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Neva


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Informationen zum Buch
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Rezension von

Antje Jürgens

Neva Zur Autorin (Information der Verlagsseite) >>Sara Grant wurde 1968 im amerikanischen Bundesstaat Indiana geboren, wo sie Journalistik und Psychologie studierte, bevor sie ihrem Mann nach London folgte; dort machte sie an der Universität den „Master in Creative and Life Writing“ und arbeitet seitdem bei einer Literaturagentur. Der Umzug nach England inspirierte sie zu ihrem ersten Roman: „Sowohl die USA als auch Großbritannien hadern mit Immigrationsthemen. Ich glaube daran, dass die Vielfalt uns stärker macht. Also stellte ich mir die Frage, was geschieht, wenn man Landesgrenzen schließt und sich vor fremden Menschen und fremden Gedanken abschottet. Mein Roman ist die Antwort darauf.“<< Zum Buch Der Schutzumschlag der deutschen Erstausgabe ist schlicht gehalten und dem Titel angepasst. Neva ist nicht nur der Name der Hauptfigur, er bedeutet Schneeflocke und solche finden sich auf dem Umschlag wieder. Sie sind genau wie der Titel glänzend aufgedruckt. Der Titel ist zusätzlich etwas erhaben abgebildet und bei Darüberstreichen deutlich fühlbar. Das Motiv zeigt das Profil eines jungen Mädchens auf grauem Grund, wobei die Haare sehr viel von ihrem Gesicht verdecken. Die Streifen, die sich ebenfalls auf dem Cover befinden und sich dort nicht nur durch den Titel ziehen, setzen sich im Inneren des Buches fort. Genau wie die Schneeflocken zieren sie beispielsweise die Kapitelanfänge. Alles in allem passt diese Gestaltung sehr gut zum Inhalt. "Verliebt, verzweifelt, in größter Gefahr. Und verdammt mutig. Die 16-jährige Neva hat es satt, keine Antworten auf Fragen zu bekommen, die sie nicht einmal laut stellen darf: Warum wird ihr Heimatland von einer undurchdringbaren Energiekuppel von der Außenwelt abgeschottet? Warum verschwinden immer wieder Menschen spurlos? Und was ist mit ihrer Großmutter geschehen, die eines Tages nicht mehr nach Hause kam? Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Sanna beschließt Neva, Antworten zu verlangen und nicht mehr brav alle Gesetze und Regeln zu befolgen. Doch dabei verliebt sie sich nicht nur in den einen Jungen, der für sie tabu sein muss – sondern gerät auch in tödliche Gefahr …" Meine Meinung Das Buch kam mit der Post und eigentlich wollte ich nur einen kurzen Blick hineinwerfen – es wurde ein Lesenachmittag daraus. Die Inhaltsangabe gibt erfreulicherweise ziemlich genau wieder, worum es grob betrachtet in dem Buch geht – was ja heutzutage nicht immer der Fall ist. Auch das Cover passt – für mein Dafürhalten wie bereits erwähnt, sehr gut zum Inhalt. Die das Gesicht größtenteils verdeckenden Haare, die Streifen, die das Bild oder die Schrift etwas verwaschen aussehen lassen. Gleichzeitig ist das Mädchen farbig dargestellt. Beides entspricht den Handlungsfäden der Geschichte. Neva will sich ihre Individualität bewahren. Heimatland – ein von einer gigantischen Kuppel geschütztes eigentliches Hightechland Land in der Zukunft auf dem Weg in die Vergangenheit – verblasst dagegen zunehmend. Die Menschen ähneln sich immer mehr, weil ihr Genpool durch Inzucht eingeengt wird. Die Ressourcen werden knapp, alles wird und wurde zu Tode recycelt. Die Individualität geht in einem Einheitsbrei an Vorschriften, Wiederholungen und Aufarbeitungen zugrunde. Während Letzteres ebenso wie die Ressourcenknappheit nachvollziehbar wirkt, scheint die Sache mit der Inzucht anhand des Zeitraumes der Geschichte etwas übertrieben. So etwas dürfte sich in zwei, drei Generationen noch nicht so stark bemerkbar machen. Doch dieses Detail stört nicht wirklich, zumal nicht klar wird, wie viele Bewohner Heimatland je hatte oder wie groß es ist. Wer das Buch aufschlägt, landet sofort mitten im Geschehen. Die Autorin schreibt keine seitenlange Einführung, man weiß sofort, worum es geht. Neva, mit ihren 16 Jahren gerade volljährig geworden, handelt zusammen mit einigen Freunden gegen Heimatland. Sie ist es, die die Geschichte in der Gegenwartsform erzählt. Der Leser sieht also alles nur mit ihren Augen und weiß nur von ihren Gedanken und Gefühlen bzw. ihrer Interpretation der Handlungen und Gedanken aller anderen. Obwohl sie gerade erst am Anfang ihres Erwachsenenlebens steht, scheint es aufgrund der Vorhersehbarkeit bereits beendet. Zukunft weckt keine Hoffnung in ihr, sie wirkt beängstigend. So beängstigend, dass sie sich auflehnt, beispielsweise in dem sie sich (wie viele andere auch) ein Merkmal aussucht, dass sie von anderen abhebt. In ihrem Fall ist es eine tätowierte Schneeflocke, im Fall ihrer Freunde eine Narbe, ein gemaltes Motiv oder Ähnliches. Der eine trägt es auffällig, der andere eher versteckt. Neva zum Beispiel macht Letzteres. Sie entstammt einer der Gründungsfamilien von Heimatland. Dieses wurde im Jahr 2051 von der Außenwelt abgeschottet, nachdem der Terror überhandnahm. Niemand weiß, was außerhalb von Heimatland noch existiert. Heimatland erwartet von seinen jungen Bewohnern brav zur Vermehrung der auf lange Sicht aussterbenden Bevölkerung beizutragen und die Arbeit zu tun, die man ihnen zuweist. Heimatland erwartet blinden Gehorsam und keine Fragen. Doch statt zu tun, was Heimatland von ihnen erwartet, rebellieren Neva und ihre Mitstreiter. Das geschieht durch kleinere Aktionen, in denen die Öffnung von Heimatland gefordert wird genauso wie durch das Gelübde, dass sie sich gegenseitig abgelegt haben und demzufolge sie keine Kinder in die Welt setzen wollen. Doch Heimatland sieht alles und hört alles, hält seine Bewohner absichtlich unwissend, füttert sie mit falschen Informationen und setzt seine Vorstellungen skrupellos abseits vom Bewusstsein des Hauptteils der Bevölkerung um. Noch nicht einmal die Regierungsmitglieder, wie etwa Nevas Vater, ahnen geschweige denn wissen alles. Was als vielleicht noch ganz gute Idee begann, ist innerhalb weniger Jahre bzw. Jahrzehnte zu etwas geworden, was sich mit den überall auf der Welt zu findenden Unrechtsregimen vergleichen lässt. Unwillkürlich werden Erinnerungen an die Zeit wach, als Deutschland noch zweigeteilt und der Ostblock noch abgeschottet war. An die Zeit, als der Wunsch nach Freiheit zu harten Strafen, Gefängnis, Zwangsarbeit oder gar dem Tod führen konnte. Ob man den Blick nach Kuba oder in Staaten lenkt, in denen fanatisch-religöse Vorschriften das Leben begrenzen und reglementieren, überall gab und gibt es Menschen, die den Wunsch daraus auszubrechen bitter bezahlen mussten oder noch immer müssen. Grant ist es in ihrem flüssig geschriebenen und gut zu lesenden Roman gelungen, die Atmosphäre dicht und düster zu malen, ohne den eigentlich omnipräsenten Bedrohungsteil durch die Regierung überhandnehmen zu lassen. Wer eine absolut dystopische Beschreibung hierzu erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Grants Roman dürfte zu den eher leiseren Vertretern dieses Genres gehören. Heimatland bleibt bei allem etwas verschwommen. Ein Widerspruch? Nicht wirklich. Die Autorin lässt sich nur bedingt über diese begrenzte Welt aus, geizt gewissermaßen mit Hintergrundwissen - was vielleicht daran liegt, dass Neva, und nicht die Protektosphäre, im Vordergrund steht. Doch auch sie und mit ihr alle Figuren werden eher skizziert als detailliert beschrieben. So zeigen sich Neva und ihre Freunde altersgerecht in ihrem Aktionismus, ihrer stellenweisen Unentschlossenheit oder Naivität. Sie wirken einfühlsam und sympathisch. Auch die erwähnten Erwachsenen agieren überaus überzeugend. Allen Figuren gemeinsam ist, dass sie nicht vorhersehbar sind. Wem man vertrauen kann und wer ein Verräter ist, offenbart sich nicht auf einen Blick. Und keiner hebt sich wirklich vom Einheitsgrau der Protektosphäre ab. Unglaubwürdig oder durchscheinend werden die Charaktere und der Handlungsort dadurch jedoch nicht. Gerade durch das Weglassen gewisser Details scheint die zunehmende Vereinheitlichung und das sich steigernde Verblassen der Individualität des Einzelnen betont zu werden. Die wachsende Resignation, die ansteigende Lähmung durch Angst, Aktionen und Reaktionen - all das wirkt authentisch. Ohne Melodramatik beschreibt die Autorin Nevas Gefühlswelt, die den gleichen Raum wie die Bedrohungssituation einnimmt. Trotz, Rebellion, aufkeimende Verliebtheit in den Freund ihrer Freundin, damit verbundene Schuldgefühle. Die aufkeimende, eigentlich unmögliche Liebesgeschichte ist in ihrer Andeutung ebenfalls sehr gut in die Hoffnungslosigkeit der gesamten Geschichte verwoben. Sie drängt sich nicht in den Vordergrund. Die wenigen innigen Momente, die Grants Hauptcharakter mit Braydon erlebt, erscheinen sehr innig und wirken angesichts der Umgebung und der damit verbundenen Schuldgefühle kostbar. Obwohl sich Neva dagegen wehrt, kreuzen sich ihre Wege immer wieder mit denen von Braydon und Ethan, der Freund ihrer Kindertage, gerät ins Hintertreffen. Ein Ausweichen scheint aufgrund der räumlichen Begrenztheit unmöglich. Heimatland ist zwar tatsächlich ein größeres Land, doch die Menschen werden auf Anweisung der Regierung in wenigen Ballungsräumen zusammengedrängt. Die Geschichte um Freundschaft, verliebt sein und Verrat, Trostlosigkeit und aufkeimende Hoffnung, Angst und Zuversicht, nimmt einen Verlauf, der es schwer macht, das Buch beiseitezulegen. Das Ende birgt Hoffnung und Hoffnungslosigkeit gleichermaßen in sich. Fazit Ein bedrückendes Buch, das sich nicht einfach nebenbei liest. Wenn der neue Trend im Jugendbuchbereich auch Dystopien mögen, so hätte ich doch in gewisser Weise Probleme, das Buch ohne Weiteres allen in der avisierten Altersgruppe zu empfehlen. Das liegt nicht daran, das Grant den Fokus auf Gewaltorgien oder ähnliches lenkt – das tut sie definitiv nicht. Doch das Buch ist – wie Dystopien eben sind - keine allzu leichte Kost und bekommt 5 von 5 Punkten. Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

Zur Autorin (Information der Verlagsseite)

weitere Rezensionen von Antje JĂĽrgens

#
rezensiert seit
Buchtitel
1
08.07.2013
3
12.05.2013

>>Sara Grant wurde 1968 im amerikanischen Bundesstaat Indiana geboren, wo sie Journalistik und Psychologie studierte, bevor sie ihrem Mann nach London folgte; dort machte sie an der Universität den „Master in Creative and Life Writing“ und arbeitet seitdem bei einer Literaturagentur. Der Umzug nach England inspirierte sie zu ihrem ersten Roman: „Sowohl die USA als auch Großbritannien hadern mit Immigrationsthemen. Ich glaube daran, dass die Vielfalt uns stärker macht. Also stellte ich mir die Frage, was geschieht, wenn man Landesgrenzen schließt und sich vor fremden Menschen und fremden Gedanken abschottet. Mein Roman ist die Antwort darauf.“<<

Zum Buch

Der Schutzumschlag der deutschen Erstausgabe ist schlicht gehalten und dem Titel angepasst. Neva ist nicht nur der Name der Hauptfigur, er bedeutet Schneeflocke und solche finden sich auf dem Umschlag wieder. Sie sind genau wie der Titel glänzend aufgedruckt. Der Titel ist zusätzlich etwas erhaben abgebildet und bei Darüberstreichen deutlich fühlbar. Das Motiv zeigt das Profil eines jungen Mädchens auf grauem Grund, wobei die Haare sehr viel von ihrem Gesicht verdecken. Die Streifen, die sich ebenfalls auf dem Cover befinden und sich dort nicht nur durch den Titel ziehen, setzen sich im Inneren des Buches fort. Genau wie die Schneeflocken zieren sie beispielsweise die Kapitelanfänge. Alles in allem passt diese Gestaltung sehr gut zum Inhalt.

"Verliebt, verzweifelt, in größter Gefahr. Und verdammt mutig.

Die 16-jährige Neva hat es satt, keine Antworten auf Fragen zu bekommen, die sie nicht einmal laut stellen darf: Warum wird ihr Heimatland von einer undurchdringbaren Energiekuppel von der Außenwelt abgeschottet? Warum verschwinden immer wieder Menschen spurlos? Und was ist mit ihrer Großmutter geschehen, die eines Tages nicht mehr nach Hause kam? Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Sanna beschließt Neva, Antworten zu verlangen und nicht mehr brav alle Gesetze und Regeln zu befolgen. Doch dabei verliebt sie sich nicht nur in den einen Jungen, der für sie tabu sein muss – sondern gerät auch in tödliche Gefahr …"

Meine Meinung

Das Buch kam mit der Post und eigentlich wollte ich nur einen kurzen Blick hineinwerfen – es wurde ein Lesenachmittag daraus.

Die Inhaltsangabe gibt erfreulicherweise ziemlich genau wieder, worum es grob betrachtet in dem Buch geht – was ja heutzutage nicht immer der Fall ist. Auch das Cover passt – für mein Dafürhalten wie bereits erwähnt, sehr gut zum Inhalt. Die das Gesicht größtenteils verdeckenden Haare, die Streifen, die das Bild oder die Schrift etwas verwaschen aussehen lassen. Gleichzeitig ist das Mädchen farbig dargestellt. Beides entspricht den Handlungsfäden der Geschichte. Neva will sich ihre Individualität bewahren. Heimatland – ein von einer gigantischen Kuppel geschütztes eigentliches Hightechland Land in der Zukunft auf dem Weg in die Vergangenheit – verblasst dagegen zunehmend. Die Menschen ähneln sich immer mehr, weil ihr Genpool durch Inzucht eingeengt wird. Die Ressourcen werden knapp, alles wird und wurde zu Tode recycelt. Die Individualität geht in einem Einheitsbrei an Vorschriften, Wiederholungen und Aufarbeitungen zugrunde. Während Letzteres ebenso wie die Ressourcenknappheit nachvollziehbar wirkt, scheint die Sache mit der Inzucht anhand des Zeitraumes der Geschichte etwas übertrieben. So etwas dürfte sich in zwei, drei Generationen noch nicht so stark bemerkbar machen. Doch dieses Detail stört nicht wirklich, zumal nicht klar wird, wie viele Bewohner Heimatland je hatte oder wie groß es ist.

Wer das Buch aufschlägt, landet sofort mitten im Geschehen. Die Autorin schreibt keine seitenlange Einführung, man weiß sofort, worum es geht. Neva, mit ihren 16 Jahren gerade volljährig geworden, handelt zusammen mit einigen Freunden gegen Heimatland. Sie ist es, die die Geschichte in der Gegenwartsform erzählt. Der Leser sieht also alles nur mit ihren Augen und weiß nur von ihren Gedanken und Gefühlen bzw. ihrer Interpretation der Handlungen und Gedanken aller anderen. Obwohl sie gerade erst am Anfang ihres Erwachsenenlebens steht, scheint es aufgrund der Vorhersehbarkeit bereits beendet. Zukunft weckt keine Hoffnung in ihr, sie wirkt beängstigend. So beängstigend, dass sie sich auflehnt, beispielsweise in dem sie sich (wie viele andere auch) ein Merkmal aussucht, dass sie von anderen abhebt. In ihrem Fall ist es eine tätowierte Schneeflocke, im Fall ihrer Freunde eine Narbe, ein gemaltes Motiv oder Ähnliches. Der eine trägt es auffällig, der andere eher versteckt. Neva zum Beispiel macht Letzteres. Sie entstammt einer der Gründungsfamilien von Heimatland. Dieses wurde im Jahr 2051 von der Außenwelt abgeschottet, nachdem der Terror überhandnahm. Niemand weiß, was außerhalb von Heimatland noch existiert.

Heimatland erwartet von seinen jungen Bewohnern brav zur Vermehrung der auf lange Sicht aussterbenden Bevölkerung beizutragen und die Arbeit zu tun, die man ihnen zuweist. Heimatland erwartet blinden Gehorsam und keine Fragen. Doch statt zu tun, was Heimatland von ihnen erwartet, rebellieren Neva und ihre Mitstreiter. Das geschieht durch kleinere Aktionen, in denen die Öffnung von Heimatland gefordert wird genauso wie durch das Gelübde, dass sie sich gegenseitig abgelegt haben und demzufolge sie keine Kinder in die Welt setzen wollen. Doch Heimatland sieht alles und hört alles, hält seine Bewohner absichtlich unwissend, füttert sie mit falschen Informationen und setzt seine Vorstellungen skrupellos abseits vom Bewusstsein des Hauptteils der Bevölkerung um. Noch nicht einmal die Regierungsmitglieder, wie etwa Nevas Vater, ahnen geschweige denn wissen alles.

Was als vielleicht noch ganz gute Idee begann, ist innerhalb weniger Jahre bzw. Jahrzehnte zu etwas geworden, was sich mit den überall auf der Welt zu findenden Unrechtsregimen vergleichen lässt. Unwillkürlich werden Erinnerungen an die Zeit wach, als Deutschland noch zweigeteilt und der Ostblock noch abgeschottet war. An die Zeit, als der Wunsch nach Freiheit zu harten Strafen, Gefängnis, Zwangsarbeit oder gar dem Tod führen konnte. Ob man den Blick nach Kuba oder in Staaten lenkt, in denen fanatisch-religöse Vorschriften das Leben begrenzen und reglementieren, überall gab und gibt es Menschen, die den Wunsch daraus auszubrechen bitter bezahlen mussten oder noch immer müssen.

Grant ist es in ihrem flüssig geschriebenen und gut zu lesenden Roman gelungen, die Atmosphäre dicht und düster zu malen, ohne den eigentlich omnipräsenten Bedrohungsteil durch die Regierung überhandnehmen zu lassen. Wer eine absolut dystopische Beschreibung hierzu erwartet, wird vielleicht enttäuscht. Grants Roman dürfte zu den eher leiseren Vertretern dieses Genres gehören. Heimatland bleibt bei allem etwas verschwommen. Ein Widerspruch? Nicht wirklich. Die Autorin lässt sich nur bedingt über diese begrenzte Welt aus, geizt gewissermaßen mit Hintergrundwissen - was vielleicht daran liegt, dass Neva, und nicht die Protektosphäre, im Vordergrund steht. Doch auch sie und mit ihr alle Figuren werden eher skizziert als detailliert beschrieben. So zeigen sich Neva und ihre Freunde altersgerecht in ihrem Aktionismus, ihrer stellenweisen Unentschlossenheit oder Naivität. Sie wirken einfühlsam und sympathisch. Auch die erwähnten Erwachsenen agieren überaus überzeugend. Allen Figuren gemeinsam ist, dass sie nicht vorhersehbar sind. Wem man vertrauen kann und wer ein Verräter ist, offenbart sich nicht auf einen Blick. Und keiner hebt sich wirklich vom Einheitsgrau der Protektosphäre ab. Unglaubwürdig oder durchscheinend werden die Charaktere und der Handlungsort dadurch jedoch nicht. Gerade durch das Weglassen gewisser Details scheint die zunehmende Vereinheitlichung und das sich steigernde Verblassen der Individualität des Einzelnen betont zu werden. Die wachsende Resignation, die ansteigende Lähmung durch Angst, Aktionen und Reaktionen - all das wirkt authentisch.

Ohne Melodramatik beschreibt die Autorin Nevas Gefühlswelt, die den gleichen Raum wie die Bedrohungssituation einnimmt. Trotz, Rebellion, aufkeimende Verliebtheit in den Freund ihrer Freundin, damit verbundene Schuldgefühle. Die aufkeimende, eigentlich unmögliche Liebesgeschichte ist in ihrer Andeutung ebenfalls sehr gut in die Hoffnungslosigkeit der gesamten Geschichte verwoben. Sie drängt sich nicht in den Vordergrund. Die wenigen innigen Momente, die Grants Hauptcharakter mit Braydon erlebt, erscheinen sehr innig und wirken angesichts der Umgebung und der damit verbundenen Schuldgefühle kostbar. Obwohl sich Neva dagegen wehrt, kreuzen sich ihre Wege immer wieder mit denen von Braydon und Ethan, der Freund ihrer Kindertage, gerät ins Hintertreffen. Ein Ausweichen scheint aufgrund der räumlichen Begrenztheit unmöglich. Heimatland ist zwar tatsächlich ein größeres Land, doch die Menschen werden auf Anweisung der Regierung in wenigen Ballungsräumen zusammengedrängt.

Die Geschichte um Freundschaft, verliebt sein und Verrat, Trostlosigkeit und aufkeimende Hoffnung, Angst und Zuversicht, nimmt einen Verlauf, der es schwer macht, das Buch beiseitezulegen. Das Ende birgt Hoffnung und Hoffnungslosigkeit gleichermaĂźen in sich.

Fazit

Ein bedrückendes Buch, das sich nicht einfach nebenbei liest. Wenn der neue Trend im Jugendbuchbereich auch Dystopien mögen, so hätte ich doch in gewisser Weise Probleme, das Buch ohne Weiteres allen in der avisierten Altersgruppe zu empfehlen. Das liegt nicht daran, das Grant den Fokus auf Gewaltorgien oder ähnliches lenkt – das tut sie definitiv nicht. Doch das Buch ist – wie Dystopien eben sind - keine allzu leichte Kost und bekommt 5 von 5 Punkten.

Copyright © 2011 by Antje Jürgens (AJ)

geschrieben am 15.03.2011 | 1406 Wörter | 8428 Zeichen

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Rezension von

Letterschming

Neva Sara Grant wurde 1968 in den USA geboren. Sie studierte Psychologie und Journalistik, zog anschließend nach London und arbeitet mittlerweile bei einer Literaturagentur. „Neva“ ist ihr erster Roman, der seit März 2011 beim PAN-Verlag erhältlich ist. Heimatland ist ein Staat, der vor langer Zeit durch eine undurchdringliche Energiekuppel, die Protektosphäre, von der Außenwelt abgeschirmt wurde, um die Bewohner vor dem Untergang zu bewahren. Durch die geringe Bevölkerungszahl sehen sich die Menschen nach Generationen der Abschottung äußerst ähnlich. Doch die Population sinkt, weshalb der Staat alles versucht, um die Menschen dazu zu bringen, mehr Kinder zu bekommen. In dieser Welt wächst das Mädchen Neva auf. Ihr Vater ist ein hohes Tier in der kontrollsüchtigen Regierung und zieht Neva als brave Bürgerin auf. Doch die Erinnerung an Nevas Großmutter kann er nicht auslöschen. Sie hat damals gegen das System protestiert und ihre Zweifel zum Ausdruck gebracht, ob es außerhalb der Protektosphäre wirklich kein Leben mehr gibt. Kurz darauf war sie spurlos verschwunden. Als Neva nun sechzehn wird und damit volljährig, erwartet die Gesellschaft von ihr, dass sie sich einen Arbeitsplatz ganz im Zeichen von Heimatland sucht und eine gesetzestreue Bürgerin und Patriotin wird. Doch in Neva keimen noch immer Zweifel. Hatte ihre Großmutter vielleicht doch recht? Gibt es außerhalb der Protektosphäre Leben? Warum sonst sollte die Regierung alle Rebellen so schnell und kompromisslos verschwinden lassen? Gemeinsam mit ihrer Freundin Sanna stürzt sich Neva in den Kampf. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Nachdem Neva im Dunkeln Sannas Freund Braydon geküsst hat, kann sie nur noch daran denken, dass sie ihn wieder sehen will. Aber dann erfährt Sanna von der heimlichen Affäre und ist furchtbar wütend auf Neva. Am nächsten Tag ist auch sie spurlos verschwunden. Trotz des heftigen Streits wegen Braydon will Neva sie unbedingt retten. Und dazu bleiben ihr nur noch vier Tage, denn Neva hat eine Nachricht von ihrer Großmutter erhalten, die offenbar lebt und Neva in vier Tagen die Flucht aus Heimatland ermöglichen will. „Neva“ spielt in einer fiktionalen Welt, die aber völlig ohne phantastische Elemente auskommt, sondern auf Errungenschaften der Technik beruht. Die Abschottung von Heimatland gegen den Rest der Welt greift das oft diskutierte Thema der Immigration und entsprechender Maßnahmen auf und ist deshalb sehr aktuell. Auch die Entwicklungen innerhalb dieses erfundenen Staats – dass die Menschen sich immer ähnlicher sehen und dass die Regierung eine strenge Kontrolle ausüben muss, um jede Rebellion im Keim zu ersticken – erscheinen plausibel und erschreckend realitätsnah. So reißt einen die Geschichte dann auch schnell mit sich und die düstere, bedrohliche Atmosphäre färbt auf den Leser ab. Man kann das Buch kaum noch aus der Hand legen und hat es im Nu durchgelesen. Etwas enttäuscht war ich nur vom Ende. Nachdem ich mehrfach befürchtet habe, dass die Autorin ihre Leser mitten im Geschehen hängen lässt, die Verwicklungen sich dann aber doch noch bis zu einem gewissen Punkt aufgelöst haben, erschafft Grant im allerletzten Satz einen schrecklichen Cliffhanger. Leider ist nicht herauszufinden, ob die Autorin eine Fortsetzung für Neva plant. Ich hoffe, sie lässt uns Leser nicht einfach so im Regen stehen. Die Geschichte findet zwar in gewisser Weise einen Abschluss, endet jedoch dann völlig abrupt, und lässt genug Spielraum, dass noch alles ganz anders sein könnte, als zunächst angenommen. Man legt das Buch zur Seite und kann nur noch darüber nachdenken, was wäre, wenn... Bitte, liebe Frau Grant, schreiben Sie uns doch noch eine Fortsetzung! Fazit: Ein mitreißendes Buch, dessen herrlich düstere Atmosphäre einen schnell in den Bann zieht und dann nicht mehr loslässt. „Neva“ ist für jede Altersgruppe und jedes Geschlecht geeignet und vermag den Leser durchgehend zu fesseln. Da muss es einfach noch eine Fortsetzung geben!

Sara Grant wurde 1968 in den USA geboren. Sie studierte Psychologie und Journalistik, zog anschließend nach London und arbeitet mittlerweile bei einer Literaturagentur. „Neva“ ist ihr erster Roman, der seit März 2011 beim PAN-Verlag erhältlich ist.

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06.06.2016
4
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Heimatland ist ein Staat, der vor langer Zeit durch eine undurchdringliche Energiekuppel, die Protektosphäre, von der Außenwelt abgeschirmt wurde, um die Bewohner vor dem Untergang zu bewahren. Durch die geringe Bevölkerungszahl sehen sich die Menschen nach Generationen der Abschottung äußerst ähnlich. Doch die Population sinkt, weshalb der Staat alles versucht, um die Menschen dazu zu bringen, mehr Kinder zu bekommen.

In dieser Welt wächst das Mädchen Neva auf. Ihr Vater ist ein hohes Tier in der kontrollsüchtigen Regierung und zieht Neva als brave Bürgerin auf. Doch die Erinnerung an Nevas Großmutter kann er nicht auslöschen. Sie hat damals gegen das System protestiert und ihre Zweifel zum Ausdruck gebracht, ob es außerhalb der Protektosphäre wirklich kein Leben mehr gibt. Kurz darauf war sie spurlos verschwunden. Als Neva nun sechzehn wird und damit volljährig, erwartet die Gesellschaft von ihr, dass sie sich einen Arbeitsplatz ganz im Zeichen von Heimatland sucht und eine gesetzestreue Bürgerin und Patriotin wird. Doch in Neva keimen noch immer Zweifel. Hatte ihre Großmutter vielleicht doch recht? Gibt es außerhalb der Protektosphäre Leben? Warum sonst sollte die Regierung alle Rebellen so schnell und kompromisslos verschwinden lassen?

Gemeinsam mit ihrer Freundin Sanna stürzt sich Neva in den Kampf. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse. Nachdem Neva im Dunkeln Sannas Freund Braydon geküsst hat, kann sie nur noch daran denken, dass sie ihn wieder sehen will. Aber dann erfährt Sanna von der heimlichen Affäre und ist furchtbar wütend auf Neva. Am nächsten Tag ist auch sie spurlos verschwunden. Trotz des heftigen Streits wegen Braydon will Neva sie unbedingt retten. Und dazu bleiben ihr nur noch vier Tage, denn Neva hat eine Nachricht von ihrer Großmutter erhalten, die offenbar lebt und Neva in vier Tagen die Flucht aus Heimatland ermöglichen will.

„Neva“ spielt in einer fiktionalen Welt, die aber völlig ohne phantastische Elemente auskommt, sondern auf Errungenschaften der Technik beruht. Die Abschottung von Heimatland gegen den Rest der Welt greift das oft diskutierte Thema der Immigration und entsprechender Maßnahmen auf und ist deshalb sehr aktuell. Auch die Entwicklungen innerhalb dieses erfundenen Staats – dass die Menschen sich immer ähnlicher sehen und dass die Regierung eine strenge Kontrolle ausüben muss, um jede Rebellion im Keim zu ersticken – erscheinen plausibel und erschreckend realitätsnah.

So reißt einen die Geschichte dann auch schnell mit sich und die düstere, bedrohliche Atmosphäre färbt auf den Leser ab. Man kann das Buch kaum noch aus der Hand legen und hat es im Nu durchgelesen.

Etwas enttäuscht war ich nur vom Ende. Nachdem ich mehrfach befürchtet habe, dass die Autorin ihre Leser mitten im Geschehen hängen lässt, die Verwicklungen sich dann aber doch noch bis zu einem gewissen Punkt aufgelöst haben, erschafft Grant im allerletzten Satz einen schrecklichen Cliffhanger. Leider ist nicht herauszufinden, ob die Autorin eine Fortsetzung für Neva plant. Ich hoffe, sie lässt uns Leser nicht einfach so im Regen stehen. Die Geschichte findet zwar in gewisser Weise einen Abschluss, endet jedoch dann völlig abrupt, und lässt genug Spielraum, dass noch alles ganz anders sein könnte, als zunächst angenommen. Man legt das Buch zur Seite und kann nur noch darüber nachdenken, was wäre, wenn... Bitte, liebe Frau Grant, schreiben Sie uns doch noch eine Fortsetzung!

Fazit: Ein mitreißendes Buch, dessen herrlich düstere Atmosphäre einen schnell in den Bann zieht und dann nicht mehr loslässt. „Neva“ ist für jede Altersgruppe und jedes Geschlecht geeignet und vermag den Leser durchgehend zu fesseln. Da muss es einfach noch eine Fortsetzung geben!

geschrieben am 17.04.2011 | 607 Wörter | 3441 Zeichen

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