Todesangst zitternd im Keller ĂŒbersteht. Um das Kind in Sicherheit zu bringen, wird Margret zu ihrer anderen GroĂmutter nach Landau in der Pfalz geschickt, wo lange Zeit keine Bomben fallen und der Krieg nur wie ein Schreckgespenst erscheint. Zwischen Margret und der GroĂmutter kommt es hĂ€ufig zu Reibereien, dennoch erlebt sie schöne Zeiten in der Pfalz. Am Ende kehrt sie wieder nach NĂŒrnberg zurĂŒck, bis der Krieg zu Ende geht. Als sie dann den âFeindâ nach der Kapitulation tatsĂ€chlich erblickt, nĂ€mlich als die amerikanischen Befreiungstruppen in die Stadt einziehen, stellt sie zu ihrer kindlichen Ăberraschung fest, dass das auch nur gewöhnliche Menschen sind.
Es war bestimmt keine einfache Angelegenheit, all die Erinnerungen zu sortieren und zu packen, vom Erinnern selbst vielleicht einmal ganz abgesehen. Interessant ist, dass die Autorin auf jegliche Selbstreflektion verzichtet und ohne irgendwelche rĂŒckschauenden Anmerkungen oder Kommentierungen einfach nur die Erinnerungen eines kleinen MĂ€dchens aus dessen damaliger Sicht niedergeschrieben hat. So kommt es beim Leser zu keinerlei Verzerrungen oder Relativierungen durch die zeitliche Distanz zwischen der Autorin und dem Kind, das sie dem Leser nĂ€her bringen will. Die Autorin lĂ€sst damit quasi die gesamte Erfahrungswelt als spĂ€tere Erwachsene auĂen vor und zeigt nur das Kind in der damaligen Zeit, das sie gewesen war. Ein Weg, den nicht viele so gemacht hĂ€tten. Die meisten wĂ€ren wohl der Versuchung erlegen, BrĂŒcken in ihr spĂ€teres und heutiges Leben zu schlagen und VerknĂŒpfungen herzustellen. Dass sich Margret Siebel fĂŒr einen anderen Weg entschieden hast, tut dem Buch gut, denn es reduziert die Aufmerksamkeit auf das Wesentliche, nĂ€mlich alleine die auf damaligen Erlebnisse, wie sie eben waren als sie stattfanden (und nicht, was sie als Erwachsene vielleicht heute darĂŒber denken mag). Das macht die Schilderungen reiner, ungefiltert, und man ist als Leser dadurch irgendwie nĂ€her dran. Ein liebenswertes Buch, voll mit traurigen und lustigen, furchtbaren und fröhlichen Erinnerungen an eine Kindheit im Krieg. Empfehlenswert.
geschrieben am 26.04.2016 | 671 Wörter | 3931 Zeichen
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