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Friedrich Georg Jünger – Werk und Leben


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Rezension von

Jan Robert Weber

Friedrich Georg Jünger – Werk und Leben Im Herbst 2007 ist im Schatten der beiden Biographien über Ernst Jünger nun auch eine Studie zu Werk und Leben von dessen Bruder Friedrich Georg Jünger erschienen, die Andreas Geyer geschrieben hat. Geyers Werkbiographie kommt anlässlich des 30. Todesjahrs des Dichters heraus und ist, so der Verfasser, auf eine Anregung Ernst Jüngers aus dem Jahr 1995 entstanden. Geyer will sein Buch als „Einladung“ an die Öffentlichkeit verstanden wissen, sich mit dem vergessenen Dichter zukünftig zu beschäftigen. Es gilt also, einen heute wie auch zu Lebzeiten zumeist unbekannten Dichter aus den Untiefen der Vergessenheit zu bergen. Tatsächlich hat Geyer eine fundierte, kenntnisreiche und verständige Werkbiographie verfasst, die dem Leser den ‚kleinen Bruder’ Ernst Jüngers ohne übertriebene Rettungsversuche vorstellt. Deutlich wird, dass die Leben beider Brüder in weiten Strecken parallel liefen, zumal in der geistig-literarischen Entwicklung, wenn auch Friedrich Georg Jünger bald einen eigenständigen Ton fand und sich anderer ästhetischer Mittel bediente als sein ‚großer Bruder’. Nach Kriegsverwundung und Jura-Studium kam Friedrich Georg Jünger in das nationalistische Fahrwasser der Konservativen Revolutionäre und vertrat dabei ähnlich radikale und demokratiefeindliche Positionen wie sein älterer Bruder Ernst. Das Jahr 1933 bedeutete auch für ihn keines der Erfüllung politischer Träume, sondern eines des Unheils. Hitlers NS-Staat erschien ihm als Fortsetzung der Demokratie mit tyrannischen Mitteln: „Schmerzend hallt in den Ohren der Lärm mir“, dichtete er für Niekischs oppositionelle Zeitschrift „Widerstand“ mutig gegen die allgemeine Begeisterung in der Bevölkerung nach dem Regierungsantritt der braunen Machthaber. In der Inneren Emigration verfasste Friedrich Georg Jünger immer wieder essayistische Schriften und Gedichte, die in verdeckter Schreibweise das NS-Regime anklagten. „Klug bin ich geworden wie die Schlange, // Biegsam, boshaft, munter“, schreibt er 1937 im Gedicht „Abschiedslied“ nicht ohne Selbstbezug. Mitte der 1930er Jahre fand Friedrich Georg Jünger dann auch zu der Weltanschauung, der er bis zu seinem Lebensende anhing: Er wird heidnischer Kykliker, vertritt also die Lehre von der ‚Ewigen Wiederkehr’. Das zyklische Weltbild bildete die Grundlage der Naturverbundenheit und Technikfeindschaft, auf der das Hauptwerk „Die Perfektion der Technik“ entstand. Seit den 1940er Jahren bis zu seinem Tod trat der Dichter als „weiser Werber für eine ökologisches Weltverständnis“ auf, so Geyer, und legte damit das argumentative Fundament der späteren Öko-Bewegung. Technologischem Fortschrittsglauben und rationalistischen Wirtschaftswachstumstheorien erteilte er so auf literarische Weise eine deutliche Absage. Geyer hebt hervor, dass Jüngers Zivilisationskritik „frappierende Parallelen und Komplementaritäten“ zur „Dialektik der Aufklärung“ Horkheimers und Adornos aufweise, ohne dass eine bewusste gegenseitige Bezugnahme bestanden haben kann. Offenbar hatten die vor Hitler geflüchteten Vertreter der Kritischen Theorie nach den Kataklysmen des Zweiten Weltkriegs ähnliche Vorbehalte vor der abendländischen Zivilisation wie der im Reich gebliebene konservative Dichter. Die instrumentelle Vernunft des Nazismus war für ihn wie auch die beiden Exilanten kein Unfall der Geschichte, weil die Aufklärung den Terror einer repressiven Zweckrationalität in sich berge. Als ‚Ahnvater’ wurde Jünger von der linken Öko-Bewegung in den 1970er und 1980er Jahren allerdings nicht wahrgenommen, jedenfalls nicht offiziell. Zu groß waren wohl die Berührungsängste mit dem Konservativen, der obendrein auch noch Ernst Jüngers Bruder war. Andreas Geyer ist die „Einladung“ gelungen, sich mit Friedrich Georg Jüngers Werk und Leben zukünftig intensiver auseinanderzusetzen. Neben den politisch bedeutsamen Werken – den Gedichten aus der NS-Zeit, den ökologischen Essays der Nachkriegszeit – sind es wohl weniger die klassizistischen Gedichte als die Erzählungen, die es wert wären, auch heutzutage ihre Leser zu finden. Im fiktionalen Erzählen war Friedrich Georg Jünger nämlich weitaus besser als sein ‚großer Bruder’ Ernst. Zu recht betont Geyer den „enormen Facettenreichtum“ des Jüngerschen Erzählwerks, das immer wieder „zu überraschen“, „im besten Sinne zu fesseln und zu unterhalten“ vermag. Sollte Friedrich Georg Jünger als Erzähler tatsächlich wiederentdeckt werden, so wäre das auch ein Verdienst Geyers, der nicht wenige Novellen des Dichters in seiner Werkbiographie mit kurzen, instruktiven Interpretationen gewürdigt hat.

Im Herbst 2007 ist im Schatten der beiden Biographien über Ernst Jünger nun auch eine Studie zu Werk und Leben von dessen Bruder Friedrich Georg Jünger erschienen, die Andreas Geyer geschrieben hat. Geyers Werkbiographie kommt anlässlich des 30. Todesjahrs des Dichters heraus und ist, so der Verfasser, auf eine Anregung Ernst Jüngers aus dem Jahr 1995 entstanden. Geyer will sein Buch als „Einladung“ an die Öffentlichkeit verstanden wissen, sich mit dem vergessenen Dichter zukünftig zu beschäftigen. Es gilt also, einen heute wie auch zu Lebzeiten zumeist unbekannten Dichter aus den Untiefen der Vergessenheit zu bergen. Tatsächlich hat Geyer eine fundierte, kenntnisreiche und verständige Werkbiographie verfasst, die dem Leser den ‚kleinen Bruder’ Ernst Jüngers ohne übertriebene Rettungsversuche vorstellt.

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Deutlich wird, dass die Leben beider Brüder in weiten Strecken parallel liefen, zumal in der geistig-literarischen Entwicklung, wenn auch Friedrich Georg Jünger bald einen eigenständigen Ton fand und sich anderer ästhetischer Mittel bediente als sein ‚großer Bruder’. Nach Kriegsverwundung und Jura-Studium kam Friedrich Georg Jünger in das nationalistische Fahrwasser der Konservativen Revolutionäre und vertrat dabei ähnlich radikale und demokratiefeindliche Positionen wie sein älterer Bruder Ernst. Das Jahr 1933 bedeutete auch für ihn keines der Erfüllung politischer Träume, sondern eines des Unheils. Hitlers NS-Staat erschien ihm als Fortsetzung der Demokratie mit tyrannischen Mitteln: „Schmerzend hallt in den Ohren der Lärm mir“, dichtete er für Niekischs oppositionelle Zeitschrift „Widerstand“ mutig gegen die allgemeine Begeisterung in der Bevölkerung nach dem Regierungsantritt der braunen Machthaber. In der Inneren Emigration verfasste Friedrich Georg Jünger immer wieder essayistische Schriften und Gedichte, die in verdeckter Schreibweise das NS-Regime anklagten. „Klug bin ich geworden wie die Schlange, // Biegsam, boshaft, munter“, schreibt er 1937 im Gedicht „Abschiedslied“ nicht ohne Selbstbezug. Mitte der 1930er Jahre fand Friedrich Georg Jünger dann auch zu der Weltanschauung, der er bis zu seinem Lebensende anhing: Er wird heidnischer Kykliker, vertritt also die Lehre von der ‚Ewigen Wiederkehr’.

Das zyklische Weltbild bildete die Grundlage der Naturverbundenheit und Technikfeindschaft, auf der das Hauptwerk „Die Perfektion der Technik“ entstand. Seit den 1940er Jahren bis zu seinem Tod trat der Dichter als „weiser Werber für eine ökologisches Weltverständnis“ auf, so Geyer, und legte damit das argumentative Fundament der späteren Öko-Bewegung. Technologischem Fortschrittsglauben und rationalistischen Wirtschaftswachstumstheorien erteilte er so auf literarische Weise eine deutliche Absage. Geyer hebt hervor, dass Jüngers Zivilisationskritik „frappierende Parallelen und Komplementaritäten“ zur „Dialektik der Aufklärung“ Horkheimers und Adornos aufweise, ohne dass eine bewusste gegenseitige Bezugnahme bestanden haben kann. Offenbar hatten die vor Hitler geflüchteten Vertreter der Kritischen Theorie nach den Kataklysmen des Zweiten Weltkriegs ähnliche Vorbehalte vor der abendländischen Zivilisation wie der im Reich gebliebene konservative Dichter. Die instrumentelle Vernunft des Nazismus war für ihn wie auch die beiden Exilanten kein Unfall der Geschichte, weil die Aufklärung den Terror einer repressiven Zweckrationalität in sich berge. Als ‚Ahnvater’ wurde Jünger von der linken Öko-Bewegung in den 1970er und 1980er Jahren allerdings nicht wahrgenommen, jedenfalls nicht offiziell. Zu groß waren wohl die Berührungsängste mit dem Konservativen, der obendrein auch noch Ernst Jüngers Bruder war.

Andreas Geyer ist die „Einladung“ gelungen, sich mit Friedrich Georg Jüngers Werk und Leben zukünftig intensiver auseinanderzusetzen. Neben den politisch bedeutsamen Werken – den Gedichten aus der NS-Zeit, den ökologischen Essays der Nachkriegszeit – sind es wohl weniger die klassizistischen Gedichte als die Erzählungen, die es wert wären, auch heutzutage ihre Leser zu finden. Im fiktionalen Erzählen war Friedrich Georg Jünger nämlich weitaus besser als sein ‚großer Bruder’ Ernst. Zu recht betont Geyer den „enormen Facettenreichtum“ des Jüngerschen Erzählwerks, das immer wieder „zu überraschen“, „im besten Sinne zu fesseln und zu unterhalten“ vermag. Sollte Friedrich Georg Jünger als Erzähler tatsächlich wiederentdeckt werden, so wäre das auch ein Verdienst Geyers, der nicht wenige Novellen des Dichters in seiner Werkbiographie mit kurzen, instruktiven Interpretationen gewürdigt hat.

geschrieben am 01.01.2008 | 618 Wörter | 4084 Zeichen

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